Gibt es objektive Kriterien für gute Musik?

  • Ersteller sonicwarrior
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Gibt es objektive Kriterien für gute Musik?

  • Ja (bitte posten)

    Stimmen: 7 24,1%
  • Nein

    Stimmen: 22 75,9%

  • Umfrageteilnehmer
    29
Gibt es objektive Kriterien für gute Musik?

Nun, letztlich wird Musik ja zwangsläufig immer subjektiv wahrgenommen. Wie sollte es denn dann für eine subjektive Wahrnehmung objektive Kriterien geben?
Disgracer hat ja schon einige Faktoren angedeutet, die da alle mit reinspielen.

Aber wir könne ja auch gerne andersrum fragen:
Was würden uns denn objektive Kriterien für Musik - oder allgemeiner für Kunst - überhaupt bringen?
Dass fortan nur noch Computer nach diesen Kriterien gute Musik komponieren und damit Kunst erzeugen?
Dass Kunst nur noch nach objektiven Kriterien stattfindet?

Sicher, es gibt viele verschiedene Kriterien, nach denen sich Musik bewerten / wichten lässt. Aber das sind halt immer nur einzelne Kriterien, mit welchen man der Musik jedoch nie vollumfänglich gerecht werden kann.

Ich bin froh, dass es eben keine vollumfänglichen objektiven Kriterien für Musik oder Kunst geben kann, nämlich genau dann wäre es keine Kunst mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Je höher / komplexer die Ordnung, in die zueinander in Beziehung stehende Schallereignisse gebracht werden, desto (objektiv) gut, könnte man ganz einfach sagen.
hmmm...
alternative sichtweise: weniger ist mehr.
je einfacher, desto besser.

mit welcher begründung ist komplexität ein qualitätsmerkmal?
 
Zuletzt bearbeitet:
Komplexität: super Kriterium, würde heißen:
Kraftwerk schlechter als Modern Talking, wo steht da der Flohwalzer oder Da Da Da
NDW besser als AC/DC
Bayerischen Blasmusik genau so gut wie Sepultura


Ich versteh´s nicht
 
"Relativ" deshalb, weil darunter z.B. auch irgendein Techno-Urgestein fallen könnte.
Ich finde es schade, wenn aufgrund persönlicher Präferenzen ganze Stile ignoriert werden. Wie oft habe ich sowas schon gehört, z.B. das alles mit Rap-Passagen doof ist (von einer die auf Frontline Assembly stand, deren Album Millenium Rap-Passagen hat, *lol*), dass nur handgemachte Musik taugt (das sind so die üblichen Techno-Hasser) und ähnliches. Witzigerweise fanden dann aber Punks, die Techno eigentlich doof fanden, Digital Hardcore (Alec Empire & Co) dann doch wieder OK, obwohl ähnlich produziert. Eine politische Aussage gibt es manchmal auch bei Techno, siehe z.B. Underground Resistance oder es gibt komplette Storylines wie bei Drexciya.

Bei Techno muss berücksichtigt werden, dass es Musik ist, die zum tanzen produziert wurde und zwar ähnlich wie bei reiner Trommelmusik zum Zweck einen Trance-Zustand zu erreichen für den repetive Elemente (=> Monotonie) absolut essentiell sind. Einzelne Techno-Tracks sind dabei nur Rohmaterial und gar nicht dafür gedacht zu Hause angehört zu werden, sondern in einem Mix mit anderen Tracks zu einem die ganze Nacht durchgehenden Stück zusammen gemischt zu werden. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal von Techno und verwandten Stilen wie Drum 'n' Bass/Jungle.
Für guten Techno/Drum 'n' Bass/... können daher gar nicht dieselben Kriterien angewendet werden wie bei anderen Stilen.

Abgesehen davon gibt es noch "klassische" E-Musiker, die ihre Musik größtenteils mit Maschinen erzeugt haben wie z.B. Stockhausen oder die Musique concrète Leute, die den klassischen Ebenen noch den Klangaspekt hinzugefügt haben, der bei elektronischer Musik (allgemein gemeint, nicht in der Definition von Stockhausen) von Außenstehenden ohnehin gerne ignoriert wird.

Also muss man sich bei objektiven Kriterien erstmal überlegen für was die Musik überhaupt erzeugt wurde.
 
Aber wir könne ja auch gerne andersrum fragen:
Was würden uns denn objektive Kriterien für Musik - oder allgemeiner für Kunst - überhaupt bringen?
Warum lernen wir denn überhaupt ein Instrument?
Warum stecken wir so viel Zeit, Leidenschaft und Energie da rein, warum vergleichen wir uns mit anderen, wenn eh alles nur subjektiv ist?

