Gibt's hier Autoharp-Kollegen?

Der nächste Schritt wäre dann, die Felle an den Melodiebalken nicht fest anzukleben, sondern flexibel zu halten. Zum Beispiel mit kleinen Magneten, so dass man auch andere Tonleitern konfigurieren kann. Harmonisch Moll, Melodisch Moll, Dur- und Moll-Blues-Skalen wären kein Problem. Ich denke sogar über einen computergesteuerten Dämpfungsmechnismus mit freier Akkordbelegung nach. Da könnte man dann für jeden Song die passenden Akkorde wählen und abspeichern. Die Knöpfe wären dann virtuell, als Touchscreen könnte man einfach sein Handy verwenden.
"Oh, brave new world, that hath such creatures in it!" (Shakespeare, The Tempest)
Meines Erachtens geht das am Wesen der Autoharp vorbei. Das definierende Merkmal der Autoharp - die Chord Bar - ist in modernen Exemplaren genau so, wie in Gütters Patent so um 1880 rum: der Druck eines Fingers des Spielers wird unmittelbar und mechanisch dämpfend auf eine bestimmte Untermenge der Saiten übertragen. En Akkord, ein Teilakkord oder ein einzelner Ton kann erklingen!
Zwischendurch gab es Experimente, die Chord Bars mit verschiebbaren Dämpfern und Bedienungshebeln so zu gestalten, dass z.B. die "D"-Chord Bar, je nach Tonart des Stückes, als D-Dur, D-Moll oder D-Septim fungieren konnte:
harpshifters.jpg

Es gab auch die Idee, die Chord-Bar-Einheit quer zu den Saiten verschiebbar zu machen, damit man die Akkorde einen Halbton rauf oder runter transponieren konnte.
Das breite Volk der Autoharper hat diesen Schnickschnack links liegen lassen. Der technologische Fortschritt erlaubt es nun, die Chord Bars so schlank zu bauen, dass 21 davon auf eine 'harp passen. Und man kann sie bliebig anordnen oder "umfilzen", wie es für den persönlichen Stil passt. (Das im Foto oben gezeigte Beispiel mit den Schiebern deckt lediglich 13 Akkorde ab!)

Bei deinen elektronischen Gedanken denke ich eher an das Omnichord - im Prinzip ein Synthesizer mit Autoharp- statt Klavieroberfläche!

Cheers,
Jed
 
Du hast natürlich recht, wenn ich so weiter spinne, lande ich schlussendlich beim Omnichord. Dann wäre alles viel perfekter, aber der urige Holzhackercharme der Autoharp wäre futsch. Aber zumindest die Idee mit den flexiblen Magnetfellchen werde ich mal ausprobieren. Wenn man die Melodiebalken an den Rändern plaziert, könnte man so schnell mal ein paar Töne umstellen, ohne das ganze Instrument auseinander nehmen und neue Felle einkleben zu müssen. Ein wenig Innovation muss schon erlaubt sein.
 
Es gab auch die Idee, die Chord-Bar-Einheit quer zu den Saiten verschiebbar zu machen, damit man die Akkorde einen Halbton rauf oder runter transponieren konnte.

Dieses Schätzchen, eine voll funktionsfähige Wagner Autoharp aus der Kaiserzeit, war neulich mal für sehr kurze Zeit auf Ebay zu sehen. Sie hat einen seitlich verschiebbaren Dämpfungskasten, so dass man mit den 6 Akkorden in mehreren Tonarten spielen konnte. Zusätzlich gibt es auf der linken Seite eine einzelne Melodiesaite mit eigenen Bünden. In der Blütezeit der Zithern und Autoharps gab es viele kreative und ungewöhnliche Instrumente: :geek:

Wagner Autoharp.jpg
 
eine voll funktionsfähige Wagner Autoharp
Ja, die meinte ich mit meiner Bemerkung zur verschiebbaren Akkordeinheit.
Allerdings halte ich die einzelne Saite mit Griffbrett eher für eine "Stimmsaite" als eine Melodiesaite. Nach dem Aufkleber zu urteilen hat das "Wagner"-Modell wohl eine chromatische Besaitung, die in der Zeit vor der Elektronik sehr schwer zu stimmen gewesen wäre (wenn man nicht gerade ausgebildeter Klavierstimmer war!) Die eine Griffbrettsaite konnte man nach Kammerton stimmen und die Tonhöhenvorgaben der einzlnen Spielsaiten abgreifen. Wahrscheinlich kann man so bloß die mittlere Oktave abdecken, aber dann kann man die restlichen Saiten eine Oktave höher bzw. tiefer stimmen - sei es nach Gehör oder mittels Flageolettöne.
Die Stimmsaite macht eine Autoharp nicht zu einer Griffbrettzither!
Cheers,
Jed
 
