Bernhard_Baptist
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Schon wieder ist ein halbes Jahr um und das Sommersemester zu Ende. Nachdem Ende vergangener Woche die Prüfungen erledigt waren, ist es mir ein Bedürfnis, meinen Freunden (und -innen) hier im Forum einen kurzen Lagebericht zukommen zu lassen.
An der Musikwissenschaft geht es mir erstaunlich gut. Allerdings treibt mich die Gepflogenheit, alle Prüfungen eines Semesters jeweils während der letzten 10 Tage zu bündeln, jedes Mal erneut an den Rand der Verzweiflung: Wie soll man bis zu neun Prüfungen in dieser Zeit schaffen? Dazu gehören immerhin so Brocken wie Notationskunde oder Partiturspiel. Diesmal habe ich nur drei Examina machen können. Ebenso viele muss ich auf Oktober schieben. Daneben habe ich auch noch eine Arbeit zu schreiben. Schuld an dieser Aufteilung sind familiäre Ablenkungen und die Flöten. Frau und Tochter brauchen gelegentlich auch etwas mehr von mir als einen mit zerrauften Haaren und irrem Blick in drei Büchern gleichzeitig blätternden Kataleptiker. Zudem weigere ich mich einfach, wie im ersten Semester auf das Üben weitgehend zu verzichten. Ich BRAUCHE das einfach für mein psychisches Wohlbefinden!
Daher übe ich konsequent und strukturiert mindestens eine Stunde täglich, Seminare hin oder her - und ohne Rücksicht auf die Prolo-Nachbarn. Letztere müssen sich ohnehin bedeckt halten, denn meine Beschwerde über das tagtägliche Gewecktwerden um 5:15 trotz Gehörschutz liegt fertig in der Schublade...
Dieses Üben zahlt sich jedenfalls aus: Es geht tatsächlich etwas weiter. Das Repertoire wächst langsam aber beständig, meine Technik hat erst jüngst wieder einen spürbaren Schub bekommen (Präzision, Wendigkeit, Maximaltempo, Vibratos etc.). Am meisten freut mich allerdings, dass ich an sich gar keinen Lehrer mehr brauche um Neues zu erarbeiten. Immerhin habe ich ja ein dreiviertel Konzertfachstudium hinter mir. Was noch fehlt sind einige Spezialtechniken, die man an sich nur für zeitgenössische Musik braucht. Und die interessiert mich aktuell wenig. Am Konservatorium habe ich gelernt, WIE man etwas spielt. An der MUWI nun lerne ich, WARUM man es so spielt - die Kombination ist schlicht phantastisch!
Was das Repertoire betrifft: Ich habe mich in den letzten Monaten vor allem auf die Altflöte beschränkt. Damit konnte ich mittlerweile die Hälfte der Telemann-Fantasien erarbeiten. Diese Werke kann ich allen ernsthaft Interessierten nur wärmstens empfehlen: Ähnlich wie bei Bachs "Wohltemperiertem Klavier" steht jede Fantasie in einer anderen Tonart und jede vermittelt eine andere Grundstimmung. Die technische Schwierigkeit liegt zwischen mittel und schwierig. Das Wichtigste beim Erarbeiten ist eine vorausgehende gründliche Analyse der musikalischen Strukturen. Dies erst ermöglicht das Herausschälen der unglaublich faszinierenden Kleinode aus einem auf den ersten Blick ziemlich dichten Notenwald durch kundige Phrasierung und Akzentuierung.
Noch tiefgründiger erscheint mir Bachs Partita in c BWV 1013, an deren Courante ich gerade feile. Mit diesem Werk kann man sich wohl ein ganzes Flötistenleben beschäftigen und doch immer wieder Neues entdecken. Die Schwierigkeit liegt hier besonders in der Atemführung. Bach hat halt selbst nicht Flöte gespielt, das merkt man...
Auch Francesco Veracinis Sonaten beschäftigen mich aktuell, sie haben einen eigenen Charme. Daneben gibt es mit der Ganassi-Flöte Ausflüge in Renaissance und Frühbarock. Werke des Spaniers Antonio de Cabezon beispielsweise sind eine wahre Fundgrube...
Im Lauf der Zeit habe ich erfahren, dass sich unter meinen Kollegen an der MUWI nicht wenige befinden, die dieses Studium ebenfalls als "zweite Wahl" betreiben und fertig ausgebildete Instrumentalisten sind. Tatsächlich sind in meinem Semester auch 5 Blöckflötisten/-innen (ich hasse Gender). Es scheint sich nun ein Consort formieren zu wollen, meine Wenigkeit inklusive! *Händereib* Eine Kollegin, etwa in meiner Altersklasse aber längst fertige Blockflötenlehrerin und Traversspielerin, verfügt sogar über ein eigenes Renaissance-Consort bis runter zum Großbass. Sie wird uns das zur Verfügung stellen und die Leitung des Ensembles übernehmen. Hoffentlich wird daraus wirklich etwas, es wäre zu schön um wahr zu sein...
