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wo haste denn diese Aussage gefunden?
... ich stelle mir grad vor wie man mit einer Feile versucht die innenliegenden Zungen zu stimmen...
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Die Information habe ich auf der offiziellen Internetseite von Pigini Deutschland aufgefunden.
Dort wird über Bayan-Stimmen folgendes geschrieben:
"Tonzungen an Bayan Blockplatten auswechseln, das ist die Königsdisziplin des Stimmenmachens ! Bei russischen Bayans sind die Tonzungen auf einer Aluminium Blockstimmplatte aufgenietet. Das auswechseln und einstimmen einer Tonzunge erfordert viel Erfahrung denn paßgenaue Stimmzungen dafür gibt es nicht, bestenfalls Zungenrohlinge. Die Stimmzungen müssen von Hand hergestellt, die Zunge in den Schwingkanal eingepaßt, das Profil herausgefeilt und die Zunge neu aufgenietet werden. Die Herausforderung dabei ist daß die Tonzunge brilliant klingen, sauber ansprechen und dauerhaft halten muß ohne abzureißen. Viele glauben das können nur die russischen Stimmer, so wie es die beste Pizza eben nur beim Italiener gibt. Das ist wieder mal eins der vielen Stimmplattenmärchen. Auch wenn man hier versucht die Herkunft des Produkts mit der Nationalität des Reparateurs zu verknüpfen wird das Stimmergebnis deswegen auch nicht besser, und eine Pizza schmeckt ja auch in deutschen Gaststätten. Bei Mundharmonikas werden doch auch einzelne Tonzungen ausgewechselt, ohne so viel Wind zu machen. Russischer Stimmplattenstahl ist sehr hart, man bekommt kaum den Kratzer ins Material rein ohne übermäßigen Druck auszuüben, deswegen wird die russische Bearbeitungsweise von Tonzungen komplett mit der Feile gemacht. Das Hochstimmen an der Zungenspitze läuft wie gewohnt mit Feile und Stützklinge. Zum Runterstimmen wird die Feile, in dem Bereich wo man normalerweise mit dem Kratzer arbeitet, schräg, möglichst in Schliffrichtung, angesetzt. Diese Erreichbarkeit mit dem Werkzeug ist aber nicht bei allen Tonzungen möglich, man kann die Stimmfeile unter der Flamme anwärmen und im passenden Winkel biegen um die Zungen zu bearbeiten. Man sollte absolut vermeiden russische Bayanzungen mit der Angel herauszuziehen oder die hohen Tonlagen mit dem Haken herauszuholen, der harte Stahl wird dabei starker Biegespannung ausgesetzt, und das bringt Frequenzverwerfung, Verbiegung und Zungenbrüche. Besser bei jedem Bearbeitungsschritt die Blockplatte ausbauen und die Zunge zum Feilen mit der Zungenstütze stabilisieren. Manche russischen Stimmer bearbeiten sehr hochwertige Bayanzungen NUR BEI AUSGEBAUTER BLOCKPLATTE mit einem rechteckförmigen, an der Spitze pyramidenförmig zugeschliffenen Schleifstein, der in kreisrunden Bewegungen geführt wird um das Tonzungenmaterial abzutragen. Das ist sehr materialschonend, aber auch sehr zeitaufwendig und verursacht natürlich Schleifstaub. Die Blockplatte muß hier BEI JEDER EINZELNEN BEARBEITUNG einer Tonzunge vom Stimmstock abgenommen, bearbeitet, von Schleifstaub gereinigt und rückmontiert werden. Eine sehr genaue aber zeitintensive Bearbeitungsweise von Tonzungen, die leider mit europäischen Stundensätzen gerechnet, nicht zu bezahlen ist."
Was damit ausagt: höherer Kohlenstoffgehalt (wie z.B. C125) macht das Gefüge ungünstiger... und damit letztlich bruchgefährdeter. Weshalb heutzutage für hochwertige Stimmplatten "nur" Festigkeiten bis ca. 2000 N/mm^2 verwendet werden. Aber die Praxis zeigt auch dass das für eien dauerhaften Betrieb absolut ausreichend ist. Denn ich habe noch nie gehört dass die alten Golas dauerhaftere Stimmzungen hatten als die neuen , bzw. ich habe noch nie was davon gehört dass bei neuen Golas die Stimmzungen nicht so haltbar sein wie früher. Von daher also erstmal egal ob die von Bugari, von Salpa von Hugo oder Binci sind - die Haltbarkeit ist in etwa die gleiche!
