So, wieder mal ein kleines Review von mir...
Vielen dürfte das E-Werk in Köln bekannt sein, ein kleiner Club, indem neben Konzerten auch noch zahlreiche andere Veranstaltungen stattfinden. Der Laden befindet sich Mitten in einem Industriebereich des Kölner Stadtteils Mülheim. Er besitzt ca. 500 - 600 qm Fläche und teilt sich in auf in den Hauptbereich im Erdgeschoss und eine etwa 6m hohe Galerie, die über eine Treppe in der linken oberen Ecke begehbar ist und sich über die linke Seite in den hinteren Bereich des Raumes erstreckt. Sowohl auf der Galerie als auch im hinteren und linken Seitenbereich befinden sich kleine Bars, die frische Getränke bereitstellen. Die Toiletten befinden sich im Keller und werden vorbildlich von Reinigungskräften in Schuss gehalten, was man anstandshalber auch mit einem kleinen Trinkgeld belohnen sollte (ehrlich, ich habe noch nie so saubere Toiletten auf einem Metalkonzert erlebt
)
Die Beschallung bestand an diesem Abend aus zwei ca. 5m hohen und ca. 3m breiten Fullrange - Beschallungssystemen, die leistungsmäßig für die Dimensionen des Raums schon sehr gut gewählt, wenn auch immer noch etwas übertrieben waren (zum Vergleich: so ziemlich dieselbe Boxenwand hatten wir damals auch im Atelier in Luxemburg und da waren die Räumlichkeiten, wenn überhaupt, nur halb so groß!!!)
Nun aber zum wichtigen Teil, zum eigentlichen Konzert. Die Spannung und Vorfreude war groß - und erlitt durch die Vorband "Will Haven" zunächst einen wirklich üblen Dämpfer. Dass man die Jungs getrost in den Bereich "trashigen NuMetal" einordnen kann, damit hatte ich mich schon abgefunden, indem ich mir verschiedene Stücke angehört und für meinen Teil entschieden habe, dass ich dieser Art von Musik längst entwachsen bin. Wirklich schlecht fand ich das Ganze allerdings nicht.
Was sich dem Betrachter da aber auf der Bühne anbot, war ein pubertäres und ohrenfeindliches Schauerspiel ohnegleichen. Abgesehen davon, dass der Sänger (oder besser Dauershouter) aussieht wie eine Kreuzung aus Chris Rock und (The Artist Former Known As) Prince, mit Ambitionen zu Mick Jagger und einigen Teils sehr seltsam wirkenden Gewaltausbrüchen, sowie der Bassist, der als 2Meter - Ausgabe eines Mitgliedes der Kellyfamily durchgeht und mehr durch wilde und weit ausholende Bewegungen seines Instruments und seiner Extremitäten auf sich aufmerksam machte als durch sein recht schwammiges aber - Hauptsache - schnelles Geshredde mit dem Plektrum (ein verkappter Gitarrist???) als auch der andauernd senkrecht in die Luft spuckende Drummer, der mit seinem Baseballkäppi genauso gut Dirk Bach sein könnte (soviel zu diesem Puppenkabarett briutistischer Musik), machte auch die Technik eine ganze Menge Mucken. So war der Sound wenig besser als der einer Schulband, die Nuancierung fehlte vollständig, wenn man denn einen Ton hörte, dann meistens nur das Tiefe B und die Vocals gingen so unter, dass man nur noch Geschrei hörte, jedoch kein einziges verständliches Textstück. Dazu kam ein 1. Gitarrist, der allem Anschein nach kaum Herr seiner Bewegungen war und es somit fast geschafft hätte, in seiner Unkontrolliertheit sein Equipment umzustoßen, sein Instrument einmal ziemlich böse an der Box anschlug (Gibson SG) und zu guter Letzt noch den Stecker aus der Buchse beförderte, sodass es um ihn erstmal still wurde - was aber seltsamerweise absolut nicht zu bemerken war. Da stellt sich mir die Frage, ob die Jungs überhaupt richtig... ein Schelm, wer Böses dabei denkt
Der 2. Gitarrist hielt sich da schon recht vornehm im Hintergrund und war mir persönlich noch am sympatischsten.
Dass das Vorprogramm in keiner Weise ankam, zeigte die kollektive (und auch meine) Regungslosigkeit, bis auf ein paar ganz besondere Spezialisten war niemand so wirklich begeistert, es handelte sich mehr um Anstandsapplaus.
Enttäuscht und ein wenig sauer war ich schon, denn schließlich bezahlt man ja auch für die Vorband.
Aber egal, da dieses "havenly" Programm ohnehin nicht allzu laut gespielt wurde, blieb mehr Hörsubstanz für den Hauptact.
Und soviel sage ich vorher schon: dieser war sein Geld doppelt und dreifach wert. Mit ein paar bösen Vorahnungen, was den Gesamtsound betraf, ging es dann schließlich in die 2te Runde - und schon waren ale Zweifel Geschichte. Den Anfang machte "Korea" und sofort begann das Feld unter schweren und tiefen Powerchords zu kochen. Es folgten das leichtfüssige und dynamische "Feiticeira" sowie "Digital Bath" als kleine Entspannung. Die Fortsetzung bildete "Knife Party", bei dem Chino eindrucksvoll zeigte, wie gut er noch bei Stimme ist, indem er den kleinen Solopart im Mittelteil inklusiver aller Falsett - und Countergesänge vollständig durchzog.