Wenn eh alles gleich "gut" ist? Eine Putzfrau, die beim Klavierputzen irgendwelche Töne erzeugt und Alfred Brendel bei einem Klavierkonzert? Alles gleich gute Musik? Alles nur subjektiv schöner oder näher am eigenen Geschmack? So einfach? So simpel?

Ich bin froh, dass es eben keine vollumfänglichen objektiven Kriterien für Musik oder Kunst geben kann
Ich auch. Deswegen habe ich ja auch niemals nie irgendwo behauptet, dass Musik ausschließlich etwas objektiv Beschreibbares wäre.

Ich widersprach eben nur der Ansicht, dass man Musik ausschließlich subjektiv als "gut" / "schön" usw. empfinden könne. Es ist für beides Platz. Die Musik ist groß genug dafür. Ihr tut man keinen Schaden an, wenn man sie auch einmal objektiv anzupacken versucht.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
mit welcher begründung ist komplexität ein qualitätsmerkmal?
Komplexität entspricht mMn nach dem Wesen/der Natur der Musik, Ordnung zu schaffen, das Chaos willkürlicher Geräusche sinnvoll zu strukturieren. Hatte ich schon geschrieben.

Natürlich kann auch eine unbegleitete Melodie unglaublich schön sein und wirken. Aber ist damit schon das Ende der Fahnenstange von "gut" erreicht?
In der Regel ist es doch so, dass Melodien ihre volle Wirkung erst mithilfe der Begleitung entfalten. Das ist bei Yesterday so, und bei der D-Dur Suite Air von Bach auch. -> höhere Komplexität, "bessere" Musik.
 
Bei Techno muss berücksichtigt werden, dass es Musik ist, die zum tanzen produziert wurde und zwar ähnlich wie bei reiner Trommelmusik zum Zweck einen Trance-Zustand zu erreichen für den repetive Elemente (=> Monotonie) absolut essentiell sind.
(...)
Also muss man sich bei objektiven Kriterien erstmal überlegen für was die Musik überhaupt erzeugt wurde.
Richtig.
Wenn aber jemand die Frage stellt, ob es objektive Kriterien für "gute" Musik gibt, dann beinhaltet diese Frage den Zweck der Musik eben gerade nicht.

Sonst hätte man fragen müssen: gibt es objektiv bessere und schlechtere Musik, um bspw. schnell zu tanzen und auszuflippen.
Da wäre die Antwort ganz einfach gewesen. Ein langsamer Walzer ist objektiv schlechter geeignet, auszuflippen, als Techno mit 160 bpm.

Aber so war die Frage nicht gestellt.
Das heißt für mich, bei der Frage geht es um eine Betrachtungsweise, die wir erst seit dem späten 18. Jahrhundert kennen: um Musik, deren einziger Zweck sie selbst ist. Und da kommt man dann an der Kunstfertigkeit, dem Arrangement und der Inspiration schlecht vorbei - also einfach gesagt: was jemand aus einer Idee gemacht hat. Laut Paco de Lucia: 10% Inspiration, 90% Transpiration.
Warum sollte man an einer Idee so hart arbeiten (-> 90% Transpiration) wenn es objektiv egal wäre, weil eh alles subjektiv ist?


Ich will aber mal noch einen anderen Punkt anschneiden, der mir hier viel zu kurz kommt.

Wenn von "guter" (oder weniger guter) Musik die Rede ist, kommen alle mit einem bestimmten Stück an - einem Lied, oder einer Band.

Genau darum ging es aber in dieser Frage nicht. Und darum ging es auch in meinem ursprünglich verlinkten Artikel nicht. "Musik" meinte da nicht ein oder mehrere bestimmte Lieder die "besser" oder "schlechter" als anderen sind.
Gemeint war vielmehr die Musik einer bestimmten Ära oder in einer bestimmten Darreichungsform (Pop im Radio von heute / Pop in den 1980ern). Die Frage war jeweils, als wie "gut" kann diese Musik insgesamt angesehen werden.

