Fender Fußschalter ULT-4 - eine technische Betrachtung

Uli
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Etwa Mitte des Jahres las ich irgendwo die Frage, ob sich die 4-Schalter-Fußleiste ULT-4 von Fender auch mit 4 entsprechenden Fußschaltern, einem Gehäuse und den erforderlichen Kenntnissen um die Verdrahtung selbst bauen läßt. Leider finde ich den Thread mit der Frage nicht mehr, kann aber inzwischen die Antwort geben, da ich mir den ULT-4 mittlerweile für meinen G-Dec selbst zugelegt habe.

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Um es vorweg zu nehmen: für den Durchschnittsbastler lautet die Antwort nein! Aus meiner Sicht ist das bestenfalls für sehr versierte Elektronikbastler machbar und auch nur mit erheblichem technischen Aufwand! Zur Begründung dieser Ansicht werde ich im folgenden das technische Konzept dieser neuen Generation von Fernschaltern beleuchten.

Der ULT-4 kommt in hammerschlaglackiertem Metallgehäuse, seine Funktionen sind im Manual der G-Dec-3 Verstärker beschrieben, zB hier auf Seite 12.

Mit dem linken Schalter (Mode) lassen sich die vier Betriebsarten der Leiste anwählen, so bieten die Modi
  1. Schnellzugriff auf die QA-Presets 1-3 (QA=quick access), was in etwa der klassischen fußschalterfunktion clean - crunch - dirty etc entspricht
  2. UP-DOWN Anwahl aller Presets oder auch Backing-Tracks (auch die der SD-Karte) - Starten dann jeweils über den 4. 'Select'-Taster
  3. Phrase sampler PLAY - RECORD - OVERDUB
  4. Gitarren-Tuner (sehr praktisch!)
Was zunächst etwas überrascht, ist die Tatsache, daß all diese Funktionen mit einem simplen Mono-Gitarrenkabel an den Amp weitergegeben werden können, exotische Vielpolstecker, wie man sie von jedem Hersteller anders kennt, entfallen also. Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, ist es ganz hilfreich, einen Blick ins Innere zu werfen, wozu vier Blechschrauben an der Buchsenseite geöffnet werden müssen.

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Wer jetzt eine eng bestückte Platine in SMD-Technik und beliebig vielen Tausendfüßlern erwartet hat, wird enttäuscht, die Menge der Bauteile ist recht übersichtlich. Die Fußschalter sind gar keine Fußschalter, sonden die außen sichtbaren Metallkolben betätigen kleine Platinentaster, außer einer Handvoll Widerständen, zwei Dioden und zwei Elkos gibt es im Grunde nur einen einzigen Halbleiter, einen einen 28-poliges IC im DIL-Gehäuse mit der Bezeichnung CY8C24423A-24PXI.

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Bei diesem IC handelt es sich um ein sog PSoC der Firma Cypress, einen Mikroprozessor, der nahezu seine gesamte Peripherie wie Taktgenerator, Speicher, I/O-Ports und Busse etc bereits 'on board' hat. Intern stellt der Prozessor bereits vorkonfigurierte 'Baukästen' zur Verfügung, mit deren Hilfe der jeweilige Entwickler dann alle möglichen Funktionen verwirklichen kann. Im 'digitalen Baukasten' lassen sich zB relativ einfach mathematische Funktionen realisieren, wie sie u.a. für Chipkarten benötigt werden, im 'analogen Baukasten' hingegen lassen sich Verstärker-, Filter-, oder auch Wandlerfunktionen realisieren.

Der Entwickler benötigt dazu eine Programmierumgebung, d.h. meistens eine Platine, in die der Baustein eingesteckt werden kann und über eine serielle Verbindung zum PC die Daten des Entwicklungsprogramms auf den Baustein übertragen werden können. Der Hersteller Cypress stellt mehrere Programmiermöglichkeiten kostenlos zur Verfügung, für industrielle Anwendungen die Hochsprachen C und Assembler, für den Privatmann wird sich aber wahrscheinlich eine ebenfalls kostenlose grafische Oberfläche eher eignen, für die man im Grunde keine Programmierkenntnisse benötigt.

Ist das Programm auf dem PC in der Emulation fehlerfrei, kann es also auf den Baustein übertragen werden, das ginge sogar noch, wenn das IC einmal in seiner endgültigen Zielanwendung eingelötet ist, wie hier zB im ULT-4. Daß das Programm im IC als Maschinencode vorliegt, beinhaltet auch die Möglichkeit, das Programm aus dem IC auszulesen und in einen baugleichen Baustein zu brennen, wodurch ein Nachbau zumindest theoretisch möglich ist. Das IC gibt es auch durchaus zu kaufen, zwar nicht in der PXI (I=industrial) Version, was sich aber nur auf den zulässigen Temperaturbereich bezieht, was hier wohl unkritisch ist.
Bei einer so extrem einfachen Anwendung wie im ULT-4 (überwiegend Schaltfunktionen) wäre es sogar denkbar, den Maschinencode über einen Disassembler laufen zu lasen und so den Quellcode regenerieren zu können, den man dann auch zB für eigene Verbesserungen verändern bzw ergänzen könnte. Danach müßte man erneut compilieren und könnte den neuen Maschinencode in den Prozessor laden - wie gesagt: theoretisch!

Daß die Leiste mit einem einfachen Gitarrenkabel auskommt, liegt an der Verwendung eines besonderen Übertragungssystems, der als Überbegriff oft One-Wire genannt wird.

One-Wire oder 1-Wire legt nahe, daß es sich nur um einen Draht handelt, allerdings wird noch eine gemeinsame Rückleitung benötigt, also sind es insgesamt zwei, was sich mit Seele und Abschirmung eines Gitarrenkabels gut realisieren läßt. Da über die gleiche Leitung auch noch die Versorgungsspannung übertragen wird, sind auf der Platine des ULT-4 nahe der Buchse u.a. noch ein paar Kondensatoren verteilt, denn im Grunde bricht die (Gleich)spannung ja immer im Takt der übertragenden Bits zusammen, was als Versorgungsspannung ungünstig wäre. Daher wird die Spannung durch einige wenige Bauteile gepuffert, so daß bei Übertragung eines logischen 0-Bits (keine Spannung) praktisch der Elko die Versorgung des ICs übernimmt.

Schnelle Bussysteme werden übrigens heute in fast jeder Elektronik verwendet, vom Fernseher angefangen (zB I²C) bis zum Auto (zB MOST), auch der jedermann bekannte USB-Anschluss am PC ist so ein Bussystem. Daß sich so viele Daten mittlerweile nacheinander (eben seriell) übertragen lassen, ohne daß man merklich darauf warten muß, liegt an den mittlerweile sehr hohen Taktfrequenzen moderner Prozessoren. Die 24 am Ende der Typenbezeichnung unseres ICs (CY8C24423A-24PXI) sagt übrigens aus, daß es intern mit 24 MHz getaktet wird, das sind 24 Millionen Takte pro Sekunde, da hält sich die Wartezeit des Anwenders in Grenzen!

Wer sich dafür interessiert, wie sich 1-Wire Anwendungen zB in C programmieren lassen, sei auf eine Applikation von Maxim verwiesen, alle anderen sind jetzt sicher auch mit mir der Meinung, daß es sich nicht lohnt, diese Fußleiste selbst nachbauen zu wollen. :)
 
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