Ich habe den Amp jetzt auch schon eine Weile und ich muss sagen, dass er mir von Tag zu Tag besser gefällt. Den Thread hier habe ich natürlich die ganze Zeit verfolgt. Fizzelige Höhen, mit V30 viel zu aggresiv, BIAS viel zu niedrig, viel zu viel Gain, viel zu komprimiert, zu viele Knöpfe, zu wenig Druck, ohne Noisegate rauscht es zu arg, FX-Loop ist zickig und versaut den Sound...
Im Laufe der Zeit habe ich mit Bandkollegen immer wieder mal Amps gekauft, ausprobiert, verglichen usw.
Von Billig-Röhrenamps von FAME (z.B. T120H, VSH2, den eher teuren Bulldozer) über Bugeras (6262, 1990), Marshall DSL 100 und JVM 410, einem Peavey 6505 Plus auch einen ENGL Fireball der neueren Generation.
Behalten habe ich nur den Bugera 6262, ENGL Fireball und den JVM. Wobei mir der JVM mit Abstand der liebste ist.
Thema fizzelige, kratzige Höhen: Kann ich absolut nicht bestätigen. Ich spiele den Amp an derselben 2x12 mit Celstion V30, wie alle anderen Amps, die ich mal länger oder kürzer probiert habe. Die Box ist einige Jahre alt und die Speaker sind schon ordentlich eingespielt. Die Höhen vom JVM sind jederzeit angenehm und mit Ausnahme des ENGL, feuern alle anderen Amps deutlich schlimmere Höhen raus. Das war mit unter das Erste, was mich am JVM begeistert hat. Dieser runde Sound einfach.
Zu V30: Finde ich bei meinen eingespielten Speakern jetzt nicht penetrant. Sogar mit der 2x12 wesentlich mehr Druck, als der ENGL oder der Bugera. Resonance und Bass sind jeweils unter 12 Uhr eingestellt. Trotzdem kommen straffe Bässe rausgeschossen. Speaker gehören einfach ordentlich eingespielt und das dauert Zeit. Auf der Marshall-Seite wird sogar das 1960AV für den JVM empfohlen. Ist klar wieder Geschmackssache, aber zumindest mit meinen alten V30 harmoniert er top und ist weniger penetrant als so mancher andere Amp.
Bias viel zu niedrig: Ich denke mir persönlich, dass der Amp mit gutem Grund so eingestellt wurde. Klar, solange ich innerhalb der empfohlenen Grenzen fürs Bias bleibe, ist es reine Geschmackssache, aber ich hatte keine Sekunde lang das Bedürfnis, das Bias etwas zu erhöhen. Sehe aktuell absolut keinen Grund dazu, mir die Mühe zu machen.
Zu viel Gain: Ja, der Amp hat übertrieben viel Gain. Das ist wie bei einem Auto mit übertrieben viel PS. Jeder von uns würde mit 100 PS auf die Arbeit kommen. Manche brauchen auch nicht mehr, andere wollen aber mehr. Eine 400-PS-Karre braucht kein Schwein von der Geschwindigkeit her. Aber es ist nice to have, auch wenn man mit dem Auto in der 30er-Zone nunmal 30 fahren muss. Aber dafür gibts das Gaspedal, das man ja auch nur ein bisschen durchdrücken kann. Also dreh ich, wenn mir das alles zu viel Gain ist, den Regler halt runter. Fertig. Wo ist da das Problem? Egal ob ich mit meinen Seymour Duncans oder EMG's spiele, der Gain-Regler geht bei OD1 und OD2 im gelben Modus (nicht mal der Rote...) nicht über 10 Uhr, selbst für die härtesten Metal-Riffs. Dann klingt er auch nicht matschig im Bass. Da sollten manche vielleicht an einer tighten Spieltechnik arbeiten, statt die dicken Palm-Mutes mit matschigem Gain zu provozieren. Dann bleibt der heftige Druck vom JVM auch erhalten.
Thema Kompression: Finde ich absolut nicht. Der JVM hat die schönste Dynamik, die ich bis jetzt bei irgendeinem Amp gesehen habe. Selbst im OD-Kanal kann ich mit leichtem Saitenstreicheln bald zwischen leicht angecruncht und Metal-Gewitter wechseln. Man darf den Gain-Regler halt nicht wie bei anderen Hi-Gainern wie gewohnt aufreißen. Den JVM habe ich vom Gain sogar niedriger gestellt, als der Fireball, finde den modernen OD2-Kanal aber durchaus von der Güte des Sounds und dem Voicing mit dem Fireball vergleichbar. Echt mal probieren, Gain runterzudrehen und dafür sauberer zu spielen. Das wirkt Wunder...
Zu viele Knöpfe: Der Amp hat halt - wie andere hochwertige Röhrenamps - zwei schaltbare Masterregler, Resonance und Presence. Dann gibt es es 4 Reverb-Regler für jeden Kanal. 4 Equalizer-Sektionen, 4 Gain- und 4 Level-Regler pro Kanal. Ist halt ein 4-Kanaler. (Der mit etwas Hilfe über MIDI-Steuerung sogar als 12-Kanaler verwendet werden kann). Zu viele Knöpfe? Na dann kauft man sich halt einen Amp mit 1-2 Kanälen. Müsste man sich mit 4 Kanälen und 12 Röhrenschaltungen einen Equalizer teilen, würde jeder hier im Forum ausrasten, weil man dann die Frequenzen nur brauchbar auf einen Kanal einstellen kann. Außerdem sind die Knöpfe jetzt echt nicht unlogisch angeordnet, sondern meiner Meinung nach eher intuitiv und gut verständlich. Ich hab das Layout des Amps nach 2 Minuten sofort verstanden.
