Hallo in die interessante Runde und …
… insbesondere hallo BumTac - ich stelle mal ein Zitat aus Deinem zweiten Beitrag vorneweg …
Leute - Ihr habt (erwartungsgemäß) genauso reagiert, wie ich mir das erhofft und gewünscht habe!
… und gehe trotzdem inhaltlich auf den Ausgangs-Thread ein -
- und zwar mit Fragen an Dich (so einfach kommst Du aus so ´ner Nummer nicht raus
:
Skeptisch betrachtet, glaube ich sagen zu können, daß ich mich im direkten Vergleich mit einer Vielzahl an Hobby Schlagzeugern messen könnte, auch wenn das überhaupt nicht in meinem Interesse liegt.
Wer misst denn und was misst einer, wenn er misst? Da es angeblich gar nicht Dein Interesse ist, stellt sich Dir die Frage vielleicht eher deshalb, weil Du Dich oft (bzw. immer?) gemessen fühlst.
Einerseits sage ich mir immer wieder, daß es in erster Linie darauf ankommt, meiner Band den rythmischen Zusammenhalt zu geben, …
Wieviel Dienstleistung braucht eine Band …
… andererseits wünsche ich mir aber auch, ab und an mit etwas besonderem hervorzustechen - auf mich aufmerksam machen zu wollen.
… oder: wie abstrakt sind die (individuellen) Motive und Sehnsüchte?
metaljünger;4174817 schrieb:
Da denkt man, man ist ein akzeptabler Schlagzeuger, …
So denkt wahrscheinlich auch ein Angestellter im Dienstleistungsgewerbe, …
metaljünger;4174817 schrieb:
… schließlich spielt man seit 10 Jahren, hat in mehr oder weniger jungen Jahren angefangen, also auch die Zeit des schnell lernen mitgenommen …
… der seinen Aufwand angemessen honoriert bekommen möchte (ich glaube, so ist es z. B. bei Symphonikern).
metaljünger;4174817 schrieb:
… und will ein eigentlich simples Lied wie Paradise City mitspielen und aufnehmen und schon hat man Probleme. Am Einfallsreichtum schadet es nicht, der ist da, aber die simpelsten 4/4-Grooves wollen plötzlich nicht mehr klappen.
Da fängt man an, nachzudenken. Ich meine, das allergrößte Talent besitze ich mit Sicherheit nicht, aber nach 10 Jahren sollte man ein Paradise City doch wohl mal fehlerfrei spielen können
Vielleicht ist "Fehlerfreiheit" eine Anforderung, die nicht den Musiker hervorbringt, sondern erstmal vor allem Angst.
insgesamt dient mir Musik als Ausgleich zum Alltag. Die Ambitionen Drums wirklich gut zu beherrschen habe ich eigentlich recht früh begraben ...
Was u. U. den Sinn für Musik erst schafft
.
Mittlerweile macht der seinen Job in der Band wirklich gut, die anderen Leute in der Band spielen schon wesentlich länger und individuell besser, aber insgesamt gibt die Band trotz seiner "mangelnden" Erfahrung ein gutes Bild ab.
Was ist ein gutes Bild?
Ich habe während der letzten Kieler Woche täglich ein paar Stunden in einem Drums-Vorführzelt Dienst getan. Dieses stand in direkter Nachbarschaft zu einer Bühne, auf der viele Kieler Bands auftraten (Amateure, Semi-Profis). Danach war mir klar, wie ähnlich das Sportarten wie Synchron-Springen, Eis-Paarlauf oder rhythmischer Sportgymnastik ist, wo eine Jury Punkte für technische Ausführung und "künstlerischen" Ausdruck vergibt. Und die Motivation der Band, ein gutes Bild abzuliefern, und die kritische Rezeption des (Fach-)Publikums komplementieren sich dabei zu einem fatalen Bündnis, durch das die Entwicklung musikalischer Identität/Individualität kräftigst behindert wird.
Natürlich beeindruckt er mit seinem Drumming niemanden, aber die Band passt zusammen und für das "normale" Publikum reicht es.
Von der Vorstellung eines "normalen" Publikums rate ich dringend ab!
Was interessiert es mich ob jemand individuell besser ist als ich...
Hauptsache meine Band macht gute Musik.
Das gefällt mir besser. Obwohl man sich vielleicht doch stets dafür interessieren sollte, wenn einem bei jemand anderem was imponiert. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Karmas, zu deren Bewältigung jeder auf ganz eigene Voraussetzungen und Vorzüge verwiesen ist, muss ja nicht immer gar so viel Neid im Spiel sein.
… je weiter ich vorangekommen bin, desto stärker bin ich Musiker geworden, im gleichen Maße abnehmend Instrumentalist.
So in etwa seh´ ich´s wohl auch.
… machen wir Musik. Das ist ein Geben und Nehmen, das ist Gleichberechtigung, wahrscheinlich ist das sogar das Leben...!?
Wolf Vostell (der für sich die Erfindung des Happenings reklamierte) sieht Kunst (ganz allgemein) als eine Metapher für "Leben". - Und solange die "Gleichberechtigung" nicht in "Demokratie" ausartet, ist Kunst tatsächlich möglich.
Obwohl in der modernen westlichen Musik fast kein Stück ohne Schlagzeug oder Rhythmusinstrument auskommt, hat diese Instrumentengattung doch nicht den Stellenwert wie Saiten- oder Tasteninstrumente.
In anderen Kulturkreisen ist das ganz anders (Afrika). In Indien müssen Tablaspieler jahrelang üben, richtige Könner werden da als Volkshelden verehrt. Ähnlich verhält es sich im arabischem Raum mit Darabuka-Spieler. .
Das ist vielleicht nicht ganz richtig. Hierzu mal ein Link zu einem Text, in dem Yaya Diallo berichtet, was es in Afrika bedeutet, ein Djembefola (Djembe-Spieler) zu sein:
http://drumjourney.com/world/make/index.htm
Man kommt leider immer nur auf die Hauptseite. Auf dieser einfach in der linken Spalte auf "Articles" klicken, ganz unten in der Artikelliste kommt dann die Rubrik "Drum Journey Stories and Bios - dort: Djembe and Djembefola.
Ich kopiere mal den hierfür wesentlichen Inhalt raus (einfach überspringen, wenn´s zu langatmig vorkommt):
- Yaya Diallo: When you play the djembe you are a Djembefola, no matter your talent or speed in playing, you express yourself. Whether you play to pass the time or as a professional, either way you are a Djembefola. All guitar players are not Jimi Hendrix, Eric Clapton or B. B. King … etc. Please, stop the illusions and the myths.
Yaya Diallo:
Very young, I was attracted to the instruments: djembe, balafon, tama and bara. I wanted to learn in a serious way. Idelighted in accompanying the Djembefolaw in the religious ceremonies for the events of the Komo. I consider myself as a musician who seeks to combine sounds for useful purposes.