Und gerade beim heutigen Radio-Pop lässt sich nun mal das Argument, dass er eintönig und viele in der Gesamtheit als negativ empfundene/assoziierte Eigenschaften hat, nicht von der Hand weisen. Was dann eben schon deutlich mehr, als subjektiv ist. Denn Monotonie bspw. lässt sich belegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
1. Da wäre die Antwort ganz einfach gewesen. Ein langsamer Walzer ist objektiv schlechter geeignet, auszuflippen, als Techno mit 160 bpm.
2. Aber so war die Frage nicht gestellt.
3. Warum sollte man an einer Idee so hart arbeiten (-> 90% Transpiration) wenn es objektiv egal wäre, weil eh alles subjektiv ist?
4. Und gerade beim heutigen Radio-Pop lässt sich nun mal das Argument, dass er eintönig und viele in der Gesamtheit als negativ empfundene/assoziierte Eigenschaften hat, nicht von der Hand weisen.
1.
Tja, wie sage ich das jetzt ohne das wir uns wieder in die Haare kriegen? Jedenfalls ist das nicht das worauf ich hinaus wollte.
2.
Meine Frage hat es aber auch nicht ausgeklammert. So herum kann man es auch sehen.
3.
Die Frage finde ich komisch gestellt, so als ob Subjektivität etwas total schlechtes wäre. Objektiv heißt, dass es einfach jeder gut finden muss, subjektiv heißt, dass es Grüppchen gibt, die das oder jenes gut finden, also die sogenannten Zielgruppen und da schließt sich dann wieder der Kreis zum Zweck der Musik.
4.
Aber von wem wird es als negativ empfunden? Es gibt ja immernoch genug Leute, die es gerne hören, warum auch immer. Was den Schluss aufkommen lässt, dass die Kriterien für diejenigen anders sind, dass ihnen z.B. der Textinhalt egal ist.
Und wenn es alles nur Mitläufer sind kann die Musik dann zumindest nicht als so schlimm empfunden werden, dass sie nicht tolerierbar ist, während echte Spartenmusik bei anderen Zielgruppen oft auf totale Ablehnung stößt, z.B. Death Metal wegen dem Growling, Harsh-Noize, weil es nur noch als Krach empfunden wird, usw..
Pop quasi als geringstes Übel, als Konsensmusik, auf die man sich einigen kann.

Mainstream-Pop kann ich z.B. als Hintergrund-Gedudel tolerieren, bei Schlager würde ich dagegen das Radio einschlagen. Kaufen würde ich es trotzdem nicht.

In anderen Ländern kann die Konsensmusik wiederum völlig anders sein, z.B. im nahen Osten mit den für uns als schräg empfundenen Dreivierteltönen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Arabische_Musik#Das_Tonsystem_der_Araber

Man müsste objektive Kriterien für gute Musik (allgemein, nicht nur auf Pop/Mainstream-Pop bezogen) also nicht nur dem Zweck nach aufteilen, sondern auch nach den verschiedenen Musik-Kulturen.
Dann stellt sich noch die Frage, ob einem durch solche Kriterien als "gut" einsortierte Musik dann auch gefallen muss und falls nicht, was einem die Kategorisierung als gut dann überhaupt bringt.

Als letztes stellt sich die Frage, was es überhaupt für einen Sinn macht sich über die aktuelle Mainstream-Popmusik zu echauffieren. Ändern wird sich dadurch nichts und warum sich mit als schlecht empfundener Musik beschäftigen, wenn man sich mit als gut empfundener Musik beschäftigen kann?
 
als ob Subjektivität etwas total schlechtes wäre
Wie kommst Du denn darauf?
:nix:
Und warum so absolut? Ich schrieb doch schon: es ist in der Musik Platz für beides.
Vielleicht hätte ich noch dazu schreiben sollen: Und das ist auch gut so.

Ich streite doch überhaupt nicht ab, dass Musik in erster Linie eine ganz persönliche Subjektive Erfahrung ist, die bei dem einen so, beim anderen so ankommt.

Aber: wieso sollte dieser Umstand es verunmöglichen, Musik auch objektiv betrachten zu können?

Die Kunst, Musik zu kreieren hat mMn viel gemeinsam mit Architektur. Oder auch der Kochkunst.
Ob jemandem ein Gebäude nun gefällt, oder ob er es als kitschig oder hässlich empfindet ist doch etwas völlig anderes, als die Frage, ob seine innere Struktur architektonischen, ingenieurtechnischen, physikalischen Anforderungen gerecht wird.
So, wie ich ein Gebäude analysieren kann, kann ich auch ein Musikstück analysieren.

Objektiv heißt, dass es einfach jeder gut finden muss
Auch dieses Argument, dass "objektiv gut" nur dann zutrifft, wenn alle es gut finden - woraus im Umkehrschluss folgt, dass nicht schlecht sein kann, was die meisten gut finden (die Frage ist, ob sie das wirklich tun, oder es sich mangels Alternativen/Wissen nur antun), überzeugt nicht.

