Noten lernen - Welche Methoden gibt es?

  • Ersteller Son of Saigon
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(...) Schlimmstenfalls entsteht bei dir der Eindruck, du könntest die Noten lesen was vermutlich zu nicht wenig Frustration führen wird, wenn du dann mal Noten vor der Nase hast, wo du nicht auswenig weißt, was da steht. (...)

Ja, die Trickkiste der Noten-Nichtleser ist bodenlos, seitenweise Noten auswendig lernen, und dann ins Blatt gucken, ohne zu wissen, wo das gerade Gespielte im Blatt steht. ;-)
Aber die Musiklehrer kommen ganz gut mit; mitten im Stück anhalten, geh noch mal vier Takte zurück, und schon weiß der Schüler, daß er nicht weiß, wo diese vier Takte stehen.

Es hat seine Vor- und Nachteile; ein bekanntes Stück, das dem Schüler gefällt, motiviert zum Notenlesen, um das Stück zu erlernen. Ein unbekanntes "doofes" Stück läßt man schnell liegen, weil die Motivation fehlt.

Gruß, Bert
 
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Bin gerade noch auf eine andere Idee gekommen: wie wäre es wenn ich die Bassline eines Stücks welches ich schon kenne hernehmen würde? Das erste was ich auf dem Bass gelernt hatte war diese Basslinie ...

Gute Idee!
Die Basslinie kann ich hier aus urheberrechtlichen Gründen zwar nicht im Original posten, aber du kannst sie trotzdem verwenden.
Wir versuchen es mal in kleinsten Häppchen - ich orientiere mich dann an deinem Feedback.

1. Schritt:
1.1
Welche Informationen gibt dir die Tabulatur zu Taktart und Tempo, und was fällt dir am ersten Takt im Vergleich zu den weiteren Takten auf?
1.2 Wie würdest du den einzelnen Takt auszählen, um dich rhythmisch orientieren zu können?
1.3 Wieviele Takte würdest du hier zu einer Sinneinheit ("Phrase") zusammenfassen, wo könntest du hier "einen Punkt setzen", d.h. die Phrase ohne Sinnverlust beenden, um sie z.B. in kleineren, aber immer noch zusammenhängenden Einheiten zu üben?

Sinn der Aktion: Von Anfang an den Blick für größere Zusammenhänge schulen, nicht an Details klebenbleiben, Vorwissen über Taktarten und Phrasengestaltung nutzen (falls vorhanden).
 
1.1. ist mir noch relativ klar: Takt ist 4/4 und Tempo 96 BPM. Was mir beim ersten Takt auffällt? Eigentlich nur dieses Zeichen mit dem Strich und dem Punkt dahinter?
1.2 Beim Zählen wirds schon schwieriger. Gleich Bezug nehmend auf 1.3 hätte ich wohl jeweils eine Phrase beendet wenn die durchgezogene Linie zu sehen ist.
Gezählt wird ja bei 4/4 1 und 2 und 3 und 4. Aber wie ich das jetzt auf die Tabulatur zu übertragen hätte wüsste ich nicht.

Wie gesagt: ich bin da völlig ahnungslos. ☹️
 
1.1. ist mir noch relativ klar: Takt ist 4/4 und Tempo 96 BPM. Was mir beim ersten Takt auffällt? Eigentlich nur dieses Zeichen mit dem Strich und dem Punkt dahinter?
Du meinst Takt 1 in https://www.songsterr.com/a/wsa/the-clash-the-guns-of-brixton-bass-tab-s22067t2 ?

Der Strich ist eine halbe Pause (also halb so lang wie der Takt dauert), der Punkt dahinter sagt: "verlängere diesen Zeitwert um die Häflte".

In einem 4/4-Takt, der also so lange dauert, wie es dauert, 4 Viertelnoten zu spielen, benötigt die halbe Pause ... 2 Veirtelnoten; die Hälfte davon ist ... 1 Veirtelnote. Mithin weist Dich dann "Strich-Punkt" an, 3 Viertelnoten lange zu warten.

