[Polemik]
Ja, warum eigentlich nicht? Wenn der Lehrer sich halt noch nichts Besseres leisten kann, weil er gerade erst im Geschäft ist und die Miete so hoch, die Honorare so niedrig und die Schüler so wenig, er aber ansonsten ein begnadeter Klavier-Pädagoge ist? Unterricht auf einer Tischhupe ist doch auf jeden Fall besser als gar kein Unterricht.
[/Polemik]
Gehen wir mal davon aus, dass dieser "begnadete Klavier-Pädagoge" ein Klavier-Studium absolviert hat und somit ein Profi ist. Dann sollte sich diese Frage vollständig erübrigen, denn dann
besitzt dieser Pädagoge ein Klavier, wahrscheinlich auch ein gutes, in einigen Fällen sicher sogar einen Flügel.
Alles andere würde mich doch sehr wundern.
Außerdem möchte ich nochmal auf die Ausgangsfrage zurück kommen: Es geht darum, ob eine
Musikschule zwingend über ein akustisches Piano verfügen sollte. Es wurde nicht danach gefragt, ob der
Musikschüler zwingend über ein akustisches Piano verfügen muss.
Nun kann man den Begriff Musikschule auch wieder breit auffächern, denn ein Schild wo "Musikschule" drauf steht kann sich sowohl der rein privat unterrichtende freischaffende Pädagoge neben die Tür pappen als auch eine große öffentliche Musikschule mit über 100 Lehrkräften und vielleicht über 5000 Schülern.
Während der erstere sicher dann ein Klavier besitzt, wenn er als Klavierpädagoge auftritt wohingegen sein freischaffender Gitarrenkollege wahrscheinlich womöglich gar kein Tasteninstrument besitzt (warum auch?), kann ich mir eine größere Musik
schule definitiv nicht ohne Klavier(e) vorstellen.
Wer sich ernsthaft mit der Motorik des Klavierspiels auseinander gesetzt hat, wird gar nicht erst in Zweifel ziehen, dass nur ein "klassisches" mechanisches Klavier die Möglichkeit bietet, die Feinmotorik des Anschlages in umfassender Weise zu entwickeln und aus zu differenzieren.
So kenne ich z.B. eine feinmotorische Übung, bei der der Schüler versucht, die Anschlagsbewegung immer weiter in Richtung ppp auszureizen mit immer feineren und minimaleren Bewegungen bis schließlich die Grenze erreicht wird, bei der die Taste den Hammer zwar noch etwas bewegt, er aber die Saite nicht mehr erreicht. Die Taste wird in diesem Fall bewegt, aber es kommt kein Ton. Diese Übung ist auch gut geeignet, um den jeweiligen Druckpunkt eines Klaviers auszutesten und ´in die Finger zu bekommen´.
Ich kenne kein Digitalpiano, dass diesen Effekt ebenfalls kennt (warum auch?), sondern es kommt schließlich
immer ein Ton, wenn der Sensor berührt wird.
Auch wenn die Haptik eines guten, modernen Digitalpianos in der Tat beeindruckend weit entwickelt ist, würde ich nach wie vor behaupten, dass für das Üben und Entwickeln einer wirklich guten Feinmotorik (also sozusagen Finger, die mit dem Klavier "sprechen" können) am Tasteninstrument das klassische mechanische Klavier jedem Digitalpiano haushoch überlegen ist.
Wer natürlich nur irgendwie in die Tasten dreschen möchte, für den mag diese Betrachtungsweise irrelevant sein.
P.S.
Ich erkenne natürlich an, dass andererseits ein gutes Digitalpiano für eine "Background"-Mucke z.B. bei einem Gartenfest jedem Klavier haushoch überlegen ist. Selber schon hundertfach so gemacht.