T
Tolayon
Registrierter Benutzer
- Zuletzt hier
- 20.11.17
- Registriert
- 21.03.13
- Beiträge
- 801
- Kekse
- 1.812
Nachdem die Debatte gerade eben wieder im "Nord Lead 4"-Thread aufgeflammt ist, dachte ich ich eröffne hier mal eine allgemeine Grundsatzdebatte.
Ganze 18 Jahre ist es nun her, seit der "Analog Modeling"-Hype in Gestalt des damals sensationell neuen Nord Lead 1 seinen Anfang nahm. Andere Hersteller, gerade auch die großen Japaner sprangen schnell auf den Zug auf und schickten ein, zwei Jahre später jeweils ihre eigenen Versionen ins Rennen. Der Roland JP-8000 gilt bis heute als Klassiker, auch der Yamaha AN-1X (der einzige dezidierte VA-Synth dieses Herstellers) kann sich nach wie vor hören lassen, auch wenn er im Vergleich zum JP eher ein Nischendasein zu fristen scheint.
Korg hat sich derweil nicht lumpen lassen und mit dem Prophecy (monophon) und ein Jahr später Z1 (bis zu 12-fach polyphon) gleich Multi-Synthese-Monster auf den Markt gebracht, welche neben Analog- auch noch Physical Modeling und einige weitere Spezialitäten frei von Sample-Rom-Beständen auf Lager hatte. Leider konnte keines der Imitate auch nur annähernd überzeugend klingen (gerade die Natur-Emulationen feilen weit hinter den älteren VL-1 von Yamaha zurück), so dass diese alten Korgs heute nur noch von "Spezialisten" gesucht werden, welche gerade die digitale Eigenständigkeit des Sounds zu schätzen wissen.
Und damit sind wir auch schon mitten im Thema:
Bis heute scheint es zumindest einigen Herstellern Schwierigkeiten zu bereiten, analoge Synthesizer vollkommen authentisch auf binärer Basis nachzubauen, gerade auch Korg. Ich glaube es war der Radias, welchem in einem Testbericht der "Keyboards"-Zeitschrift bescheinigt wurde, mehr "digitale Hitze" statt analoge Wärme zu verströmen.
Ein weiteres Beispiel wäre die "Nova"-Reihe von Novation. In einem Youtube-Video wurde die kleinste Variante Mini-Nova demonstriert, ohne Frage ein potentes kleines Synth-Monster, aber "analog" klingt anders, wie gerade gegen Ende des Videos deutlich wurde. Dort diente der Mini-Nova nämlich als Masterkeyboard zur Ansteuerung von Arturias virtuellem Mini-Moog-Plugin und siehe da, auf einmal klang es schon viel wärmer und fetter, eben typisch nach Moog, auch wenn ein analoges Original noch eine Spur besser sein dürfte.
Man sieht (und vor allem hört) also, rein technisch sind weitestgehend authentische Emulationen durchaus machbar. Ich habe aber den Eindruck, dass die meisten Hardware-VAs nach einem "eigenständigen", eben typisch digitalen Klang streben, während die originalgetreuen Brüder allesamt als reine Software existieren (der Arturia Origin wäre vielleicht eine der wenigen Ausnahmen, eine zeitlang gab es auch noch die "ASB"-Expander von Creamware, die sich jeweils einem analogen Vorbild widmeten).
Ein Stück weit ist es, wie ich anhand einiger Diskussionen mitverfolgen konnte offenbar auch eine Frage der Philosophie:
Will bzw. sollte man die alten analogen Originale wirklich ersetzen oder nur ergänzen ?
Ähnlich wie schon beim "Acoustic Modeling" lassen sich auch hier die Hardware-bedingten Grenzen der Originale überwinden; ein neuer Wavetable-Oszillator zusätzlich zu den "analogen" Wellenformen lässt sich per Software-Update leicht integrieren, oder man erzeugt mit nur einem Oszillator gleich sieben oder mehr gegeneinander verstimmte Sägezähne, ein Feature, mit welchem der JP-8000 schlagartig eine neue Klangästhetik in die Trance- und Techno-Welt einführte.
Demgegenüber sind bei den Nachahmungen realer Analog-Synthesizer schon im Vorfeld gänzlich andere Überlegungen anzustellen. Sicher könnte man auch einen Prophet-V-Clone mit einem "Supersaw"-Modus ausstatten, aber wichtig ist hier erst einmal die Authentizität der einfachen Wellenformen, Filter und sonstiger Komponenten. Alle über das Original hinausgehenden Erweiterungen sind dementsprechend als optionale Kür zu sehen und werden auch oft über eigene Fenster/ Menügruppen eingebunden.
Manchen Analog-Enthusiasten geht es übrigens schon zu weit, wenn man eine Mini-Moog-Emulation polyphon spielbar anbietet, denn dadurch würde das Besondere des monophonen Originals verloren gehen.