@MaxJoy ich komme auf das Thema Stimmen zurück.
Ich bin gerade dabei, meine AH-Sammlung durchzusehen und zu pflegen, wozu auch das Stimmen gehört. Ich besitze 2 chromatische 'harps: eine Oscar Schmidt #45BH Appalachian mit 21-Akkord Upgrade und Tonabnehmer, und eine Oscar Schmidt #75 Appalachian mit 15 Akkorden. Diese stimme ich gleichtemperiert mit dem elektronische Stimmgerät.
Außerdem habe ich 3 Antiquitäten: eine deutsche Lohengrin mit 6 Akkorden in G-Stimmung (Modelljahr ca. 1930, das ie meine Mutter als junge Frau zur Begleitung ihres Gesangs kaufte); und zwei Zimmermann #2 3/4 aus verschiedenen Epochen mit 5 Akkorde in F/C-Stimmung. Diese 3 'harps sind von vorn herein diatonisch (im Gegensatz zu modernen, "diatonisierten" chromatischen 'harps mit paarweise gestimmten Saiten.) Klar, dass eine Meantone Tuning in Frage käme - aber die ergibt sich wie von selbst, wenn man so stimmt, wie einst meine Mutter. Das heißt, zuerst den Grundton nach einer externen Quelle (damals meistens Klavier) stimmen, dann eine saubere "doh, re, mi"-Tonleiter herstellen, so wie man sie singt. Dann alle 5 bzw. 6 Akkorde nacheinander anreißen, und die Töne, die als "falsch" auffallen feinstimmen, bis jeder Akkord wohklingt. Und da hat man schon das Ziel des Meantone erreicht!
Cheers,
Jed
 
Die Stimmsaite macht eine Autoharp nicht zu einer Griffbrettzither!

Ah, eine Stimmsaite also. Das macht Sinn, damals gab es keine elektronischen Stimmgeräte wie heute.

Diese stimme ich gleichtemperiert mit dem elektronische Stimmgerät.

Auch die gleichtemperierte Stimmung ist eine mitteltönige Stimmung! :) Die Quinten werden etwas enger gestimmt (ca 2 Cent), so dass der Quintenzirkel sauber schließt und freie Bewegung durch alle Tonarten möglich ist. Wenn man die Quinten noch ein bisschen enger stimmt (ca 3,5 Cent), bekommt man reine große Terzen und ziemlich gute kleine Terzen. Beide klingen nämlich sowohl in der Pythagoräischen als auch in der gleichtemperierten Stimmung nicht gut, aber mitteltönig ausgesprochen lieblich. Der Nachteil dabei ist wieder, dass der Quintenzirkel nicht schließt und einige Akkorde unbrauchbar sind.

Um alle Akkorde auf der Autoharp nutzbar zu machen, vergrößere ich die 3 Quinten an den Rändern (G#, D# und Bb) wieder, dadurch ist es keine reine mitteltönige Stimmung mehr, sondern im Endeffekt eine wohltemperierte Stimmung mit geschlossenen Quintenzirkel. Alle Akkorde in der Mitte der Tastatur klingen sehr gut, aber auch die in der ersten und letzten Tastenspalte sind brauchbar. Ich verwende unter Windows den AP Tuner 3, den kann man auf 1/4 Comma Meantone umschalten und auch eigene Temperamente verwenden.

Probier es einfach mal mit einer Harp aus, du wirst überrascht sein, was für einen Unterschied im Klangbild so eine kleine Änderung ausmacht. Das Temperament funktioniert sowohl mit diatonischen als auch chromatischen Autoharps problemlos. Die Abweichungen von der gleichtemperierten Stimmung sind so gering, dass man auch mit normal gestimmten Instrumenten problemlos zusammen spielen kann.
 
