Manchmal ist die Gitarre, die einem klanglich wirklich gefällt auch finanziell einfach nicht erreichbar oder man erkennt das "Potenzial" einer Gitarre, die man mit etwas Tuning genau so hin bekommt, wie man es sich vorstellt.
Meine Dean Vendetta habe ich kurz vor Weihnachten für 160€ bekommen. Für das kleine Geld sehr, sehr viel Gitarre. Nur die HBs waren koreanische OEM-PUs. Nicht wirklich schlecht, aber bei weitem nicht so vom Klang, wie ich es von meinen anderen Gitarren gewohnt bin. Eher muffiger Sound und die PUs neigen zum Matschen. Mit einem Tubescreamer habe ich wenigstens aus dem Steg-HB ganz gute Sounds raus bekommen, ich wusste aber, das die Gitarre noch mehr hergibt, nur leider konnte sie das ab Werk nicht wiedergeben. Also habe ich nach kurzer Zeit die PUs gewechselt, einen Gibson Dirty Fingers an den Steg und einen 30€ Tonerider AC4 an den Hals und schon klang die Gitarre auch am Amp so gut, wie trocken. Der Dirty Fingers musste einem Häussel Vin+ mit Alnico 8 weichen, da der Dirty Fingers mir zu viel One-Trick-Pony war und jetzt habe ich eine Gitarre, die locker mit meinen teureren Modellen mithalten kann und insgesamt hat die Gitarre gerade einmal 280€ gekostet. Den Häussel habe ich gebraucht bekommen und dann kosten solche PUs auch nicht mehr als ein Serienmodell von Seymour Duncan oder DiMarzio. Wer gebraucht kauft, bekommt solche PUs auch locker für den gleichen Preis wieder verkauft, das finanzielle Risiko hält sich in Grenzen.
Wenn ich mir eine Gitarre für mehrere Tausend Euro hole, sollte sie aber schon ab Werk so klingen, wie ich mir das vorstelle. Trotzdem könnte ich einen späteren PU-Wechsel nicht ausschließen, da sich der Geschmack mit der Zeit ändern kann, ebenso die "Hörerfahrung", als auch das Setup. Manche Gitarren/PU-Kombination harmonieren auch nicht immer so richtig mit manchen Amps.
Bei einer solch teuren Gitarre würde ich auch eher in die Boutiquerichtung schielen, aber wenn ich mit einem Serienmodell oder einem günstigen Tonerider etc. genau so zum Ziel komme, ist mir das auch egal.
Und manchmal bekommt man auch einfach nicht seine Wunschgitarre mit seinen Wunsch-PUs. Als ich meine Gibson gekauft habe, gab es nur die Wahl zwischen Classic '57s, Burstbucker 1, 2, 3 und Pro, sowie 498T und 490R. Damals war ich noch nicht so mit PAFs vertraut, ich hatte bis dato nur "heiße" HBs gespielt. Anfangs war ich auch mit dem Sound zufrieden, bis mir immer mehr aufgefallen ist, dass es doch noch nicht so klingt, wie ich wollte. Ich habe auch lange an den Settings bzw. den PUs gedreht, aber immer gab es etwas auszusetzen. Der Classic '57 am Hals war mir immer etwas zu "verwaschen" und matschig im Bass, der Burstbucker 3 konnte schon mal etwas "harsch" klingen, erst recht für einen Alnico 2-PAF. Nach dem Tausch der Hardware, der die Gitarre noch einmal ein gutes Stück nach vorn gebracht hat (da sollte man oft vor einem PU-Tausch ansetzen!) und mehreren PU-Testläufen, bin ich bei Bareknuckle gelandet. Der Mule war dem Tonerider AC4 in dieser Gitarre einfach überlegen, weil er "detaillierter" und "älter" klingt, mit mehr Charakter. Dafür klingt der AC4 in der Vendetta einfach "richtig". Am Steg hat sich der Holy Diver gegenüber BB3, Dirty Fingers und Vin+ durchgesetzt. Der Vin+ hat einen eher schlanken, höhenreichen Klang, der den Sound mir etwas zu dünn gemacht hat, jedenfalls für eine Les Paul. Hier hat ein Boutique-PU (Bareknuckle und Häussel zähle ich schon dazu, wenn auch nicht zur "Luxusklasse") einen anderen Boutique-PU geschlagen. Wobei man auch ehrlich sagen muss, dass der Häussel die Serien-PUs auch schon geschlagen hat. Er klang einfach "komplexer" und hat viel "feiner" auf die Potis reagiert.
Wenn Gitarre und PU nicht zusammen passen, ist es egal, ob das Teil 10€ oder 200€ gekostet hat.
Wenn die Nachfrage nach solch edlen Teilen nicht da wäre, würde es auch nicht so viele Wickler geben. Ein bisschen ist das auch dem immer noch anhaltenden Vintagetrend geschuldet, der seit den 90ern die Gitarristen zu immer "historisch korrekterem" Equipment treibt. Ein "Original" ist für viele durch die Preisexplosionen einfach unerreichbar. Von daher ist der Preis, der für einen PAF aufgerufen wird, der wenigstens so aussieht und mutmaßlich so klingt wie einer von 1959, in Relation gar nicht mal so hoch.
Bareknuckle Pickups hat es andersrum gemacht und sich anfangs die Metalfraktion zum Ziel gemacht. Dort sind derzeit PUs gefragt, die zum einen nicht dünn und schlaff klingen, trotzdem aber auch bei viel Gain und sehr tiefen Tunings noch jeden einzelnen Ton akkurat wiedergeben können. Mit ihrem klaren, definiertem Sound sie sie vor einigen Jahren auch berühmt geworden. Dazu noch ein paar tolle Finishes, die es so nicht bei anderen Herstellern gibt (Camo, Tyger, Black Battle Worn...) und schon weckt man Begehrlichkeiten.