Aber Hand aufs Herz: Würde hier jemand wirklich einen nur monophonen digitalen Hardware-Minimoog-Clone kaufen, der sich auch in seiner übrigen Ausstattung nur strikt an das Original hält und keine noch so geringe Erweiterung (wie PWM oder Ringmodulator) bietet?
Um wieder auf die klanglichen Eigenheiten/ "Defizite" der virtuell-analogen Synthesizer zurückzukommen:
Ein oft zu hörendes Merkmal ist die zuweilen ins Kreischen übergehende Rauheit der digital emulierten Oszillatoren. Ich selbst habe kurz vor der Jahrtausendwende mal einen Korg Z1 angetestet, der spitze Sägezahn in Verbindung mit der ebenfalls typisch digital klingenden Filter-Resonanz hat mich gleich abgeschreckt und ich dachte, da klingt selbst mein damaliger Roland JV-1000 (bekanntermaßen Sample-basiert) "wärmer".
Nun sollte man meinen, dass dies mit fortschreitender Technik und schnelleren Prozessoren kein Problem mehr sein sollte, aber selbst der brandaktuelle Prophet 12 (ein hybrider Synth mit analogen Filtern) klingt mit den nackten Oszillatoren gnadenlos rau, erst das Herumschrauben an einigen Parametern lässt die Sägezähne auch schon vor dem Filter etwas wärmer und lebendiger klingen.
Worüber ich ebenfalls oft lese, sind digitale Artefakte in Form von Aliasing oder sonstigem "Schwurbeln", welche anscheinend so gut wie alle VA-Synthesizer in besonders hohen oder tiefen Tonlagen produzieren, was mir angesichts von 24-Bit-Wandlern mit einer möglichen Auflösung von 96 KHz und mehr schon etwas seltsam erscheint.
Wie seht ihr die Gegenwart und vor allem Zukunft der VA-Synthese, wird sie - vielleicht schon bald - die Originale restlos überflüssig machen und sollte sie dies auch tun?
Denkbar wäre ja, analog zum HX-Konzept auf der Ebene der Hammond-Clones, eine digitale Soundkarte, die man anstelle der originalen Hardware in das Gehäuse eines betagten Analog-Synths einbauen kann.
Oder denkt ihr, die Entwicklung wird noch mehr in Richtung Eigenständigkeit gehen und die VA-Synthesizer werden und sollen bewusst weiterhin zumindest ein Stück weit "digital" klingen, um den echt analogen nicht vollends den Rang abzulaufen?
Ganze 18 Jahre ist es nun her, seit der "Analog Modeling"-Hype in Gestalt des damals sensationell neuen Nord Lead 1 seinen Anfang nahm. Andere Hersteller, gerade auch die großen Japaner sprangen schnell auf den Zug auf und schickten ein, zwei Jahre später jeweils ihre eigenen Versionen ins Rennen. Der Roland JP-8000 gilt bis heute als Klassiker, auch der Yamaha AN-1X (der einzige dezidierte VA-Synth dieses Herstellers) kann sich nach wie vor hören lassen, auch wenn er im Vergleich zum JP eher ein Nischendasein zu fristen scheint.
Korg hat sich derweil nicht lumpen lassen und mit dem Prophecy (monophon) und ein Jahr später Z1 (bis zu 12-fach polyphon) gleich Multi-Synthese-Monster auf den Markt gebracht, welche neben Analog- auch noch Physical Modeling und einige weitere Spezialitäten frei von Sample-Rom-Beständen auf Lager hatte. Leider konnte keines der Imitate auch nur annähernd überzeugend klingen (gerade die Natur-Emulationen feilen weit hinter den älteren VL-1 von Yamaha zurück), so dass diese alten Korgs heute nur noch von "Spezialisten" gesucht werden, welche gerade die digitale Eigenständigkeit des Sounds zu schätzen wissen.
Und damit sind wir auch schon mitten im Thema:
Bis heute scheint es zumindest einigen Herstellern Schwierigkeiten zu bereiten, analoge Synthesizer vollkommen authentisch auf binärer Basis nachzubauen, gerade auch Korg. Ich glaube es war der Radias, welchem in einem Testbericht der "Keyboards"-Zeitschrift bescheinigt wurde, mehr "digitale Hitze" statt analoge Wärme zu verströmen.
Ein weiteres Beispiel wäre die "Nova"-Reihe von Novation. In einem Youtube-Video wurde die kleinste Variante Mini-Nova demonstriert, ohne Frage ein potentes kleines Synth-Monster, aber "analog" klingt anders, wie gerade gegen Ende des Videos deutlich wurde. Dort diente der Mini-Nova nämlich als Masterkeyboard zur Ansteuerung von Arturias virtuellem Mini-Moog-Plugin und siehe da, auf einmal klang es schon viel wärmer und fetter, eben typisch nach Moog, auch wenn ein analoges Original noch eine Spur besser sein dürfte.