Bryan Bowers ist ein bekannter amerikanischer Autoharpist, dem wir die vereinfachte Akkordbelegung auf der Americana verdanken. Er war viele Jahre verschollen, bis er mit 79 Jahren wieder zu einem Konzert auftauchte. Er spielt Folkmusik, liest Gedichte und hat viel zu erzählen aus seinem Leben als fahrender Musiker. Das ganze Konzert ist hörenswert, zum Reinhören habe ich ein kleines Instrumental, Patty Ann, ausgewählt. Die Akkorde sind I-V-vi-iii-IV-I-V im A-Teil und vi-iii-IV-I-V-I im B-Teil, wenn es jemand nachspielen will:

Bryan Bowers - Patty Ann


View: https://youtu.be/YIWeSiLgFsc?t=1357
 
Mit meiner Vintage Autoharp von 1967 habe ich totales Glück gehabt, sie ist praktisch neuwertig. :cool: Im Koffer waren nur zwei Liedzettel, 'Silent Night' und 'I Wish You A Merry Christmas', offensichtlich hat sie die letzten 56 Jahre nur einmal im Jahr an Weihnachten ihren kultischen Zweck erfüllt. Angesichts des fantastischen Zustands dieses lebenden Fossils habe ich beschlossen, von allen Umbaumaßnahmen Abstand zu nehmen. Ich werde sie nur sauber machen und neue Saiten aufziehen, die alten klingen nach der langen Zeit doch etwas matt. Von der Lautstärke her kann die Harp mit einer akustischen Gitarre mithalten, auch die Bässe sind voll da. Moderne Autoharps klingen mehr wie Jazzgitarren, erst mit Verstärker bekommt man ein ausgeglichenes Klangprofil und Lautstärke.

Nicht immer hat man mit so alten Instrumenten so viel Glück, es hängt vom Holz, der Bauart und dem Alter ab, wie gut eine Harp den massiven Dauerzug der Saiten wegsteckt. Deswegen hier ein Video, in dem Hal Weeks eine alte Autoharp restauriert:


View: https://www.youtube.com/watch?v=HMdd3ALICZ4
 
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Nicht immer hat man mit so alten Instrumenten so viel Glück, es hängt vom Holz, der Bauart und dem Alter ab, wie gut eine Harp den massiven Dauerzug der Saiten wegsteckt.
Ich glaube, der Erhaltungszustand einer Autoharp liegt zum großen Teil an deren bisherigen "Lebensbedingungen." Viele gebrauchte 'harps kommen aus USA, und dort werden die Häuser oft ohne Isolierung und ohne Keller gebaut. Das heißt, dass die alte Autoharp der Tante irgendwann auf dem Dachboden landet, wo sie der Hitze der amerikanischen Sommer ausgesetzt ist. Und die hält kein Tierlerim länger aus!
Nichtdestotrotz habe ich einige gebrauchte 'harps aus den US ersteigert, die noch gut im Schuss waren. Eine davon - ein schwarzes Oscar Schmidt A-Modell aus dem Jahre 1958 - diente mir Jahre lang, mit einer 21-Bar-Akkordaufsatz umgerüstet, als Hauptinstrument. Sie hatte einen schön lebendigen Klang und konnte sich lautlich gut durchsetzen. Bis eines Tages die Decke implodierte!
Diese alte A-Modell mit den scharfen Ecken und Kanten wollte ich ersetzen, also ersteigerte ich eine OS #45 Appalachian. Dieses Modell wurde zwischen 1963 und 1967 produziert; es ist nicht mehr schwarz sondern "blond", und hat 15 chord-bars in Naturholz. Aber leider wurde ich zum ersten Mal von einem eBay-Kauf enttäuscht: am unteren Ende klaffte nach em ersten Stimmen eine offene Klebestelle zwischen Rücken und Rahmen! Den Kaufpreis bekam ich erlassen und durfte die "wertlose" 'harp behalten.
Inzwischen habe ich fertigen Tierleim in der Flasche entdeckt, also dachte ich, ich klebe die 'harp einfach wieder zusammen. Und es hat geklappt - siehe Foto:
AppalachianA-Front.jpg

Beim Transport war auch die Plastik-Schutzleiste am unteren Ende, die die Ankerstifte der Saiten abdeckt, kaputt gegangen, also habe ich sie mit einer aus Holz ersetzt, die ich für die alte, schwarze 'harp gemacht hatte.

