Ich kann die Auffassung von Petz nicht teilen, Klavierlehrer, die ausschließlich auf akustischen Instrumenten unterrichten, seien konservative Holzköppe. Klar ist es Geschmackssache, ob man Klaviere oder Digitalpianos lieber mag, aber am beliebtesten auch unter Schülern sind nach wie vor die echten Klaviere. Für diejenigen, die sich auf das Beherrschen des Digitalpianospiels konzentrieren möchten, gibt es bereits sehr viele Musikschulen, in denen auf DPs unterrichtet wird.
Aus pädagogischer Hinsicht halte ich Klaviere für geeigneter, weil sich diese nuancierter spielen lassen. Für 2000 bekommt man bereits gebraucht sehr anständige Klaviere mit zum Teil sehr guter Ansprache, während selbst die Oberklasse-Modelle der Digitalpianos oft gerade mal 3 Samples pro Taste aufweisen. Ich stelle auch mal die gewagte These auf, daß die mechanische Tonerzeugung beim Klavier positiv zum Lernprozess beiträgt, weil der Schüler dadurch ein viel direkteres Gefühl für den Ton und seine Formbarkeit bekommt, als wenn einfach ein Sample (oder PM-Algorithmus) aus nem Speker dröhnt.
Zur Frage der Umstellung: ich halte die Umstellung Digitalpiano/Flügel aus eigener Erfahrung für größer als die Umstellung Klavier/Flügel, da digitale Instrumente, deren Klang aus Lautsprechern und nicht von schwingenden Saiten in einem Korpus kommt, eine ganz andere Ansprache haben als akustische. Dieser Unterschied der Tonerzgeugung stellt für mich eine viel größere Umgewöhnung da, als lediglich Aspekte der Tastatur oder Mechanik. Ich finde es oft sehr irritierend, Stücke, die ich auf meinem Stagepiano geübt habe, auf einem Flügel vorzuspielen und umgekehrt - irritierender als der Umstieg von Klavier auf Flügel und andersherum.
Dennoch plädiere ich aber wie Guendola daher dafür, möglichst vom konkreten Instrument unabhängig zu werden, also auf möglichst vielen unterschiedlichen Klavieren/Flügeln/Digitalpianos zu spielen, sprich öfters auch mal woanders zum Üben hingehen (Musikschule, Uni etc).
Auch wenn die Frage Klavier vs. Digitalpiano letztlich eine Geschmacksfrage ist, würde ich cirro aus eigener Erfahrung dringend dazu raten, sich ein Klavier (mit welcher Finanzierungsart auch immer) zuzulegen, da ich aus seinen Beiträgen herauslese, daß sein Herz in Richtung Klavier schlägt. Ich stand selbst auch mal vor genau dieser Frage, habe mich dann aber für das Stagepiano (P-120) entschieden, zum einen weil ich überhaupt nicht wußte, daß man in der Preisklasse schon mindestens ebenbürtige Klaviere bekommen kann, zum anderen weil ich auch gleichzeitig ein Instrument für meine Band brauchte. Aus dem letzteren Grund bereue ich die Entscheidung heute nicht, zumal ich mittlerweile auch ein eigenes Klavier habe (steht nur leider bei meinen Eltern, da ich mich noch nicht wirklich traue, eines in meine Studentenbude zu stellen). Allerdings kann ich aus genau der Zeit berichten, daß einem der Digitalpiano-Sound, wenn man in Wirklichkeit eher dem akustischen Klirren echter Seiten aus Fleisch und Blut (bzw. Stahl und keine Ahnung, woraus die Teile sind
) hinterher träumt, sehr schnell unbefriedigend wird und auf die Nerven geht. Und dann steigert man sich in solch end- und ziellose Gedankenspielchen rein, welche digitale Lösung denn die beste sei, und ob Digitalpiano X nicht toller klinge als Masterkey Y mit Expander Z, da es dafür ja die Extension AÖÜ gibt mit den tollen Fazioli-Samples, aber das zweigestrichene cis klingt ja leider so scheiße, während man das klangliche Paradigma nie erreichen wird, weil man wie der gute Sisyphos scheinbar zu einer unteren Ebene des Klanggenusses verdammt ist und man, wenn man glaubt, den Gipfel, das Setup seiner Träume, erreicht zu haben, wieder abrutscht und von vorne mit der Suche anfängt, da einem plötzlich ein ganz neuer Aspekt aufgefallen ist
Und das ist echt unschön, denn das kann einem ziemlich den Spaß an der Musik vermiesen.