Wirst Du aber alles im "Allgemeinen Musiklexikon" finden, das Du ja, glaube ich, bestellt hast ;-)

Gezählt wird ja bei 4/4 1 und 2 und 3 und 4. Aber wie ich das jetzt auf die Tabulatur zu übertragen hätte wüsste ich nicht.
Mein Tipp: beginne mit einem einfacheren Stück, das beispielsweise nur Viertelnoten enthält (also nur das " | " im Tab. Danach kannst Du Dich zu Achtelnoten hangeln usw. So wird's einfacher und erfolgsträchtiger.

Auch wenn's doof ist: Ganz einfache Kinderlieder bestehen oft nur aus Viertelnoten.
 
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Okay, also spiele ich im ersten Takt nur die letzten beiden (?) Noten? Oder wie muss ich das verstehen?
Denn im nächsten Takt spiele ich ja dann komplett durch.

Danke für den Tipp, mal sehen ob ich da auch etwas einfacheres in meinem "Beginner's Bass" finde.
Das Musiktheorie-Buch habe ich noch nicht bestellt, wie gesagt: das Bass-Buch geht erstmal vor.
 
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Mein Tipp: beginne mit einem einfacheren Stück, das beispielsweise nur Viertelnoten enthält (also nur das " | " im Tab. Danach kannst Du Dich zu Achtelnoten hangeln usw. So wird's einfacher und erfolgsträchtiger.

Auch wenn's doof ist: Ganz einfache Kinderlieder bestehen oft nur aus Viertelnoten.
Das ist genau das, was ich in #22 mit "viel zu schwer" meinte.

Weite Tonsprünge, alles Achteln, Pausen, Einsätze auf unbetonten Zählzeiten und vier Vorzeichen.... das kann auf Anhieb doch unmöglich funktionieren.
Da sollte doch irgendwo logisch sein, sowas aufzusplitten.

Also wirklich anders als irgendwie nach folgendem Schema kann das doch nicht funktionieren:
Zuerst mal ohne Versetzungszeichen und nur Viertelnoten.
Und dann jeweils mal getrennt verinnerlichen, was passiert wenn man:
-) Einzelne Viertel durch 2 Achtel ersetzt
-) Wiederum davon einzelne Noten durch Pausen ersetzt
-) Zuerst mal Sekunden (also 1-2 Halbtonschritte; C-D, D-E, E-F,.. ) lesen lernen. Also von einer Note aus mal eine rauf/runter Die allbekannten Entchen etwa bestehen nur aus Sekundenschritten, da reicht fürn Anfang die Unterscheidung "Nächster Ton höher/gleich/tiefer"
-) Wenn man die Intervalle lernt, jeweils Beispiele suchen, wo sie vorkommen (also am besten Liedanfänge). Kl. Sekunde sind die wechselnden Noten beim Beginn von "Für Elise". Gr. Sekunden sind zwischen den ersten 3 Töne Entchen. Kl. Terz bei "Hänschen Klein"....usw. (nicht nur 1x pro Intervall, möglichst viele in verschieden Lagen sowie jeweils nah oben und nach unten). Dazu muss man was im Ohr haben sonst lernt man ja nur seltsame Begriffe auswendig.


Unlösbare Probleme löst man meistens am besten, indem man sie in lösbare kleinere Probleme zerlegt.
Den Tipp mit den Kinderliedern find ich alles andere als doof, genau das was ich da geschrieben habe würde ich vorerst mal auf nichts Komplizierteres anwenden.

Liebe Grüße
 
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Okay, also spiele ich im ersten Takt nur die letzten beiden (?) Noten? Oder wie muss ich das verstehen?
Denn im nächsten Takt spiele ich ja dann komplett durch.
Genau. Das ist häufig so im ersten Takt (Auftakt).

Das hört sich gut an, und außerdem ist es ein vorantreibenes sogenanntes Motiv. In den Noten sieht man das ja sehr schön: zum Taktende kommen immer die beiden Achtelnoten (als Bund) 2-5, und im anschließenden Takt kommt eine Variation. Diese wiederholen sich im Stück ein bischen, verändern sich aber mit Zahlzeit 2 in den meisten Takten.

