Auch ich hatte die Ehre und das Vergnügen, an den Engl & Ibanez User Days 2022 teilzunehmen. Ich würde sagen, das war ein rundum gelungenes Event! Echt schön, dass ich so viele Boardkollegen in natura kennenlernen bzw. wiedersehen und eine tolle Zeit mit ihnen verbringen durfte. Fachsimpeln, Schwätzen, Jammen, all das in gemütlicher Atmosphäre - und fürs leibliche Wohl war auch bestens gesorgt. Deswegen ein
RIESIGES DANKESCHÖN an den phänomenalen Gastgeber
@hack_meck und seine überaus tolerante Family, dass sie wieder so ein Event möglich gemacht und die laute Gitarrenbande in ihrem Zuhause ertragen haben. Und natürlich auch an die Markenbotschafter von Engl (dass in den zwei freundlichen und offenen Gitarren-Nerds Jürgen und Marty eigentlich der Geschäftsführer und der Technical Director der Firma stecken, lässt sich kaum erahnen) und Ibanez (Dr. Dan, wie immer sympathisch und kompetent), dass sie die Mühen auf sich genommen haben.
Da ich bisher kaum eigene Berührungspunkte mit den Verstärkern der Firma Engl hatte und sie nur von Live-Konzerten kenne (zum Beispiel spielt Ken Hammer von PRETTY MAIDS seit langer Zeit Engl), bin ich nicht in der Lage, anhand von Typenbezeichnung oder Optik auf das klangliche Zielgebiet und die Charakteristika der Amps zu schließen. Für mich waren Engl bisher ausschließlich im Bereich High-Gain verortet. Deswegen war ich sehr dankbar, dass Jürgen und Marty in ihrem Referat einen historischen Abriss und gleichzeitig einen Überblick über die Modellpalette gegeben haben, die eben nicht nur aus Abrissbirnen besteht.
Selbst angetestet habe ich ein rot bespanntes
Powerball II Topteil über eine 4x12" Box, und zwar in einem super bequemen Setting - ich hatte eine von meinen Lieblingsgitarren dabei (immer wichtig, dass man beim Ausprobieren nicht an zu vielen Freiheitsgraden auf einmal dreht) und Entwickler Marty, der das Gerät natürlich in- und auswendig kennt, bediente das Frontpanel. Und was soll ich Euch sagen, in allen Kanälen und bei fast allen Reglern war die Zwölf-Uhr-Position quasi out-of-the-box schon super, ohne dass man ewig herumiterieren muss. Sowas habe ich selten erlebt und das verdient große Anerkennung. Marty demonstrierte dann, während ich daherdudelte, eindrucksvoll die Vielfalt und das breite Soundspektrum des Powerball II, zu dem die V30-Bestückung der Box auch prima passt. Insgesamt deckt der Amp von Clean über Crunch bis Lead so ziemlich alles ab, was sich ein Rock- und Hardrock-Spieler wie ich wünscht. Zum "Heavy End" kann
@OliverT bestimmt auch noch was sagen.
Von den Ibanez-Gitarren, die Daniel dabeihatte, konnte ich nicht alle anspielen, aber zu einigen meine Eindrücke schildern.
Tim Henson Signature TOD10N
Wenn ich gewusst hätte, dass Daniel das neue Nylonsaiten-Signature-Modell von Tim Henson (mit der namensgebenden Griffbrettranke Tree-of-Death = TOD) vorstellen wird, hätte ich meine SC500N zum Vergleich mitgebracht! Im Vergleich zur Nylon-Saber aus den späten 90ern, die ja doch sehr auf E-Gitarren-Spielgefühl getrimmt war, fühlt sich die TOD10N mit ihrem Griffbrett und Halsprofil und natürlich auch mit dem voluminöseren Body deutlich mehr wie eine Klassikgitarre an. Verarbeitungstechnisch fand ich keine nennenswerten Kritikpunkte, nur die Stegeinlage würde ich unten mindestens einen Millimeter abschleifen, die Saitenlage war doch recht hoch für meinen Geschmack. Das im Preamp integrierte Stimmgerät und das kleine Schallloch am oberen Zargen finde ich höchst clever und auch unverstärkt gespielt gibt die Gitarre durchaus schon Schall in den Raum ab, von daher könnte die Gitarre mit ihrem Straßenpreis von gerade mal EUR 699,- ein Verkaufsschlager werden.
Premium RGT1221 Fixed Bridge
An dieser Gitarre haben mir die Griffbretteinlagen hervorragend gefallen, die für mich eine gelungene Reminiszenz an Ibanez USA Custom Exotic Wood bzw. American Master RGs darstellen. Mit der dunkel gebeizten und matt lackierten Maserpappeldecke hingegen konnte ich mich nicht anfreunden, zumal sie nicht als Drop-Top-Konstruktion heruntergebogen, sondern flach aufgeleimt und dann einfach durchgeschliffen wurde, um das Shaping zu erzielen. Die Halsstab-Abdeckung mit schwenkbarer Zugangsklappe ist hingegen genial, die sollte auf allen RGs zum Einsatz kommen, nicht nur auf Premium-Modellen.