Nun wurde das Programm wieder etwas brutaler, es reihten sich mit "Be Quiet And Drive", "My Own Summer" und "Ihabia" drei Songs aneinander, wie sie sich in ihrem eigenen Wechsel zwischen knüppelhart uns psychedelisch-schwebend besser nicht kontrastieren könnten. Und nun endlich konnte man einen ersten Live-Eindruck es aktuellen Albums bekommen, als plötzlich "Beware" auf der Setlist auftauchte und sowohl Chino wie auch Chi einen perfekten Satzgesang bildeten. Stephen sorgte dann im Schlussteil noch einmal für richtig Dampf. Natürlich war es da zur Abwechslung doch einmal an der Zeit, sich an die Anfänge zu erinnern; was dementsprechend seine Gestalt in "Root" und "Nosebleed" fand, von welchen gerade letzterer die Halle zum Toben brachte, logisch bei diesem dem Song eigenen Spannungsaufbau.
An diesem Punkt war das Programm zu Hälfte vorbei und diese erste Halbzeit hat alles andere als enttäuscht. Also, auf zum Endspurt...
Fortgesetzt wurde das Programm vom Opener des aktuellen Albums, "Hole In The Earth". Dieser Song lässt mir oft die verschiedensten Bilder durch den Kopf gehen und regt sowohl die Fantasie als auch die Lust an der Musik immer mehr an. Und es wäre fatal gewesen, hätte dieser Effekt nicht durch die Liveperformance verstärkt werden können, aber da musste ich mir absolut keine Gedanken machen ---> Schweben auf Wolke Sieben. Und wirklich genauso ging es mit "Cherry Waves" weiter. Ich bin dankbar, dass die Band bei der Konzipierung ihrer Setlist diese kleinen Absacker mit eingebaut hat, denn wer schon des öfteren auf Konzerten mit härtere Mucke war, wird mir zustimmen, dass so etwas mitunter zum richtigen Leistungssport werden kann. Damit war dann aber bei "Around The Fur" auch wieder ganz schnell Schluss, und die Audience wurde ein weiteres Mal aufs Äußerste gefordert.
Und sofort wieder ein harter Bruch, als die ersten Töne von "Passenger" anklangen und das Publikum wieder in Fantasiewelten entführten, leider ohne Maynard J. Keenan, der wohl allein durch seine Anwesenheit dem Ganzen nochmal einen mystischeren Touch verliehen hätte. Aber Chino zeigte bravourös, dass er den Job auch alleine hinbekam.
Und schließlich wieder eine Kostprobe des sehr reif gewordenen Deftones - Sounds mit "Kimdracula", ein Song, an den ich mich noch gewöhnen muss, der aber einfach auch die Vielseitigkeit dieser Band wiederspiegelt. Gefolgt von einer weiteren, vollkommen eigenständigen Klangwelt: "Minerva" klingt wirklich am allerbesten Live, es kommt soviel Intensität und Gefühl rüber, Elefantenpickel reichen da noch nicht aus.
Dann, kurz vor der Zugabe noch einer der Deftones-Klassiker schlechthin mit "Bored" und schon spürt man, wie roh der Klang und die Arrangements damals noch waren. Doch der Song enthält viel Energie und fordert entsprechend. Und wenn das Ding dann noch Live abgeht...
Dann eine kurze Pause, Chino ging kurz von der Bühne, aber die anderen blieben und so wurde klar, dass es auf jeden Fall eine Zugabe werden wird, die einem dann auch gleich brachial um die Ohren flog, als "Back to School" anrollte, ein Song, den ich persönlich als den schlechtesten der Band bezeichnen würde, da er einfach zu klischeehaft auf der damals hochaktuellen Crossover-Welle ritt (was durch das ziemlich dämliche Video noch verstärkt wurde). Allerdings rockt er live wirklich dermaßen, dass einem die Knie wackeln.
Was natürlich nicht fehlen durfte, war "Change", einer der wohl besten und intensivsten Songs überhaupt. Und dieser ermöglichte dem Publikum auch noch einmal, etwas zu verschnaufen, bevor dann "7 Words" als Abschluss die Halle buchstäblich zum Explodieren brachte, ich habe noch nie so viele, sich so schnell bewegenden Körper gesehen.
Als Fazit kann man sagen: dieses Programm war von allem etwas, es zeigt, dass sich die Band sehr gewandelt hat, dass die Stile der Alben eine interessante Entwicklung zeigen. Wenn man an die garagenartig gemischten Anfänge denkt, die in erster Linie dem Abbau ungebändigter Energie dienten, und sich die Vielschichtigkeit und fast schon Progressivität der heutigen Songs vor Augen führt, erkennt man hier große Schritte. Außerdem war es gut, die Leute auf der Bühne wieder lachen zu sehen, denn wie einige vllt. wissen, standen die Deftones letztes Jahr kurz vor der Trennung, da Chino einfach nicht bereit war, seinen Teil zum neuen Album beizutragen und auch sonst viel lieber seinen eigenen Interessen nachging. Das war letzten Sommer in Luxemburg deutlich spürbar, es fehlte an Ungezwungenheit und irgendwo kam da auch eine große Portion Wut durch. Ich bin froh, da gewesen zu sein und sehen zu können, dass hier eine wirklich einzigartige Formation wieder in solcher Qualität zueinander gefunden hat.
Chapeau