Du hast mit dieser Aussage sicher uneingeschränkt recht! Höherer Kohlenstoffgehalt bedeutet in der Regel auch eine höhere Neigung zu sprödem Verhalten und infolgedessen eine geringere Dauerfestigkeit.
Jedoch frage ich mich welche (technischen) Details den besonderen Klang einer Gola ausmachen. Und da könnte bei gleichem (dem Optimum möglichst angenäherten) Schliffprofil ein möglichst hochfester Federstahl ggü. einem weniger festen sich als günstig erweisen. Insbesondere in Hinblick auf den Wirkungsgrad des Aerophons kann sich dies dann in einer möglichst guten Ansprache, einem geringen Luftverbrauch und einem geringen benötigten Spieldruck äußern. Auch würde sich die erhöhte Festigkeit in einer (zungen[werkstoff]seitig) bestmöglichen Tonkonstanz äußern (Zungenbefestigung ist ja ein eigenes Thema und wird von dieser Betrachtung erstmal explizit nicht berührt. Conforist Balg präsentierte hier ja bereits eine sehr gute Lösung).
Die Mechanischen Werkstoffkennwerte Von C100S und C125S lassen sich zB. unter folgendem Verweis (Federstähle nach DIN EN 1032-4) vergleichen:
Bandstahl - Ganz auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten, reicht unser Angebot von Weichstählen mit höchsten Umformanforderungen bis zu ultrahochfesten Stä
www.durofer.ch
Auch unter anderen -öffentlich einfach zugänglichen- Quellen ließ sich eine ähnliche Differenz in den mechanischen Werkstoffkennwerten finden. Gut möglich dass jedoch die Differenz der höchstmöglich erzielbaren Festigkeiten -in der höchsten (martensitischen?!) Vergütungsstufe- zwischen der C100S und C125S geringer ist als die 7,2% die o.g. Quelle nahelegt.
Das ein solches Halbzeug teuerer ist, schwerer zu bearbeiten und auch das Stanzwerkzeug und die weiteren Bearbeitungswerkzeuge wie Schleifbänder etc. schneller verschleißen lässt steht alles auf der anderen Seite der Medallie, und will ich auch garnicht in Abrede stellen.
Näherte mich lediglich von der Denkrichtung "wie müsste die am besten ausoptimierte Stimmplatte beschaffen sein"?
Die Frage warum die Golen so klingen wie sie klingen liegt wahrscheinlich auch zum Teil daran dass kluge Köpfe in Trossingen sich an das Thema von eben dieser Denkrichtung näherten.
[...]Sehen Sie sich die Arbeit italienischer Hände an, die diese Stimmplatten herstellen:
View: https://www.youtube.com/watch?v=GgYYyn72HLI
Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Arbeiten dieses Meisters und seine Behandlung mit dem Material für den uninformierten Gelegenheitsbetrachter grob und unsensibel erscheinen mag. Aber, das ist nur Irrtum der Meinung. Was wir im Video sehen, ist eine perfekte Routine, die zu guten A-Mano-Stimmzungen führt. Viele Laien werden davon überrascht sein: Wirklich keine hochmoderne Mechanisierung? Keine Schutzatmosphäre aus Inertgasen beim Schleifen? Nur veraltete Werkstattausrüstung und Dreck?
[...]
Ja, die Stimmplattenmacherei in diesem Bewegtbild ist wirklich meisterlich. Nicht umsonst werden die Stimmplatten dieses Stimmplattenmachers von den Melodeon-Manufakteuren hoch gelobt als "[...]the tone, power and response is excellent[...]", "[...]reeds ware superior in quality to Binci.[...]" und "[...]I also have considered them the most responsive reeds I've used.[...]" Anscheinend reicht die Qualität der Erzeugnisse des gezeigten Meisters an die Qualität der alten Salpas heran.