Oder anders gesagt: wenn Dave Smith einen Oberheim nachbaut (OB-6), dann ist das eine Hommage - wenn Behringer einen UB-X ankündigt, wird gemeckert, das sei ja eine Kopie.
Wenn Dave Smith einen Prophet baut (und dafür damals noch keine Markenrechte hatte - aber trotzdem den Schriftzug "Prophet" inkl. Font exakt kopiert!), dann ist das eine "Neuauflage", während beim Pro-One schon die ersten Stimmen wieder "Plagiat" schreien.
Wo ist da jeweils der Unterschied?
Nun, beim Prophet ist der Unterschied ziemlich einfach. Zunächst ist das Design von
Prophet '08 und
Prophet-5 grundlegend anders. Eine Kopie würde ich das nicht nennen.
Bei einigen von Behringers jüngsten Produkten ist die Ähnlichkeit deutlich größer. Gerade der Pro-One ist ziemlich genau eine skalierte Replik des Original-Designs ohne Tastatur und mit ein paar mehr Anschlüssen. Das lässt sich nicht leugnen.
Das Einzige, was beim Prophet '08 äußerlich wirklich an den Prophet-5 erinnert, ist der Name. Nun könnte man dem Erfinder des Originals gönnen, einen ähnlichen Namen wiederzuverwenden. Oder, man besteht auf den rechtlichen Status und sieht, dass das
Trademark für den Prophet-Schritzug und damit verbundene Synthesizer schon 2000 abgelaufen ist. Deutlich vor Einführung des Prophet '08.
Für Soundmodule, MIDI-Hardware, Sequencer und Software mit Namen "Prophet" hat DSI übrigens aus dieser Zeit noch
einen weiterhin gültigen Eintrag.
Das Recht an "Sequential (Circuits)" hatte Dave damals nicht, das stimmt. Aber bis er das hatte, hat er im Kontext des Prophet '08 afaik weder mit diesem Markennamen geworben, noch ein Design genutzt, das einem SCI-Synth deutlich nachempfunden ist.
Beim OB-6 wird auch recht sorgfältig darauf geachtet, nicht auf "Oberheim" als Firma oder Markennamen zu verweisen, sondern nur als Nachnamen von Tom Oberheim. Das Design erinnert natürlich stark an den OB-XA. Das ist aber wenig verwunderlich, schließlich hat Tom diesen damals designt und war auch beim OB-6 fürs Design mitverantwortlich.
Dave Smith und Tom Oberheim haben also zwei ihrer früheren Designs ein zweites Mal in abgewandelter (Bedienfeld und Funktionen wurden deutlich verändert) Form verwendet. Ich finde, das steht einem Künstler zu. Design ist schließlich auch eine Kunstform, die einiges an Aufwand erfordert.
Behringer hingegen kopiert die Designs anderer (lebender) Künstler nahezu 1:1. Und das finde ich gegenüber den ursprünglichen Künstlern nicht in Ordnung.
Als Analogie: wenn eine Band einen Song, mit dem sie vor 40 Jahren einen Hit hatten, neu aufnehmen und dabei neue technische Möglichkeiten nutzen, ist das für mich kein Plagiat.
Wenn eine junge Band jenen 40 Jahre alten Song analysiert und nahezu 1:1 reproduziert - die selben Noten, die selben Texte, die selben Produktionstricks - und dann behauptet, es wäre ihr eigener Song, für den sie auch volle Tantiemen und Rechte bekommen sollen, dann ist das für mich ein Plagiat. Selbst, wenn der 40 Jahre alte Song in der Vinyl-Erstauflage inzwischen unerschwinglich ist und die meisten sich nur schlechte CDs und MP3s davon leisten können, während die junge Band ihren handwerklich gut gemachten Song für deutlich weniger Geld anbietet.
So ein Verhalten würde mir bei Roland, Korg und Konsorten auch nicht gefallen. Nur ist bei denen zumindest etwas Abstraktion und Eigenes dabei. Rolands SE-02 oder Korgs Volca FM weisen beispielsweise hinsichtlich Aufbau, Parameternamen oder Design auch gewollte Ähnlichkeiten zu anderen Synthesizern (Minimoog, DX7) auf. Aber alleine aufgrund des Miniaturformats ist es für mich bereits kein Plagiat, weil niemand auf die Idee kommen würde, Original und "Kopie" zu verwechseln.
(Ähnliches würde ich nebenbei auch zu Software-Instrumenten sagen. Wenn da jemand ein Minimoog/Pro-One/OB-XA/DX7/Synclavier als VST/AU-Version klont und zumindest die Namen leicht abändert, ist es für mich kein Plagiat. Einfach, weil zwischen Hardware und wenigen MB großer Software ein gewaltiger physischer Unterschied ist, selbst wenn der Klang identisch ist.
Aber wenn jemand Software-Instrumente klont und beispielsweise eine technisch und klanglich nahezu identische Version von "DIVA" herausbringt, die "DIVINA" o.s.ä. heißt, wäre das für mich wieder ein Plagiat.)
Rechtlich mag Behringer/Music Group einwandfrei handeln. Zumal sie im Moment noch Anträge für
eine beachtliche Reihe von Trademarks gestellt haben, darunter auch "Pro One" und "Oberheim" im Zusammenhang mit Synthesizern.
Aber sich mit fremden Federn zu schmücken, ist für mich dennoch kritikwürdig. Zumal Deepmind-12/6 oder der oft übersehene
Behringer Neutron durchaus eigenständige Synthesizer mit interessantem Design sind, die zeigen, dass sie mehr als nur Kopieren können.
Wer baut denn jetzt wieder Curtisse?
Etwa ein Dreivierteljahr vor Behringers Ankündigung hat
Curtis selbst damit angefangen. Auch wenn Behringer mit seinen Produktionsmöglichkeiten inzwischen deutlich weiter ist und Curtis da vermutlich nicht mithalten wird.