Überhaupt wundert es mich, dass gerade ein Musiker in Frage stellt, dass es soetwas wie objektiv "gute" Musik gibt.
Das wäre, als würde ein Koch in Frage stellen, dass es objektiv guten Geschmack/gute Rezepte gibt. Er weiß natürlich, dass es auch dann guten Geschmack/gute Rezepte gibt, wenn andere ihn nicht erschmecken können. Weil er darauf trainiert ist.



Mögen also viele Zuhörer Musik eher wie der begrenzte Emile aufnehmen, ändert es doch nichts daran, dass der "Experte" wie Remy weiß, dass, warum etwas und was gut ist.

Übrigens ist mir schon öfters eines aufgefallen: je mehr Ahnung von Musik jemand hat, umso stärker werden persönlicher Geschmack und Erkennen von "guter" Musik zwei verschiedene paar Schuhe. So kann der Jazzer plötzlich "gute" Popmusik anerkennen und der Klassiker "gute" Rockmusik. Und der Rocker guten Barock. Das ist dann vermutlich auch die Ursache für die vielen Fusion-Experimente gewesen, die ja Anfangs, also als die Stile etabliert wurden, eben gerade nicht von den Anfängern, sondern von dem Cracks entwickelt wurden.

Es liegt in der Komposition. Und die ist unabhängig vom Stil.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube schon, dass es ein paar Kriterien gibt, die zwar jedes für sich nicht hinreichend sind, die aber in Kombination eine ganz brauchbare, genreübergreifende Indikation für "gute Musik" darstellen:

1. Langlebigkeit
Musik, die auch nach Jahren/Generationen immer wieder neue Hörer begeistert.
Ob dieses Kriterium zutrifft, kann man natürlich um so leichter feststellen, je älter die Musik ist (deshalb auch allein nicht ausreichend).

2. Kreativität
Musik, die innerhalb ihres Genres erkennbar kreativ, innovativ, neuartig ist.
Meist kann man ganz gut erkennen, ob etwas nur hingerotzt und kopiert wurde, oder es gelungen ist, etwas Neues, Überraschendes zu schaffen.

3. Einfluss
Musik, die andere Musiker beeinflusst oder inspiriert hat, vielleicht sogar einen eigenen Trend oder Stil begründet hat.
Auch das ist natürlich im Nachhinein immer leichter festzustellen.

4. Handwerk
Musik, die innerhalb ihres Genres durch besondere handwerkliche Qualität hervorsticht (bezüglich Komposition, Aufführung und ggf. Aufnahmetechnik).
 
Ich habe mich in meinem Kommentar nur auf den künstlerische Intention, den künstlerischen Gehalt hinter der Musik bezogen, nicht auf die handwerkliche Umsetzung.

Letztlich denke ich, dass man die künstlerische Intention hinter der Musik zwar anhand verschiedener Kriterien sehr wohl beschreiben und analysieren kann (wie vollständig eine solche Beschreibung sein könnte, wäre eine andere Frage), dass man jedoch eben nicht die künstlerisch Intention nur auf die Kriterien reduzieren kann.

Ich widersprach eben nur der Ansicht, dass man Musik ausschließlich subjektiv als "gut" / "schön" usw. empfinden könne.
In meinen Augen ist das etwas unglücklich formuliert.
Ich denke, dass die Empfindung und Wahrnehmung von Musik immer zwangsläufig subjektiv ist, vermittelt durch unsere Ohren und bewertet durch unsere Sozialisation (beides subjektive Faktoren). Dabei will ich das "subjektiv" eben nicht abwerten sondern eher umgedreht, ich finde es sogar deutlich wichtiger, weil näher an der persönlichen Basis.
Die objektive Analyse und Bewertung anhand diverser Musikkriterien wäre dann erst der nächste und damit zweite Schritt. Die objektive Analyse untersucht beispielsweie, wie souverän + kreativ der Künstler seinen musikalischen Werkzeugkasten eingesetzt hat, was tatsächlich sehr interessant sein kann. Anhand dieser objektiven Analyse steht dann eine weitere, zusätzliche Bewertung für die Musik zur Verfügung. Das ist aber erst der zweite Schritt nach dem ersten subjektiven Eindruck.

