Hallo ihr Zwei!
Meinen Beitrag habe ich eben verfasst, als eure nächsten hereinkamen.
Kylwalda, so direkt wollte ich es nicht sagen
, aber das waren meine Gedanken. Ich bin der Geige selbst mit Unbehagen begegnet, weil sie mir zu sagen schien: Du bist eigentlich nicht mein Klientel, mein Freund.
Mit dem Finanzieren des Unterrichts ist das so eine Sache. Nicht jeder hat eine Musikschule um die Ecke und die Anfahrtskosten sind dann auch noch ein Posten der mit einbezogen werden muss.
Wie ich unter dem Beitrag zu der Harley Benton schon schrieb: Oft geht es vielleicht gar nicht so sehr darum, dass man die 30 Euro für Unterricht nicht (mal) übrig hätte oder das man sich das Geld für ein besseres Instrument nicht zusammensparen könnte, sondern dass diese Ausgaben nicht im Verhältnis zur Lebenssituation stehen. Leider muss man ab und zu auch mal die Vernunft walten lassen. Ging mir gar nicht anders. Wenn man 2000 Euro verdient sind 100 Euro weniger, als wenn man nur 1000 verdient. So ist das nun mal.
Mich haben die Beiträge zum autodidaktischen Lernen zugegebenermaßen auch verunsichert. Ich komme eigentlich aus der Literatur/Schreiber Ecke und hätte nicht für möglich gehalten, dass diese Diskussionen rund um die Frage, wer mehr Chancen hat, der Handwerker der nach dem ff schreibt oder der Freidenker der sich was traut, noch absurdere Ausmaße annehmen kann. Bei der Geige scheint das der Fall zu sein, da hier schon der bloße Vorsatz genügt um zum Scheitern verurteilt zu werden.
Das wirkt auf einen Außenstehenden befremdlich und ziemlich hart. Ist für mich, allein vom Gedankengang her auch nicht bis ins Letzte nachvollziehbar.
Andererseits, um für jene Unbekannten, die das Lernen ohne Lehrer verteufeln, auch mal eine Lanze zu brechen, könnte ich mir gut vorstellen, dass manch einer vielleicht den Eindruck hat, der Verzicht auf einen Lehrer würde von einem Mangel an Respekt vor dem Instrument sprechen. Vielleicht ist das der eigentliche Stein des Anstoßes. Dass die Wertschätzung der Komplexität der Geige vermisst wird, wenn jemand daher kommt und schlicht erklärt: "Ich habe mir eine Geige für 16,95 gekauft und möchte mal eben dies eine Lied spielen können, ist das schwer?"
Dazu muss man aber sagen, dass sich die genannte Wertschätzung erst mal entwickeln muss. Es sollte mehr Verständnis dafür herrschen, dass ein Anfänger das Instrument und seine Möglichkeiten ganz anders wahrnimmt, als ein Profi.
Das also zu den letzten Beiträgen. Jetzt noch mal mein Kommentar zu den Ersten, ehe mein Beitrag epische Ausmaße annimmt:
Wahrscheinlich ist es nicht unwichtig, dass meine Vorraussetzungen etwas anders sind, als zum Beispiel bei dir Kywalda. Ich habe nicht vor, jemals mit anderen zusammenzuspielen. In dem Fall würde ich mir auch einen Lehrer suchen. Nicht nur, weil es schneller geht, sondern auch weil man ein besseres Fundament erhält und die Theorie nicht zu kurz kommt.
Gitarre habe ich in meiner Jugend rund 10 Jahre gespielt und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie schwierig es war das Greifen und die Koordination der linken und rechten Hand zu lernen. Wenn ich all das erst jetzt an meiner Geige hätte lernen müssen, hätte das seine abschreckende Wirkung nicht verfehlt. Ich bewundere die Menschen, die bei komplett bei 0 anfangen. Das ist nicht ohne!
Bei der Bogenführung helfen einem Vorkenntnisse auf anderen Instrumenten m.E. übrigens kaum weiter. Vielleicht ist man geringfügig weniger unbeholfen, das wars dann aber auch schon.
Rückblickend war für mich wichtig, dass ich nie den konkreten Entschluss gefasst habe: Ich lerne jetzt das Geigespielen. Das hätte mich unter Druck gesetzt. Ich habe sogar nach einem halben Jahr noch gesagt: Ich gucke mir das nur mal an, probiere so 'n bisschen rum, Spielen will ich gar nicht, ist viel zu schwer.
Genaugenommen, sage ich das immer noch.