Die "neue" 'harp klingt auch sehr schön - eine würdige Nachfolgerin der alten schwarzen - also beschloss ich bald, auch für sie eine 21-Akkord-Umbausatz zu besorgen. Die drei Knopfreihen der OS C-Modelle sind doch ergonomisch viel günstiger, als die 2 Knopfreihen und dicken Chord-Bars der älteren Modelle.

Cheers,
Jed
 
Gratuliere zur Rettung deiner hübschen Harp. :)

Ich habe mir mittlerweile eine dritte Harp zum Basteln besorgt, diesmal von 1979. Sie klingt sehr gut, aber man sieht schon die Stellen, wo sie aus dem Leim geht - obwohl sie 12 Jahre jünger ist als meine Hippieharp. Sie hat auch 15 Akkorde, die ich gerade umfilze. Als Spezialakkorde werde ich keine Dim-Akkorde verwenden, sondern Sus4er. Die sind recht vieldeutig (z. B. Gsus4=Csus2=Dsus7/4) und können ebenfalls nach Dur oder Moll aufgelöst werden.

Nerven tut mich zur Zeit der schwache E-Akkord bei den Oscars: Durch das fehlende G# in der ersten Oktave klingt das E unten rum total leer und völlig anders als der Rest. Bei der Gitarre ist das E der stärkste Akkord und bei meinen Autoharps leider der schwächste. In meinen Augen ist das ein Designfehler, insbesondere weil das E als Dominante von Am durch die Rückung in den Kreuzbereich bei der Americana viel wichtiger ist als beim traditionellen Layout.

Ich werde deswegen alle Saiten ab dem tiefen A einen Halbton tiefer stimmen, um diese Lücke zu füllen. Dadurch verliere ich zwar das hohe C, aber die Harp klingt dann insgesamt wärmer und nicht mehr so schrill in den Höhen. Außerdem nimmt der Zug der Saiten dadurch erheblich ab, was sicher ein paar Jahre oder Jahrzehnte mehr Lebenszeit bringen wird. Der Nachteil ist, dass alle Balken umgefiltzt werden müssen, es sind ja nur 51. Aber wat mut, dat mut. :spicy:
 
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Bei der Americana bin ich nun nach einigem Herumprobieren bei folgender Akkordbelegung gelandet:

C7 G7 D7 A7 E7 B7 Esus
Bb F C G D A Gsus
g d a e h f# Dsus
  • E, Eb und F7 sind rausgeflogen, um Platz für die Sus-Akkorde zu machen. Das E werde ich mir eventuell zurück holen, aber erst, wenn sowieso eine komplette Neubefilzung notwendig wird (s. o.).
  • Die Dominanten sind um 2 Stellen nach links gewandert, so kann ich alle diatonischen Akkorde einschließlich der Doppeldominaten leicht mit den Fingern erreichen und muss insbesondere für die Molldominanten nicht über das komplette Tastenfeld springen.
  • Die Sus-Akkorde ganz rechts sind nützlich, wenn Spannung aufgebaut werden soll oder mal die Waldfee durch die Szene schweben soll. Für schnelle Vorhalte verwende ich lieber wie üblich die jeweilige Subdominante.
Da Eb und F7 nicht mehr vorhanden sind, ist auch der enharmonische Konflikt mit dem H7 gelöst (Eb vs. D#) und es ist nicht mehr notwendig, klangliche Kompromisse einzugehen und die mitteltönige Stimmung an den Rändern zurecht zu biegen. Deswegen habe ich die Harp nun komplett mitteltönig durchgestimmt. Wenn man die Quinten noch ein bisschen enger stimmt (4 Cent statt 3,5), bekommt man den besten Klang für alle Akkorde:

Bb 20
F 16
C 12
G 8
D 4
A 0
E -4
H -8
F# -12
C# -16
G# -20
D# -24

Die Zahlen sind wieder die Abweichung in Cent von der gleichstufigen Standardstimmung. Damit bildet die Harp ein geschlossenes System, das die Möglichkeiten der mitteltönigen Stimmung voll ausschöpft. Mehr Harmonie geht nicht - zumindest nicht in dieser Welt. :cool:
 
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Spieltechnisch habe ich große Fortschritte gemacht und mir eine robuste Zwei-Finger-Technik angeeignet: Der Daumen spielt den Rhythmus auf den tieferen Saiten und der Zeigefinger die Melodie oder setzt rhythmische Akzente. Das funktioniert ganz ähnlich wie Fingerpicking auf der Gitarre, der Unterschied ist aber, dass man nicht einzelne Saiten anschlägt, sondern mit den Fingerpicks immer über einen Bereich gleitet.

