Hm... o. k. ... aber ich gebe im Vorfeld zu Protokoll, dass ich nicht streiten will und jeder das gerne anders sehen kann bzw. soll oder darf...
Mag sein, dass ich mich, wie viele andere auch, technisch nicht korrekt ausgedrückt habe. Aber im Ergebnis geht es um die Frage, ob und ggf. wie das Material der Komponenten den Klang einer Gitarre beeinflussen. Mit den von Dir geposteten verlinkten Artikeln wird nach meinem Verständnis Deine Aussage nicht bestätigt oder gar bewiesen. Ich habe Dich so verstanden, dass aus Deiner Sicht Solidbodys nicht mit Akustikgitarren verglichen werden können, weil der Klang anders entsteht.
In der Hauptsache finde ich, dass ein Einfluss des Holzes da ist, aber eben nicht aktiv, wie es viele so blumig, werbewirksam schreiben, sondern eben durch die Dämpfungseigenschaften (was auch für Hals, Steg, Sattel etc. gilt).
Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen einer Solidbody-E-Gitarre und einer akustischen Gitarre. Erstere ist für mich ein "elektromechanisches" Instrument (elektromechanische Tonabnahme und analoge Weiterverarbeitung des mechanischen Schwingungsvorganges der Saiten) und letzteres ist für mich ein Chordophone (Saitenklinger) speziell ein Zupfinstrument. Bei Letzterem wird die Schwingung der Saiten auf einen den Klang verstärkenden Resonanzkörper (nicht zu verwechseln mit der Resonanz (-frequenz), die jedem Material innewohnt) übertragen wird. Die Schwingung der Saite wird über den Steg auf die Resonanzdecke übertragen. Die Klangentfaltung erfolgt dann über die schwingende Resonanzdecke und die von ihr in Bewegung gesetzte Luft.
Bei der E-Gitarre (Solidbody) wird auch die Saite angeschlagen (gezupft), aber die Schwingung der Saite beeinflusst das Magnetfeld des Tonabnehmers, wird in ein elektrisches Signal "umgewandelt" und weiterverarbeitet. Natürlich beeinflussen Hals und Korpus (etc.) das Schwingverhalten der Saite, aber IMHO eben eher durch dämpfen der Saitenschwingung. Während bei der akustischen Gitarre die Energie der schwingenden Saite möglichst komplett in eine schwingende Resonanzdecke und akustische Leistung gehen soll, ist das bei der E-Gitarre eher nicht erwünscht. Also platt gesagt "gleichmäßige Resonanz" bei akustischen Gitarren statt "Vermeidung von Resonanz bzw. gezielte Dämpfung" bei E-Gitarren.
Herr Kraushaar bestätigt in dem Artikel meine Ansicht, dass der Lack oder eben Nicht-Lack den Klang verändert. Der andere Herr stellt Behauptungen auf, ohne diese wissenschaftlich zu belegen und die mit meiner tatsächlichen Wahrnehmung (dem unverstärkten Vergleich von div. Strats und Les Pauls unterschiedlicher Materialien) nicht in Einklang zu bringen sind.
Wenn ich meiner Ausführung oben folge, heißt es beim Thema Lack... Es macht einen (deutlichen) Unterschied, ob die Resonanzdecke einer akustischen Gitarre mit Lack durchtränkt und dadurch so steif wird, dass die Schwingungseigenschaften negativ beeinflusst werden oder ob eine massive E-Gitarre (dick) lackiert wird, wo in der Hauptsache (meine Meinung) die Signalabnahme durch Tonabnehmer erfolgt und keine Resonanzdecke schwingen muss. Kann gut sein, dass der Lack auch einen (kleinen? marginalen?) Einfluss auf die Dämpfung der Saitenschwingung hat, aber ob die Art des Lacks (Nitrolack, Schellack oder PU Lacke) da eine klanglich feststellbare Änderung bringt oder die Tatsache, ob es hauchdünn oder bspw. 1mm dick lackiert wurde weiß ich nicht... Wie gesagt... einen kleinen Einfluss kann ich nicht leugnen bzw. widerlegen, aber auch hier gehe ich nicht konform mit Aussagen à la "die Gitarre muss atmen" oder "mit den Rissen im Nitrolack öffnet sich der Ton" usw.. Das erscheint mir zu einfach und zu gewichtig im Vergleich zu anderen Komponenten ...
