EDIT: Aufgrund eines Meetings ist dieser Beitrag von einigen anderen überholt worden. Einiges wurde also bereits gesagt. Anyways...
Schraubhals:
+ günstiger herzustellen
+ Hals relativ einfach austauschbar
+ Ton reagiert schneller auf den Anschlag, mehr "Knack"
- weniger Sustain
- Töne klingen u.U. weniger gleichmäßig aus
- Schwingungsübertragung auf den Korpus schlechter
eingeleimter Hals:
+ mehr Sustain
+ gleichmäßigeres Sustain
+ Schwingungen des halses werden besser auf Korpus übertragen
- teurer herzustellen
- Austausch des Halses teuer und aufwendig
- Ton reagiert u.U. langsamer auf den Anschlag, weniger "Knack"
Hier hast Du wunderbar die klassischen Unterschiede aufgelistet, die zwischen eine Strat und einer Paula in Bezug auf die Hals-Korpus-Konstruktion bestehen.
Einzig die in blau formatierten Unterschiede sind wirklich unstrittig. Für alle anderen Punkte muß man sich das gesamte Bild ansehen, denn sonst vergleicht man (wieder einmal) Äpfel mit Birnen!
Zieht man die Konstruktionen von Fender (Schraubhals) und Gibson (eingeleimter Hals) einmal zu einem Vergleich heran, so ist festzustellen, das (hier Strat/Tele und Paula/SG/335) eigentlich nur eine Gemeinsamkeit haben: Es handelt sich um Gitarren! Dann ist aber auch schon Schluß. Hier die grundsätzlichen technologischen Unterschiede:
- Mensur (Fender: 25,5", Gibson: 24,75")
- Hals (Fender: Ahorn, Ahorn/Palisander, Gibson: Mahagoni/Palisander, Mahagoni/Ebenholz)
- Korpus (Fender: Esche, Erle, Gibson: Mahagoni, Mahagoni/Ahorn)
- Hals-Korpus-Verbindung (Fender: Bolt-On, Gibson: Set-In)
- Relative Position der Tonabnehmer
- Tonabnehmertechnologie (Fender: schmale Single-Coils, Gibson: breiter Single-Coil (P-90), breiter Humbucker)
- Resonanzfrequenz (Fender: 3-4kHz, Gibson: 2-3kHz)
Allein die Punkte 1,2,3,5,6 und 7 haben massiven Einfluß auf den entstehenden Klangunterschied! Die von Dir zitierten klanglichen Unterschiede hauptsächlich der Hals-Korpus-Verbindung zuzuschreiben, halte ich persönlich für sehr gewagt und auch unhaltbar. Die mir zur Verfügung stehenden Erkenntnisse und Erfahrungen geben ein solches Verhalten eindeutig nicht her!
Das sind aber nur Grundtendenzen, es gibt Schraubhalsgitarren mit enormen Sustain und solche mit eingeleimten Hals und enormen "Anschlag-Knack".
Stimmt!
Hat also mehr mit dem Halsmaterial zu tun als mit der Methode des 'neck joint'.
Stimmt auch!
Nur ein Beispiel:
Meine Ibanez MC-300 (siehe dazu.
Ibanez Musician-Serie) kann, trotz durchgehendem Ahornhals im Single-Coil-Mode gut die Strat geben. Die Paula kann sich mit dem Neck-PU nicht ganz erreichen, da die MC's 24-Bünder sind. Die PU-Position stimmt also nicht exakt.
Ich habe den Eindruck, daß Du Dir mit Deinen letzten drei Beiträgen irgendwie widersprochen hast! Was ist denn nun Dein Standpunkt?
Ich neige aber dazu anzunehmen, dass die Mehrheit der Gitarrenhersteller weiss, warum sie den Mehraufwand eines eingeleimten Halses betreibt.
Gibson hat das damals bei der Paula vermutlich aus verschiedenen, teils historischen Gründen gemacht:
- Bis dato war es nicht üblich und auch nur schwer möglich eine Archtop mit einem geschraubten Hals zu versehen. Aus klanglicher Sicht machte das auch keinen Sinn, da der Korpus einer akustischen Gitarre ja schwingen soll. Hier spielt die Halsverbindung also eine große Rolle. Eine massive Elektrogitarre soll nicht resonieren, da der Korpus dann der Saitenschwingung Energie entzieht, was einen Verlust an Sustain bedeutet.
- Eine geleimte Halsverbindung war aufwendiger und teurer und galt als besser. Fender war damals nicht willens oder in der Lage so etwas zu machen. Gibson konnte damals schon auf eine lange und erfolgreiche Tradition als Gitarrenbauer zurückblicken und konnte sich hier also von der Konkurrenz abheben. Aus dem gleichen Grund hat die Paula eine gewölbte Decke bekommen.
Heute machen das viele Hersteller einfach, weil Gibson es bei der Paula auch so gemacht hat und die Kunden danach fragen. Ob es wirklich Sinn macht, spielt dabei keine Rolle.
Wenn man den Unterschied zwischen geleimt und geschraubt wirklich ergründen will, kommt man wohl nicht um zwei identische Instrumente (Aufbau, Material, Tonabnehmer,...) umhin. Vielleicht ist es da am schlauesten, sich einmal eine Schraubenhals-Paula der gehobenen Klasse zum Vergleich zu besorgen. Aria hat da zum Beispiel einige PE's im Programm, die in der Mittelklasse angesiedelt sind und eine Schraubverbindung haben.
Ein ehemaliger musikalischer Mitstreiter von mir hatte eine Luxor-LP mit Schraubenhals. Die konnte ganz schön LP und das auch noch lange...
Was zeigen uns diese meine (und auch Deine Aussagen)? Auf die Halsverbindung selber kommt es nicht so sehr an. Die klanglichen Unterschiede haben ganz andere Ursachen.
Ulf