Eins vorweg: ich hab den Thread nur auszugweise gelesen, kann also sein, daß ich irgendwas wiederhole, was hier eh schon steht. Aber ich wollte gern noch 2 cent zu
@DerZauberer 's Anfangspost geben: ein wenig "meta-Diskussion" inbegriffen
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Diese ganzen "Voodoo"- Maßnahmen, die er aufzählt, sind Maßnahmen zum Fein-Tuning von Gitarrensounds, über deren Sinn man tatsächlich streiten kann. Argumente sind im Regelfall
- physikalische: es ist "Voodoo", weil es Naturgesetzen widerspricht oder nicht messbar ist. Über letzteren Punkt wird gern gestritten, indem man man die Meßmethode anzweifelt.
- kaufmännische: ist der Gewinn an (möglicher) Klangqualität die Summe x wert, geht's eventuell billiger oder muss man's gar nicht erst versuchen (siehe Punkt 1)
- psychologische: wird der Spieler vom "mojo" inspiriert oder eher vom Bewusstsein, aus einem Standard-Instrument einen individuellen Sound zu holen? Geht's überhaupt um "individuelle " Sounds oder um das Nachempfinden von Vorbildern?
So weit, so gut.
Der Aspekt, der mir zu oft fehlt, ist der soziale:
Gitarrespielen ist ein Männersport. Und wir Kerle haben nun mal ein paar Verhaltensweisen, die uns unauslöschbar auf das Y-Chromosom gebrannt werden: Streben nach Status, Wettbewerbsdenken, Tribalisierung.
Was diese "Voodoo"-Themen auch bedienen, ist der Primat in uns: "Ich hab was, was du nicht hast", " Ich weiss was, was Du nicht weisst", " WIR haben recht und DIE sind doof" . Wir sind zwar nicht mehr acht Jahre alt und wählen den Präsi von unserer Fussballmannschaft, aber irgendwie spielen wir immer noch jeden Tag Autoquartett ( die Älteren unter uns erinnern sich ...für die Jüngeren: Pokemon! )
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Also: völlig egal, ob "Voodoo" WIRKLICH funktioniert oder nicht - wir haben den Spaß, uns in Gruppen zu prügeln.
Wer jetzt noch einen praktischen Tipp vermisst, wie man mit "Voodoo" musikalisch umgehen sollte - einen hätte ich:
Der effektivste und günstigste Weg, seine Gitarre zu tunen, ist, sie zu beherrschen. Heisst: Sorg dafür, daß sie richtig gestimmt ist. Dann lerne, Akkorde so sauber zu greifen, daß sie in sich klingen. Lerne, "in key" zu benden und saubere Vibratos zu setzen. Lerne, Töne richtig zu setzen. Lerne, dein Timing zu kontrollieren.
Lerne hören!
Bis das ( halbwegs ) in Sack und Tüten ist, braucht ein durchschnittlich talentierter Anfänger 5-10 Jahre. Manch einer mag schneller sein, manch einer lernt's nie. Aber solange das nicht funzt, ist jede Voodoo-Diskussion über Lacke und Kabel eine vollkommen sinnbefreite Ablenkung von meiner eigenen Unzulänglichkeit als Gitarrist.
Was allerdings zwischendurch auch mal notwendig und unterhaltsam sein kann...
... man kann aber die Zeit für's Üben nicht durch Geld ersetzten, das man in die Gitarre steckt. Auch Kaufen und Basteln ist Ablenkung. Muss auch mal sein - aber sein wir uns dessen bitte bewusst!
Paul Reed Smith hat in seinem TED-Talk ( auf youtube erhältlich ) seine Gitarrenbau-Philosophie erläutert: Gitarrenbau ist subtraktiv. Du bekommst immer weniger Energie raus, als du reingibst. "Give 6 in, get 5.9 out. You can't give 6 in and get 7 out".
Wenn ich also aus meiner Gitarre ein "Energielevel" von 6.2 rausholen will, hilft mir Hardware-Voodoo nicht. Dann muss ich eben verdammt noch mal lernen, wie ICH mit meinem Spiel ein Level von 8,5 in dieses Stück Holz und Draht reinbekomme. Wenn schon Voodoo, dann gehört das in euren Kopf und eure Fingern.
Und wenn ihr euch hier streitet, behaltet bitte im Hinterkopf: wir sind ALLE auf der Suche und auf einem langen, gewundenen Pfad unterwegs. Die einen sind schon ein paar Meter weiter, die anderen haben noch ein Stück weiter zu gehen. Angekommen ist noch nie einer.....