Warum hat mein Trompetenlehrer mir das damals nicht beigebracht?
Vielleicht war er der gleichen Meinung wie
Renold Schilke
Der war etliche Jahre Trompeter im Chicago Symphony Orchestra, einem der sogenannten "Big Five".
Außerdem wurde Schilke zum Gründer der Firma seines Namens, legendärer Entwickler fantastischer Blechblasinstrumente und in den 60 Jahren Chefberater für den Aufbau von Yamahas Blechblasinstrumentenherstellung.
Schilke vertrat jedenfalls die Ansicht, dass der dritte Zug nicht benutzt werden soll und dass man die Intonation der konstruktionsbedingt zu hohen Töne
eingestrichenes cis und
d allein mit dem Ansatz ausgleichen solle, wenn sie denn intoniert hörbar sind. Stehen sie in einem schnellen Lauf oder haben sie zu kurze Dauer, dann drückt man sie einfach ab und fertig.
Der Ton soll nur auf seiner korrekten Höhe klingen, ein 'reinrutschen in den Ton (bending) wäre ein Fehler und "verwackeln" durch die Fingerbewegung am dritten Zug natürlich auch. Man muss das Ausgleichsziehen deshalb üben. Oft genug kann man den dritten Zug nach dem Ausgleich ausgezogen stehen lassen. Entweder braucht man ihn dann erneut ausgezogen oder man zieht ihn mit der nächsten Note ein, wenn das drittes Ventil benötigt wird. Man sollte sich die Noten eben vor dem Spielen auf solche Sachen hin durchlesen, ich schreibe mir dabei gerne Bemerkungen und Atem- oder sonstige Zeichen mit dem Bleistift hinein.
In Jazz und Unterhaltungsmusik ist die Benutzung des Ausgleichszuges eher selten zu beobachten, bei klassisch ausgebildeten Trompetern ist das dagegen ein sehr gut trainierter Reflex.
Manche Trompetenhersteller wie z.B. B&S bohren in den Kolben des dritten Ventils ein kleines Loch, damit man den dritten Zug auch ohne Koordination mit dem gedrückten dritten Ventil ziehen kann.
Zu einer vernünftigen Intonation gehören neben dem musikalischen Hören vor allem auch eine gute Atemtechnik und ein stabiler Ansatz.
Außerdem wird man vielleicht bei genüged Erfahrung feststellen, dass die üblichen Fingersatz-Standards auf der eigenen Trompete nicht immer das Gelbe vom Ei sind.
Vor dem nächsten Abschnitt ein Seitenblick zur Naturtonreihe über c auf der Trompete soweit es den Standardumfang betrifft.
Unser "Grundton" eingestrichenes c ist bereits der 2. Naturton, der erklingt.
Der 1. Naturton (kleines c) ist auf der Trompete ein sogenannter Pedalton. Er spricht aufgrund der Mensur (Verhältnis Rohrlänge zu Konus) des Instruments nur mit einiger Übung an, auf dem Flügelhorn dagegen relativ leicht.
Die Naturtonreihe ab dem eingestrichenen c = 2.N., g' - 3.N., c'' - 4.N., e'' - 5.N., g'' - 6.N., b'' - 7.N., c''' - 8.N., d''' - 9.N. usw.
Beim Vergleich der Naturtöne mit dem Stimmgerät fällt auf, dass manche nicht gut stimmen, am auffallensten ist das beim 7. und dem 11. Naturton, oberhalb des 14. Naturtons wird die Reihe quasi chromatisch. Wenn das Instrument gut gebaut wurde, liegen die Abweichungen am Unterschied des Naturtons zum gleich bezeichneten Ton der
gleichstufigen Stimmung, die nach der Bach-Zeit bis heute üblich wurde.
Ich kenne klassische Berufstrompeter, die z.B. das zweigestrichene e nicht als 5. Naturton über c blasen (Dur-Terz, T T T), sondern als sechsten Naturton über a (oktavierte Quint, _ _ T oder T T _). Früher wurde so etwas vom Lehrer korrigiert und man musste sich am 5. Naturton e'' ohne Ventil abmühen.
Ein anderes Beispiel: der Einsatz des dritten Ventils ( T T _ ) statt der Kombination von erstem und zweiten Ventil kann beim a die bessere Wahl sein.
Ob solche "Hifsgriffe" (engl. false fingerings) sinnvoll sind, hängt vom konkreten Instrument ab, die Ansprache und eben die Intonation
können bei Hilfgriffen einfach anders sein.
Zur Begründung und den Umständen des Ausgleichzuges gibt es bei wikipedia ganz gute Artikel. Bei Unklarheiten können wir dazu gerne weiter diskutieren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ventil_(Blasinstrument)#Intonationsprobleme
Gruß Claus