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Gast28734
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Liebe Mitnüßchen,
wahrscheinlich geht es mir so wie vielen von Euch. Auf der Suche nach dem perfekten Gitarren-Sound haben die meisten von uns vor vielleicht so 20-30 Jahren zuerst auf die Gitarre geschaut und geglaubt, dass hier der Hauptverantwortliche des Sounds zu finden wäre. Wir haben Testberichte gelesen, Künstler mit dieser Gitarre zugehört und dann zumindest in meinem Fall ohne viel zu Testen gekauft. Mit der rosaroten Brille des Neukaufs hatte sich der Sound natürlich deutlich verbessert, obwohl der Amp immer noch ein Marshall MG10 war. Später lief der Amp-Kauf dann bei mir ähnlich ab. Ein MG10 wahr natürlich kein amtlicher Gitarren Amp also wurde, ohne viel zu wissen, ein AVT150 angeschafft. Auch hier dachte ich mit der rosaroten Brille oder meinetwegen Ohren, dass der Sound nun signifikant besser wurde. Was den Amp betrifft stimmt das schon auch…. An dem Punkt war mein Traumsound immer noch nicht erreicht. Nach einer ausführlichen Internet-Recherche konnte der Grund nur sein, dass es sich beim AVT150 nicht um einen richtigen Vollröhren-Amp handelt. Also habe ich vor ca. 20 Jahren meinen gesamten Verdienst vom damals noch existenten Zivildienst dafür verwendet, mir einen Vollröhren-Amp zu kaufen. Es wurde ein Engl Special Edition mit einer 4x12 Box mit Vintage 30 Speakern. Das war schon eine massive Soundverbesserung und im Prinzip war ich am Ziel angekommen. Auch hier kaufte ich, ohne viel zu wissen oder getestet zu haben.
Jetzt wird es allerdings wirklich bescheuert. Wie viele von uns glaubte ich getrieben von selbsternannten Experten, dass weitere Soundverbesserungen mit verschiedenen Röhren oder auch Pick-Ups möglich sind. Also habe ich sicher 200 Röhren (Vor- und Endstufenröhren) sowie ein paar verschiedene Pickups erworben (natürlich alles nach ausführlicher Recherche auf den Seiten der Hersteller usw….) und habe sie getestet. Auch hier war das Ergebnis selbstverständlich nach jeder Maßnahme überragend; allerdings nur subjektiv jetzt. An dieser Stelle waren wahrscheinlich auch schon mehrere von Euch. Irgendwann meint man einen anderen Sound zu brauchen. In dieser Zeit kam dann YT und man konnte sogar auf Basis von „objektiven“ Demonstrationen großartige Fehlschlüsse ziehen. Dennoch folgten zahlreiche Gitarren und Amps. Dann kam die Zeit der Pedals…….viele werden mit mir gelitten haben, wenn es darum geht viele wertvolle Stunden statt mit Üben mit dem Schauen von YT-Demos zugebracht zu haben. Nach über 30 Pedalen und dem Testen von Kombinationen (Stacking) wurde wieder mit der Subjektivität des parteiischen ignoranten Depps eine massive Sound Verbesserung festgestellt. Letztlich stellte sich aber auch wie übrigens bei allen anderen oben genannten Dingen eine Ernüchterung ein. Zuletzt habe ich größeren Aufwand betrieben, um geeignete Pedale für ein Board zu finden und die ToneSucker auszusortieren. Diese sehr unspektakuläre, aber zeitraubende Maßnahme hat sich allerdings objektiv sehr gelohnt. Als letztes Glied in der gesamten Kette bleiben nun noch der Speaker und die Mikrophone. Da meine Idole V30iger spielen und ich eine ausgebildete Einbildung hatte, dass dieser Speaker der Beste wäre habe ich nicht dran gedacht damit zu experimentieren sondern nur mit den Mikrophonen. Moment…..habe ich ausgebildete Einbildung geschrieben? Ich denke, dass die eingebildete Ausbildung auch eine entscheidende Rolle spielte. Also habe ich insgesamt 6 verschiedene Mikrophone gekauft und getestet….hier sind die Unterschiede zwischen den Mikrophonen gravierend. Gravierend sind aber auch die Unterschiede zwischen den Mikrophonpositionen, wie wir wissen. Wie dem auch sei……dann kamen die Versuche mit den Speakern und es war verheerend……
Ganz kurz zur Methodik der Testung:
Ich habe folgende Speaker bestellt; alle in der 16 Ohm Variante.
