Ich finde so manches Statement hier sehr pauschalisierend. Die eigene musikalische Evolution ist eine Reise während derer sich erst im Laufe und teils in Zyklen die eigenen Präferenzen herauskristallisieren. Insofern häuft sich, Geld vorausgesetzt, im Laufe der Zeit zwangsläufig einiges Zeug an, es sei denn man verkauft bei mangelnder Kompatibilität gleich wieder. Beides birgt "Gefahren". Zuviel Gear nimmt
mir den Fokus auf das Wesentliche. Zu schnelle Verkäufe können Impulshandlungen sein, die man ggf. später bereut.
Ein Beispiel: Ich habe lange gebraucht zu einer Les Paul zu finden. Das hat vordergründig damit zu tun, dass ich sie extrem hässlich finde und immer eher 70er Rock dazu assoziiert hatte. Dass es auch klar und differenziert klingende Paulas gibt, die man sogar clean spielen kann ging mir erst später auf, auch die Tatsache, dass sie u.A. eine Gitarre ist die zwar Heavy und mehr kann und dennoch eine Charaktergitarre ist. Im Metal, bei High Gain ist sowas eher weniger relevant, clean spielen die meist mit Chorus.
Wenn ich verzerrt unterwegs bin ist die Kette Heritage H150 (Les Paul) > Hudson Electronics Broadcast > T-Rex Replicator Tape Echo > Vintage Sound Vibrolux Amp. Man bekommt einen verzerrten Sound auch z.B. mit einem Tube Screamer > Carbon Copy > Marshall Amp hin, es wird Leute geben, die darauf schwören, für mich wäre es nix. Diese Erkenntnis dauert einige Zeit.... Es gibt auf dem Markt viel konsensfähiges Zeug, das über den Klee gelobt wird, für die individuelle Präferenz sagt es nichts aus. Spätestens an der Stelle bin ich bekennender Nerd. Wenn man ein bisschen Glück hat versteckt sich das persönlich nerdige eher in hintergründigen Details
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Ich muss zu meinem Gear eine fast sinnliche Beziehung aufbauen können. Meine liebsten Gitarren begreife und empfinde ich als Teil von mir, das funktioniert bei mir mit einer zu großen Masse nicht. Ich verehre meine Instrumente in kultischer Weise, es sind nicht einfach Gebrauchsgegenstände, nicht nur Mittel zum Zweck. Es ist eine seelische Allianz.
Mit geht es heute so, dass ich mein Zeug gefunden habe. Dennoch könnte ich es sinnvoll zusammenkondensieren. Ich zähle mal meinen aktuellen Bestand auf: Tele, LP, 335, Archtop, Gretsch G6120, Steelstring, Nylon, Bass, zwei Amps, ca. 10 Pedale.
Das Problem der potenziellen Gear Reduktion ist, dass das Gros der neuen Generation von Gitarristen
aus meiner Sicht weniger leidenschaftlich dem Gear gegenüber unterwegs ist, eher pragmatisch und deshalb nicht bereit ist viel Geld für ikonische Instrumente in die Hand zu nehmen. Ich möchte nicht unter Preis verkaufen, obwohl ich auch im Sinne der Nachhaltigkeit gerne reduzieren würde. Letzteres ist eigentlich mein Punkt in dieser Sache, den Kern dieses Threads betreffend. Es ist nicht, überhaupt nicht nachhaltig 200 Gitarren zu besitzen, auch nicht bei Profis. Wir Industrieländer leben in hohem Maße auf Kosten Anderer. Besitz muss sein!!! Nur so wird verantwortlich und pfleglich damit umgegangen, aber es gibt für mein Empfinden ein "Limit der Anständigkeit". Bei 50+ Gitarren muss doch viel Langeweile im Spiel sein.....
Das gilt auch für Neil Young, der meines Wissens sogar 400 5E3's in einer Scheune bunkert. Soviel Redundanz ist doch fast psychotisch, wobei mir schon klar ist in welcher Weise sich solche Mechanismen verselbstständigen. Mit anderen Worten meine ich das Gesagte nicht böse!
Als Gear Nerd würde mir Jack White einfallen, weil er so schräge Instrumente nutzt.