Meist schlagen Daumen und Zeigefinger gleichzeitig zu, so bricht beim Akkordumschalten nicht das Fundament weg. Das Ergebnis sind fette, riffartige Melodien wie bei der E-Gitarre, nur mit noch mehr Power. Das funktioniert sehr gut blind und nach Gefühl, weil die Töne bei der Harp linear vor einem liegen und nicht verzwirbelt wie bei der Gitarre. Auch kompliziertere Stücke, die bei der Gitarre gerne einen Knoten im Kopf verursachen, lassen sich so einfach und schnell lernen. Verzierungen sind eingeschränkt möglich, aber Triller und Zeugs kann jede Plastikblockflöte besser - also weg damit.

Für mich ist die Autoharp eine echte Entdeckung, es macht einen Riesenspaß, neue Songs damit zu lernen, und das Ergebnis passt auch. :)
 
@MaxJoy : Schön zu hören, dass du spieltechnisch fortschritte machst. Damit gehörst du bald zu einem kleinen, erlesenen Kreis deutscher Musiker, die die Autoharp einsetzen!
Zweifingrig spiele ich nur meine kleine Zimmermann "Favorite" mit ihren 5 Akkorde und 26 Saiten. Die große, chromatische 'harp mit 36 Saiten bediene ich rechts mit Daumen und 3 Fingern - alle mit Picks. Die größte Spanne hat man ja zwischen Daumen- und Ringfingerspitze - gut für Melodie mit viel Bass - und Zeige- und Mittelfinger können dabei hie Harmonien dazwischen zupfen. Ich befinde mich z.Zt. in einer ausgesprochenen "Autoharp-Phase" (ich bin halt ein "Phasenmensch") und genieße wieder die vielfältigen Möglichkeiten. Zwischen laut und leise, satt und spärlich, energisch und verträumt ist alles möglich, und erlaubt ist, was man rechts machen kann, ohne dass die Picks durch die Gegend fliegen!

Aber auch Instrumentenbaulich geht's bei mir voran. Meine Oscar Schmidt A-Model-Conversion-Projekt ist so weit gelungen. Die alte Appalachian hat nun 21 Akkorde statt nur 15.
OS45-A-C.jpg

Technisch gelungen und ästhetisch nicht übel, wie ich meine! Die Dur-, Septim- und Moll-Akkorde habe ich schon nach meinem bevorzugten Schema angeordnet. Was noch fehlt sind die drei Dim7-Akkorde. Die werden noch an die Stellen von Eb, F7 und Cm eingesetzt. Die Tonart Bb ist eh kaum brauchbar wegen des im Bass sehr schwachen Subdominanten Eb-Akkord.
Meine "Pfefferminzakkorde" habe ich gern an der Stelle, damit ich sie mit dem rechten Daumen erreichen kann. So bleiben die Finger bei den innerhalb der Tonart befindlichen Akkorde.
Soweit so gut. Zur Zeit arbeite ich mit einem Kollegen an einem erzählerisch-musikalischen Programm zur Ebstorfer Weltkarte. Da wird die Autoharp kräftig zum Einsatz kommen!
Cheers,
Jed
 
Schön zu hören, dass du spieltechnisch fortschritte machst. Damit gehörst du bald zu einem kleinen, erlesenen Kreis deutscher Musiker, die die Autoharp einsetzen!
Es gibt tatsächlich nur einen einzigen deutschen Musiker, der die Autoharp professionell einsetzt. :oops:

Die große, chromatische 'harp mit 36 Saiten bediene ich rechts mit Daumen und 3 Fingern - alle mit Picks. Die größte Spanne hat man ja zwischen Daumen- und Ringfingerspitze - gut für Melodie mit viel Bass - und Zeige- und Mittelfinger können dabei hie Harmonien dazwischen zupfen.
Ich habe schon einen Sehnenschaden beim rechten Mittelfinger vom vielen Picken auf der Gitarre, deswegen spiele ich lieber mit Daumen und Zeigefinger. Das passt auch zu meinem Stil, weil ich versuche, so wenig wie möglich zu machen, damit sich Klang und Melodien klar und deutlich entfalten können. Der Bryan-Bowers-Stil ist mir zu lärmig und geht mir zu sehr in Richtung Waschbrett, mir persönlich liegt eine meditative Spielweise Richtung ASMR viel mehr. Viele Autoharp-Videos auf Youtube klingen m. E. nicht gut, weil die Spieler meinen, ihre Zuhörer mit Geklampfe und Gegniedel beeindrucken zu müssen. Weniger ist aber viel mehr bei der Autoharp.

