Spannendes Thema, denn ich stelle mir selbst genau die Frage im Moment. Ich möchte eine Paula und ich habe mich nicht entschieden, ob es eine Traditional, eine VOS oder eine CC werden soll. Ich hab' von allen ein bisschen ausprobiert und bin bisher noch nicht zu einem Urteil gekommen. Aber ein paar Anmerkungen, um sich im Laden mal damit auseinander zu setzen.
Wenn ihr in einen Laden geht, vor allem die größeren wie der Session Music, dann dürft Ihr nie vergessen, dass die Verkäufer Profis sind. Und wenn die noch so auf Kumpel machen und so viel beteuern - sind nunmal darauf geschult, einem die teueren Kisten schmackhaft zu machen. Der Olli von Session in Frankfurt hat das perfekt drauf (ich mag den Kerl trotzdem
). Mit seinem Oing und Däng und Doing und seiner Begeisterung kann er ziemlich schön suggerieren, was man hören soll.
Ist das also alles Humbug und Geschwätz? Nein. Die Gitarren klingen in all ihren Nuancen tatsächlich unterschiedlich. Jede der Les Pauls, die ich gespielt habe, hat zwar einen ähnlichen Grundcharakter, nämlich den relativ harten Attack, der von der Stop-Tail-Brücke kommt, die Mitten aus dem Korpus und das Sutain und Wummern, je nachdem wie der Hals gebaut ist. Aber die unterschiedlichen Spezifikationen wirken sich tatsächlich auf den Klang aus.
Alle reden vom Vintage-Klang und dass man diesem am nächsten kommen will. Und genau hier muss man mal seinen gesunden Menschenverstand wieder einschalten. Was ist denn DER Vintage Sound? Jimmy Page? Joe Perry? Oder einer von den Allman Borthers? Oder doch lieber in Richtung Slash? Und der Klang wird von so vielen Aspekten verändert. Das Pick, das Kabel, der Amp, die Effekte, der Speaker undundund...
Meines Erachtens gibt es DEN Vintage-Les Paul Klang überhaupt nicht. Es gibt einen Les Paul Grundcharakter und dann tausende von Mini Nuancen oben drauf, alle definiert durch unterschiedlichste Einflüsse. Welchen man persönlich am liebsten mag, muss man für sich selbst herausfinden.
Mein persönlicher Favorit ist im Moment eine 58er VOS. Die hat bisher am besten zu mir gepasst. Aber(!!!1111einseinself):
Dann darf man auch nicht vergessen, dass das Gehör nicht absolut ist, sondern immer relativ. Probiert's aus. Geht an zwei Tagen hintereinander in das Geschäft und spielt die selbe Gitarre über den selben Amp mit derselben Einstellung. Ihr werdet feststellen, dass der Klangeindruck unterschiedlich sein wird, vor allem, wenn man vorher unterschiedliche Gitarren gespielt hat. Man kalibriert sich nämlich immer wieder neu. Dafür gibt es die Klangreglung...
All das ist eigentlich nur subjektiv. Aber beim Kauf einer Gitarre gibt es auch einen objektiven Teil. Und mit dem solltet Ihr immer Anfangen:
Ich rede von der Qualität der Gitarre. Und auch hier gibt es zwei Aspekte. Zum einen die Verarbeitungsqualität, zum anderen die Klang
qualität (nicht zu verwechseln mit der Klang
farbe, neudeutsch Sound). Die Verarbeitung ist klar: Alles sauber angebaut, keine Grate, keine Spalten, Halswinkel ok usw.
Die Klangqualität wird aber oft gerne vernachlässigt: Also: Gibt es dead spots? Ist ausreichend Sustain vorhanden? Gibt es unerwünschte Resonanzen...? Verwaschen die Akkorde, oder kann man die Töne schön unterscheiden? Das Interessante dabei ist, dass ich schon furchtbar verarbeitetet Gitarren angespielt habe, welche aber in diesen Punkten ziemlich gut abgeschnitten haben, also keine dead-spots hatten und schön rund geklungen haben. Und dann hatte ich super verarbeitete Kisten, die einfach nur tot geklungen haben.
Woher das kommt, kann ich nicht genau sagen, aber ich gehe einfach davon aus, dass bei manchen Gitarren einfach der perfekte Sturm zusammen kommt, die Holzbeschaffenheit und die Holzmasse super zusammen passen und man eben eine klanglich tolle Gitarre hat (nochmal, ich meine die Qualität des Tones, nicht die Färbung), und bei anderen passt's einfach nicht. Das erklärt für mich auch, warum ich mal eine Les Paul, Strat oder Tele in den Händen halte, die passt, und manchmal nicht.
Nun habe ich sowohl bei Gibson, Fender und auch bei PRS in den höheren Preisklassen noch nie eine wirkliche Gurke in der Hand gehabt. Ich gehe davon aus, dass die einfach die Gurken aussortieren oder aber die Hölzer irgendwie (Erfahrung, Hokus Pokus?) aufeinander abstimmen. Bei dem Preis kann man das sicherlich auch machen. Bei den industriell gefertigten US-Strats und US-Paulas habe ich dagegen sehr wohl schon richtige Trümmer (im negativen Sinn) aber auch richtig klasse Exemplare in der Hand gehabt.
Wie gehe ich also vor? Ich schaue mir die Gitarre erst mal an, schaue, ob die einigermaßen akzeptabel verarbeitet ist. Dann höre ich mir den Grundsound an: Dead Spots? Verwaschene Akkorde? Unerwünschte Resonanzen? (Alles unverstärkt). Wenn das passt, dann gehe ich hin und hau das Teil in den Verstärker meiner Wahl und schaue, ob mir der Klang auch subjektiv gefällt, und ob die Gitarre zu meiner Spielweise passt (auch ganz wichtig, denn ich hatte schon ein paar CC's in der Hand, die in anderen Händen super klangen, aber ich kam einfach damit nicht zurecht).
Kann eine LP Traditional die CC schlagen? Sicherlich ja. Ist die CC ihr Geld wert? Auch, wenn man bedenkt, was da für eine Arbeit drin steckt. Ist eine CC immer besser als eine Traditional? Statistisch gesehen wahrscheinlich, aber ich bin mir sicher, wenn man lang genug sucht, findet man eine Traditional, welche von der Klangqualität (dead spots etc) der CC ebenbürtig ist. Dann stellt sich noch die Frage, welche einem dann subjektiv in Sachen Klangfarbebesser gefällt (und hier kann man noch viel mit Pickups und Elektrik machen!)
Ich habe mir übrigens noch nicht die Traditional mit 2014 specs angeschaut (ohne weight relief), da bin ich mal gespannt.