So erreicht man Veränderung (im Detail) UND eine gewisse Beständigkeit bzw. Vorhersehbarkeit (2-5 auf "4", dann etwas aus dem Bekannten auf "1", dann etwas Verändertes auf "2" usw. Das erzeugt Spannung, zumindest hindert es Zuhörer daran, sofort einzuschlafen ;-)

Ach ja, ich sehe gerade, Du kannst Dir den Song ja auch vorspielen lassen. Zwar nur auf 100 %, aber immerhin. Und das Count-in weiter unten rechts ist zwar kein begleitendes Metronom, aber das Feeling für das Tempo ist schon einmal hörbar mitgeteilt.
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Das ist genau das, was ich in #22 mit "viel zu schwer" meinte.

Unlösbare Probleme löst man meistens am besten, indem man sie in lösbare kleinere Probleme zerlegt.
Den Tipp mit den Kinderliedern find ich alles andere als doof, genau das was ich da geschrieben habe würde ich vorerst mal auf nichts Komplizierteres anwenden.
Ja.

@Son of Saigon hat ja eine Chance, das fehlende Notenwissen durch Spielerfahrung auszugleichen. Er muss halt nur erst einmal das bereits in den Fingern oder im Ohr Bekannte den geschriebenen Noten zuordnen.

Ich denke ja, er wird eher früher als später positiv überrascht sein.
 
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Finde Songsterr ziemlich praktisch, ausdrucken man aber leider nur mit einem Pro-Account.
Wenn man jetzt natürlich noch zwischen Tabulator und Noten switchen könnte wäre es ideal zum Lernen.
 
Na ja, notfalls mit ein paar Screenshots zusammenbasteln :)

1614159969055.png
 
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1.2 Beim Zählen wirds schon schwieriger. Gleich Bezug nehmend auf 1.3 hätte ich wohl jeweils eine Phrase beendet wenn die durchgezogene Linie zu sehen ist.
...Gezählt wird ja bei 4/4 1 und 2 und 3 und 4....

Vorsicht, hinter die 4 gehört auch noch ein "und".

 
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@Son of Saigon hat ja eine Chance, das fehlende Notenwissen durch Spielerfahrung auszugleichen
Vorsichtiger (Teil-)Einspruch.
Du kannst ja z.B. auch Englisch sprechen lernen, ohne es jemals geschrieben zu haben. Das ist zum lesen/schreiben lernen natürlich ein enormer Vorteil und du wirst deutlich schneller als jemand sein, der auch noch parallel die Sprache selbst lernen muss, trotzdem wirst du genauso erst mal Wort für Wort und Schreibregel für Schreibregel anfangen müssen anstatt direkt deine schon erworbenen Sprachkenntnisse in Schriftform zu gießen.
 
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Ihr könnt hier gern weitere Tipps posten, ich werde mich nun erstmal meinem "Beginner's Bass" widmen. 🙂
Wenn ich dann in die Materie einsteige werden früher oder spätere weitere Fragen aufkommen, spätestens dann würde ich mich hier wieder blicken lassen.
Das Musiktheorie-Buch ist fest eingeplant, das ist aber alles auch eine finanzielle Frage (der Kontrabass sowieso, aber das ist eine ganz andere Geschichte).
 
Takt ist 4/4 und Tempo 96 BPM. Was mir beim ersten Takt auffällt? Eigentlich nur dieses Zeichen mit dem Strich und dem Punkt dahinter?

Ich hatte zwar im Sinn, dass der Takt "irgendwie unvollständig" aussieht und nur zwei kurze Noten enthält - das "Zeichen mit dem Punkt dahinter" habe ich glatt ignoriert.
Warum? Weil es hier nichts zu suchen hat, d.h. die Tabulatur ist am Anfang falsch notiert, wodurch auch die Taktziffern nicht mehr stimmen: Der 2. Takt ist eigentlich der erste (Erklärung folgt später)!
Ich habe das korrigiert, außerdem habe ich im 1. Takt (korrigierte Zählung) die Notenbalken der üblichen 4/4-Notierung angepasst (die Ziffern sind unscharf, weil zunächst noch nicht relevant):

01.png

Kleiner Wermutstropfen am Anfang: Ich muss deinen bisherigen Äußerungen leider entnehmen, dass wir doch vor einer ziemlich großen Baustelle stehen, die sich im Rahmen eines Forums nicht mehr aufräumen läßt. Ich möchte dich aber nicht mit leeren Händen stehen lassen, und versuche, dir wenigstens ein paar rhythmische Basics mitzugeben.

