Wenn ein Modeller im Vergleich mit dem Original so klingt wie ich es beschrieben hab....wer wird sich da dann philosophische Gedanken machen
Ich würde das Thema "Bauchgefühl" nicht unterschätzen. Nach heutigen Maßstäben ist 'ne Vintage-Strat auch komplett veraltet - eine identisch klingende moderne Gitarre mit verstimmungsfreiem Trem, brummfreien PUs und objektiv besserer Bespielbarkeit würde dennoch bei vielen Gitarristen nicht denselben "Kick" auslösen, wie das "Original". Diese Tatsache lässt sich halt nich wegdiskutieren, nicht mit Meßwerten und nicht mit Ausstattungstabellen.
Du kannst Dir auch eine Porsche-Spyder-Replika zusammenbauen, die die Originale aus den 50ern in punkto Qualität und Alltagstauglichkeit bei weitem übertrifft. Trotzdem wird die Replika den "Charme" des Originals nie erreichen.
Wer frei und unbeeinflusst ist von solchen unsachlichen + sentimentalen Aspekten und nur nach Vernunft handelt - Glückwunsch ;-)
Rammsteins Gitarrist benutzt och nen axe-fx uff der Bühne!!!
... und ist parallel dazu in brandneuen Anzeigen mit dem Mesa Rectifier zu sehen. Welches Endorsement ist denn dann "echt"?
Mir fällt jedenfalls auf, dass 90% der AxeFX-User in der monatlichen Anzeige in der Gitarre&Bass irgendwelche Studio- und Session-Musiker sind, die ich nicht kenne. Offensichtlich Leute, die in erster Linie Vielseitigkeit verlangen und jobbedingt auch anbieten müssen. Daraus lässt sich doch schon ableiten, wo die Stärke und der prädestinierte Einsatzzweck des Teils vorrangig liegt.
Mir ist andererseits rätselhaft, warum ein Richard Kruspe für seinen
einen Rammstein-Sound live eine Kiste bemühen soll, die noch tausend andere Sachen kann? Ist ein bisschen mit Kanonen auf Spatzen geschossen, oder? Zumal er auch eine Roadcrew zur Verfügung hat, die ihm die Mesa-Fullstacks nach Bedarf überall hin stapelt ;-)
Das AxeFX und die Geräte, die ihm noch folgen und noch besser sein werden, sind für viele Zwecke und Anwender ohne Frage schlichtweg genial. Sie werden dennoch nicht die "klassischen" Gitarren-Amps in all ihren Erscheinungsformen verdrängen. Ich verstehe deshalb nicht, warum hier immer diese "Wer noch nicht eingesehen hat, dass das AxeFX alles andere überflüssig macht, lebt hinterm Mond"-Haltung so selbstbewusst zur Schau getragen wird. Dass sich mit neuem Equipment neue Möglichkeiten bieten, ist super, keine Frage. Was davon Bestand hat oder sich gar durchsetzt, muss sich zeigen.
Mitte der 80er meinte Pete Townsend "Die E-Gitarre ist tot", zu der Zeit kam MIDI auf und fast alle "großen" Gitarristen der Zeit experimentierten mit Synth-Gitarren, teils auch mit sehr schönen Ergebnissen (z.B. Adrian Belew). Sogar Brian May hat zu der Zeit für das Solo in "I want to break free" mal ausnahmsweise seine Vöxe nicht angeschmissen, sondern einen Gitarren-Synthie benutzt.
In der zweiten Hälfte der 80er dominierten Kühlschrank-Racks die Bühnen der "Profis" und wer's sich leisten konnte, protzte mit dem TC 2290 und 'nem Eventide. In der Regel für'n bisschen Hall + Chorus, der Harmonizer des Eventide kam mal für ein 10-Sekunden-Solo zum Einsatz ... Ironischerweise sind die meisten von denen irgendwann wieder angefangen, einfach nur ein Kabel in einen Amp zu stecken ...
Ich frage mich auch immer, warum so ein 'entweder-oder' daraus gemacht wird. Das AXE kann gut klingen, Röhrenamps können gut klingen (auf dem gleichen Niveau). Im Endeffekt interessant ist nur, was aus dem Zeug herausgeholt wird.
Vielleicht sollte dies das letzte Wort zum Thema bleiben.