Wenn Du vielleicht doch Lust hast, würde mich interessieren, welche meiner Punkte Deiner Meinung nach "sehr seltsam" sind. Auch wenn es hier schon diverse Male diskutiert worden ist, scheint es doch immer wieder von Interesse zu sein und ich finde dieses Thema ziemlich spannend, denn ich befinde mich selbst seit vielen Jahren auf der Suche nach "dem" guten Sound, also einem nach meinem Empfinden schönen Klang.
Ist tatsächlich nicht leicht, weil du die Artikel nach Geschmack inhaltlich mischst und dir die geeigneten Punkte zusammengesucht hast, aber bspw. folgendes:
Dass im Holz Poren und damit auch entgegen seiner Behauptung kleine Resonanzkörper sind, spielt nach meinem absoluten Laienverständnis auch eine Rolle für die Schwingung und den Sound.
Ich glaube nicht, dass Poren im Holz schon als Resonanzkörper in E-Gitarren maßgeblich an der Tonbildung beteiligt sind. IMHO ist das gemessen an der Masse und Dicke des Korpusholzes einfach zu wenig... Wie groß ist im Vergleich der Resonanzkörper einer akustischen Gitarre und wie dünn ist die Resonanzdecke? Gibson hat bei seinen LP vor Jahren angefangen Löcher zur Gewichtsreduzierung in den Korpus zu bohren (weight-relief-holes) und niemand hat je behauptet, das hätte eine Auswirkung auf den Klang gehabt (oder haben sollen). Beim späteren, viel umfangreicheren Chambering dagegen ist das wohl anders und da gibt es Spieler, die es mögen und solche, die es nicht mögen... Und wie gesagt... Resonanzkörper ist nicht gleich Resonanz bzw. Resonanzfrequenz eines Materials. Wenn der Stratocasterkorpus zum schwingen angeregt wird, hörst du unverstärkt oder am Verstärker einen Unterschied, wenn du das Horn festhältst?
Und unrichtig ist auch, dass es nicht baugleiche Gitarren gäbe, bei denen nur das Holz unterschiedlich wäre. Der Herr mag sich einige Strats vornehmen, dann kann er mal den Unterschied zwischen Linde, Erle Esche, Agathis, Papple etc. bei Bodys und Griffbretter mit Ahorn, Palisander, Ebenholz etc. anhören.
Gehen wir mal tatsächlich davon aus, dass alles identisch wäre (Keinerlei Bautoleranzen bei Saiten, Tonabnehmer, Steg, Sattel, Kondensatoren usw. - ich halte es für schwierig, dass zu gewährleisten - man findet hier auch eher selten "Vorher-Nachher-Aufnahmen) können doch auch zwei Erle-Strats unterschiedlich klingen, weil als Naturstoff unterschiedlich gewachsen, unterschiedlich schwer usw. ... Wenn man dann mal verschiedene Tests und Publikationen vergleicht (bei Zollner ist das schön zusammengestellt) können einem Zweifel kommen, dass klangliche Unterschiede bei E-Gitarren allein von der Holzart herrühren sollen...
Je mehr ich zu dem Thema lese (inkl. Erfahrungen von Usern hier), um so schwerer fällt es mir, "eindeutige Verursacher" zu identifizieren... Es werden zwar Tendenzen beschrieben, die sich durchaus ähneln, aber inwieweit die Psyche da eine Rolle spielt, vermag ich nicht zu sagen... Und da die Psychoakustik eine so große Rolle spielt, ist es letztlich nur wichtig, dass die Spieler mit ihrer Gitarre (und den Modifikationen) zufrieden sind...