Ich lerne auch immer schon ohne Lehrer, weil mir die meisten Übungen die mir gezeigt oder erklärt werden, nie den gewünschten Erfolg gebracht haben.
Es gibt zwei Erkenntnisse:
- Du kommst allein ohne Lehrer nicht weiter
- Mit Lehrer will Du auch nicht Posaune lernen
Also was nun? Wie es mit Dir und dem Posaune Spielen weiter geht, liegt allein an Dir selbst. Ich habe Dir ja weiter oben schon geschrieben, dass mit/ohne Lehrer kein "entweder/oder" ist. Das eine schließt das andere nicht aus. Du kannst ja auch mal einen Lehrer für 3-5 Stunden nehmen, schauen ob es Dir hilft und dann immer noch entscheiden. Allerdings musst Du dann auch mental offen genug sein, dem Lehrer zu vertrauen und Dich auf ihn einlassen. Und der Übung auch Zeit lassen zu wirken. Mit der Einstellung "bringt eh nix" kannst Du Dir das Geld und dem Lehrer seine Zeit ganz gewiss sparen.
Also mein Buzzing auf dem Mundstück klingt ekelig und hat einen Umfang von vielleicht 1/2 Oktave und wird einfach nicht sauberer oder mehr. Da bin ich mit Posaune definitiv besser
Und das ist auch völlig normal. Wie Claus richtig schreibt, man muss nicht buzzen, aber man kann.
Ich stimme Dir zu, dass das Problem vermutlich auch psychischer Natur ist. Ich denke aber nicht, dass das krankhaft ist. Vielmehr meine ich, dass wir hier einen ganz normalen Unterschied im Lernverhalten zwischen Kind und Erwachsenen sehen. Zumindest zu einem großen Teil.
Meine Schüler (=Kinder) lernen das Prinzip "Buzzing" ganz am Anfang auf spielerische Art kennen, damit sie verstehen, wie der Ton erzeugt wird. Zu Beginn der Probe dürfen sie mit den Lippen (Edith meint: Mundstück) wie eine Fliege summen (der Lehrer zeigt mit der Hand an, wann der Ton hoch und wieder runtergeht) oder wie ein Auto brummen - "Autorennen" ist mit mehreren Jungs in einer Gruppe auch ein Riesenspaß. Auch Atemübungen wie "wir stehen jetzt auf einer Wiese mit vielen duftenden Blumen und schnuppern um die Wette" kann man da einsetzen. Im Gruppenunterricht sind solche spielerischen Übungen am Anfang der Stunde ein ungezwungener lockerer Einstieg. Und es ist den Kindern aber auch dem Lehrer völlig egal, wie "schön" das Buzzing klingt (!!!). Mein Ziel als Lehrer ist, ein Gefühl für schwingende Lippen zu entwickeln und die Durchblutung der Lippenmuskulatur anzuregen - Intonation kommt viel viel später. Wenn es dann mit der Zeit besser wird, kann man auch mal Kinderlieder wie "Hänschen Klein" oder "Bruder Jakob" auf dem Mundstück spielen lassen. Aber als Lehrer muss man es dann auch einfach mal aushalten, wenn am Anfang die Tonabstände nicht passen und so mancher Anfänger das ganze Lied im einigermaßen korrekten Rhytmus aber auf ungefähr ein und derselben Tonhöhe spielt. Solange der Enthusiasmus und Spaß da ist, werde ich das sicher nicht ausbremsen. Als Lehrer weiß ich aus Erfahrung: das wird schon!
Und ich denke, dass genau das der Schlüssel zum Erfolg und der Unterschied zu lernenden Erwachsenen ist: Kindern ist es am Anfang schnurzpieps egal, wie schön es klingt. Hauptsache es macht Spaß. Und mit der Zeit stellt sich dann auch der Erfolg ein, weil man drangeblieben ist und der Atem- und Lippenmuskulatur die Zeit gegeben hat, sich zu entwickeln. Kinder vertrauen dem Lehrer und wenn der sagt "das ist Klasse", das ist das auch Klasse - Punkt! Das Ergebnis wird nicht anhand des eigenen Hörerlebnisses hinterfragt. Und selbst wenn ein Kind merkt, dass etwas nicht so gut klappt (z.B. ein verhauenes Vorspiel), dann weiß es intuitiv, dass man aus Fehlern lernt und sich nicht schämen muss. Nichts desto trotz ist es extrem wichtig, den Eltern des Kindes zu sagen, dass sie die anfangs sicher schrägen Töne beim Üben daheim immer loben und auf gar keinen Fall negativ kommentieren sollen - sonst ist die Motivation und der Enthusiasmus des Kindes ruckzuck verflogen, das Kind traut sich nicht mehr daheim zu üben und es stellt sich dann natürlich auch kein Übeeffekt mehr ein.
Im Gegensatz zu den Kindern geht es vielen Erwachsenen beim Lernen nie schnell genug. Und sie bewerten den Lernerfolg gnadenlos durch das eigene Hörerlebnis. Wenn das unbefriedigend ist, erwartet der erwachsene Anfänger vom Lehrer gleich die "magische Stellschraube" und wenn die nicht unmittelbar (z.B. innerhalb von 2-3 Wochen) zum erwarteten maximalen Erfolgserlebnis führt, wird diese Stellschraube = Übung (und der Lehrer gleich mit) als nutzlos abgetan und nicht weiter geübt. Wer als Erwachsener ein Blechblasinstrument erlernen will, braucht aber unbedingt viel Geduld, Ausdauer und Toleranz dem eigenen Lernerfolg gegenüber. Man muss sich auf den vielleicht auch mehrere Jahre dauernden Lernprozess einlassen und dranbleiben, sonst wird das nichts.
Abschließend ein Vergleich: Ein untrainierter Durchschnittsbürger, der in mittlerem Alter zum ersten Mal ein Fitnessstudio betritt, wird auch nicht am ersten Tag 100kg Bankdrücken können. Wenn die gleiche untrainierte Person mit dem Laufen anfängt, schafft sie auch nicht sofort einen Marathon. Im Sport versteht jeder, dass der Muskelaufbau und das Erlernen von komplexen motorischen Bewegungsabläufen viel Zeit und Übeausdauer benötigen. Es wäre gut, wenn sich das auch bei den angehenden Blechbläsern herumsprechen würde, denn auch hier reden wir primär von Muskelaufbau und komplexen motorischen Bewegungsabläufen.
Viele Grüße
Marco
P.S.: Mein persönlicher Einstieg in das Buzzing kam erst, als ich schon ca. 5 Jahre und recht gut gespielt habe. Und ich hatte es nie mit langweiligen Tonleiter- oder Lageübungen, sondern der Einstieg waren einfache Kinderlieder wie "Bruder Jakob", "Hänschen Klein" oder Volkslieder wie "Hoch auf dem gelben Wagen". Selbst heute beschränkt sich mein Buzzing hauptsächlich auf das Mitsummen von geeigneter Lieblingsmusik. Ich habe dazu im Auto eine eigene Playlist, die immer auf dem Weg zur Probe läuft.