Ich würde das nicht als Totschlagargument bezeichnen, sondern als ganz einfache Tatsache. Es ist doch so: Von dieser Gitarre werden maximal 300 Stück gebaut. Die meisten davon werden von gut betuchten Sammlern als Wertanlage gekauft. Ein paar werden von Gitarristen gekauft, die sich damit einen echten Wunschtraum erfüllen möchten - ein hochwertiges Instrument mit einer Aura von Noblesse und Einzigartigkeit zu spielen. Das im Zusammenspiel mit der unbezweifelbaren Qualität wird automatisch dafür sorgen, dass die Besitzer ihre Instrumente als etwas ganz Besonderes empfinden, es wird sie inspirieren und beflügeln. Und da weiß ich jetzt beim besten Willen nicht, was daran so verdammenswert ist - an 300 Luxusgitarren wird die Welt nicht untergehen.
Natürlich werden ein paar Käufer dabei sein, die sich für diese Gitarre finanziell übernehmen. Damit meine ich nicht: "freiwillig auf Anderes verzichten", sondern "in Schwierigkeiten kommen". Das sind die paar Pechvögel, die sich, wie du sagst, verführen haben lassen. Aber mal ehrlich: Was ist daran so schlimm? Sie werden im Wiederverkauf nicht sonderlich viel Geld verlieren und haben danach vielleicht eine Lektion für später gelernt. Der überwiegende Anteil dieser Gitarren wird in die Hände von Menschen kommen, die wissen, was sie da machen. Das ist es nämlich, was mich bei deiner Argumentation ein wenig stört: Implizit stellst du die Käufer dieser Instrumente als - ich sag's mal absichtlich etwas spitz - dumme Trottel dar, die sich da irgendwas von einem Rattenfänger aufschwatzen lassen. Auf gut Deutsch: Du sprichst den Käufern ihre Vernunft und die Fähigkeit zum klaren Denken ab und unterstellst dem Unternehmen den bösen Willen, diese vermeintlich Verführbaren abzuzocken. (Gibson gibt die minimale Anzahl dieses Modells mit 25, die maximale mit 300 an; d.h. sie wissen selbst nicht, ob die Nachfrage so groß sein wird, dass wirklich die komplette limitierte Serie gebaut wird. Das klingt nicht gerade nach einem raffiniert ausgeklügelten arglistigen Masterplan, sondern da steckt ein Element der Unsicherheit mit drin: Wir bieten dieses Modell jetzt einfach mal an und schauen, wie viele Liebhaber es finden wird. Fair deal.)
Die Frage war doch: Ist die Gitarre das Geld wert? Und ich denke, das kann jeder nur für sich selbst beantworten. Wer die Gitarre kauft, unterstützt damit echtes Handwerk und ein Produkt, das vermutlich mit viel Liebe zum Detail entstanden ist. Unter Arbeitsbedingungen, die man wohl als anständig bezeichnen kann. Was ist daran so schlimm? Viele Menschen geben jedes Jahr 2000 Euro und mehr für 2 Wochen Urlaub in einem fernen Land aus. Kurz darauf sitzen sie wieder an der Arbeit und alles ist genauso wie vorher - von ein paar Fotos, Mitbringseln und schönen, aber stetig verblassenden Erinnerungen abgesehen. Andere kaufen sich für 6000 Euro eine Gitarre, die sie jeden Tag in den Händen halten und beim Spielen ein tolles Glücksgefühl haben. Wer hat nun "vernünftiger" gehandelt? Und wer traut sich zu, diese Frage mit einem "das ist richtig" und "das ist falsch" zu beantworten? Ich jedenfalls nicht.