1. Die Angabe 4/4-Takt steht für 4 x 1/4, wobei 1/4 (Viertelnote) die Bezeichnung für das Notenzeichen ist, das als "Zählzeit" verwendet wird. Ein 4/4-Takt hat demnach vier Zählzeiten:
1 -2 - 3 - 4 (bitte ohne "und" zählen!). Im Beispiel ist das Notensymbol für die 1/4-Zählzeit der einfache Strich:

01-1.png


2. Ich habe das Beispiel vereinfacht. Der rote Strich markiert die Zählzeiten. Auf Zählzeit vier habe ich die Tabziffern entfernt, wodurch eine "leere" Zählzeit (eine Viertelpause) entsteht, die zwar gezählt, aber nicht gespielt wird:

01-vereinf.png

3. Wenn ein "Zählzeitstrich" mit weiteren Strichen durch Balken verbunden ist (Takt 1 und 2: Zählzeiten 1 und 2), bedeutet dies, dass in der Zeit einer Zählzeit mehrere Töne zu spielen sind. Diese Unterteilungswerte werden wie folgt bezeichnet und dargestellt:

notenwerte.png

ÜBUNG:

Die Takte 1 und 2 kannst du jetzt separat als Rhythmusübung auf irgendeiner Leersaite oder mit beliebigem Ton (oder auch mit den Originaltönen) verwenden. Ich weiss nicht, ob du mit Plektrum oder mit den Fingern anschlägst, daher folgende Empfehlung:
Plektrum: Zählzeiten (die Einzelstriche oder der jeweils erstee Strich einer Notengruppe) = Abschlag, Unterteilungswerte Abschlag-Aufschlag.
Finger: Zählzeiten mit Mittelfinger, Unterteilungswerte im Wechselschlag (Mittelfinger-Zeigefinger).

Zum "Auszählen": Manche Leute verwenden bei Unterteilungswerten Zusatzsilben:
Viertel: 1 - 2 -3 - 4
Zählzeiten mit Achtel-Unterteilung: 1 und 2 und ...
Zählzeiten mit Sechzehntel-Unterteilung: 1 e und e 2 e und e ...

Ich habe mir angewöhnt, überhaupt nicht zu zählen (der Fuß gibt den beat), und die Unterteilungen nur zu spielen.
Aber es ist .jedem überlassen, womit er besser klarkommt.
Takt 1 mit "Rhythmuszählung" wäre also: 1 und 2 und 3 - 4 - , Takt 2 wäre 1 e und e 2 und 3 - 4 -
1-rhythmusübung.png

Soweit alles kapiert? Dann viel Spaß beim Üben!
 
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... ich werde mich nun erstmal meinem "Beginner's Bass" widmen

Hättest du vielleicht schon eher machen sollen, dann wäre dir vielleicht aufgefallen, dass zumindest das Thema Rhythmusnotation ab Seite 23 ausreichend genau erklärt und geübt wird. Irgendwo in der Mitte eines Buches anzufangen, und sich dann zu wundern, dass man etwas nicht gebacken bekommt, ist nicht sonderlich empfehlenswert.
Die dadurch selbstverschuldeten Lücken in einem Forum schließen lassen zu wollen, ist dann aber auch nicht mehr die wirklich feine Art.
 
Hättest du vielleicht schon eher machen sollen, dann wäre dir vielleicht aufgefallen, dass zumindest das Thema Rhythmusnotation ab Seite 23 ausreichend genau erklärt und geübt wird. Irgendwo in der Mitte eines Buches anzufangen, und sich dann zu wundern, dass man etwas nicht gebacken bekommt, ist nicht sonderlich empfehlenswert.
Die dadurch selbstverschuldeten Lücken in einem Forum schließen lassen zu wollen, ist dann aber auch nicht mehr die wirklich feine Art.

Ich habe keineswegs "irgendwo in der Mitte" angefangen sondern arbeite das Buch bisher von vorne bis hinten durch. Um Noten zu lernen ist die eine Doppelseite vermutlich etwas dürftig, oder?
Finde solche Schlussfolgerungen selbst wiederum nicht die feine Art.