Man sieht (und vor allem hört) also, rein technisch sind weitestgehend authentische Emulationen durchaus machbar. Ich habe aber den Eindruck, dass die meisten Hardware-VAs nach einem "eigenständigen", eben typisch digitalen Klang streben, während die originalgetreuen Brüder allesamt als reine Software existieren (der Arturia Origin wäre vielleicht eine der wenigen Ausnahmen, eine zeitlang gab es auch noch die "ASB"-Expander von Creamware, die sich jeweils einem analogen Vorbild widmeten).
Ein Stück weit ist es, wie ich anhand einiger Diskussionen mitverfolgen konnte offenbar auch eine Frage der Philosophie:
Will bzw. sollte man die alten analogen Originale wirklich ersetzen oder nur ergänzen ?
Ähnlich wie schon beim "Acoustic Modeling" lassen sich auch hier die Hardware-bedingten Grenzen der Originale überwinden; ein neuer Wavetable-Oszillator zusätzlich zu den "analogen" Wellenformen lässt sich per Software-Update leicht integrieren, oder man erzeugt mit nur einem Oszillator gleich sieben oder mehr gegeneinander verstimmte Sägezähne, ein Feature, mit welchem der JP-8000 schlagartig eine neue Klangästhetik in die Trance- und Techno-Welt einführte.
Demgegenüber sind bei den Nachahmungen realer Analog-Synthesizer schon im Vorfeld gänzlich andere Überlegungen anzustellen. Sicher könnte man auch einen Prophet-V-Clone mit einem "Supersaw"-Modus ausstatten, aber wichtig ist hier erst einmal die Authentizität der einfachen Wellenformen, Filter und sonstiger Komponenten. Alle über das Original hinausgehenden Erweiterungen sind dementsprechend als optionale Kür zu sehen und werden auch oft über eigene Fenster/ Menügruppen eingebunden.
Manchen Analog-Enthusiasten geht es übrigens schon zu weit, wenn man eine Mini-Moog-Emulation polyphon spielbar anbietet, denn dadurch würde das Besondere des monophonen Originals verloren gehen.
Aber Hand aufs Herz: Würde hier jemand wirklich einen nur monophonen digitalen Hardware-Minimoog-Clone kaufen, der sich auch in seiner übrigen Ausstattung nur strikt an das Original hält und keine noch so geringe Erweiterung (wie PWM oder Ringmodulator) bietet?
Um wieder auf die klanglichen Eigenheiten/ "Defizite" der virtuell-analogen Synthesizer zurückzukommen:
Ein oft zu hörendes Merkmal ist die zuweilen ins Kreischen übergehende Rauheit der digital emulierten Oszillatoren. Ich selbst habe kurz vor der Jahrtausendwende mal einen Korg Z1 angetestet, der spitze Sägezahn in Verbindung mit der ebenfalls typisch digital klingenden Filter-Resonanz hat mich gleich abgeschreckt und ich dachte, da klingt selbst mein damaliger Roland JV-1000 (bekanntermaßen Sample-basiert) "wärmer".
Nun sollte man meinen, dass dies mit fortschreitender Technik und schnelleren Prozessoren kein Problem mehr sein sollte, aber selbst der brandaktuelle Prophet 12 (ein hybrider Synth mit analogen Filtern) klingt mit den nackten Oszillatoren gnadenlos rau, erst das Herumschrauben an einigen Parametern lässt die Sägezähne auch schon vor dem Filter etwas wärmer und lebendiger klingen.
Worüber ich ebenfalls oft lese, sind digitale Artefakte in Form von Aliasing oder sonstigem "Schwurbeln", welche anscheinend so gut wie alle VA-Synthesizer in besonders hohen oder tiefen Tonlagen produzieren, was mir angesichts von 24-Bit-Wandlern mit einer möglichen Auflösung von 96 KHz und mehr schon etwas seltsam erscheint.
Wie seht ihr die Gegenwart und vor allem Zukunft der VA-Synthese, wird sie - vielleicht schon bald - die Originale restlos überflüssig machen und sollte sie dies auch tun?
Denkbar wäre ja, analog zum HX-Konzept auf der Ebene der Hammond-Clones, eine digitale Soundkarte, die man anstelle der originalen Hardware in das Gehäuse eines betagten Analog-Synths einbauen kann.
Oder denkt ihr, die Entwicklung wird noch mehr in Richtung Eigenständigkeit gehen und die VA-Synthesizer werden und sollen bewusst weiterhin zumindest ein Stück weit "digital" klingen, um den echt analogen nicht vollends den Rang abzulaufen?
- Eigenschaft