The Social Status

A Djembefola is considered as: worthless, good-for-nothing, ignorant, idiot, stupid, incapable, mokolankolo, waste of the society, frivolous personality, not trustworthy. Nobody wants to bring into the world a Djembefola. A Djembefola hasn't the right to speak when the discussion is about serious matters. It is an insult to be treated as a Djembefola. Hey! Who are you? You are nothing but a Djembefola. To better understand the depth and magnitude of the situation I present the following examples.

a) Marriage

Everyone or all families who respect themselves will never give their daughter in marriage to a Djembefola (frivolous, irresponsible, scurrilous character). In 1992 I scoured the region of Bougouni (Mali) in search of a master Djembefola. In Massakorobougou I met a man of 53 years old who was known as the leader of the djembefolaw. He gave me a confession. Diallo he said to me, "My biggest crime was that I loved to play the djembe when I was young. I traveled to all the villages in the region with my djembe. When there was an important manifestation somewhere they came looking for me. Very naïve, I thought I was loved by everybody. In all the villages my status as a Djembefola was never doubted. When I attained the age to marry nobody wished to give me their daughter in marriage. This is what one calls the ransom for glory! All my friends have children, a wife, a family, and myself … nothing. Today, how does my reputation as an excellent Djembefola serve me. If this continues I am going to kill myself. Do you understand me, Diallo! What sadness!";

Mamadou Diabeté is the son of Sidiki Diabaté, one of the best cora players of all time. The young man makes the best coras in Mali but he doesn't like to play them. All his brothers, of whom the most celebrated is Toumani Diabaté, play the cora. He is considered a nobody in this famous family of griots. Don't compare Djembefola with djeli (griot). He explained to me how he suffered to find a wife. The reputation of Toumani helped him a lot. I love Sidiki Diabaté. Anything that could hurt one of his children disturbs me, even if it is the reputation of a Djembefola. The Diabaté family is a renowned family of djelis. To say that a djeli is a djembefola is a great insult for the djeli. One must not confuse djeli with djembefola. A djeli is very respected; a djembefola is not.

To finish looking at the so-called djembe masters, how many among them have married an African woman? Many have married foreigners and for the most part they are white women. The Djembefolaw are the new heros for the whites. None are prophets in their own country. Think of it!

b) Respect

No one respects a Djembefola in Mali. The word of a Djembefola, Djembefola Koumou or Mannan-Mannankouma (Bambara) is zero.

In Massakorobougou the elders gathered at the chief of the Komo to welcome me. It was automatically understood that I was a former initiate of Komo. The information they gave me feels useful even today.