Vergleichen wir beislpielsweise mal J.S.Bach und E.Satie. Wenn man die "Komplexität" der Kompositionen und den Kompositionsumfang vergleicht, ist Bach ganz klar deutlich im Vorteil. Ist er deswegen automatisch der bessere Künstler?
Ich halte nichts von solch Kunstvergleichen (weil ich denke, sie gehen an der eigentlichen Kunst vorbei) und daher kann ich eigentlich mit der Ausgangsfrage auch nicht so viel anfangen bzw. habe sie mit Nein beantwortet.
Bach und Satie hatten halt vollkommen unterschiedliche künstlerischen Konzepte und Ansätze, welche aber beide Ihre Berechtigung haben und ich finde beide Komponisten großartig.

Wenn ich beispielsweise Brahms höre und gut finde, so finde ich ihn gut, weil er mich emotional berührt und nicht, weil ich seine Harmoniemodulationen analysiert habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich finde es schade, wenn aufgrund persönlicher Präferenzen ganze Stile ignoriert werden. [...] Bei Techno muss berücksichtigt werden, dass es Musik ist, die zum tanzen produziert wurde und zwar ähnlich wie bei reiner Trommelmusik zum Zweck einen Trance-Zustand zu erreichen für den repetive Elemente (=> Monotonie) absolut essentiell sind.

Meine Formulierung war vielleicht ein bisschen missverständlich - ich hatte diesen Satz eher an die gerichtet, die musikalische Qualität hauptsächlich an Aspekte wie den rein technischen Anspruch oder die Komplexität einer Komposition knüpfen. Ich persönlich schätze Kreativität sehr hoch ein und habe deshalb auch schon immer ein Faible für die Pioniere von Musik-Genres gehabt - und da ist Techno gewiss keine Ausnahme. Und wo ich dir absolut recht gebe, ist deine Bemerkung über den "Sinn" von Techno: Exakt, der repetitive Charakter ist in dieser Musikrichtung notwendig, um die erwünschte Wirkung (Trance) zu erzielen (wie auch z.B. in der Musik der muslimischen Sufis).

Vielleicht ist der Streit um "gute Musik" auch ein bisschen wie der Streit um "Intelligenz" - es scheint verschiedene und teils sehr unterschiedliche Formen von Intelligenzen zu geben, so vermutlich auch verschiedene und sehr unterschiedliche Formen von "guter Musik".
 
Ich glaube schon, dass es ein paar Kriterien gibt, die zwar jedes für sich nicht hinreichend sind, die aber in Kombination eine ganz brauchbare, genreübergreifende Indikation für "gute Musik" darstellen:

1. Langlebigkeit
Musik, die auch nach Jahren/Generationen immer wieder neue Hörer begeistert.
Ob dieses Kriterium zutrifft, kann man natürlich um so leichter feststellen, je älter die Musik ist (deshalb auch allein nicht ausreichend).

2. Kreativität
Musik, die innerhalb ihres Genres erkennbar kreativ, innovativ, neuartig ist.
Meist kann man ganz gut erkennen, ob etwas nur hingerotzt und kopiert wurde, oder es gelungen ist, etwas Neues, Überraschendes zu schaffen.

3. Einfluss
Musik, die andere Musiker beeinflusst oder inspiriert hat, vielleicht sogar einen eigenen Trend oder Stil begründet hat.
Auch das ist natürlich im Nachhinein immer leichter festzustellen.

4. Handwerk
Musik, die innerhalb ihres Genres durch besondere handwerkliche Qualität hervorsticht (bezüglich Komposition, Aufführung und ggf. Aufnahmetechnik).
#2 & #3 setzen jedoch teils umfangreiches Zusatzwissen voraus, das nur die wenigsten haben.

Ich würde die Aufzählung noch um folgenden Punkt ergänzen:

5. Übertragbarkeit / Universalität / Generalisierbarkeit
Eine Komposition ist dann "gut", wenn sie auch unter veränderten Parametern (andere Instrumentierung, verändertes Arrangement, anderer Vortragsweise etc.) "funktioniert".

Bei vielen gegenwärtigen Chart-Songs würde einfach nur gähnende Langeweile entstehen, wenn man sie bspw. von einem Orchester spielen lassen würde. Oder einer Bigband. Möglicherweise würde dadurch sogar ihr Gefühl und Intelligenz beleidigendes Korsett noch viel mehr freigelegt werden. Weil da völlig uninspirierte Melodien, die den Namen gar nicht verdienen, minutenlang mit den gleichen vier Akkorden kombiniert werden. Thematische Entwicklung = Null.

Vom Anspruch her ist das nicht mehr, als die Übungen, die ein 6-jähriger Klavierschüler im ersten Unterrichtshalbjahr aufbekommt. Das ist noch keine wirkliche Musik.
 
Zuletzt bearbeitet:
#2 & #3 setzen jedoch teils umfangreiches Zusatzwissen voraus, das nur die wenigsten haben.