Die Tonart Bb ist eh kaum brauchbar wegen des im Bass sehr schwachen Subdominanten Eb-Akkord.
Der gesamte Bassbereich ist verglichen mit einer Gitarre schwach bei der Autoharp. Das liegt am kleinen Resonanzraum und den fehlenden Basssaiten. Eigentlich klingen nur C, F und G richtig vollwertig. Ich überlege schon die ganze Zeit, ob ich mir selber eine Harp baue. Sie würde einen tieferen Resonanzraum und mindestens 42 Saiten haben, so dass alle Akkorde ordentlich Wumms untenrum hätten. Ich würde den Bassbereich auch spitz zulaufen lassen, so dass man normale Gitarrensaiten verwenden könnte. Vielleicht reicht der Platz sogar für Gitarrenmechaniken, dann wär's perfekt. Auf jeden Fall ein hübsches Projekt für lange Winterabende. :)
 
spielt, außer mir, noch jemand das Instrument? Dann bitte bei mir zwecks Erfahrungsaustausch melden.

gibt tatsächlich nur einen einzigen deutschen Musiker, der die Autoharp professionell einsetzt. :oops:
Sehe ich auch so ! Unter den amateuen gibt's ein paar noch. Interessant, dass du als Beispiel "Waltzing Matilda" linkst. Angeblich wurde das Lied zuerst auf einer Autoharp vorgespielt. Das war so um 1885 herum. Deshalb habe ich diese "Aussie National Anthem" zur Begleitung meiner Zimmermann "Favorite" aus dem gleichen Jahr eingesungen:
Waltzing Matilda
Cheers,
Jed
 
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Sehr schön gespielt und gesungen! :)

Mit deiner kräftigen und tiefen Stimme brauchst du gar keinen Bass, es harmoniert auch so sehr gut mit der Autoharp. Wenn du noch ein paar Kratzer reinmischt, klänge es tatsächlich wie eine Schellackaufnahme vom ersten Vortrag von 'Waltzing Matilda' Anno 1885. :cool:
 
Wenn du noch ein paar Kratzer reinmischt, klänge es tatsächlich wie eine Schellackaufnahme vom ersten Vortrag von 'Waltzing Matilda' Anno 1885. :cool:
:)
Da magst du Recht haben!
Das liegt wahrscheinlich z.T. daran, dass ich klassischen Gesangsunterricht hatte - obwohl meine späteren Soloauftritte fast alle im Folk-Bereich stattfanden. Und in der Entstehungszeit des Liedes vor 1900 und auch eine Weile danach, mussten ALLE Sänger ohne Verstärkeranlage auskommen, was heißt, dass auch die Chansons und Schlager der Variete-Bühne die gleichen Anforderungen stellten, wie die Oper oder der Liederabend: mann musste hörbar sein - d.h. die Stimme projizieren - und deutlich artikulieren. Das Gehauche und Genuschel der jetzigen Pop-Generation wären witzlos gewesen. Später stellte die frühe Aufnahmetechnik fast noch strengere anforderungen an die Textverständlichkeit - stichwort Kratzen.
Alexandre Zindel hat einen ganz anderen Ansatz, als ich. Ich bin und bleibe ein Folkie mit hochgekrempelten Hemdsärmel, der ein einfaches Lied mit einfacher Begleitung präsentiert und wirken lässt; Zindel ist eher der Pop-Balladensänger, der seinen Text mit einer aufwändigen Begleitung einfärbt. Dass das eine Lied beide Ansätze verträgt, spricht für das Lied. Und dass beide Ansätze mit der Autoharp realisiert werden können, spricht für die Autoharp!
Cheers,
Jed
 