Im Übrigen habe ich hier nur nach Methoden gefragt und nicht nach Unterrichtsstunden, für sowas ist ein Forum doch vollkommen ungeeignet.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Na denn ;-)

Die Buchvorschau beim Schott-Verlag scheint ja Notenschrift bereits vorauszusetzen. Daher findest Du beispielsweise hier für den Start das Wichtigste: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_musikalischen_Symbolen .

Sie wird nicht vorausgesetzt, nur eben zusammen mit den Tabulaturen gezeigt und auch kurz erklärt. Für ein komplettes Eintauchen in die Materie ist es bei Weitem nicht genug was dort erklärt wird. Vor dem Kauf habe ich schon darauf geachtet dass da nicht nur Noten drin stehen.
 
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Um Noten zu lernen ist die eine Doppelseite vermutlich etwas dürftig, oder?

Zur Darstellung des Prinzips reicht ein Bierdeckel. Das Notenlernen findet aber nicht auf der Doppelseite oder sonstwo in einem Buch statt. sondern in deinem Kopf - was auf S. 23-24 erklärt wird, muss natürlich anhand der Folgeseiten geübt werden, das hat der Autor stillschweigend vorausgesetzt.

Was ich dir in meinem Post #53 wenigstens mitgeben wollte, ist ein kleiner Einblick in die Methode, Notationsprobleme zu isolieren, aber eben nicht auf zusammenhangslose Einzelaspekte, sondern immer auf einen eigenständigen Teilaspekt (hier: Rhythmus) innerhalb eines sinnvollen Zusammenhangs. Eine ergänzende Maßnahme ist dann z.B. die von mir praktizierte Vereinfachung des Originals.
 
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Guten Tag,

auch mir ging es wie dem TE. Ich bin Mitte 50, war am Gymnasium in der Harmonielehre gescheitert und 10 Jahre später erneut, als ich an der Musikschule Gesangsunterricht nahm und im Musiktheorieunterricht als Sänger alleine zwischen lauter halb so alten Instrumentalisten saß. Seit Jahrzehnten höre ich auch sehr viel Klassische Musik, und seit 2,5 Jahren versuche ich meinen Traum zu erlernen: E-Gitarre spielen, bissl Rock und irgendwann dann auch Fingerstyle electric.

In der Musiktheorie scheitere ich aber nach wie vor. Mein Lehrer empfiehlt immer wieder das Buch "In vivo Guitar", von Abi v. Reinighaus. Er argumentiert, es gibt für Gitarristen im deutschen Sprachraum sonst nur fehlerhaft übersetzte angloamerikanische Literatur. Ich kaufte mir "In vivo Guitar" also sofort, doch ist dieses Buch mir auch noch im 3. Jahr kaum eine Hilfe. Ich empfinde es als sprunghaft und unvollständig, nie erklärt es eine Sache bis zu Ende, neben wenig Erläuterungen stehen viele möglicherweise lustig gemeinte Mackersprüche, nach des Autors nächstem Gedankensprung kommt wieder Unverständliches das nicht erkennbar an den vorausgehenden Textabsatz anknüpft ... .
Doch das Frustrierendste an Musiktheorie für mich ist: Seit 2,5 Jahren textet mein Lehrer unverständlich auf mich ein ("A 5/9"), dass ich manchmal heulen könnte, weil ich wieder eine ganze Stunde lang nichts von dem erfasst habe, was er glaubt, durch das Aussprechen/Hinschreiben von Noten- und Akkordnamen zu "erklären".

Es ist schon ein Kreuz mit versierten Musikern ... : Man kann ihnen noch so oft sagen, dass man keine Noten kann: Sie erfassen das gar nicht. Sie wissen und erfassen nicht, dass es noch Menschen gibt, die keine Noten lesen können. Oder die wie ich nur das c', g' und a' kennen und von dort aus startend alle anderen Noten nur durch langwieriges, fehlerträchtiges Abzählen ermitteln können (c', e' und a' sind mein "Wissens"-Rudiment aus 2 Jahren Dorf-Posaunenchor als Elfjähriger, wo ich immer nur die tiefste Trompetenstimme hatte ).
Daraus resultiert ein folgenschwerer didaktischer Aberglaube: Versierte Musiker glauben - und darin sind sie unbelehrbar ;) - , sie hätten einen Sachverhalt schlüssig erklärt, sobald sie dir die entsprechenden Noten (oder Notennamen) auf ein Blatt Papier geschrieben haben ...