- 5 x Celestion Vintage 30 aus verschiedenen Jahren; zwei aus den UK und drei aus China
- Celestion TAD 25th anniversary Special Edition
- Celestion Classic Lead 80
- Warehouse WGS E12L
- Electro Voice EV12L (noch nicht getestet, ist in Reparatur)
- Celestion Creamback 65
- Celestion Creamback 75
Die Speaker wurden in einer Grossman SG-Woodbox mit folgenden Mics simultan aufgenommen:
Verglichen habe ich das gemischte Signal aller 4 Mics. Die Phasen der Mics waren bis auf ein Sample synchron. Zur Erleichterung der Ausrichtung habe ich eine Laser-Wasserwage verwendet.
Der Speakervergleich erfolgte mittels Samplitude RevolverTrack. Der Mix der 4 Mics reduziert die Microphoneigenschaften auf ein Minimum, sodass die Speakereigenschaften besser hervorkommen.
So….und jetzt kommt die Katastrophe! Alle Speaker klingen signifikant verschieden. Sogar die fünf Vintage 30iger klingen signifikant verschieden. Keiner der Speaker klingt genauso wie die Videos im Internet. Klar, kaum jemand verwendet genau das gleiche Equipment wie ich. Der erste Verdacht, welcher sich aufdrängt ist, dass ich es nicht geschafft habe die Mikrophonierung korrekt zu reproduzieren. Um das auszuschließen habe ich beim ersten Mal als ich selbst den Verdacht hatte beim gleichen Speaker die Mic-Position stark verändert. In der Summe erkennt man den Charakter des Speaker aber trotzdem sehr gut und klar.
Hier die Zusammenfassung meiner Erfahrungen mit Speakern:
Einige Version der V30iger klingen gut, andere klingen schlecht. Weder das Alter noch das Herstellungsland sind dafür verantwortlich. Allen V30iger ist gemeinsam, dass es beim kräftigen Anschlagen mehrerer Saiten bei guter Lautstärke zu einer Verschiebung der Frequenzen kommt. Der Effekt klingt ein bisschen wie ein AutoWah. Genau dieses lässt den Speaker aggressiv und auch spannend erscheinen, weil der Gitarrensound so viele Nuancen bekommen. Der Unterschied der Speaker lag in den Mitten und der Dumpfheit oder auch „Decke-drüber-Effekt“. Mit Mitten meine ich das Geräusch, wenn ihr ein „Sch“-Laut macht. Dieses Geräusch kommt bei vielen Speakern prominent vor. Die Lage dieses „Sch“ ist allerdings unterschiedlich. Mal liegt es höher, mal tiefer. Sogar bei den V30iger war das sehr variabel und nicht auf UK-Speaker oder China-Speaker zurückzuführen. Tatsächlich hat mir ein UK Speaker aus dem Jahr 1998, also den laut Internet goldenen Jahren der V30iger am schlechtesten gefallen.
Die Speaker haben verschiedene Eigenschaften, die sich mit Frequenzkurven nicht beschreiben lassen. Manche Speaker übertragen tiefe Frequenzen klar und ohne langes Nachklingen. Also Palmmutes klingen knackig. Ich mag es so, mache mögen den Ummfff…..der noch danach kommt. Dieses Ummfff macht aber den Speaker weniger „tight“. Dann gibt es die oben genannte Frequenzverschiebung bei mehr Energie, die ich mag. Bzgl. dieser Eigenschaften unterscheiden sich die Speaker deutlich und dies lässt sich nicht kompensieren. Was den Frequenzgang betrifft, kann man sehr viel kompensieren mit der Veränderung der Mic-Position oder sogar mit der Auswahl das Mics selbst. Und hier beginnen die frustrierenden Probleme mit den Speakern:
Mein Fazit zu Speakern:
Ich glaube, dass es technisch heute zutage immer noch nicht Standard ist, Speaker so herzustellen, dass sie die gleichen Klangeigenschaften haben und es eine unglaublich hohe, für andere Produkte inakzeptable Fertigungstoleranz gibt. Das ist aber nur eine Hypothese. Gestützt wird diese Hypothese durch den Fakt, dass fast jeder Produzent bei seiner 4x12 Box einen Lieblingsspeaker hat; dabei sind diese Speaker baugleich und liegen bzgl. der Seriennummer sehr nah beieinander, wenn sich die Boxen im Originalzustand befinden.