Ich hoffe jedenfalls, dass es Euch allen gut geht und Ihr viel Freude beim Musizieren erlebt. Einen erbaulichen Sommer wünsche ich!
An der Musikwissenschaft geht es mir erstaunlich gut. Allerdings treibt mich die Gepflogenheit, alle Prüfungen eines Semesters jeweils während der letzten 10 Tage zu bündeln, jedes Mal erneut an den Rand der Verzweiflung: Wie soll man bis zu neun Prüfungen in dieser Zeit schaffen? Dazu gehören immerhin so Brocken wie Notationskunde oder Partiturspiel. Diesmal habe ich nur drei Examina machen können. Ebenso viele muss ich auf Oktober schieben. Daneben habe ich auch noch eine Arbeit zu schreiben. Schuld an dieser Aufteilung sind familiäre Ablenkungen und die Flöten. Frau und Tochter brauchen gelegentlich auch etwas mehr von mir als einen mit zerrauften Haaren und irrem Blick in drei Büchern gleichzeitig blätternden Kataleptiker. Zudem weigere ich mich einfach, wie im ersten Semester auf das Üben weitgehend zu verzichten. Ich BRAUCHE das einfach für mein psychisches Wohlbefinden!
Daher übe ich konsequent und strukturiert mindestens eine Stunde täglich, Seminare hin oder her - und ohne Rücksicht auf die Prolo-Nachbarn. Letztere müssen sich ohnehin bedeckt halten, denn meine Beschwerde über das tagtägliche Gewecktwerden um 5:15 trotz Gehörschutz liegt fertig in der Schublade...
Dieses Üben zahlt sich jedenfalls aus: Es geht tatsächlich etwas weiter. Das Repertoire wächst langsam aber beständig, meine Technik hat erst jüngst wieder einen spürbaren Schub bekommen (Präzision, Wendigkeit, Maximaltempo, Vibratos etc.). Am meisten freut mich allerdings, dass ich an sich gar keinen Lehrer mehr brauche um Neues zu erarbeiten. Immerhin habe ich ja ein dreiviertel Konzertfachstudium hinter mir. Was noch fehlt sind einige Spezialtechniken, die man an sich nur für zeitgenössische Musik braucht. Und die interessiert mich aktuell wenig. Am Konservatorium habe ich gelernt, WIE man etwas spielt. An der MUWI nun lerne ich, WARUM man es so spielt - die Kombination ist schlicht phantastisch!
Was das Repertoire betrifft: Ich habe mich in den letzten Monaten vor allem auf die Altflöte beschränkt. Damit konnte ich mittlerweile die Hälfte der Telemann-Fantasien erarbeiten. Diese Werke kann ich allen ernsthaft Interessierten nur wärmstens empfehlen: Ähnlich wie bei Bachs "Wohltemperiertem Klavier" steht jede Fantasie in einer anderen Tonart und jede vermittelt eine andere Grundstimmung. Die technische Schwierigkeit liegt zwischen mittel und schwierig. Das Wichtigste beim Erarbeiten ist eine vorausgehende gründliche Analyse der musikalischen Strukturen. Dies erst ermöglicht das Herausschälen der unglaublich faszinierenden Kleinode aus einem auf den ersten Blick ziemlich dichten Notenwald durch kundige Phrasierung und Akzentuierung.
Noch tiefgründiger erscheint mir Bachs Partita in c BWV 1013, an deren Courante ich gerade feile. Mit diesem Werk kann man sich wohl ein ganzes Flötistenleben beschäftigen und doch immer wieder Neues entdecken. Die Schwierigkeit liegt hier besonders in der Atemführung. Bach hat halt selbst nicht Flöte gespielt, das merkt man...
Auch Francesco Veracinis Sonaten beschäftigen mich aktuell, sie haben einen eigenen Charme. Daneben gibt es mit der Ganassi-Flöte Ausflüge in Renaissance und Frühbarock. Werke des Spaniers Antonio de Cabezon beispielsweise sind eine wahre Fundgrube...
Im Lauf der Zeit habe ich erfahren, dass sich unter meinen Kollegen an der MUWI nicht wenige befinden, die dieses Studium ebenfalls als "zweite Wahl" betreiben und fertig ausgebildete Instrumentalisten sind. Tatsächlich sind in meinem Semester auch 5 Blöckflötisten/-innen (ich hasse Gender). Es scheint sich nun ein Consort formieren zu wollen, meine Wenigkeit inklusive! *Händereib* Eine Kollegin, etwa in meiner Altersklasse aber längst fertige Blockflötenlehrerin und Traversspielerin, verfügt sogar über ein eigenes Renaissance-Consort bis runter zum Großbass. Sie wird uns das zur Verfügung stellen und die Leitung des Ensembles übernehmen. Hoffentlich wird daraus wirklich etwas, es wäre zu schön um wahr zu sein...
Ich hoffe jedenfalls, dass es Euch allen gut geht und Ihr viel Freude beim Musizieren erlebt. Einen erbaulichen Sommer wünsche ich!