Quest QX54QM
Die deutlich auffälliger designte Schwestergitarre zu
meiner Quest Q54, mit hübscher Quilttop-Blueburst-Optik und schräg gestellten (nicht gefächerten) Bünden, deren praktischer Spieleindruck die theoretischen Bedenken leider bestätigt hat - das ist für mich nicht Fisch und nicht Fleisch, es fühlt sich ungewohnt und verwirrend an. Wie bei meiner Q54 war auch bei dieser das Tone-Poti locker. Die akustischen Eigenschaften, also die Schwingungsfreude und der schnelle Attack, hat sie mit meiner Q54 vollumfänglich gemein und ich kann Daniels Präferenz - es ist seine private Go-to-Gitarre, immer griffbereit für zwischendurch - durchaus nachvollziehen.
Premium AZ
Hatte ich nur kurz in der Hand und fand die dunklen Side Dots am Griffbrett indiskutabel - der Kontrast zu Griffbrettrand und geröstetem Ahorn ist einfach zu klein und eine schlechte Sichtbarkeit dieser für mich essenziellen Lagenmarkierungen ist ein absolutes No-Go. Außerdem empfand ich die Gitarre als recht schwer. Next!
PIA Black Onyx
Auch nur ganz kurz in der Hand gehabt. Ein sehr wertiges Instrument mit handschmeichlerischer Mattlackierung und viel goldenem Bling-Bling. Auch wenn die PIAs bei mir aus verschiedenen Gründen kein G.A.S. auslösen, finde ich unter allen bisher vorgestellten Varianten diese Black Onyx noch die gefälligste, wobei für mein Auge klassisch-schwarze Pickups mit goldenen Pole Pieces um ein Vielfaches besser aussehen würden als die für meinen Geschmack überverzierten UtoPIAs.
Prestige RG652
Eine No-Frills-Einsatzgitarre mit einer schönen Optik, die nicht zu auffällig und nicht zu langweilig ist, einer vielseitigen Pickup-Bestückung von DiMarzio und einem sehr angenehmen Gewicht. Hier können RG-Fans mit Fixed-Bridge-Präferenz bedenkenlos zugreifen, hier gibt es nichts zu bemängeln!
Genesis RG565
Auch auf dieser Gitarre habe ich mich sofort wohlgefühlt und mir ist nichts Negatives aufgefallen. Man bekommt die ikonische Optik, jedoch in modernster Fujigen-Qualität, daher ohne die technischen Anfälligkeiten und Sollbruchstellen der ursprünglichen Wizard-Halskonstruktion, und sogar mit dem unangefochtenen original EDGE - und all das für einen überaus attraktiven Preis (sie kostet einen Tausi). Hoffentlich dürfen noch andere, lang verschollene Ibanez-Modelle eine Wiedergeburt der Genesis-Art erleben...ich hätte da ein paar Wünsche parat.
Sugi J.Custom RG
Die teuerste Gitarre, die Daniel im Gepäck hatte und die ich schon auf dem Guitar Summit in der Hand hatte. Hier hege ich gemischte Gefühle. Die Optik der krass gemaserten Decke mit dem eingegossenen Kunstharz ist absolut spektakulär, für mich aber too much. Das Korpusholz namens Black Limba ist unheimlich schön, aber auch sehr dicht und dadurch schwer, insgesamt liegt die Gitarre bei gut 4 Kilo. Das Highlight der Gitarre ist der Hals, der sich schlichtweg genial anfühlt mit den naturbelassenen Hölzern (vermutlich Wenge und Ahorn) in Kombination mit den wahrlich meisterhaft abgerichteten Bünden. Das fehlende "Gemüse" im Griffbrett - sonst ist ja der Tree-of-Life aus Perlmutt ein unverkennbares Markenzeichen von J.Custom - begünstigt aus meiner Sicht die Orientierung. Die mattschwarze Hardware ist der Knaller, das gab's noch niemals zuvor, davon bitte gerne mehr! Generell bin ich der Meinung, dass sich Ibanez mit den handgemachten "Custom Shop Japan"-Instrumenten von Sugi mit Fug und Recht in Boutique-Regionen aufhalten darf und sich vor niemandem verstecken muss. Dass da naturgemäß andere Preisschilder dranhängen als bei Fabrikgitarren, muss allerdings auch jedem klar sein.
Nachtrag: Noch ein spezieller Dank an Engl & Ibanez für die schönen "Goodie Bags", die wir erhalten haben!