Zum Schluss möchte ich meine Erkenntnisse über Gear mit allen teilen, die es interessiert, um Euch zu helfen, unnütz Geld für Gear auszugeben. Viel wichtiger als dies ist aber Folgendes:
Mein größter Fehler mit der Gitarre war es so viel Zeit für Gear zu verschwenden anstatt auf die Musik zu achten. Macht nicht den gleichen Fehler!!!!!!
Ich habe mein gesamtes Equipment behalten. Das sind insgesamt ca. 25 Gitarren, 7 Amps, 4 4x12 Boxen, eine 2x12 Box, ca. 30-40 Effektpedale usw. Daher vergleiche ich heute immer noch alles mit allem, was ich habe, selbst wenn es 20 Jahre alt ist. Was habe ich rausgefunden?
Wie sonst auch im Leben sind einfache Antworten auf komplexe Fragen eigentlich immer falsch und derjenige der sie anbieten ein Lügner. Meiner Meinung nach gelten aber folgende Dinge:
Ich liebe Musik und besonders die elektrische Gitarre. Wenn ich mir selbst vor 20 Jahren etwas sagen dürfte dann wäre das Folgendes:
Lass den Scheiß mit dem Gear. Kauf Dir eine gute Gitarre, einen guten Röhrenamp, einen TS und eine Box mit einem V30 und konzentriere Dich auf die Musik! Wenn der Sound nicht gut genug ist, kaufe Dir zwei, drei andere V30 und behalte den besten. Zum Glück ist meine Reise noch nicht zu Ende. Mittlerweile habe ich mir die ToneX App gekauft und mein Gear gecaptured. Die Captures sind so gut, dass ich mir vorstellen kann, dass die Amps in ein paar Jahren gar nicht mehr gebraucht werden. Im AB-Vergleich kann ich keinen Unterschied zwischen den Recordings über ToneX und the real deal feststellen.
Ein letztes Wort noch zum Gear. Mein Genre ist Metal und Rock. Daher sind alle meine Annahmen und Erkenntnisse vielleicht nicht ohne Weiteres auf andere Stile zu übertragen. Auch wenn mittlerweile klar ist, dass viele Dinge von denen wir uns viel versprachen für den Sound irrelevant sind(siehe YT Glen Fricker usw.) gibt es doch noch eine Sache, die offen bleibt. Das ist das Spielgefühl! Das Spielgefühl ist die Basis der Inspiration und damit der Musik selbst! Mal ehrlich…..wenn wir ein Stück Gear testen, fühlt sich es sich manchmal einfach geil an. Das Gefühl ist vergleichbar mit dem Gefühl etwas leckeres zu essen. Es ist einfach ganz archaisch und man denkt sich: Ja, das ist jetzt geil!
Wenn man nun dieses Gefühl hat bei einer bestimmten Gitarre oder bei einem Effektpedal, Amp oder sonst was, dann kann das inspirierend sein. Auch, wenn sich dieses gute Gefühl nicht in hörbare Tonunterschiede im Mix niederschlägt, ist es doch eine Inspirationsquelle. Die Inspirationsquelle ist für die Musik ein wichtiger Treiber. Anders ausgedrückt: Wenn zwei Gitarren im Mix gleich klingen, eine beim Spielen aber so richtig Spaß macht, dann wird man nur mit dieser Gitarre spielen wollen und sich die Freude an der Musik im Songwriting widerspiegeln. Das gilt potentiell für jedes Teil des Equipments.
Ich hoffe, dass ich Euch Geld oder noch wichtiger Zeit sparen kann.
Beste Grüße und ein schönes Wochenende!
