Wenn ich einen Lick sehe, analysiere ich den.
Ist der Lick über einen Akkord oder über mehrere? (Meist über einen)
Einige Licks können über mehrere Akkorde gehen.
Beispiel:
Blues-Ending
Schlusskadenzen
II-V-I-Kadenzen (Jazz)
Turnarounds
Es sollte klar sein, dass diese Licks dann nur in dem entsprechenden Kontexten funktionieren.
Licks sind dann nur Vorschläge.
Bekanntes Stück: Sweet Home Alabama
Es dürfte eines der Stücke sein, wofür die meisten Licks geschrieben und gespielt wurden. Jeder Satz gibt Möglichkeiten für einen neuen Lick. Man kann variieren und kombinieren. Und irgendwann hat man den Dreh raus, und man improvisiert die Licks eigenständig.
Aber bleiben wir bei den einfachen Akkordlicks:
Wo sind Akkordtöne? Wie stütze ich mit denen den Akkord?
Ist da eine Dur- oder Mollterz dabei?
Wenn ja funktioniert der Lick nur über Dur- oder Mollakkorde. Oder ich muss zumindest die Terz entsprechend anpassen. Aber auch da können Pentatonikfremde Töne eine Übertragung eines Licks problematisch machen. (S.u.)
Sind vielleicht Dur- und Mollterz gleichzeitig vorhandenen oder ist eine Mollterz vorhanden obwohl ein Durakkord vorliegt? Falls ja, rechne ich mit der Bluesharmonik. Es gibt Licks, die funktionieren nur beim Blues oder von Blues beeinflussten Stilen.
Dann überprüfe ich ob die akkordfremden Töne zur Pentatonik gehören. Wenn ja, kann ich den selben Dur-Lick für andere Durakkorde verwenden (transponieren).
Moll-Licks kann ich für andere Moll-Akkorde verwenden.
Handelt es sich um einen vom Blues beeinflussten Stil, kann (muss aber nicht zwingend) ein Moll-Lick auch über Durakkorde funktionieren.
Die Sachen sind alle noch recht einfach zu bewältigen. Wenn einer der Licks die mit der Pentatonik arbeiten über einen Akkord funktioniert, klappt der meist auch über andere Akkorde gleichen Geschlechts (Dur oder Moll). Der Blues ist sogar noch etwas flexibler. Man muss nur Dur und Moll und Blues beachten.
Soweit so einfach.
Kommen Töne vor, die nicht zur Pentatonik gehören?
Hier kommt man ohne die Basics der Musiklehre nicht weiter. Die Licks hören sich zwar gut an, passen aber nicht zu jedem Akkord. Jetzt muss man sich mit Akkordfunktionen auskennen.
Ist es ein Lick über einen Sus4-Akkord? Die Quarte (4) passt zu allen Dur- und Moll-Akkorden außer zur Subdominante, also mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.
Die kleine Septime passt zu allen Mollakkorden, und zur Dominante, aber in vielen Fällen nicht zur Tonika oder zur Subdominante. Es sei den es ist eine Zwischendominante. Außer man spielt Blues oder eine vom Blues beeinflusster Musikstil, wo alle Dur-Akkorde als Dur7 gespielt werden, ungeachtet ihrer Funktion.
Die Begriffe sind vielen vertraut, die einen halbwegs guten Gitarrenkurs gemacht haben. Es gehört zu den Anfängerlektiomen und ist für die dann selbsterklärend. Wer aber noch nicht einmal diese elementaren Basics hat, für den sind alles böhmische Dörfer.
Das mit den Intervallen, die nicht zur Pentatonik gehören, macht die Sache dann echt kompliziert, weil man modal denken muss. Einmal funktioniert es unheimlich einfach, wenn man sich in bestimmten Genre bewegt, bei anderen Genre fabriziert man nur Mist.
Hier muss man sich mit Akkordfunktionen und Modis auseinandersetzen. Auch hier funktionieren Licks, aber mitunter müssen einzelne Intervalle angepasst werden. Mal muss bei einem Akkord die kleine Sekunde statt der großen genommen werden, mal die große statt der kleinen Sexten. Ich weiß nicht ob es den Begriff gibt, aber er müsste modale Licks heißen, oder sollte so genannt werden. (Für die Profis: Lydische Quarte (4#) mixolydische Septime(7) dorische Sexte(6) prygische Sekunde (2b) lokrische Quarte (5b) Blue Notes beim Blues und chromatische Durchgangstöne beim Jazz)
Im Jazz wird viel damit gearbeitet. Ohne Theorie (die auch mit Unmengen Praxis erworben werden kann) kommt man nicht weit.
Dann gibt es eigentümliche Licks, die ohne Veränderung der Tonhöhe (ohne Transponieren) über mehrere Akkorde passen. Warum das klappt, versteht man nur, wenn man tiefer in die Musiklehre einsteigt.
Beispiel: Licks, die aus der Pentatonik der vorherrschenden Tonart bestehen, passen oft über mehrere Akkorde.
Angenommen ich spiele was in C-Dur. Ich habe einen Lick aus dem Basston und den Tönen G D A. Der passt oft über viele andere Akkorde aus C-Dur wobei nur der Basston ändert.
Zu spielen sind die Licks sehr leicht, aber man darf sich davon nicht blenden lassen. Warum es hier klappt, und warum woanders nicht, verlangt zumindest die Basics der Musiktheorie.
Die Analyse dauert bei mir oft keine Sekunde (zumindest bei den einfachen Sachen), und ich weiß dann einfach wo ein Lick klappt, und wo nicht.
Unbestritten bleibt, dass jede theoretische Regel mit dem Ohr nachvollzogen werden muss. Und dass es zu jeder Regel Ausnahmen gibt, wo doch etwas passt, was man vorher nicht so erwartet hat.
Nur hat man ungleich weniger Arbeit damit, wenn man von vornherein weiß:
Das klappt
Das klappt nicht
Das klappt manchmal
und dann kann man sich viel mehr auf die interessanten Sachen stürzen
Huch, kenn ich gar nicht! Ungewöhnlich aber interessant.
Die Licks, die man recht universell einsetzen kann, erleichtern das Spielen und entlasten das Denken. Daher lohnt es sich, die zu lernen.
Man wird aber nicht drum rum kommen, auch die Basics der Musiklehre zu lernen und später ggf. ins Eingemachte zu gehen.