"Nianti,"; a fictitious name of a djembe player, began to speak, thus interrupting an elder. The latter became enraged and told him, "You must not interrupt when I speak. Who are you here? You haven't even a woman here."; 

Diallo! You see this idiot is nothing more than a djembe player and he permits himself to interrupt me, me, a respectable man. It is because you are here that this "Kounfi Yèyèdombali"; cut into my speaking. In Bambara, "Kounfi"; refers to a kind of dimwit, a simpleton, basically an idiot. "Yèyèdombali"; signifies a person who doesn't know himself.

M. Sidibé left his birthplace in Wassoulou to try his luck in Bamako. In this city he had only two choices, either be a delinquent or a Djembefola. He opted for the second alternative. He began by playing accompaniment and gradually climbed all the levels of a Bamako style Djembefola. He was recruited by "les Ballets Maliens."; To the inhabitants of his village he was working for the government. In this way he was able to marry a girl from his village; from this union, he had a daughter. Unfortunately, his wife suddenly died. He is incapable of seeking another woman. Everyone knows he is a Djembefola even in his village. He is burned everywhere. His family, the family of his ex-wife and the community in Bamako want him to give up taking care of his daughter. How can a good-for-nothing bring up a child. A Djembefola is an imbecile without morals, education, discretion, honesty, dignity … etc. The list of prejudices never ends.

c) My Personal Case

I go to Mali once or twice a year. In 1999, I traveled from Montreal to Bamako via Casablanca. From Casablanca to Bamako I was on the same flight as the soccer team Djoliba. Sitting next to me on the trip was a sports journalist. Having introduced ourselves to each other, I explained to him what I was doing in North America and in the world in general. He was impressed with my work and my goals. He said, "It's a shame you are not known in Mali. I will do everything I can so Malians can benefit from your life experience. I had the mischance of showing him my book titled "The Healing Drum."; On the first page he saw my photo with a djembe. He asked me who this is. I answered it is myself. He said to me, "Great brother, it is here where things get complicated; you are a Djembefola. There is nobody who is going to read an article about the deeds of a djembe player. The project to make me known in Mali was dropped. In Mali, I remove the first page with my photo before showing the book to my former classmates. With my family in Fienso there is a copy of the book without my picture.

In brief, a Djembefola is worth nothing, absolutely nothing. I'll tell a bad joke that will shock some people. That doesn't matter. Here is the monster insult.

A brain collector enters a store where they sell human brains. The salesperson takes pleasure in showing the merchandise in stock.

1. Here, this is the brain of a doctor. It is worth 100 dollars per kilo. 2. This is the brain of a professor; this costs only 200 dollars per kilo. 3. This one here belongs to a salesman. It is worth 300 dollars per kilo. 4. Here you have brains that have the same price, 500 dollars per kilo: violinist, cora, balafon, tama and guitar players … etc.

The salesperson made the rounds of the store showing all the merchandise going from the cheapest to most expensive.

Madame, he said, "I am going to show you a masterpiece, the brains of Djembefola. This costs only 2000 dollars per kilo. The collector, aghast, stupefied, asked the salesman, " Sir, what is so special about these brains? The cost is more than those of a doctor or professor etc.

Madame! exclaimed the salesman. Are you aware of the number of Djembefolaw it takes to obtain even one kilo of brain matter. To sum up, a Djembefola has no brains. If there is anything, there are only traces. Because of drum circles the prices are going to double soon.

You see, I am not presenting myself to a popularity contest. The kings and queens of the djembe are only kings and queens of idiocy, of stupidity. This is the path of idiots and good-for-nothings. To say that a Djembefola is a god is an insult to God, to Allah. Dear fanatics, groupies! Forget about deifying and elevating the Djembefolaw to the level of God.

Some free advice my friend and son of Amadou Hampathe Bah gave me, "It belongs to the Africans to speak about Africa to the foreigners and not the foreigners, as intelligent as they are, to speak of Africa to the Africans.