J
wahrscheinlich geht es mir so wie vielen von Euch. Auf der Suche nach dem perfekten Gitarren-Sound haben die meisten von uns vor vielleicht so 20-30 Jahren zuerst auf die Gitarre geschaut und geglaubt, dass hier der Hauptverantwortliche des Sounds zu finden wäre. Wir haben Testberichte gelesen, Künstler mit dieser Gitarre zugehört und dann zumindest in meinem Fall ohne viel zu Testen gekauft. Mit der rosaroten Brille des Neukaufs hatte sich der Sound natürlich deutlich verbessert, obwohl der Amp immer noch ein Marshall MG10 war. Später lief der Amp-Kauf dann bei mir ähnlich ab. Ein MG10 wahr natürlich kein amtlicher Gitarren Amp also wurde, ohne viel zu wissen, ein AVT150 angeschafft. Auch hier dachte ich mit der rosaroten Brille oder meinetwegen Ohren, dass der Sound nun signifikant besser wurde. Was den Amp betrifft stimmt das schon auch…. An dem Punkt war mein Traumsound immer noch nicht erreicht. Nach einer ausführlichen Internet-Recherche konnte der Grund nur sein, dass es sich beim AVT150 nicht um einen richtigen Vollröhren-Amp handelt. Also habe ich vor ca. 20 Jahren meinen gesamten Verdienst vom damals noch existenten Zivildienst dafür verwendet, mir einen Vollröhren-Amp zu kaufen. Es wurde ein Engl Special Edition mit einer 4x12 Box mit Vintage 30 Speakern. Das war schon eine massive Soundverbesserung und im Prinzip war ich am Ziel angekommen. Auch hier kaufte ich, ohne viel zu wissen oder getestet zu haben.
Jetzt wird es allerdings wirklich bescheuert. Wie viele von uns glaubte ich getrieben von selbsternannten Experten, dass weitere Soundverbesserungen mit verschiedenen Röhren oder auch Pick-Ups möglich sind. Also habe ich sicher 200 Röhren (Vor- und Endstufenröhren) sowie ein paar verschiedene Pickups erworben (natürlich alles nach ausführlicher Recherche auf den Seiten der Hersteller usw….) und habe sie getestet. Auch hier war das Ergebnis selbstverständlich nach jeder Maßnahme überragend; allerdings nur subjektiv jetzt. An dieser Stelle waren wahrscheinlich auch schon mehrere von Euch. Irgendwann meint man einen anderen Sound zu brauchen. In dieser Zeit kam dann YT und man konnte sogar auf Basis von „objektiven“ Demonstrationen großartige Fehlschlüsse ziehen. Dennoch folgten zahlreiche Gitarren und Amps. Dann kam die Zeit der Pedals…….viele werden mit mir gelitten haben, wenn es darum geht viele wertvolle Stunden statt mit Üben mit dem Schauen von YT-Demos zugebracht zu haben. Nach über 30 Pedalen und dem Testen von Kombinationen (Stacking) wurde wieder mit der Subjektivität des parteiischen ignoranten Depps eine massive Sound Verbesserung festgestellt. Letztlich stellte sich aber auch wie übrigens bei allen anderen oben genannten Dingen eine Ernüchterung ein. Zuletzt habe ich größeren Aufwand betrieben, um geeignete Pedale für ein Board zu finden und die ToneSucker auszusortieren. Diese sehr unspektakuläre, aber zeitraubende Maßnahme hat sich allerdings objektiv sehr gelohnt. Als letztes Glied in der gesamten Kette bleiben nun noch der Speaker und die Mikrophone. Da meine Idole V30iger spielen und ich eine ausgebildete Einbildung hatte, dass dieser Speaker der Beste wäre habe ich nicht dran gedacht damit zu experimentieren sondern nur mit den Mikrophonen. Moment…..habe ich ausgebildete Einbildung geschrieben? Ich denke, dass die eingebildete Ausbildung auch eine entscheidende Rolle spielte. Also habe ich insgesamt 6 verschiedene Mikrophone gekauft und getestet….hier sind die Unterschiede zwischen den Mikrophonen gravierend. Gravierend sind aber auch die Unterschiede zwischen den Mikrophonpositionen, wie wir wissen. Wie dem auch sei……dann kamen die Versuche mit den Speakern und es war verheerend……
Ganz kurz zur Methodik der Testung:
Ich habe folgende Speaker bestellt; alle in der 16 Ohm Variante.
