Joa, aber ich hab nicht so viel, doof gesagt. Ich beneide Menschen, die einen Zugang zu bildender Kunst haben und sich darin verlieren können. Ich kann nur Marc Chagall, Franz Marc und Claude Monet, weil ich das anschaue und ich mich damit entspannen kann. Da hätte ich so gern so viel mehr Verständnis dafür, aber es macht was mit mir, oder halt nicht. Ich beneide Mathematiker, mein Schwager hat einen Doktor in Physik und ich hör so gern zu uns bin, ganz ehrlich, neidisch, weil ich sowas nur mit komischen Bildern gerade so versteh.
Talent ist einem gegeben.
Ich werd oft gefragt, auch in der Familie, warum ich nichts daraus mache.
Aber für mich ist alles andere so schwer, dass dieser Schaffensakt, der aus mir fließt, einfach ein Geschenk ist.
Ich schulde das der Welt nicht, nur weil es mir passiert, wie andere Leute pissen. Und ich wäre so dankbar, wenn ich das eben nicht in dem Maß könnte. Es ist hier in der Stadt auch so, dass es Menschen gibt, die sich Musik erarbeiten und mich anrufen, wenn es nicht weiter geht. Die Fee macht das schon fertig. Das ist auch Wertschätzung und es macht mich stolz, keine Frage.
Aber ich hab anscheinend so viel Talent, dass handwerklicher Mangel kaum ins Gewicht fällt. Das ist ein Geschenk, dafür kann ich nichts und darauf kann ich auch nicht stolz sein.
Dankbar bin ich, sowas von. Ich darf mich in Musik flüchten und mich damit ein Stück weit heilen.
Jeder, der sich den Arm bricht, damit er Knocking on heavens door spielen kann, hat mehr Respekt verdient.
Aber mir gehört das, mir gehört die Freude, wenn ich meine fünf Synths zu einem grandiosen Übergang in den nächsten Track bringe, wo alles stimmt.
Ich bewundere jeden, der sich bemüht und sich Anerkennung erarbeitet, auf eine Bühne geht, mit Lampenfieber kämpft und dann die Arbeit ins Volk brettert und sich die verdienten Lorbeeren abholt. Darum geht es übrigens auch im Rock'n'Roll, glaub ich.
Mir ist das ziemlich fremd, mittlerweile. Ich hab aber auch echt früh angefangen und das alles auch durch.
Aber Musik ist für mich heute nur noch das, worin ich mich verlieren darf und was mich nie im Stich lässt. Dieses Geschenk eben.
Könnte ich besser trommeln als Du, könnte ich was erreichen?
Da hör ich Dir doch lieber mit einem Lächeln der Freude zu und lass mich inspirieren, um dann irgendwann wieder selber was zu machen, was mich glücklich macht. Morgen kommt mein erster Drummer aus meiner ersten Band. Da stopfen wir die Synths zusammen und dann ist 48 Stunden Techno. Weil ich mich ausdrücken darf und mein Talent mir Frieden bringt.
Talent ist nichts, außer einem Geschenk.
Und dass ich das nicht wertschätze, wie Du schreibst, ist so auch nicht ganz richtig, glaube ich. Vielleicht versteh ich Dich auch falsch.
Aber ich bin in manchen Dingen gut, ich bin eine Akten-Uschi und liebe meine Büroarbeit, auch wenn ich mich täglich auskotze. Aber das gehört dazu. Das ist aber mein Job und das muss ich. Und ich find es geil.
Aber Musik will ich nicht müssen. Hier im Board hat mich ein Sammler teurer Gitarren mal gefragt, was eine "Bettgitarre" ist.
Das ist bei mir meistens eine Strat. Ich darf dieses Talent haben und Schlafprobleme, damals gab es noch VIVA und MTV, ich bin schlaflos vorm TV gelegen und hab einfach nur immer wieder jeden Clip mitgespielt. Ja, Britney Spears hat einen großen Anteil daran, dass ich funkige Pop-Licks oder poppige Funk-Licks einfach mal so raus hau. Da, haste fünf Takes, wähl aus.
Aber auch das ist nur dieses Geschenk.
Cradle of Fitlh-Platten hab ich auf Gitarre dann echt mal gelernt, als Fanboy, hat mir viel gebracht.
Rammstein bis zu "Reise, Reise" baller ich heute noch sauberst raus, weil es mir wichtig war, dass ich stump im Timing bleib. Das ist dieses Handwerk, das ist dieses Können und, bei allem Talent: da hab ich den Unterschied gemerkt. Ich muss es nicht nur wissen und denken können, ich muss es auch umsetzen.
Das macht uns dann wieder gleich.
Ich hasse es, wenn ich mit Leuten spiel, die auf die Bühne wollen und sagen: da kommen unsere Freunde und man kann ja sagen, dass wir nicht so oft geprobt haben...
Nö! Entweder, wir machen das für uns, oder, wir ficken die alle weg. 100% im Proberaum sind höchstens 80% auf der Bühne.
Ich brauch das nicht mehr, ich hatte Applaus.
Aber Du gehst da anders ran und ich denk mir oft, dass ich da gerade einen höre, der das hat, was auf ne Bühne muss. Weil Du Arsch trittst, man.
Mich selber hör ich im Wohnzimmer, auf Deinen Gig würd ich gehen.