Zu wenig Druck: Absolut nicht, der Amp macht sogar mit etwas mehr als benötigtem Gain noch absolut terror, schiebt und drückt was nur geht ohne zu verwaschen. Und das an meiner 2x12 mit eher niedrigen Resonance und Bass-Einstellungen. Kann das irgendwie absolut nicht bestätigen. Mit zu viel Bass wird es matschig, aber das ist auch bei einem ENGL und Mesa so. Warum hängen denn die meisten Metaller für ihre tiefen Riffs ein OD808 oder TubeScreamer vor den Amp? Nicht, weil die alle nicht genug Gain hätten. Sondern weil die Pedale den Bassbereich der Gitarre ein wenig straffen und aufräumen, bevor das Signal in die Vorstufe gejagt wird. Palm mutes klingen damit erst so richtig fett, wie man es in modernen Metal-Produktionen kennt. Die Teile werden so gut wie immer verwendet, egal ob bei einem Marshall, einem Peavey, einem ENGL oder einem Mesa. Dat macht man nicht für Gain, dat macht man für den Sound...
Wenn man also meint, der JVM würde matschen, dann Gain etwas runter und dafür das Signal mit nem OD808 oder TS aufbereitet, wie bei den meisten anderen Hi-Gain-Amps halt auch. Fertig. Das ist meiner Meinung nach kein Nachteil vom JVM, sondern gehört halt einfach dazu.
Stichwort Rauschen: Bei mir rauscht da kaum was. Der Peavey 6505 Plus hat vielleicht gerauscht, aber wie! Sogar auf Zimmerlautstärke. Der Marshall ist bei mir selbst mit viel Gain bei OD1 und OD2 im roten Modus nicht lauter, als andere Amps. Aber wer Hi-Gain spielt, sollte eh auf dem Pedalboard einen festen Platz für ein Noisegate haben. Feedback kriege ich nur bei extremen Lautstärken und unter Verwendung von viiiiel zu viel Gain. Und selbst da, ist es nicht mehr, als bei anderen Hi-Gainern auch. Das gehört halt dazu zum Hi-Gain bei hohen Lautstärken. Hatte keinen Amp, bei dem das anders war. Meistens liegt es daran, dass der Gitarrist mit den Settings übertreibt, da ist es dann auch wurst, obs ein JVM, ein 6505+ oder ein Bulldozer ist. Ohne Noisegate pfeifts halt bei höheren Lautstärken, wenn man in der Nähe vom Amp steht.
Zum FX-Loop: Ich verwende mittlerweile ein Boss GT-1000 mit der 4-Kabel-Methode, weil ich damit nicht nur alle möglichen Effekte vor und nach dem Preamp verwenden kann, sondern weil man den JVM dank MIDI fast komplett steuern kann. Signalweg: Gitarre --> Pedalboard mit einigen Tretern --> Boss GT 1000 für Effekte vor der Vorstufe --> JVM --> FX send zum GT 1000 für Effekte die in den Loop gehören --> GT 1000 in den JVM FX Return. Dank des schaltbaren FX-Loop kann man schön per Footswitch diesen ein- und ausschalten für einen direkten A/B-Vergleich. Da ändert sich bei mir weder dynamik, Zerre, Lautstärke oder Soundqualität. Wobei gesagt sein muss, dass ich den ersten Loop verwende (Komplett auf wet gestellt mit -10db geschaltet). Kein Problem... Den Preamp out und Poweramp in kann man auch als zweiten Effektweg benutzen, aber da steht schon ausdrücklich in der Anleitung, dass hier Effekte von bester Qualität reingehören, da hier der Sound besonders leicht verfälscht werden kann. Man kann das zur Not als zweiten FX-Loop nehmen, aber das ist eher dafür gedacht, wenn man mit dem JVM-Preamp in eine andere Endstufe will, oder man zwei JVM's in einer Master-Slave-Konfiguration verwenden mag. Also auch hier habe ich absolut null Probleme...
Klar, vieles davon ist subjektiv, aber meiner Meinung nach gehört der JVM zu einem der besten Amps, die aktuell auf dem Markt sind. Und das nicht, weil ich geringe Ansprüche habe. Im Gegenteil. Der 6505+ wurde durch den "billigen" Bugera 6262 ersetzt, weil er 200% teurer war, aber nur 10% besser klang. Der DSL 100 wurde auch bald wieder verkauft, weil ich mir Soundtechnisch mehr erwartet hätte. Der JVM hingegen ist der erste Amp, wo ich wirklich rundum mit allen Features, Sounds und der ganzen Technik zufrieden bin. Klar, jeder hat andere Prioritäten und Ansprüche. Aber ich habe nach 15 Jahren mit dem JVM endlich das Gefühl, angekommen zu sein. Ich bin jetzt das erste mal wirklich absolut zufrieden und plane nicht schon wieder die nächste Anschaffung, um meinen Sound zu verbessern.
Das wollte ich jetzt mal loswerden.