- 5 x Celestion Vintage 30 aus verschiedenen Jahren; zwei aus den UK und drei aus China
- Celestion TAD 25th anniversary Special Edition
- Celestion Classic Lead 80
- Warehouse WGS E12L
- Electro Voice EV12L (noch nicht getestet, ist in Reparatur)
- Celestion Creamback 65
- Celestion Creamback 75
Die Speaker wurden in einer Grossman SG-Woodbox mit folgenden Mics simultan aufgenommen:
- E909
- R121
- MD421
- SM57
Verglichen habe ich das gemischte Signal aller 4 Mics. Die Phasen der Mics waren bis auf ein Sample synchron. Zur Erleichterung der Ausrichtung habe ich eine Laser-Wasserwage verwendet.
Der Speakervergleich erfolgte mittels Samplitude RevolverTrack. Der Mix der 4 Mics reduziert die Microphoneigenschaften auf ein Minimum, sodass die Speakereigenschaften besser hervorkommen.
So….und jetzt kommt die Katastrophe! Alle Speaker klingen signifikant verschieden. Sogar die fünf Vintage 30iger klingen signifikant verschieden. Keiner der Speaker klingt genauso wie die Videos im Internet. Klar, kaum jemand verwendet genau das gleiche Equipment wie ich. Der erste Verdacht, welcher sich aufdrängt ist, dass ich es nicht geschafft habe die Mikrophonierung korrekt zu reproduzieren. Um das auszuschließen habe ich beim ersten Mal als ich selbst den Verdacht hatte beim gleichen Speaker die Mic-Position stark verändert. In der Summe erkennt man den Charakter des Speaker aber trotzdem sehr gut und klar.
Hier die Zusammenfassung meiner Erfahrungen mit Speakern:
Einige Version der V30iger klingen gut, andere klingen schlecht. Weder das Alter noch das Herstellungsland sind dafür verantwortlich. Allen V30iger ist gemeinsam, dass es beim kräftigen Anschlagen mehrerer Saiten bei guter Lautstärke zu einer Verschiebung der Frequenzen kommt. Der Effekt klingt ein bisschen wie ein AutoWah. Genau dieses lässt den Speaker aggressiv und auch spannend erscheinen, weil der Gitarrensound so viele Nuancen bekommen. Der Unterschied der Speaker lag in den Mitten und der Dumpfheit oder auch „Decke-drüber-Effekt“. Mit Mitten meine ich das Geräusch, wenn ihr ein „Sch“-Laut macht. Dieses Geräusch kommt bei vielen Speakern prominent vor. Die Lage dieses „Sch“ ist allerdings unterschiedlich. Mal liegt es höher, mal tiefer. Sogar bei den V30iger war das sehr variabel und nicht auf UK-Speaker oder China-Speaker zurückzuführen. Tatsächlich hat mir ein UK Speaker aus dem Jahr 1998, also den laut Internet goldenen Jahren der V30iger am schlechtesten gefallen.
Die Speaker haben verschiedene Eigenschaften, die sich mit Frequenzkurven nicht beschreiben lassen. Manche Speaker übertragen tiefe Frequenzen klar und ohne langes Nachklingen. Also Palmmutes klingen knackig. Ich mag es so, mache mögen den Ummfff…..der noch danach kommt. Dieses Ummfff macht aber den Speaker weniger „tight“. Dann gibt es die oben genannte Frequenzverschiebung bei mehr Energie, die ich mag. Bzgl. dieser Eigenschaften unterscheiden sich die Speaker deutlich und dies lässt sich nicht kompensieren. Was den Frequenzgang betrifft, kann man sehr viel kompensieren mit der Veränderung der Mic-Position oder sogar mit der Auswahl das Mics selbst. Und hier beginnen die frustrierenden Probleme mit den Speakern:
- Baugleiche Einheiten verhalten sich unterschiedlich (von 5 Speakern des gleichen Typs klingen alle relevant unterschiedlich)
- Es gibt ca. 200 verschiedene Speaker. Für viele Speaker von kleineren Herstellern existieren keine Soundbeispiele oder die Produkte sind nicht verfügbar, z.B. WGS oder Weber.
- Trotz aller Vorsicht ist eine Mic-Position nach einem Speakertausch schwer wieder zu erreichen. Allein die Unterschiede, die sich hieraus ergeben erschweren Vergleiche erheblich. Das gilt für YT reviews noch viel mehr als für eigene Untersuchungen.
- Die Verwendung von verschieden Mics oder gar deren Kombination für verschiedene Speaker, um deren Schwächen zu kompensieren potenziert die Anzahl an Möglichkeiten ins Unermessliche.
