Seit Post #23 auf Seite 2 regst du dich nun in immer neuen Beiträgen [...] über dieses Video auf.
Yep. Und ich stehe zu jedem einzelnen davon.
Das ist schade, denn es sollte in diesem Thread (ich wiederhole mich) um das Thema "Kommerzialisierte Musikalienkritiken im Internet und die Problematik der Befangenheit der Autoren" im Generellen gehen. Also bitte löse dich langsam mal von diesem Einstiegsvideo und bringe gerne etwas zum Thema.
Falls es dir entgangen ist: Ich war in meinem vorherigen Beitrag gerade wieder auf dem Weg dazu. Du gestattest, dass ich mich an dieser Stelle auch noch mal wiederhole: Ich will keinen persönlichen Streit mit dir, meine Kritik daran, dass du das Video eingestellt hast, habe ich jetzt geäußert, du hast ausreichend laut zurück geblafft, ich habe jetzt darauf verzichtet, wiederum zurück zu blaffen, und dabei können wir es jetzt sehr gerne im Interesse des Forumsfriedens bewenden lassen, einverstanden?
Also: Ich denke, man kann das Thema von zwei Seiten sehen. Du kannst einerseits die "Befangenheit der Autoren", wie du schreibst, als "Problematik" empfinden. Durchaus mit guten Gründen. Ich würde allerdings eine andere Sichtweise annehmen, die eher in Richtung "vernünftiger Umgang mit Medien" geht. Sieh mal, ich will und muss hier Politik vermeiden, aber ich brauche nur Begriffe wie "Fake News" oder "Filterblasen" einzubringen, und jeder hier weiß, was ich meine: Die "neuen" Medien (ich komme noch aus dem echten 3-Fernseh-Sender-und-Tageszeitung-Alter) bzw. wer auch immer sich darin tummelt, sind jederzeit dazu bereit, uns mit Unmengen an (echten und angeblichen) Informationen zuzuschütten. Ohne jede Kontrolle. Manches stimmt, manches stimmt nicht, das meiste liegt wohl irgendwo dazwischen.
Und hier sind die zwei Seiten der Medaille: Auf der einen Seite gibt es für prinzipiell jeden
die Freiheit, einen YouTube-Kanal, ein Blog, einen Pod-Cast oder whatever zu eröffnen und seine Ansichten kundzutun. Auf der anderen wird das natürlich ausgenutzt, um daraus wie auch immer geartetes "Kapital" zu schlagen. Und nach dieser etwas längeren Einleitung komme ich auf den Punkt: Wenn man diese Realität nicht grundsätzlich in Frage stellen bzw. gewaltsam ändern möchte (durch staatliche Eingriffe), dann muss man sich mit ihr abfinden und das Beste daraus machen. Und das heißt: Man muss kapieren (und weitergeben), wie man mit diesen "Informationen" aus dem unkontrollierten Internet umgehen muss. Dazu muss niemand Fachmann sein, sondern lediglich seinen gesunden Menschenverstand aus der Schublade holen.
Meine Antwort auf deine Frage ist also die: Ich sehe die "Problematik" nicht in der Existenz solcher Reviews, sondern in der Naivität und Unbedachtsamkeit
mancher Betrachter. Ich kann, das sage ich dir ganz offen, nicht sagen, ob diese Naivlinge eine Minderheit oder Mehrheit bilden, aber den Tausenden von Kommentaren unterhalb dieser Videos nach zu urteilen, die ich schon gelesen habe, neige ich dazu, eher von einer recht kleinen Minderheit auszugehen. Die YouTube-Nutzer sind nicht zimperlich, wenn es darum geht, ihr Missfallen über ein schlecht gemachtes Video auszudrücken. Und wer einen erfolgreichen Kanal unterhält, stellt sich der Öffentlichkeit und weiß auch, dass er aufpassen muss, um seine Reputation nicht fahrlässig aufs Spiel zu setzen.
Ich gehe mal einen Schritt weiter und spreche jetzt nur für mich, glaube aber, dass mir einige Mit-Foristen mehr oder weniger leise zustimmen werden: Ich mag die Reviews, ich mag ihre professionelle Aufmachung, ich mag die Informationen, die ich bekomme, ich mag es, wenn sie witzig und unterhaltsam sind ... und ich mag es, dass ich nichts dafür bezahlen muss.
No fucking cent, man! Ich bekomme sie über YouTube und als Links hier im Forum frei Haus geliefert, niemand zwingt mich dazu, sie anzusehen, aber ich kann sie mir ansehen, ich kann nach Lust und Laune vergleichen, niemand drängt mir irgendwas auf ... und habe ich das Beste schon erwähnt?
No fucking cent, man!
Jetzt ist die Welt ja nicht voller Altruisten (oder Selbstdarsteller oder Leute, denen es schlicht langweilig ist; du kannst dir an dieser Stelle gerne alle möglichen Motivationen denken, die dir einfallen, weshalb Leute ohne jede Gegenleistung Videos machen). Also ist doch vollkommen logisch, dass die meisten, die anspruchsvolle und professionelle Videos machen und einen Haufen Zeit und Geld da rein investieren, na ja, irgendwas "in return" bekommen müssen. Das können Geld oder Geschenke sein, aber auch Bekanntheit, die wiederum zu Kontakten, die wiederum zu Jobs u.a. Gelegenheiten führen könnte. Ist das okay, dass die Macher solcher Videos sich in solchen Abhängigkeitsgeflechten bewegen? Ganz abstrakt moralisch sicher nicht, aber da scheiße ich ganz einfach drauf. Wieso? Nun, weil ich mich für einen mündigen Konsumenten halte. Ich weiß oder ahne zumindest, dass es da, wie soll ich es sagen, gewisse "Agreements" gibt und viele Reviews nicht so "brutal ehrlich" sind, wie sie vielleicht sein könnten (wobei bitte hier großes Achtung: nicht alles, was irgendwelche Deppen als "brutal ehrlich" glorifizieren, ist es auch - Ausgewogenheit in der Meinung und Mäßigung im Ausdruck ist eine Kunst, die schon die alten Griechen und Römer zurecht zu schätzen wussten). Und, nicht zu vergessen, es gibt noch einen Grund:
Hersteller => möchte/muss verkaufen
YouTuber => möchte/braucht Aufmerksamkeit, Popularität, möglicherweise Sachleistungen
Publikum => möchte (nicht: muss/braucht) kostenlose Dienstleistungen konsumieren
Ich bin ja Teil dieses Dreiecks.
Mein stilles kleines "Agreement" besteht also darin, dass ich eine Abwägung mache zwischen dem, was ich bekomme und dem, was ich dem YouTuber und den Herstellern bereitwillig und fairerweise zugestehe. Der Hersteller will verkaufen, ist doch klar. Der YouTuber muss sein Leben auch irgendwie bezahlen, ist doch klar. Und ich habe ja auch was davon. Denn mal ganz ehrlich: Von ganz schlechten Videos mal abgesehen, finde ich in der Regel immer irgendwelche hilfreichen Informationen. Und Leute, die ganz schlechte Videos machen, haben auf YouTube eine ebenso kurze Halbwertszeit.
Ich höre an der Stelle mal auf, denn es gibt noch soviel, was man dazu sagen kann. Also: Die Antwort ist noch nicht vollständig und deckt nur einen kleinen Bereich meiner Ansichten ab, aber ich denke, schon mal ein Aspekt (Sachzwänge, gegenseitige Abhängigkeiten, Selbstverantwortlichkeit bei der Nutzung von Medien) ist mal abgedeckt.