Das invalidiert aber, selbst wenn es stimmen sollte, die Argumente nicht. ;)

Bei vielen gegenwärtigen Chart-Songs würde einfach nur gähnende Langeweile entstehen, wenn man sie bspw. von einem Orchester spielen lassen würde. Oder einer Bigband.

Dein Melodie-Argument kann ich noch irgendwie nachvollziehen (man kann Mozart z.B. sehr viel besser vor sich hin summen als viele Pop-Stücke, die eigentlich gar keine echte Melodie haben ... wobei, das kann ich auch gut mit der klappernden Mühle am Bach), aber ob die Ergebnisse der zwangsweisen Orchestrierung irgendwelcher beliebiger Musik eine objektive Aussagekraft haben ... na, ich weiß nicht so recht. Jedenfalls fand ich bisher immer - meine ganz persönliche Meinung -, dass die Orchester-Versionen von riff-orientierter Rockmusik ("Day Tripper", "Satisfaction", "You Really Got Me", "Highway To Hell", "Smoke On The Water", "Whole Lotta Love" usw.) ziemlich scheiße klangen und ich hatte beim Anhören eigentlich immer sehnsüchtig den Klang der Originalversionen im Hinterkopf.

Und, vielleicht noch ein Gedanke dazu, haben wir nicht auch in der sog. klassischen Musik vom Barock über die Klassik bis zur Romantik eine Entwicklung von der bloßen Melodie (oder endlosen Variationen über Melodien) hin zur eher klanglich expressiven Musik, wo z.B. ein mächtiges Orchester (ich denke da mal - offensichtlich - an Wagner, Bruckner, Strauss oder Camille Saint-Saëns', der in seiner Orgelsinfonie ja einen klanglichen Overkill auf den Zuhörer loslässt, wenn man es z.B. in der Notre Dame aufführt) Klangmauern erschaffen sollte, die die Leute streckenweise einfach nur vom Hocker hauen sollten? Oder liege ich völlig falsch mit der Annahme, dass die Komponisten dem "Konzept Sound" parallel zu den wachsenden technischen Möglichkeiten einen immer breiteren Raum gaben?
 
5. Übertragbarkeit / Universalität / Generalisierbarkeit
Eine Komposition ist dann "gut", wenn sie auch unter veränderten Parametern (andere Instrumentierung, verändertes Arrangement, anderer Vortragsweise etc.) "funktioniert".
Ich habe jetzt dummerweise nur dein Post gelesen aber möchte dir widersprechen.
Vielleicht vertue ich mich auch mit Begrifflichkeiten.
Für mich sind die Parameter die du teilweise aufzählst teil einer Komposition, eines Musikstückes.
Wird ein Stück anders arrangiert (z.B. Reggae oder Walzer statt Rock), ändert sich z.B. der Rhythmus???
Für mich ist Rhythmus Bestandteil einer Komposition. Auch Klang ist für mich (in Grenzen) Teil der Komposition.
 
aber ob die Ergebnisse der zwangsweisen Orchestrierung irgendwelcher beliebiger Musik eine objektive Aussagekraft haben ... na, ich weiß nicht so recht. Jedenfalls fand ich bisher immer - meine ganz persönliche Meinung -, dass die Orchester-Versionen von riff-orientierter Rockmusik ("Day Tripper", "Satisfaction", "You Really Got Me", "Highway To Hell", "Smoke On The Water", "Whole Lotta Love" usw.) ziemlich scheiße klangen und ich hatte beim Anhören eigentlich immer sehnsüchtig den Klang der Originalversionen im Hinterkopf.
Da muss ich Dir zustimmen, das geht mir genau so.

Was wäre dann die Konsequenz?

Die oben genannten Stücke mögen zwar in ihrer originalen Instrumentierung und Darbietung viel Spaß machen.
Aber sie sind objektiv noch keine wirklich "gute" Musik in dem Sinne, Musik um ihrer Selbst Willen anzuschauen. Gut im Sinne "für einen bestimmten Zweck", sind sie allemal.

Aber sieh Dir Eleanor Rigby oder Michelle an. Ein ganz anderes Level.

________________________


Mich wundert, dass noch keiner die Frage angeschnitten hat, wie man in diesem Zusammenhang überhaupt "gut" verstehen muss. Nur "gute Musik" wurde genannt. Aber nicht "gut".

In den Jahrtausenden, die sich die Menschheit nun schon mit der Frage "was ist gut" herumschlägt, haben sich doch einige größere Aspekte ergeben:

- Gut ist, was für einen bestimmten Zweck dient. So wäre also ein Hebel "gut", um ein Gewicht hoch zu hieven.