- Die Verwendung eines Speakers an einem anderen Amp oder auch für einen anderen Anwendungsbereich wie z.B. Chrunch oder HighGain führt zu verschiedenen Ergebnissen.
- Rückschlüsse auf ein gutes Baujahr sind nur mit dem Potential der größten Fehlannahmen möglich. Wo wurde der Speaker aufbewahrt. Klingt er nach 20 Jahren besser, wenn er aus einem verrauchten und versifften Proberaum kommt oder aus einer nerdigen raumfeuchtigkeitskontrollierten Man-Cave? Ich weiß sicher, was ich sympathischer finde aber nicht, was ein Speaker durchgemacht hat, wenn ich ihn erwerbe. Um diesen Effekt zu untersuchen, müsste man Speaker finden, deren Seriennummern direkt aufeinander folgen aber ein verschiedenes „Leben“ geführt haben. Meiner Meinung nach geht das aber zu weit und hat mit meiner eigentlichen Leidenschaft, nämlich der Musik nicht mehr viel zu tun.
Mein Fazit zu Speakern:
Ich glaube, dass es technisch heute zutage immer noch nicht Standard ist, Speaker so herzustellen, dass sie die gleichen Klangeigenschaften haben und es eine unglaublich hohe, für andere Produkte inakzeptable Fertigungstoleranz gibt. Das ist aber nur eine Hypothese. Gestützt wird diese Hypothese durch den Fakt, dass fast jeder Produzent bei seiner 4x12 Box einen Lieblingsspeaker hat; dabei sind diese Speaker baugleich und liegen bzgl. der Seriennummer sehr nah beieinander, wenn sich die Boxen im Originalzustand befinden.
Zum Schluss möchte ich meine Erkenntnisse über Gear mit allen teilen, die es interessiert, um Euch zu helfen, unnütz Geld für Gear auszugeben. Viel wichtiger als dies ist aber Folgendes:
Mein größter Fehler mit der Gitarre war es so viel Zeit für Gear zu verschwenden anstatt auf die Musik zu achten. Macht nicht den gleichen Fehler!!!!!!
Ich habe mein gesamtes Equipment behalten. Das sind insgesamt ca. 25 Gitarren, 7 Amps, 4 4x12 Boxen, eine 2x12 Box, ca. 30-40 Effektpedale usw. Daher vergleiche ich heute immer noch alles mit allem, was ich habe, selbst wenn es 20 Jahre alt ist. Was habe ich rausgefunden?
- Bei einem bestimmten Typ von Gitarre sind Details egal: Eine HighOutput HB-PU SuperStrat mit 24 Bünden ist von einer anderen nicht zu unterschieden. Ich habe alle meine Superstrats aufgegenommen und die Wiedergabe randomisiert. Ich konnte keine Gitarre wirklich erkennen.
- Amps können sehr, sehr gleich klingen. Wenn ich nur einen Amp haben dürfte, wäre es der JVM 410h. Mit dem kann ich alles abdecken, was ich brauche, und zwar mit 99% von dem Sound den ich mir wünsche
- Die Unterschiede zwischen vergleichbaren Pedals sind nicht relevant. Ein TS-Analogon ist sinnvoll; der Hersteller ist egal. Das gilt für viele Pedal-Typen. Ausnahme ist das Jan Ray und das Timmy. Das Jan Ray klingt schon etwas anders. Im Recording hört man allerdings kaum bis nicht(Bogner XTC Blue chanel mit und ohne Jan Ray).
- Es ist mittlerweile anerkannte und auch fundierte Meinung, dass PUs, Tonhölzer, Gitarrenkonstruktion, Amps und Pedals nur wenig Einfluss auf den Tone haben.
Wie sonst auch im Leben sind einfache Antworten auf komplexe Fragen eigentlich immer falsch und derjenige der sie anbieten ein Lügner. Meiner Meinung nach gelten aber folgende Dinge:
- Speaker sind relevant. Wie ein Speaker klingt, lässt sich aber im Voraus kaum vorhersagen. Ein V30 ist eine gute Basis aber leider kein Garant.
- Der Typus der Gitarre ist relevant. Eine 8-Saiter *.strandberg klingt anders als eine normale Strat.