Übrigens: hier die alte Zimmermann "Favorite", die ich bei "Waltzing Matilda" spiele. Model #2 ³/4, Baujahr 1895 (nicht wie ich vorhin sagte 1885), 26 Saiten, 5 Chordbars für Bb, C7, F, G7, C wobei die Zimmermann-Notenbezeichnungen draufstehen. Keine Moll-Akkorde! Die Saiten stellen die C-Dur-Tonleiter dar, mit ein paar Bb-Töne um den Tonart F zu ermöglichen.
Diese kleine 'harp lege ich beim Spielen selbstverständlich in den Schoß. Gemäß einer zeitgenössischen Anleitung trage ich Picks aus Metall an rechtem Daumen und Zeigefinger.
Cheers,
Jed
Zimmermann1.JPG
 
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Zindel ist eher der Pop-Balladensänger, der seinen Text mit einer aufwändigen Begleitung einfärbt.

Alexandre Zindel ist 100 Jahre weiter mit der Autoharp-Technologie und spielt auf einer umgebauten diatonischen Oscar mit ein paar Spezialakkorden (maj7, sus4). So klingt es tatsächlich wie ein Folk-Popsong aus den 70ern a la Cat Stevens oder Barkley James Harvest. Ich finde es aber ok, erweiterte Akkorde passend zur Hörererwartung für traditionelle Lieder einzusetzen. Viele Volks- und Kinderlieder sind möglicherweise so alt wie die Menschheit selbst - wollte man die einigermaßen authentisch rüberbringen, müsste man zu dumpfen Trommelklängen nackt ums Feuer tanzen. Aber auch das gibt es natürlich ...

Dass das eine Lied beide Ansätze verträgt, spricht für das Lied. Und dass beide Ansätze mit der Autoharp realisiert werden können, spricht für die Autoharp!

Das sehe ich auch so. :)
 
Ich überlege schon die ganze Zeit, ob ich mir selber eine Harp baue.

Meine selbstgebaute Autoharp würde ich mit 44 Gitarrensaiten ausstatten. Damit hätten alle Akkorde ein solides Fundament (Grundton, Quinte, Grundton, Terz, Quinte, ...), so das Wechselbass und Powerchords überall möglich wären:
D E F F# G A Bb H C
C# D E F F# G G# A Bb H C
C# D D# E F F# G G# A Bb H C
C# D D# E F F# G G# A Bb H C

Der Saitenabstand wäre ein bisschen enger (5,1 mm statt 6,3 mm), dann ist der Saitenbereich insgesamt genauso breit wie das Original und die Standardmechaniken und -tonabnehmer sind weiterhin verwendbar. Die Gitarre hat eine größere Mensur, dadurch wird auch die Autoharp ein ganzes Stück länger und es stehen ca 16 cm mehr Platz im Anschlagbereich zur Verfügung. Ich werde die Akkordbalken wie einst beim Guitaro über dem Schlagbereich installieren, das sähe dann etwa so aus:
XXL Autoharp.jpg

Damit hat man gleich mehrere Vorteile:
  • Mehr Platz zum Anschlagen, insbesondere bei den höchsten Saiten.
  • Mehr Platz für zusätzliche Spezialakkorde.
  • Alle Saiten lassen sich sauber dämpfen, insbesondere die 4 letzten Akkorde am rechten Rand klingen besser als beim Standarddesign.
  • Rechte und linke Hand kommen sich bei den hohen Saiten nicht mehr in die Quere.
  • Mit der rechten Handkante sind abgedämpfte Bass- und Akkordanschläge wie bei der Gitarre möglich.
  • Wenn mal eine Saite reißt, muss man nicht gleich einen neuen Satz kaufen (80 - 100 Euronen), sondern kann sie einfach ersetzen.
  • Diese Autoharp lässt sich ohne überkreuzte Hände oder Linkshänderausrichtung auch liegend spielen.
Der Kopfbereich wäre passend zu den Gitarrensaiten überwiegend gerade, die Schräge würde erst beim hohen f beginnen und steiler verlaufend bis zum hohen c reichen (nur 8 Töne). Ich möchte durchlaufende Stege oben und unten wie bei den alten Autoharpmodellen, um die Schwingungen optimal auf die Decke zu übertragen. Für Gitarrenmechaniken oder Feintuner reicht der Platz leider nicht, aber ich habe da auch schon eine Idee ... :cool:
 

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