Bei Gibson scheint man wild entschlossen zu sein, jeden vor den Kopf zu stoßen, jetzt also auch die CS-Kunden.
Die 50s Style Les Paul ist ein trauriger Witz - eine Pseudo-Historic, die nur noch äußerlich nach einer Reissue aussieht. Kein Long Tenon mehr - das ist schon ziemlich unverschämt, wenn man den selbst bei besseren Epiphones findet. Kann mir keiner erzählen, dass das so viel teurer wäre. Deshalb wurde auch der Name geändert, denn mehr als den schönen Schein bekommt man nicht mehr. Und das zu einem Preis, der auch noch höher liegt als die bisherigen Reissues. Für mehr Geld eine mindere Ausstattung.
Klar, der geneigte Interessent soll nämlich die True Historics kaufen, die im Grunde den 2014er Historics entsprecehn, nur nochmals teurer sind - hier gehts also in die bisherigen Collector's Choice-Bereiche und wohl noch darüber hinaus.
Das ist jetzt echt das erste Mal, dass ich das sage, aber ich hoffe, dass Henry damit mal so richtig auf die Schnauze fällt - und dann endlich das Steuer rumreißt. Es kommt jetzt vielleicht wieder das Argument "Du musst ja keine kaufen", aber das triffts mMn nicht so ganz. Man darf es schon bedauern, wenn eine Firma, die tolle Produkte hergestellt hat und in einer großen Tradition steht, ihre Kunden so enttäuscht. Auch für die Mitarbeiter kann das nicht befriedigend sein, und am Ende sogar wirtschaftlich gefährlich.
Im Grunde hat das jetzige Management Gibson ja gerettet und groß gemacht wie nie zuvor. Danach allerdings ist insbesondere der CEO abgehoben und meint seither, alle bedenkenswerten Argumente gegen seinen Kurs in den Wind schlagen zu können. Ich sehe vor allem zwei falsche Entwicklungen: Zunächst einmal die enormen Investitionen in irgendwelche Gadgets, nach denen kein Gitarrist verlangt hat, vor allem nicht bei Gibson - und die folgerichtig Totalflops werden, wie diese grauenhafte Firebird X. Eine Marke für Traditionalisten kann man nicht einfach umstricken auf eine futuristisch-technische Ausrichtung, das ist einfach nicht glaubwürdig. Ich erinnere mich auch noch vage an eine Paula mit einer Art lichtgesteuertem Tonabnehmer, die wurde auch als die Zukunft der E-Gitarre und den Einstieg in ein ganz neues System angepriesen - und wie es sich eigentlich jeder Gitarrist gedacht hatte, verschwand das ganze Konzept in der Versenkung. Wieder ein Haufen Geld verbrannt, möchte ich wetten.
Die andere Entwicklung hängt ja womöglich mit diesen verfehlten Investitionen zusammen: die Cash-Cows werden gemolken wie nie zuvor, und es fängt wieder das an, was unter Norlin-Regie den Abstieg brachte: nämlich "Innovationen", die nichts anders sind als Pfennigfuchserei. Ich sag nur Richlite statt Ebenholz und eben CS-Paulas mit Short Tenon. Bin gespannt, wann wir die ersten Furnier-Decken bei Gibson USA sehen.
Da muss ich mal einen Vergleich ziehen zu PRS: auch hier sind die Gitarren nicht mehr genau die gleichen wie Mitte der Achtziger, ich sehe aber keine einzige Änderung, die nur um des Sparens willen gemacht worden wäre. Wollte man etwas günstigeres anbieten, hat man nicht das Kernprodukt verschlechtert, sondern klar unterscheidbare neue Serien angeboten, von der CE über die SE bis zur S2. Und wollte man mal richtig Geld verdienen, wurden den Kunden dafür auch Dinge wie Artists, Private Stocks oder gar Dragons angedient. Wenn man bei PRS 6.000 € bezahlt, dann sieht man auch, wofür...
Was dagegen bei den PRS Core-Gitarren an Änderungen kam, entsprang nach meiner Wahrnehmung eigentlich immer dem Versuch, die Gitarren noch hochwertiger und perfekter zu machen (selbst wenn einzelne Resultate einem selbst vielleicht mal nicht so gefallen). Innovation ist da nie ein Gimmick, sondern bleibt immer am Markenkern, nämlich einer Gitarre aus Holz mit passiven PUs. Auch sowas scheinbar simples kann man aber immer noch verbessern, ohne krampfhaft etwas anderes daraus zu machen. Dieses Streben vermisse ich bei Gibson in letzter Zeit gänzlich.
Gruß, bagotrix