- Gut ist, was in moralischer / ethischer Hinsicht (oft mit theologischer Rückbindung, aber nicht unbedingt) ein angenehmes, schönes, sorgenfreies Leben ermöglicht

- Gut ist, was göttlichen Maßstäben entspricht


-> Jetzt nochmal zurück zur Ausgangsfrage:

Gibt es gute Musik und wenn ja, was ist gute Musik?

Nach obigen Bedeutungen von "gut" wäre also "gute Musik"

1. Musik die perfekt einem bestimmten Zweck dient
und/oder
2. Musik die das Leben angenehm macht
und/oder
3. Musik, in der ein göttliches Moment durchscheint

1. hatte ich für mich schon einmal ausgeklammert, weil da der Zweck die Musik dominiert. Da könnte dann Hans Zimmers Musik zu Inception "gut" sein, weil sie dem Zweck, den Film emotional zu verstärken, sehr gut dient. Aber ist das für sich selbst genommen wirklich "gute" Musik? Funktioniert das auch, wenn man es auf der Gitarre spielen würde? Würden die 4 Minuten lang gespielten 4 Akkorde mit einer nicht-singbaren Melodie, deren Entwicklung hauptsächlich in gesteigerter Lautstärke und einer größeren Soundwand besteht, nicht langweilen?
Vergleichen wir das immer wiederkehrende Thema mit einem Pendant aus der klassischen Musik - den Bolero.
Merkt man den Unterschied?

2. Hier liegt mEn "der Hund begraben". Hier lassen sich Antworten finden. Gute Musik muss dem Leben entsprechen, um es angenehm machen zu können. Was dem Leben widerspricht, wird vom Leben als "feindlich" empfunden und kann es nicht angenehm machen. Musik ist also mMn dann "gut", wenn sie das Leben abbildet, nachahmt, umspielt usw.
Was meine ich mit "Leben"?
Die gesamte sinnliche, seelische, gedankliche, geistige, physische und immaterielle Erfahrungswelt. Deshalb finde ich es auch sinnvoller, den Bogen, was "Musik" ist weiter zu spannen, und nicht nur auf einzelne Kompositionen zu schauen. Sondern "Musik" als Ausdruck einer Zeit und einer Generation oder eines politischen/ökonomischen Willens zu begreifen.
Frei nach dem Motto: zeige mir die Musik eines Landes, und ich sage Dir, wer darin lebt.

Es ist ja nicht so, dass es keine gute Musik mehr gäbe.
Aber zu wenig originäre gute Musik. Zu viele Kopien von Bewährtem.
Und dass gute Musik nicht mehr in dem Maße, wie früher, kommuniziert wird, sondern zunehmend aus den Ohren der Öffentlichkeit "verschwindet."
 
Mich wundert, dass noch keiner die Frage angeschnitten hat, wie man in diesem Zusammenhang überhaupt "gut" verstehen muss.
Doch, bereits in #9 und #10
Zunächst empfinde ich die Frage als zu offen gestellt, weil "gut" nicht definiert ist.
Das ist mMn der springende Punkt. ;)
..
"Gut" ist mache Musik zur richtigen Zeit.
Je nach Kriterium ist "gut" sogar zeitabhängig.
Die von dir erwähnte "Musik die das Leben angenehm macht" kann ja bei einer Fete ideal sein, abends zur Erspannung aber total auf den Geist gehen oder umgekehrt.
 
Je nach Kriterium ist "gut" sogar zeitabhängig.
Also: abhängig von der Zeit.

Die eigentliche Frage ist aber doch, ob es "objektiv gute Musik" gibt. D.h. Musik, die nicht abhängig von etwas "gut" ist, sondern objektiv gut, also unabhängig von allem "gut".

Wird ein Stück anders arrangiert (z.B. Reggae oder Walzer statt Rock), ändert sich z.B. der Rhythmus???
Für mich ist Rhythmus Bestandteil einer Komposition. Auch Klang ist für mich (in Grenzen) Teil der Komposition.
Arrangement ist doch etwas anderes, als der Stil (Raggae vs. Rock) und der Rhythmus.
Arrangement bedeutet doch in erster Linie, wie ich einzelne Instrumente(ngruppen) zueinander stelle. Also die innere Verzahnung der Musik.
-> Wer spielt wann was. (und warum.)
 