- High-Output Pus klingen anders als Low-Output Pus
- Manche Pedale sind echte ToneSucker; auch in ausgeschaltetem Zustand. Gute Kabel sind wichtig. Nicht wegen der Unterschiede des normal funktionierenden Kabels, sondern wegen der Wahrscheinlichkeit eines defekten Kabels.
- Die Kombination aus mehren nicht relevanten Dingen kann in der Summe einen relevanten Einfluss haben. Dies ist, soweit ich weiß, das einzige was bisher im Netz noch nicht beschrieben wurde. Normalerweise wird bei Tests optimalerweise nur eine Komponente gewechselt. Zum Beispiel so wie ich die Speaker untersucht habe. Das einzige was sich geändert hat war der Speaker. Was aber, wenn man Tonholz, Pickup, Amp und Pedal wechselt? Meiner Meinung nach kann das unter Umständen einen Einfluss haben, der klar reproduzierbar wird. Bei der Summe an Kombinationen lässt sich das allerdings kaum in objektivierbaren Berichten oder Clips beschreiben. Dass es magische Kombinationen geben kann ist meiner Meinung nach möglich und kann auch eklatant besser klingen. Hierbei haben wir aber den Speaker völlig außer Acht gelassen. Als einfaches Beispiel kann man sich einen Speaker vorstellen, der mit einer anderen Gitarre mit anderen Pus einfach ein bisschen mehr Bässe hat und damit über den Amp etwas mehr Leistung vom Speaker verlangt. Wenn dieser vorher am Limit war, wird er nun vielleicht näher an das Limit getrieben oder sogar darüber hinaus. Deswegen können in einem komplexen System auch kleinste Veränderungen riesengroße Effekte haben, wenn die äußeren Umstände günstig sind. Das allerdings ist Zufall.
Ich liebe Musik und besonders die elektrische Gitarre. Wenn ich mir selbst vor 20 Jahren etwas sagen dürfte dann wäre das Folgendes:
Lass den Scheiß mit dem Gear. Kauf Dir eine gute Gitarre, einen guten Röhrenamp, einen TS und eine Box mit einem V30 und konzentriere Dich auf die Musik! Wenn der Sound nicht gut genug ist, kaufe Dir zwei, drei andere V30 und behalte den besten. Zum Glück ist meine Reise noch nicht zu Ende. Mittlerweile habe ich mir die ToneX App gekauft und mein Gear gecaptured. Die Captures sind so gut, dass ich mir vorstellen kann, dass die Amps in ein paar Jahren gar nicht mehr gebraucht werden. Im AB-Vergleich kann ich keinen Unterschied zwischen den Recordings über ToneX und the real deal feststellen.
Ein letztes Wort noch zum Gear. Mein Genre ist Metal und Rock. Daher sind alle meine Annahmen und Erkenntnisse vielleicht nicht ohne Weiteres auf andere Stile zu übertragen. Auch wenn mittlerweile klar ist, dass viele Dinge von denen wir uns viel versprachen für den Sound irrelevant sind(siehe YT Glen Fricker usw.) gibt es doch noch eine Sache, die offen bleibt. Das ist das Spielgefühl! Das Spielgefühl ist die Basis der Inspiration und damit der Musik selbst! Mal ehrlich…..wenn wir ein Stück Gear testen, fühlt sich es sich manchmal einfach geil an. Das Gefühl ist vergleichbar mit dem Gefühl etwas leckeres zu essen. Es ist einfach ganz archaisch und man denkt sich: Ja, das ist jetzt geil!
Wenn man nun dieses Gefühl hat bei einer bestimmten Gitarre oder bei einem Effektpedal, Amp oder sonst was, dann kann das inspirierend sein. Auch, wenn sich dieses gute Gefühl nicht in hörbare Tonunterschiede im Mix niederschlägt, ist es doch eine Inspirationsquelle. Die Inspirationsquelle ist für die Musik ein wichtiger Treiber. Anders ausgedrückt: Wenn zwei Gitarren im Mix gleich klingen, eine beim Spielen aber so richtig Spaß macht, dann wird man nur mit dieser Gitarre spielen wollen und sich die Freude an der Musik im Songwriting widerspiegeln. Das gilt potentiell für jedes Teil des Equipments.
Ich hoffe, dass ich Euch Geld oder noch wichtiger Zeit sparen kann.
Beste Grüße und ein schönes Wochenende!
J