Note: In my life I only know two categories of humans, those who love me and those who detest me. I have a principle, hatred is free and love is not negotiable.
Dennoch: alle guten Bands die ich kenne und alle Bands, die mich geprägt haben, hatten hervorragende drummer und das hat man auch gehört und gespürt und gemerkt - jedenfalls als Musiker.
Nochmal zu meiner Kieler-Woche-Erfahrung: bei einem Großteil der Bands hatte ich den Eindruck, die jeweiligen Trommler fragmentieren (statt zusammenzuhalten oder zu tragen) den Vortrag der Band, wie in den Proben verabredet. Das kann natürlich oft auch an der ungewohnten Situation auf einer großen Bühne zu tun haben.
Übrigens habe ich ein Phase gehabt, in der ich ausprobiert habe, ob ich aus dem Hobby einen Beruf machen soll und ich habe mich dagegen entschieden und diese Entscheidung nie bereut. Neben gewissen Illusionen über den Lebenswandel und die materielle Basis von Pofis und Semi-Profis, dem Sehen dass nur unbedingte Leidenschaft einen die diversen Ochsentouren und die Unberechenbarkeit von Erfolg durchhalten lassen, spielte auch eine Rolle, dass ich mir eingestehen musste, technisch noch sehr stark hätte zulegen zu müsssen und auch wirklich keinen Bock hatte, jedes Genre und jedes Publikeum zu bedienen oder bedienen zu wollen.
Und jetzt?
Das rhythmische Fundament von Musikstücken zu erschaffen sollte die Angelegenheit desjenigen sein, der sich dazu berufen fühlt.
Hmm …
Mir ist im Zusammenhang mit unserem
Rumba-Clave-Thread im Percussion-Bereich folgender Gedanke gekommen - Hintergrund sind die enorme Vielfalt und die Verschobenheiten, mit der diese rhythmische Grundfigur gespielt wird und evt. sogar die entscheidende Charakteristik einer kubanischen Rumba-Band ausmacht, für die sie im kulturellen Kontext sogar berühmt werden kann:
Wir wissen, dass sich die kubanischen Musiker an der Clave orientieren, nicht an einer gleichmäßigen Zählzeit (z. B. 4/4). Daraus ergibt sich nicht zuletzt das spezifische Feel, für das wir diese Leute bewundern. Würde so einer mit uns eine Session machen und dabei die Clave spielen, hätten wir ein Problem, weil wir möglicherweise nicht erkennen, ob sie in 4/4 oder 12/8 gespielt ist (und dem Typen das obendrein völlig wurscht ist, weil die konkret gespielte Clave das Gesetz darstellt). - Käme ich mit derselben (oder gar einer eigenen) Clave-Interpretation zu solch einer Session, würde man mich sicherlich korrigieren bzw. davon ausgehen, dass ich unfähig bin. Egal wie berufen ich mich fühle. Trotz der Clave-Funktion wäre ich nicht das Gesetz.
Es geht also um sowas wie Autorität, die einer hat oder nicht. Und umgekehrt: um Respekt für die Empfindungen und Instanzen anderer Menschen. Meine Frage wäre deshalb: Entwickeln sich die Autoritäten noch im Band-Verbund oder sind sie (bereits von Anfang an) Wirkungs-Vorstellungen, denen bis zu "akzeptabler Form" nachgekommen werden muss? Ist eine Band also hauptsächlich ein Bild, das genre-mäßig akzeptabel auf eine Bühne zu bringen ist?
Mag sein, dass es mit meinem Alter zu tun hat, aber täusche ich mich, dass im Zuge equipment-technischer Entwicklungen, musikindustrieller Ausbreitungs-Strategien und der Manie, einzelne Genres immer weiter zu unterteilen (bis dahin, dass "Blues" als Begriff wieder auftaucht aber kein Blues mehr ist
) Musik immer gleichförmiger wird? Ich habe vorhin mal den Vergleich zum Eiskunstlaufen gebracht - irgendwann interessiert es nur noch den Eiskunstlauf-Experten, ob sich jemand vier- oder nur dreimal um die eigene Körperachse drehen kann. Und selbst von denen kommen Aussagen, dass solche Kriterien dem eigentlichen Reiz der Sportart nicht entsprechen, man aber nix dagegen tun könne, weil akrobatische Mehr-Leistung selbstverständlich in Form von Punkten zu honorieren ist.
Wenn ich das mal auf meine Musik-Bedürfnisse übertrage, heißt das: ich werde langsam müde,
akzeptablen Instrumentalisten für die mühsame Beherrschung ihrer komplexen Gerätschaften in Abwägung von Talent und imitatorischer Genre-Stimmigkeit gerecht werden zu sollen, wenn ich auf ein Konzert gehe. Ich möchte vielmehr erleben, dass Leute miteinander Musik machen, es schaffen, im Hier und Jetzt unter den Bedingungen zu kommunizieren, die man sich in den Proben erarbeitet hat usw. Dabei kann auch (gerne!) was schief gehen, ohne dass mir dadurch der Genuss verdorben wird, denn entscheidend ist, ob die einzelnen Band-Mitglieder auf das "Hier-Und-Jetzt" überhaupt Einfluss haben, oder ob lediglich Ablauf-Automatismen innerhalb eines Apparate-Komplexes abgerufen werden (können) und auch die Animationen, die mich zu pflichtgemäßen Begeisterungsbekundungen zwingen sollen, meistens schon wie Zitate aus der CD-Sammlung wirken.
Gibt´s überhaupt noch experimentierende Rock-Musiker? - Welche, die ihre Aufmerksamkeit auf die Bedingungen
für Musik richten und (Achtung!)
nicht auf die Wirkungen.
Grüße
olliB. …