Ich stecke mir keine zu hohen Ziele, sonst würde ich verzweifeln. Mein erstes Ziel war es, einen einzigen Ton auf dem Griffbrett zu finden. Hat funktioniert. Dann 2-3 Töne. Klappte auch. Den ersten Takt einer Etüde. Funktioniert! Eine ganze Zeile. Kein Problem.
Und so ging das immer weiter. An den Feinheiten, wie der Intonation arbeitet man nebenher, die brauchen Zeit und viel Übung, das versteht sich von selbst.
Das alles klingt vielleicht blöd, aber wenn ich mit dem Vorsatz angefangen hätte, ich möchte irgendwann mal dieses oder jenes Lied virtuos spielen können, hätte ich die ersten Monate nicht überlebt, weil sich erst nach und nach ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie weit in der Zukunft derartige Ziele liegen und wie mühsam der Weg dorthin ist. Da halte ich den Ball lieber flach. Das scheint der bessere Weg zu sein.
Ich habe wahrscheinlich alles gelesen und gesehen, was man im Internet über das Geigespielen finden kann. Ich kenne auch die Videos auf You Tube. Ob man sich noch Autodidakt nennen darf, wenn man so etwas mal gesehen hat, wie weiter oben diskutiert wurde, weiß ich nicht, ist vielleicht Wortklauberei.
Wichtig fand ich, sich alle möglichen Videos auf You Tube anzusehen. Besonders was die Bogenhaltung angeht, sind unterschiedlichen Perspektiven sehr hilfreich. Man geht viel zu schnell davon aus, etwas verstanden und richtig umgesetzt zu haben. Geht mir zumindest häufig so. Sieht man sich die Sache nach Wochen dann noch mal an, stellt man oft fest, das man Details völlig falsch im Gedächtnis abgespeichert hat.
Professor V finde ich auch nicht schlecht. Der hat eine schwermütige Art an sich, die recht unterhaltsam ist. Der Subtext bei seinen Lehrvideos scheint immer zu lauten "...es ist für uns alle nicht so einfach, das mit der Geige und dem ganzen Leben und so, aber wer weiß..." Sehr sympatisch.
Das Internet ist auf jeden Fall eine große Hilfe. Als ich mir damals mit 16 oder 17 Jahren die Discountergeige zulegte (Mitte/Ende der Neunziger), hatte ich schon meine liebe Not damit, überhaupt erst mal herauszufinden, wie man sie stimmt. Ans Spielen ohne Lehrer war da gar nicht zu denken.
Die linke Hand ist mein momentanes Lieblingsthema!
Ich bin heute dankbar dafür, dass ich unvernünftig genug war, fast vom ersten Tag an, das Vibrato zu üben. Auch wenn die meisten dazu raten, erst sehr viel später anzufangen, war es für mich genau richtig, sofort loszulegen.
Ich habe jede auffindbare Übung für das Vibrato ausfindig gemacht und ausprobiert.
Ich kam dann zwar schnell zu der sinnreichen Erkenntnis, dass es tatsächlich ein bisschen lächerlich war, das Vibrato lernen zu wollen, noch ehe man einen geraden Strich gemacht hat, aber ich gelangte durch diese Übungen auch zu der Einsicht, dass die linke Hand sehr viel lockerer sein muss, als ich mir je hätte träumen lassen.
Deshalb behielt ich die Übungen bei, wenn auch nicht mehr mit dem Ziel das Vibrato zu lernen.
Speziell waren das Übungen mit Shaker und Metronom und das schwingen lassen eines Tones in vierteln, achteln und sechszehnteln.
Beides hat mir ungemein geholfen und ganz nebenbei habe ich dadurch unplanmäßig, vor ein paar Wochen, den ersten Durchbruch beim Vibrato erzielt (nach 7 oder 8 Monaten Training wohlbemerkt).
Ich werde vermutlich noch 1-2 Jahre brauchen, ehe ich das Vibrato halbwegs richtig werde einsetzen können. Aber der entscheidende Punkt ist der, dass die Finger langsam anfangen von selbst zu vibrieren, wenn ich meine Etüden oder ähnliches spiele. Es automatisiert sich also schon zaghaft. Und das werte ich als Zeichen dafür, dass sich die linke Hand doch noch in ihr Schicksal fügen wird.
In diesem Fall war es für demnach richtig vorzugreifen und etwas auszuprobieren, was noch lange nicht an der Reihe ist, um besser planen zu können. Ich unternehme auch schon mal Sonntagsausflüge in die dritte Lage. Ich lerne sie nicht konkret, sehe mir aber schon mal an, wie es da oben aussieht und wie ich da hinkomme.
