Was mir noch gefehlt hat: ein Mischpult mit mehreren Stereo-Sends. Gar nicht so einfach bzw. gar nicht so günstig ein Mischpult mit vielen Send-Wegen.
Das ist überhaupt das Problem mit den Effektwegen und den Stereo-Klangerzeugern und -prozessoren, daher hängt bei mir auch ein virtueller 256-Kanal-Mixer hinter dem Synth, BEVOR es auf den Stereomix geht. So hat jeder Kanal einzeln elegant Zugriff auf bis zu 32 sends und die Returns können individuell auf die Basis geschoben werden. Die Effekte sind über alle Kanäle gemultiplexed, d.h. die Hardware kann mehrfach genutzt werden. Bei echten digitalen Hallgeräten ist das nicht der Fall.
Wenn man mehrere solche Reverbs mischen würde, müsste man zumindest theoretisch eine Mischung aus verschiedenen Materialien bekommen
Abgesehen davon, dass ich nicht ganz reproduzieren kann, was ein steiniger Hall ist (ich nehme an, einer mit kurzen harten hellen Reflektionen) wird sich das Problem ergeben, dass sich die Summen solcher Signale oft unerwartet verhalten: Der Hall und Größeneindruck, den man von einem Signalgemisch bekommt, hängt stark von den eigenen Hörerfahrungen ab und den Mustern die das Hirn da wiedererkennt. Wenn man das verdichtet, wird das nicht unbedingt besser und auch ein 50%-50% Gemisch macht den Höreindruck eher tiefer und enger, als klarer und weiter. Erfahrungsgemäß ergibt sich meistens dann ein guter Hall, wenn:
a) ein sehr trockenes Signal mit sehr vielen, sich in der Zeit langsam verdichtenden Reflexionen angereichert wird
b) ein schon mit Reflextionen versehenes / aufgenommenes Signal passend aufgefüttert wird
Der Fall a) ist mit einem mathematisch leicht beschreibbaren Raum schon ziemlich gut hinzubekommen und auch gut kontrollierbar
Der Fall b) ist der häufigere und kompliziertere, weil aus jedem Stereohallprozessor wieder Duplikate eines Signals kommen, das schon Duplikate seiner selbst in unbekannter Konstellation enthält. Bildlich gesprochen hat man nicht einen echten Spiegelsaal und einen 3D-Eindruck von allen Seiten von einem Objekt, sondern lauter Monitore, auf denen dasselbe rückgekoppelte Video mit dem verschleppten Bild läuft, wie man es aus den 70er-Jahre-Videos kennt.
Man kann im Fall b) das zwar mathematisch analysieren und mit (zufälligen) dedizierten Reflektionen auffrischen und füllen, aber die Wirkung ist leider nicht so stringent vorauszusagen. Manchmal bilden sich einfach Konstellationen, die das Hirn seltsam bewertet. Das ist vor allem dann der Fall, wenn man IR benutzt, weil dann nicht nur die technischen Beschränkungen der iFFT-Faltung wirken und Artefakte produzieren, sondern die gesamte Mimik sofort versagt, wenn das Ausgangsmaterial nicht perfekt trocken ist.
Was man nämlich pauschal sagen kann, ist, dass man Muster vermeiden muss, wie sie sich aber aus einfachen Repetititonen und geloopten Speichern regelmäßig ergeben. Die klingen bei großen Abständen hohl, neigen zum Schwingen und klingen bei kurzen Abständen "roboterartig" und "metallisch". Daher probiert die Welt seit gefühlt 20 Jahren mit zufälligen Reflektionen herum, die technisch nicht so einfach zu erzeugen sind, jedenfalls nicht ohne weitere Artefakte oder aber großen Aufwand.
Auf dem Sektor gibt es gerade in jüngster Zeit wieder Bewegung - siehe die Diskussion in der Music DSP-Gruppe und es hat sogar noch aktuelle Patente, wie man erfährt, wobei man sich fragen muss, was da eigentlich jeweils patentiert wurde.
Die guten Hallprozessoren zeichnen sich daher meistens dadurch aus, dass sich die Ingenieure auf den Hosenboden gesetzt - und für eine Reihe von "Standardsignalen" am Eingang mit variablen Reflektionsmustern herumexperimentiert haben, um dann das Beste auszuwählen und einzubauen.
Auch ich habe das so gemacht und einiges an Effekten gefunden. Das meiste, was man rausbekommt, ist aber entweder Müll, schon zur Genüge verhanden, langweilig oder es ist so aufwändig, dass schnell Performanceprobleme entstehen.
Wer da selber experimentieren will, findet vor allem bei unnatürlichen und technisch unmöglichen Signalverhältnissen noch "Körner", z.B. dadurch:
a) dass man während der Hallfahne keinen gleichmäßigen Auslauf hat, sondern immer wieder mal große Amplituden zurückkommen, z.T. mit invertierter - nicht zum Signal passender Phasenlage. Damit kommt es zu rhytmischen Auslöschungen von Teilreflektionen, die zum einerseits Ausdünnen, später aber wieder zum Anreichern führen.
b) mehrere Hallalgos benutzt, die kontinuierlich überblendet werden
c) die Hallparameter wärhend des Halls leicht variiert werden (erfordert aber sehr hohe Auflösungen und Abtastraten)
Um das mit plugins nachzustellen, kann man mehrere Echodelays verwenden, deren Ausgang man invertiert zurückführt, die aber nur wenige kurze prägnante Echos produzieren und die man nach hinten zusammenmischt, also Echo 1, gefolgt von Echo 2, was die Echos 1 auch bekommt. Um die Muster zu vermeiden, müssen die Reflektionen so gestaltet sein, dass sich Reflektionen auslöschen, also z.B. ein delay auf 6ms ein anderes auf 4 und sich damit Rhythmen ergeben. Vor allem dürfen es nicht mehr als 3-4 hörbare Echos sein und sie sollten nicht nur Stereo-Panning, sondern auch Phasenverschiebung haben.
Was auch geht: Ein Delay triggert einen kurven Reverb immer wieder an, sodass Wellen entstehen.