Bin kein Elektrotechniker, aber ich habe bisher die folgenden Gründe recherchiert, warum eine Röhre "lauter" ist als eine Transe:
- die Wattangabe bezieht sich auf die Leistung, die der Amp bei z.B. 0,1% Klirrfaktor liefert. Also im weitgehend "sauberen", unverzerrten Bereich. Die Röhre kriegt ja ihren Charme, wenn sie eben nicht im unverzerrten Bereich spielt, sondern übersteuern und damit leicht (oder auch heftiger!) zerren darf. Beim Übersteuern fügt die Röhre harmonische Obertöne hinzu, die Transe hingegen ... na, schön ist das jedenfalls nicht, und der Amp verträgt das auch nicht auf Dauer. Daher sollte ein Transistor-Amp tunlichst im "cleanen" Bereich gefahren werden (was die Endstufenleistung angeht, unabhängig von externem Verzerrer oder Röhre in der Vorstufe) und muss seinen Headroom daraus gewinnen. Einen Röhren-Amp kannst Du auch locker über die genannte Watt-Zahl betreiben, und er klingt immer noch (oder vielleicht gerade erst) richtig geil ...
- die Röhre gibt die Leistung gleichmäßiger ab. Ein Wechselstromwiderstand ist auch frequenzabhängig, und der Transistor-Amp gibt über die Frequenzen ungleichmäßig Leistung ab. Ein Röhrenamp ist in der Lage, um die eingestellte Impedanz herum die Leistung gleichmäßiger abzuliefern. Ich hab vor einiger Zeit mal eine imho tolle Erklärung der Firma Kammer Amps gefunden, die ich als pdf anhänge.
Ich hatte dieses Thema auf dem Schirm, als ich letztes Jahr beim Rockin' 1000-Event in Frankfurt mitgemacht hatte. Da gab's für die Instrumentalisten (dr, b, git) keine PA, sondern jeder hatte einen Amp mit (die Drummer natürlich nicht) - und der Amp sollte max. 100W haben. Da hatte ich nette Diskussionen mit den Organisatoren ... bei Bassisten ist ein 100W-Amp (meist Transistor) ein netter Übe-Amp, bei Gitarristen (z.B. Marshall Full Stack) eine Abrissbirne. Aber egal - 180 Bassisten mit je max. 100W waren definitiv laut genug ... ich hätte nur gern die Gesichter gesehen, wenn ich da mit einem Fender Bassmann 100T plus 810er angekommen wäre ... Die Markttendenz ist aber eindeutig: Stand Mitte letzten Jahres gab es beim Big T 167 Röhren-Combos für Gitarre, für Bass ... öhhh ... exakt Null.
Mein persönliches Fazit derzeit: wenn Röhre, dann reichen die am Markt erhältlichen (nominellen) 200 bis 300W locker (!) für so ziemlich alles aus ... wenn man nicht gerade im Wohnzimmer übt, das wäre dann mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Entsprechende Box natürlich vorausgesetzt. Bei Transen würde ich bei den Class D-Endstufen auf VIEL Headroom achten. Bei Class AB oder Class H oder ähnlichen Vertretern sehe ich die Leistungsreserven nicht ganz so kritisch, Vertreter wie der GK Fusion 550 oder auch die Orange-Tranistor-Amps bringen "ehrliche" Lautstärke rüber. Ist aber nur meine ganz subjektive Einschätzung ... und den PF50-T hätte ich im Rockin' 1000-Umfeld gerne mal ausprobiert ...