Ohne diese Experimente käme ich mir ein bisschen vor, als würde ich für eine Prüfung lernen, ohne zu wissen, in welchem Fach sie stattfinden wird.
Das richtige Aufsetzen der Finger trägt meines Erachtens auch dazu bei, weniger zu Klammern. Daran arbeite ich auch gerade, weil ich das F und das C in der ersten Lage nie sicher treffe. Beim Aufwärtsspielen fällt es mir nicht so schwer, die Finger gerade und dicht nebeneinander zu setzen, beim Abwärtsspielen ist es katastrophal, da würde noch ein Kleinwagen zwischen passen. Sehr ärgerlich.
Ein Problem ist für mich auch noch das Liegenlassen der Finger. Oder das in der Zeit richtig platzierte Aufsetzen der Finger (vor dem Strich nicht mit dem Strich). Es gelingt mir auch nicht, die Finger in Griffbrettnähe zu halten und nicht zu hoch zu nehmen. Auch so eine Sache, die ich von der Gitarre her nicht kenne.
Für dieses Problem habe ich noch keine Lösungsansätze gefunden, weil ich keinerlei Kontrolle darüber habe, wie weit oben über dem Griffbrett die Finger schweben. Die machen, was sie wollen und sind völlig immun gegen gute Ratschläge.
Das ich die Saiten generell zu stark runter drücke ist auch klar. Sich das abzugewöhnen erfordert sehr viel Konzentration und Zeit.
Das war die Linke Hand. Die Rechte Hand und alles was dazu gehört... o ha! Das ist das wirklich schwierige Thema für jemanden ohne Lehrer. Da sucht man Fehler auch schon mal bis zum St. Nimmerleinstag. Ist ja doch mehr an so einer Hand und einem Arm dran, als man bis dahin geahnt hat ; )
Ich habe das typische Problem, dass ich den kleinen Finger nicht dauerhaft auf den Bogen kriege. Es gelingt mir auch nicht, konstant ein bisschen Spannung in die rechte Hand zu bekommen, weil ich zu den Schluffis zähle, die den Bogen gerne mal fallen lassen. Ich habe zwar mal gehört, dass es so rum besser wäre, als andersherum, aber Probleme macht es mir trotzdem genug, besonders beim Thema Bogendruck. Der Bogen rutscht mir gerne über den Steg weg.
Ein bisschen peinlich finde ich, dass meine Bogenführung erst jetzt so langsam gerade wird, wenn es darum geht, den ganzen Bogen zu benutzen. Das zu Üben habe ich sträflich vernachlässigt, weil ich mich im seichten Gewässer der kurzen schnellen Striche relativ wohl gefühlt habe.
Saitenwechsel ist auch ein Fall für sich. Die blöde Angewohnheit, bei jedem Saitenwechsel die Strichrichtung zu ändern, macht mir zu schaffen. Wird aber auch schon besser.
Im Ganzen gesehen ist eines meiner Hauptprobleme, und das haben vielleicht viele Autodidakten, dass ich viel zu Bewegungsfaul bin, was die Ellenbogen beider Arme angeht, worauf man, meiner Meinung nach, auch viele Probleme zurückführen kann, wie das schlechte Aufsetzen der Finger, unsaubere Saitenwechsel, schiefe Striche usw.
Und das ist meine Leidensgeschichte! Mir fällt selbst grad auf, dass hier kaum etwas Positives steht. Aber wenn man realistisch bleiben möchte, gibt es nach einem dreiviertel Jahr auch noch nicht die Art von Fortschritt mit der man gerne hausieren geht. Was nicht heißt, es wäre kein Fortschritt erkenn- oder hörbar.
Ich will mit meinen Schilderungen auf keinen Fall jemanden in die falsche Richtung lenken. Gut möglich, dass ich totalen Quatsch erzähle und gut möglich, dass sich meine Methoden eines Tages auch noch als Fehlinvestition erweisen. Ich habe überhaupt keine Ahnung, sondern reime mir alles nach gut dünken zusammen.
Am meisten sollte es einem zu denken geben, wenn man mit dem Geigespielen anfängt und das Gefühl hat, es wäre sehr einfach. Dann macht man nämlich garantiert irgendwo irgendetwas falsch. Das ist die Erfahrung, die ich gemacht habe.
Wäre schön, wenn du von den Veränderungen und Fortschritten berichten könntest, Kylwalda, die der Unterricht mit sich bringt. Ich hoffe, du lässt dich auch in Zukunft nicht davon entmutigen, falls sich der ein oder andere Fehler eingeschlichen hat. So etwas kann mit Lehrer genauso gut passieren. Bekanntlich führen viele Wege nach Rom.
Grüße
Copley