Der Querstand ist ein Begriff, der aus der Unterscheidung von "richtiger" und "falscher" Stimmführung stammt, die wiederum gebunden an Polymelodik. Doch die Harmonik hat die Polymelodik längst abgelöst. Heute hören wir Polymelodik harmonisch.
Der Neapolitaner ist eine "falsche" Dominante. Denn sein tatsächlicher, funktionaler Grundton ist nicht die IV. Stufe, sondern eine bII bzw. b9 zur Tonika. Das ist eine dominantische Stufe, aber im Tritonus zur V. Stufe. Deswegen, und wg. b9 zur Tonika, klingt er außergewöhnlich und das hat nichts mit der folgenden Dominante zu tun. Allerdings verschiebt der
N das tonale Gefüge, weil nun plötzlich, "überraschend", die im dorischen Modus stehende Subdominante (kann ja zur IVm6 erweitert werden) eine bVI-Stufe erhält. D.h die IVm wird
zusätzlich vermollt. Das wiederum erfordert eine Klarstellung, eine kadenzielle Wendung (s.u.)
Der Querstand erklärt den Klang des Neapolitaners nicht. In der klass. Musiktheorie wird empfohlen, vor der Dom. die V46 (also diatonisch die Tonika, aber als Quartsext der V. Stufe ) einzuschieben. Hebt den Querstand auf und ermöglich "korrekte" Stimmführung, ändert am Klang des
N aber gar nichts (da der sowieso nur in Bezug auf die Tonika entsteht). Es gibt zwei Möglichkeiten, den
N zu beantworten bzw. "aufzulösen" - Entweder die Tonika verdurt sich , d.i. die phrygisch-dominante Lösung (zielt auf
s , also IVm ) oder aber die "richtige" Dom. folgt - der b6 des N kann liegen bleiben als
D7(b9) - als b9 wird er mit der nachfolgenden
D auch gehört. Im Unterschied zu einer Tonika kann eine Dom. einen b9 ohne weiteres vertragen.
An der Verbindung
S - D ist nur von Interesse, dass die folgende
D im vorausgehenden Akkord einen b7 , nämlich den Grundton der
S, erhält, was den Klang der
D verschärft und sie einer
D7 annähert. Da das harmonisch zwangsläufig ist - wir brauchen 4 bzw IV, um die Dominante vollständig darzustellen - wird ein Querstand nicht gehört (welcher lediglich ein unzureichendes Konzept der Polymelodik ist, einen besonderen Klang zu beschreiben).
Mit dem chromatischen Querstand tue ich mir gehörmäßig schon schwer. Der ist oft nicht akzeptabel für mich.
PS
Der Querstand vom Neapolitaner zur Dominante ist ein Chromatischer.
I gefolgt von II hat doch auch einen Querstand - ist #f nicht auch eine chrom. Erhöhung von f (Tonart C). Welcher Querstand ist da für dich "gehörmäßig schwer" ?