Hallo Töwi,
in Antwort auf deine PM. Ich hab keine Ahnung davon, welche Ansprüche du an das Pianissimo stellst, und leider hast du keine näheren Hinweise gegeben, wie das eingesetzt werden soll?
- Für zu Hause zum Üben?
- Für Kammermusik?
- Für Klassik in der kleinen Gruppe?
- Für Jazz-Trio-Gigs?
- Für Eric Satie beim Brunchen?
Wenn wie hier passiert, das pp von Yamaha Homes und Stages als "nicht existent" bezeichnen, dann weiß ich nicht mehr, an welchen Maßstäben gemessen werden soll. Ein echtes pp-Gefühl wird ohne Resonanzbode wahrscheinlich nie aufkommen, da die Art und Weise, wie der Ton an den Raum abgegeben wird, einen erheblichen Einfluss darauf hat, wie das Pianissimo klingt: Je größer die Fläche, über die der Schall an die Luft abgegeben wird, desto verteilter der Klang, desto niedriger der Schalldruck, desto butterweicher steht das Piano im Raum. Wenn man einen Lautsprecher benutzt, dann muss viel Luft bewegt werden an einer kleinen Stelle, damit sich der Klang noch im Raum verteilt. Die Gewichtung von resonanten Klanganteilen und den (grade bei leisen Sounds) notwendigen Nebengeräuschen der Mechanik kann über sowas kaum wirklich originalgetreu wiedergegeben werden. Am ehesten würde ich einen halboffenen Kopfhörer empfehlen, um diesen Eindruck zu bekommen (auf keinen Fall einen geschlossenen!) Beim halboffenen Kopfhörer, am besten ohrenumschließend, nicht aufliegend (z.B. ein AKG, bist du "nah dran", hast deutlich weniger Druck auf dem Ohr, trotzdem noch Klanganteile aus dem Raum, also genau das, was du für "natürliche Klänge" haben magst.
Mittels Boxen im Raum wird das schwierig, über PA nahezu unmöglich, die müsste speziell drauf abgestimmt sein. Ein "gutes pp" lässt sich entweder nur sehr nah am Klavier oder in einem Konzertsaal mit hervorragender Akkustik erreichen. Daher war mein Hinweis auf die "Resonanzbodensimulation" in diesem Boxensystem durchaus ernst gemeint. Aber sowas ist natürlich auch schweineteuer.
Die Yamaha CLPs haben *mit großem Abstand* die besten Lautsprechersysteme für Klavier-Klänge in ihren Instrumenten. Sie geben das natürlichste Feel wieder. Ich würd empfehlen, die "mellow"-Sounds von einem CLP auszuprobieren für ein PP.
Für GEMs kann ich dir da keinen Ratschlag geben, außer: "probier's per Kopfhörer aus", aber über ne Stereoanlage oder irgend welche Boxen wird's nicht wie ein "Flügel im PP" klingen. Ist halt so. Vor allem nicht so, dass du "beim Spielen" den Eindruck hast. Es ist nochmal anders, ob du eine perfekt abgemischte CD-Produktion in die HIFI-Anlage legst, bei der alles "im Raum" platziert ist (das klingt dann gut, weil du Zuhörer bist). Aber für ein authentisches pp beim "Spielen" muss der Klang wo ganz anders herkommen, nämlich von da, wo du die Tasten drückst.
Gute Verkäufer stellen teure Boxen an Stage-Pianos daher links und rechts unterhalb vom E-Piano auf (haben ja sowas im Laden), geben ein bisschen Hall drauf, und die Leute wundern sich, darum das zu Hause oder auf der Bühne einfach selten wieder "so gut" klingt.
Ein guter, auf den Raumklang abgestimmter Hall wird auch notwendig sein, wenn das pp richtig wahrgenommen werden soll (wenn der Sound zu sehr knallt, kann man ihm damit noch etwas die Schärfe nehmen). Der Hall muss aber gut sein (es soll nur etwas raum hinzugefügt werden), es soll nicht wabbern, keine ungewollten Echos entstehen, etc. Aber allein ein gutes Hallgerät wirst für unter 1000 Euro nicht bekommen. Eine Preisklasse, in der wir hier komplette Pianos inklusive Sampling, physical Modelling, Tastatur, Effekten und noch einigen Sounds als Zugabe vergleichen. Der eingebaute Hall *kann* gar nicht die Qualität haben, die du brauchst. Und brauchen tust du ihn, weil der Klang aus Boxen und nicht vom Resonanzboden kommt, d.h. je näher du am Lautsprecher sitzt, desto größer wird dein Hall-Bedarf.
Wenn's für den Hausgebrauch sein soll, dann käm noch ein Kawai in Frage. Die Piano-Klänge von Kawai sind ziemlich "resonant", das heißt nur ausgewogen perkussiv (Yamahas sind eher hell-perkussiv, Rolands eher dunkel-perkussiv), die einzelnen Töne stehen aber lange im Raum und die Resonanzen, die dabei auftreten sind sehr angenehm (die vermisse ich bei Roland zum größten Teil, bei Yamaha sind sie so aalglatt, dass man sich ein paar Kanten mehr wünschen tät).
Die GEM Pianos kann ich für den Heimgebrauch nicht empfehlen, weil sie anscheinend nicht in der Lage sind, gscheite Lautsprecher-Systeme einbauen. Da wurd wohl gespart. Schade, dafür könnt man gut und gern nochmal ein paarhundert Euro drauflegen, tät sich rentieren. Aber es gibt wohl Preiskampf. Das Zeug taugt aber an den Abhörern am Studio, und live sehr gut. Ein Pianissimo beim GEM benötigt aber viel Feinabstimmung mit der Tastatur. Der Sound hat auch Bereiche, die nicht ganz so optimal klingen (wie jedes andere Piano auch). Die sollte man mit seinem "üblichen Anschlag" nicht grade häufig treffen. Letztendlich ist es aber Geschmackssache. Jedenfalls kannst du beim GEM davon ausgehen, dass du auch im leisen Bereich noch gute velocityabhängige Unterschiede hast, weil das Piano den höchsten mir bekannten Anteil an virtual Modelling hat, und der verändert sich von Lautstärkewert zu Lautstärkewert, und noch abhängig von vielen anderen Faktoren (z.B. was grad klingt).
Was auch ungemein helfen kann sind zwei unterschiedliche Schallquellen im Raum, damit kommst vielleicht als Krücke auch um den fehlenden teuren Hall drumrum, und das lässt sich sogar im Proberaum nachvollziehen: Wenn man das Piano-Signal mit den höheren Anteilen auf die PA schickt (oder zu Hause auf die Surround-Anlage), damit die den Raum füllen, und die mittigeren und tieferen Anteile von einer guten Monitor-Box von unterhalb dem Klavier kommen, dann klingt das Piano um Weiten besser, als wenn einer der beiden Lautsprecher fehlen (damit wird die Lücke zwischen "Raumklang" und "Feed-Back vom Instrument" auch einigermaßen wirksam geschlossen).
Liebe Grüße
Dana