Klar war mir: Ich will selber die Noten lesen lernen. Ich will inhaltlich verstehen, was Musiker sagen.

Und wenn mein studierter 5-fach-multiinstrumentaler Klassik-Jazz-Rock-Profi-Studiomusiker-Gitarrenlehrer mir nicht beim Notenlernen hilft - dann muss ich auf einem alternativen Weg das Noten lesen lernen.

Mein persönliches Durchbruchserlebnis Notenlesen hatte ich vor 3 Wochen.

Ich lud mir im Appstore die kostenlose App "Clefs" ("Notenschlüssel") herunter und begann den Lehrgang "Violinschlüssel" (ich bin nicht verwandt, bekannt oder verschwägert mit dem App-Macher, und ich habe nur die Gratis-App verwendet). Sie enthält u. a. einen Lehrgang "Violinschlüssel" und darauf aufbauend "Tonartvorzeichen mit Violinschlüssel" (sowie gesonderte Lehrgänge "Bassschlüssel", "Altschlüssel", "Tenorschlüssel", die ich noch nicht angerührt habe, um mein neues Theoriegebäude nicht gleich wieder zum Wackeln zu bringen). Man könnte aber auf jedem beliebigen Niveau in die Themen einsteigen: Wenn du die Basics schon kennst, starte einfach gleich tiefer in der Sache - oder durchlaufe es eben methodisch von der ersten Note an. Es gibt Inhaltsverzeichnisse mit Links zu jedem Kapitel, zu jeder Note.
Der Violinschlüssellehrgang ist auch in der Gratisversion der App komplett freigeschaltet.


Zur Eingabe in den Aufgaben tippst du auf Buchstaben. Die Buchstaben der Notennamen sind auf dem Bildschirm listigerweise gleich so im Kreis herum angeordnet wie im Quintenzirkel, nur anders herum (Quartenzirkel). Und Quarten erfreuen Gitarristen und Bassisten gleichermaßen, weil unsere Instrumente in Quarten gestimmt sind. Das visualisierst du gleichzeitig schon beim Notenlernen.
Ich verwende aber lieber den alternativen Eingabe-Modus und tippe die Notennamen über das (buchstabenlose) Bildschirm-Klavier der App ein. So lerne ich parallel die Tastenbelegung des Klaviers/Keyboards kennen. Das klappt bei mir inzwischen ähnlich schnell, wie auf die Buchstaben im Quartenzirkel zu tippen.
Bei den meisten Aufgaben lernst du selber die Note ins 5er-Notenliniensystem zu "schreiben": Indem du sie per Drag and Drop zur richtigen Stelle in den Notenlinien ziehst (Linie, Hilfslinie oder Zwischenraum) und dort loslässt.

Die App antwortet akustisch, indem sie dir die gefragte Note vorspielt: Für deinen auditiven Kanal und dein akustisches Gedächtnis. Jedenfalls schadet das nichts. Wenn es dich stört, einfach die Telefonlautstärke herunterregeln.

An diesem ersten Tag hatte ich ermutigend schnell Erfolge beim Spielen damit per Kopfhörer in der S-Bahn. Entsprechend habe ich mich noch am gleichen Tag immer wieder mit der App hingesetzt, für insgesamt rund 4 h, auch abends bis zum Schlafen gehen.
Und dann kam es:

Hinterher scheine ich wohl intensiv von Noten und den Notenlinien geträumt zu haben. Jednefalls wachte ich am nächsten Morgen zwei Stunden vor dem Weckerklingeln auf und konnte hellwach im Bett liegend - gaaanz gaaanz laaaangsam - die Noten des Violinschlüssels vom tiefen F (auf der 3. Hilfslinie unterhalb der 5 Notenlinien) bis zum e'' (auf der 3. Hilfslinie oberhalb der 5 Notenlinien) benennen! Innerhalb von von 20 Stunden nach Download der App! Ich konnte mein Glück nicht fassen!!! Ich lag da bis zum Aufstehen und ging vor meinem inneren Auge munter in den Notenlinien herumhüpfen.

