Da schießt du jetzt aber ein bisschen über das Ziel hinaus.
Ich bin handwerklich jetzt nicht soo der König. Zwar ist mir klar, dass es für jemanden, der's kann, überhaupt kein Problem darstellt, einen Knochensattel selber zu feilen und einzusetzen. Und dass ein Preis von 75 € nichts mehr mit dem Materialwert oder der Arbeitszeit zu tun hat. Aber wenn ich abwäge, ob ich meine ersten Erfahrungen mit stinkendem Knochen, stabil klebenden Plastikresten am Hals und möglicherweise kleinen Lack- oder Holzabsplitterungen (aufgrund meiner pfuschigen Herangehensweise) mit meiner geliebten Gitarre machen möchte oder jemandem Geld dafür gebe und es wird professionell gemacht - entscheide ich mich bis zu einem gewissen Preis für Zweiteres. Dabei frage ich mich: a) habe ich die Kohle? b) ist es mir das Geld wert, das nicht selber machen zu müssen? Damit, dass ich denke ich kann das selber nicht oder "für das bisschen Schmirgeln und Feilen ist der Preis eigentlich Wucher" hat meine Entscheidung so gut wie nichts zu tun.
Aber ich bin deswegen nicht "Voodoo gläubig". Klar kann ich das auch selber machen, aber ich bin nicht verpflichtet dazu - nur weil es gehen würde...
Und ich bin auch nicht Schuld daran, dass du für eine Gibson mehr zahlen musst als du eigentlich willst - kauf sie halt einfach nicht!
Der TE hat gefragt, ob 75 Euro gerechtfertigt sind.
Eine Menge Leute hier (wie auch du) beantworten dies damit, was es
ihnen persönlich wert ist. Damit erhält man dann 100 verschiedene, subjektive Antworten, alle Pi mal Daumen. Das kann nicht die Antwort sein, weil sie eben im Höchstmaß unbestimmt ist.
Auf was können wir also alleinig abstellen? Richtig, auf Real-/Sachwerte, was hier auch schon genannt wurde. Arbeitszeit, Materialkosten, etc. Erwarten wir nicht genau das von einem Klempner oder einem Elektriker, dass seine Rechnungsstellung nachvollziehbar ist? Hat jemals jemand einem Handwerker das gezahlt, was es ihm subjektiv wert ist? Ich glaube, nein. Warum also dann einem Zupfinstrumentenmacher?
Wenn du die L'oreal-Haltung ("Weil es es mir wert ist") pflegst, dann musst du dich nicht wundern wenn der Anbieter genau das ausnutzt und Preise nicht mehr sachlich begründet, sondern mit Geschwafel wie: "Nur hier bei mir", "Das muss es dir wert sein", etc. Das ist dann genau der Punkt, wo Waren und Dienstleistungen vom Realwert entkoppelt werden und die Musikbranche nähert sich der Lifestyle-, Luxus-, und aus Schei*** mach Gold-Branche a la Parfüm o.ä. an. Hat nicht Henry K. versucht, aus Gibson ein Lifestyle-Produkt zu machen? Viele, sehr viele Produkte im Musikalienbereich sind, am Realwert gemessen, weit überteuert, genauso wie es ein Ralph Lauren-Shirt ist. Wenn dich das glücklich macht, bitte. Ich halte die Bejahung einer solchen Wirtschaftsordnung für eine sittliche Katastrophe und ich bin nicht unter sozialistischer Ägide aufgewachsen.
Nun kommst auch du mit dem gewohnten Argument der Vertreter des Systems, die jeden Preis als unanfechtbar ausweisen:
"dass du für eine Gibson mehr zahlen musst als du eigentlich willst - kauf sie halt einfach nicht!"
Und tue ich es doch, würde es mir danach nicht komisch vorkommen, dass mein Auto gerademal das Doppelte kostet oder ich dafür 11 Kilo pures Silber kaufen kann?
Wenn dich das
nicht nachdenklich macht, dann wirst du bald in einer Welt leben, wo ein Kg Brot 20 Euro kostet, weil es ein Lifestyle-Produkt ist und mit Marketing-Geschwafel künstlich aufgewertet wurde (falls es sowas überhaupt gibt). Wenn du dann noch sagst: "Ich muss das nicht kaufen" dann sage ich "Doch, verdammt, sonst verhungere ich!"
Also denk mal drüber nach, denn das Ende der Spirale ist, dass man sich am Ende gar nichts mehr leisten kann, wenn man nicht gerade zu den Superreichen gehört.
Ach ja, jenes Stichwort, wer hat dieses System nochmal installiert und kultiviert?
Daher plädiere ich und appelliere ich an eine jeden: Fragt, warum der Scheiss so teuer ist, rechnet Realwerte dagegen, sagt, dass ihr da preislich nicht mehr mitgeht, auch wenn ihr es euch leisten könnt, eure geistigen Gesundheit zuliebe! Mal sehen, ob nicht so mancher Anbieter seine €-zeichen auf den Augäpfel zerbröseln sieht.
Da schießt du jetzt aber ein bisschen über das Ziel hinaus.
Und der Kommentar eben?
Wie nennst du das wohl?