Kommt bisschen spät, die Antwort, aber so isses.
Erstmal finde ich die Diskussion hier mit dir sehr anregend. Auch wenn wir nicht in allem Konsens finden, dafür
Ganz meinerseits.
Und vorab: Ich denke übrigens, dass wir eigentlich mit unseren Meinungen gar nicht weit auseinander liegen.
Da hast du mich falsch verstanden. Ich meinte nicht, dass es mehr Leut gibt die nix drauf haben als früher. Nur bilden sich heute mehr Leute was drauf ein, dass sie was könnten. Gut das gab es früher wohl auch, aber das Medium Internet bietet solchen Menschen auf einmal eine Plattform vor tausenden und das macht leider inflationär Schule.
Ich stimme dir hier vollkommen zu, das Internet ist schon eine ganz eigenartige Plattform - vor allem aber wird sie streckenweise sehr eigenartig genutzt. Und da gibt's ja leider auch noch weitaus schlimmere Sachen als irgendwelche YT-Shredder.
Im Jazz bin ich nicht firm. Deshalb halte ich mich da mit Aussagen lieber zurück.
Ich bin jetzt auch nicht der Jazzer vor dem Herren (ganz im Gegenteil), hab' den Kram aber mal studiert und bin darüber auch in Kontakt mit diversen Biographien von so manchem Musiker gekommen. In dem Bereich gibt es wirklich sehr viele Leute, die zumindest an dem einen oder anderen Zeitpunkt ganz ernsthafte Studien betrieben haben, ob jetzt in einem offiziellen Lehrbetrieb (Miles Davis etwa war an der Julliard School) oder "nur" privat.
Mir geht es nach wie vor um die breite Masse und zu der gehören weder studierte Musiker, noch elitäre Rockstars, sondern schlicht Hänschen Müller von nebenan. Aber gut, lassen wir das.
Naja, das ist schon interessant, besonders weil es eben in dem von dir beschriebenen Phänomen der YT-Wichtigtuer gipfelt.
Und auch wenn ich ja behauptet habe, dass es diese Typen auch schon früher gegeben hat, so st natürlich nicht wirklich von der Hand zu weisen, dass es mit Sicherheit den ein oder anderen gibt, der "damals" vielleicht nach einer Band gesucht hätte, um nicht immer unbegleitet Musik zu machen und irgendwann mal in einem Club zu spielen, heute aber eher auf Cubase und YouTube zur "Selbstproduktion" setzt.
Auch hier hast du mich falsch verstanden. Es ging mir um einen wichtigen Bestandteil jeder Musikkultur, der Rebellion und der Abgrenzung von den Eltern. Nur was machen, wenn der Trend zur Abgrenzung dahingeht, dass man sich einfach nur der Öffentlichkeit präsentiert und "Zustimmung auf breiter Ebene" zu bekommen. DAS hat für dich vielleicht nur bedingt etwas mit Musik zu tun, bestimmt aber heutzutage in großem Maße das Verhalten vieler und das äussert sich dann natürlich auch in der Präsentation sogenannter Musiker im Netz. Aber das ist ein gesellschaftliches Problem
Erneut stimme ich dir in allem zu.
Aber, und das mag man schade finden oder nicht, ich befürchte, das die Zeiten, in denen man nur die Musik auch als Form der Rebellion nutzen konnte, vorbei sind, egal, was man sich stilistisch so einfallen lässt.
Schöner Vergleich und doch ziemlich hanebüchen. Auch bei Elvis haben sich viele am Hüftschwung gestört. Aber das ist das was ich oben geschrieben habe. Teil einer Jugendkultur ist Rebellion. Wobei die 50er und 60er mit der heutigen Kultur nur noch sehr wenig gemein haben. Sowohl was die Erwartung des Publikums angeht, als auch die Vermarktungsmöglichkeiten. Aber die Frage ist, ob man auch in 30 Jahren noch Lady Gaga als Queen of Pop bezeichnet oder doch immer noch die Beatles als die Erfinder aller Melodien gelten. Mh?
Du hast mit Lady Gaga sicherlich recht, mit den Beatles ebenso. Aber dennoch, auch damals ging eine gewisse Attitüde einfach Hand in Hand mit der Musik. Ob jetzt Elvis ohne Hüftschwung, die Beatles ohne Pilzkopf oder die Stones ohne Drogen genauso berühmt geworden wären wird man vermutlich niemals rausfinden können.
Ich denke, dass ein Teil des Problems ist, dass man musikalisch kaum noch was "reißen" kann. Das hat meiner Meinung nach die Hauptursachen, dass man a) es doch durchaus schwer hat, bisher nicht gehörtes zu erschaffen, welches aber dann doch auf irgendeine Weise hör-, tanz- und konsumierbar ist, b) Musik (leider Gottes) zu einem ziemlichen "Nebenprodukt" verkommen ist. Musik ist einfach überall, es kostet einen so gut wie nichts mehr, Musik zu hören, es gibt eine vollkommene Überflutung mit vermeintlichen Superstars, Hintergrundmusik, etc pp.
Als ich anfing, sehr interessiert Musik zu hören, war es gang und gäbe, dass die Vinylscheibe (oh ja, ich bin ein ziemlich alter Sack), bevor sie denn meinen eigenen Plattenteller sah, sich schon auf 2-3 Geräten von Kumpels gedreht hatte, die ich direkt auf dem Weg vom Plattenladen nach hause aufsuchen musste. Da wurden dann die musikalischen Fortschritte einer länger beobachteten Band analysiert, die Coverart begutachtet und einfach auch ganz intensiv Musik gehört. Eine gute HiFi-Anlage zu besitzen war in meinen Kreisen ein absolutes Muss.
Diese Art Musik zu konsumieren findet heute kaum noch statt.
Sollte es aber weil es entweder DEIN Publikum ist oder das Bild von Musik heutzutage mitprägt. Leider....
Das ist bei mir zum Glück anders. Ich spiele in der Tat eine Menge live (ich bestreite davon sogar meinen Lebensunterhalt...) und auch wenn es streckenweise reine Musiknuttenjobs sind, so gibt es doch auch relativ viel erfreuliche Gigs, wo Leute hinkommen, um eine gut aufgelegte Band zu sehen, die Freude an der Musik verbreitet.
Auch hier sind wir einer Meinung. Hier in Frankfurt findet gerade mal wieder ein Szenesterben statt. Die Halle ist tot, Schlachthof Wiesbaden wird wohl dicht gemacht, der Musikladen (ein Plattenladen für Rock seit 30 Jahren) hat dicht gemacht. Es ist schlimm das zu sehen....
Ich denke wie gesagt, dass sich die Szene etwas erholt. Selbst Ottonormalhörer wird irgendwann der elenden Castingshows überdrüssig sein und auch nicht mehr unbedingt "die größten Hits der 80er und 90er und das Beste von heute" im Radio hören wollen.
Ist vielleicht noch nicht so weit, aber es gibt in einigen Städten doch schon wieder vermehrt kleine Clubs in denen interessante Live-Musik gespielt wird. Nichts, wodurch man als Musiker reich wird, aber vielleicht ist das ja genau die Chance für die Musik selbst, denn die geldscheffelnde Plattenindustrie hat ja nun nicht wirklich vorgemacht, dass eben jenes Geldscheffeln im Dienste der Kunst geschieht.
Gruß
Sascha