Das Ganze festige ich seither a) durch gelegentliches Herumspielen mit der App, wenn ich im ÖPNV sitze.
b) schaue ich mir ausgedruckte Notenblätter von meinem Gitarrenlehrer Zeile für Zeile an und spreche die Notennamen laut vor mich hin. Dabei achte ich noch nicht auf Vorzeichen, merke aber zunehmend, dass sie sich schon von selber ins Bewusstsein/Aussprechen drängen, wenn ich durchs Üben weiß, das bei diesem Stück jedes F in Wahrheit ein Fis ist. Gerne mache ich das direkt vor dem Schlafen gehen, damit ich das Thema mit in den Schlaf nehme (alternativ zupfe ich vor dem Schlafen meist noch ein paar Minuten Gitarre).

Dabei fiel mir auf:
Auf den Hilfslinien unter und auch über den Notenlinien bilden die Notennamen das Wort FACE (Gesicht). Unten sitzt der letzte Buchstabe von FACE (also die Note E) schon auf der untersten Linie des Notensystems. Oben ist es umgekehrt: Der erste Buchstabe von FACE (Note f'') steht noch auf der obersten Notenlinie, die drei anderen Buchstaben A, C, E ragen hinauf ins Leere, sie folgen auf den darüber liegenden Hilfslinien. (male dir selber das mit einem Stift auf ein System von 5 Notenlinien zum Nachvollziehen).

Die Notenfolge "FACE" dockt also an die unterste und oberste Etage vom Notenliniensystem an.
Damit ist der leere Raum unter und über den fünf Notenlinien nicht mehr dieses angstmachende Vakuum. Plötzlich gibt es auch dort im Leeren Koordinaten.

Als ich das freudestrahlend meinem Gitarrenlehrer berichtete, sagte er mit der größten Selbstverständlichkeit: "Und innerhalb der Notenlinien steht auch das Wort FACE. In den vier Zwischenräumen zwischen den Linien. Ich finde es toll, was euch [Schülern] so alles zum Lernen hilft".

Herzliche Grüße
Pit
 
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Danke dir, das mit der App klingt interessant. (y)
 
An diesem ersten Tag hatte ich ermutigend schnell Erfolge beim Spielen damit per Kopfhörer in der S-Bahn. Entsprechend habe ich mich noch am gleichen Tag immer wieder mit der App hingesetzt, für insgesamt rund 4 h, auch abends bis zum Schlafen gehen. [...]

Unabhängig von App oder nicht App zeigt sich doch wieder mal folgendes:
Es hilft nichts, sich Wissen anzulesen.
Wenn man Noten lernen will, muss man vor allem eines tun: Noten lesen, Noten lesen, Noten lesen...

Ich habe mir die App aus Neugierde installiert.
Mich stören da von allem die folgenden beiden Punkte, die sich jedoch bei einer Handy-App nicht vermeiden lassen:
  • Man spürt die Tastatur haptisch nicht, muss also immer schauen, wo man hintippt
  • Zumindest auf meinem Smartphone muss ich ständig den gezeigten Tastaturausschnitt hin- und herschieben, wenn sich die Oktavlage ändert.
    Das stört, manchmal vertippt man sich, wenn die Tastatur noch "gleitet" und vor allem vermiest es die von der App gestoppten Zeiten.
Abgesehen davon finde ich es großartig, dass man dank einer solchen App jederzeit und überall seine Wartezeiten sinnvoll verbringen kann.

Du hast ja erlebt, was es bringt, einfach mal zu lesen, was einem vors Auge kommt.
Geht auch ganz altmodisch zu Hause mit z. B. einem Gesangbuch: das ist voll mit Melodien (die im Gegensatz zu den Zufalls-Übungen auch musikalischen Sinn ergeben). Die kann man auch eine nach der anderen durchspielen.
Man hat zwar keine automatische Rückmeldung, aber mit ein wenig Übung fällt einem beim Spielen trotzdem auf, wenn man danebenliegt (auch wegen des musikalischen Zusammenhangs).

Erkenntnis: Man lernt Noten lesen, indem man nach Noten spielt.

Viele Grüße
Torsten
 
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