Ich sehe es eigentlich auch nicht so negativ. Es ist, unabhängig von der Qualität des Reviews im Einzelfall, eben Produktjournalismus. Und es gibt keinen Produktjournalismus ohne Produktstellung durch die, die diese Produkte herstellen/vertreiben. Soll G&B jedes Instrument kaufen, mit dem sie ihr Heft füllen? Auto, Motor und Sport, Bonedo, Öko-Test, Chip? Natürlich geht das nicht. Und weil ich das weiß, erwarte ich eine aussagekräftige Präsentation der Features und Machart des Produktes. Ich erwarte nicht, dass es rücksichtslos verrissen wird - aber, dass ich hinterher einschätzen kann, ob es was für mich ist oder nicht. Das kann man bei Gear durchaus über Klangbeispiele und detailliertes Abfilmen des Produkts erreichen, dann muss man gar nicht mehr so viel quatschen.
Und ich erwarte im Grunde auch, dass transparent damit umgegangen wird, wo die Testobjekte herkommen. Da werde ich viel eher hellhörig, wenn jemand jede Woche z.B. eine neue Gibson testet und nebenbei erwähnt, dass er sie online bestellt und nach dem Review per money back zurücksendet. Das ist wirklich parasitär, denn es ist ein Missbrauch der Regeln zum Schutz echter Kunden und geht zulasten des Händlers. Bei der Produktstellung gibt es dagegen einen klaren Deal: Der Hersteller wünscht sich für die Produktstellung Reichweite für sein Produkt, die eben nicht werblich sein soll. Der Content-Produzent verdient sein Geld damit, über diese Produkte zu berichten. Ohne Produkte kein Content, ohne Content kein Medium.
Und zur Glaubwürdigkeit: Wenn einer der Beteiligten glaubt, dass dieser Deal nur funktioniert, wenn nicht negativ berichtet wird, dann beschädigt er die legitimen Interessen beider Seiten. Solche Leute gibt es leider, sowohl in der Industrie als auch in den Medien (egal ob "klassisch" oder "neu"). Aber auf Dauer hast Du eben als Youtuber/Fachmagazin/whatever ohne Glaubwürdigkeit keine Audience. Und wenn Du missliebige Medien als Industrie nicht mehr mit Material versorgst, hast Du ebenfalls ein Glaubwürdigkeitsproblem. Denn dann "kaufst" Du in der Wahrnehmung der Konsumenten tatsächlich positive Berichte. Damit das nicht passiert, gibt es in den meisten größeren Firmen ja Compliance-Regeln und die Trennung von PR und Marketing. Es erfordert eben Rückgrat, das funktionieren zu lassen. Wo das fehlt, entstehen Dinge wie in dem Video kritisiert.