Und, vielleicht noch ein Gedanke dazu, haben wir nicht auch in der sog. klassischen Musik vom Barock über die Klassik bis zur Romantik eine Entwicklung von der bloßen Melodie (oder endlosen Variationen über Melodien) hin zur eher klanglich expressiven Musik, wo z.B. ein mächtiges Orchester (ich denke da mal - offensichtlich - an Wagner, Bruckner, Strauss oder Camille Saint-Saëns', der in seiner Orgelsinfonie ja einen klanglichen Overkill auf den Zuhörer loslässt, wenn man es z.B. in der Notre Dame aufführt) Klangmauern erschaffen sollte, die die Leute streckenweise einfach nur vom Hocker hauen sollten? Oder liege ich völlig falsch mit der Annahme, dass die Komponisten dem "Konzept Sound" parallel zu den wachsenden technischen Möglichkeiten einen immer breiteren Raum gaben?

Ja sicher, die instrumentalen Möglichkeiten und Anforderungen haben sich mit der Zeit immer gewandelt und gesteigert, die Arrangements ebenfalls und der Schwerpunkt verlagerte sich durchaus vom eher melodisch dominierten Satz mit untergeordneten "Füllstimmen" (wie in der Klassik) zu einer Dominanz von stark chromatischer Harmonik und ebenfalls komplexer Rhythmik, wohingegen die klare diatonische Melodik in den Hintergrund tritt bzw. sich anpasst.


Hier mal 2 Beispiele von Meisterwerken aus der Phase des Übergangs von der Spätromantik zur Moderne, beide zeigen Entwicklungen in verschiedene Richtungen ganz gut auf ..

Max Regers Op.135b - Fantasie und Fuge in d-moll für Orgel

Eine absolut klangewaltige Fantasie, gefolgt von einer in bester Bachscher Tradition gefertigten Doppelfuge. Harmonisch kühn und extrem chromatisch wird hier wie in vielen Werken Regers die Tonalität bis an die Grenzen ausgeschöpft, aber nicht überschritten.

https://soundcloud.com/andy-stevens-43375960/test2

Sein Zeitgenosse Alexander Skrjabin verfolgt hingegen, ebenso virtuos, eine gänzlich andere eigenständige harmonische Sprache, an die später Leute wie zB. Bela Bartok anknüpften ..

Klaviersonate Nr. 5



.. oder Olivier Messiaen, der ebenfalls eine eigene harmonische Sprache, basierend auf den sogenannten messiaenschen Modi, entwickelte, die auch die Synästhetik miteinbezog.

Der Komponist sah also Farben bei verschiedenen Klängen.

Hier mal ein sehr schönes Beispiel aus seinem "Livre du Saint Sacrement" für Orgel

Die zwei Wassersäulen (Les deux murailles d'eau)



Absolut beeindruckend so etwas live zu hören !
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber genau das interessiert mich nicht, weil sich diese Frage doch gar nicht wirklich stellt.
Die wirkliche Frage ist doch, ob es "objektiv gute Musik" gibt. D.h. Musik, die nicht abhängig von etwas "gut" ist, sondern objektiv gut, also unabhängig von allem "gut".
Das ging nur, wenn "gut" ein unabhängiger Begriff wäre, das ist er aber so gut wie nie.
Deshalb ist "objektiv gut" nur sehr schwer vorstellbar.
Suche mal irgend etwas, bei dem "gut" ohne erklärende Defintion auskommt.

Der Sperwurf ist gut. Weil er technisch gut war oder weil er weit war oder weil er das Reh getroffen hat?
 
Suche mal irgend etwas, bei dem "gut" ohne erklärende Defintion auskommt.
Na, das stimmt schon. Alles dient irgendeinem Zweck.
(Ich habe sogar selbst ein Lied darüber geschrieben: Everything serves).

In der Kunst halte ich es aber gerne mit dem alten Protagoras:
"Der Mensch ist das Maß aller Dinge."

Weil Kunst ist in der Regel für Menschen gemacht ist, nicht für Eichhörnchen. Ich weiß nicht, wie Gott aussieht (außer als Menschgewordener ;-), noch welchen Geschmack er hat.
Bleibt nur der Mensch.

Und der Mensch als Erscheinung im Kosmos ist gut.
Fragst Du mich also nach etwas objektiv Gutem, dann würde ich sagen: der Mensch.

Nicht von der Wesensart her, sondern von der Beschaffenheit her und den Möglichkeiten.
Wir können uns - abgesehen von Gott - kein vollkommeneres "Ding" vorstellen, als den Menschen.

Das ist der abgesteckte Claim, der Anspruch, dem Musik mMn nacheifern sollte.
 

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