Ist das Konzept "Band" tot?

Ist doch völlig okay, wenn so ein Video hier zur Diskussion freigegeben wird. Diskussion lebt von unterschiedlichen Meinungen, und wie schnell passiert es, dass man a) denkt, man ist mit seiner Meinung / seinem Bauchgefühl völlig allein in der weiten Welt, oder dass man b) vor lauter Betriebsblindheit die eigene Meinung so in Beton gießt, dass man nix Anderes mehr gelten lässt. Unterschiedliche Meinungen tun gut und erweitern den eigenen Horizont. Von daher: herzlich gerne, und auch ganz ohne Clickbait ...
 
Unterschiedliche Meinungen tun gut und erweitern den eigenen Horizont.
Ja, auf jeden Fall!

Bedenken habe ich nur, wenn man versucht von der persönlichen Meinung zur allgemeingültigen Aussage zu schließen, wie die, die im Threadtitel als Frage angerissen wird. Dat funxioniert so nich. ;)
 
Dafür war's ja als Frage formuliert ...
 
Das Konzept Band ist genauso tot oder lebendig wie das Konzept "Ehe" oder "Familie". Das geht immer wieder millionenfach in die Brüche, aber trotzdem geht wohl kein Weg dran vorbei....

Es ist IMO völlig in Ordnung wenn man von der ganzen Bandshice gehörig die Nase voll hat (ging mir auch schon so...), aber irgendwann wagt man vielleicht dann doch wieder den Versuch; vielleicht mit viel kleineren Ansprüchen und Erwartungen und dann hoffentlich auch mit weniger Frustrationen.
Da wo Menschen etwas zusammen machen, "menschelt" es! Das wird immer so sein. Die Frage ist in wieweit man sich davon stressen/ärgern lässt.

Am Ende bleiben immer die 3 "A" bei Konflikten: Ändern, Akzeptieren oder Abhauen. Keine der drei Alternativen ist schlechter oder besser, als die andere! Wichtig ist nur, dass man da für sich eines der "As" entscheidet. Das Ganze "ich erzähl euch mal was mir so tiersch auf den Sack geht" finde ich nur noch verhalten interessant, wenn Betreffender selbst Teil des Problems ist, weil er obige Entscheidung einfach nicht treffen will oder kann.
 
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Es ist schwieriger geworde. Live kommt man nicht mehr so gut an Auftritte wie vor einigen Jahren, viele kleine Clubs haben dicht gemacht (ich rede jetzt mal on meiner Umgebung und Beobachtungen in meinem Kreis). Das ist einfach schwierig geworden. Dazu gibt es weniger Musikläden wo man sich früher mal auch nur zum quatschen getroffen hat. Es gab etwas weiter weg damals nen laden, "Green Audio", früher Hersteller vor allem für Bassamps, später einfach Musikladen, da hing ich ständig rum, kam oft ins Gespräch mit Leuten und so haben sich Bekanntschaften ergeben. Man sollte meinen in Zeiten des Internets ist das leichter, aber die boardeigene miserable Musikersuche zeigt das es irgendwie doch nicht so easy ist wie früher. Auch Proberäume sind ein echt rares gut, wenn bezahlbar und halbwegs vernünftig.

Ich habe nach über 5 Jahren wieder eine Band, und so richtrig super läuft es nicht, aber wir verstehen uns menschlich super und es passt zeitlich. Von daher ok. Dazu kann man heute wunderbar alleine Musik basteln, produzieren und veröffentlichen, ohne Druck, ohne auf Kollegen warten zu müssen, ohne Unzuverlässigkeit. Es gibt, gefühlt, weniger Leute die ein Instrument spielen und weniger Musik mit Instrumenten die populär ist. Große Rockbands sterben auch nach und nach aus, das was eben viele zum Rock gebracht hat.

Wenn es hier Bands gibt dann meist Cover, man kommt schnell an Gigs (naja schneller) und mit etwas Glück nimmt man auch ein paar Euro mit. Mit eigener Musik bin ich froh wenn ich +/- 0 rauskomme.

Wo ich eigentlich hin will: Ich bin der Überzeugung das es, je nach Gegend, schwieriger ist an eine Band zu kommen, habe das selbst oft genug erlebt, und aufgrunddessen viele in der Gründung bereits scheitern. Das Konzept Band wird nie sterben. Aber leichter wird es sicherlich nicht. Ich habe aktuell kaum große Ansprüche, die Band motiviert mich zu üben, naja manchmal frustet es auch bezügich Zuverlässigkeit des Drummers..., und menschlich passt es. Wir wissen alle das wir keine Rockstars mehr werden und auch wenn es musikalisch nicht 100% mein Ding ist weiß ich auch das wenn ichs himschmeiße sicher wieder 5 Jahre nach etwas neuem Suche :)
 
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Danke für deinen Input, Leader.

Die Idee mit dem Homerecording kam mir auch, aber für mich ist es irgendwie immernoch Grundvoraussetzung, dass ich mit anderen Leuten face to face Musik machen kann.

Da würde mir als "Bedroom-Producer" schon was fehlen.
 
Du das verstehe ich total. Ich habe Jahre das Konzept alleine probiert , ich hab tausende halbe Songs und Ideen aber nichts ganzes. Ich mag das im Proberaum hocken und Ideen austauschen, quatschen und an Songs schrauben total gern.
 
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Ich hab keine Probleme damit, alleine zuhause meine Musik zu erschaffen. Es gefällt mir auch ganz gut, was dabei rauskommt. :D Dem sind aber einfach Grenzen gesetzt:

- Alleine auf die Bühne stellen wird schwierig - zumindest bei den Genres, die mir liegen; würde ich Singer-Songwriter-Musik auf der Akustikgitarre machen, sähe das schon wieder anders aus.
- Was mir nicht einfällt, kommt nicht vor :engel: - Ideen von außerhalb, die die eigenen noch besser machen oder die man mit den eigenen noch besser machen kann, sind unbezahlbar.
- Zuguterletzt habe ich bisher ausschließlich in Bands gespielt, wo ich mit den Leuten so gut klar kam, dass man von Freundschaft sprechen kann. :) Auch wenn ich mit dem Harddiskrecorder per Du bin, trinkt er kein Bier mit.
 
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Naja mir fehlt ein zweiter Blick auf Songs und Ideen. Und da hilt einfach ein Partner im Songwriting. Ein Kollege macht auch alles allein, klappt wunderbar. Mir fehlt das halt, allein jammen mit einem Drummer. Das mit einem Drummer der harmoniert ist unersetzlich für mich (habe ich leider in meiner aktuellen Truppe auch nicht so)
 
Mir würde definitiv etwas fehlen, wenn ich ständig daheim nur mein eigenes Süppchen kochen würde - in meinen Mitstreitern sehe ich also auch so etwas wie die Prise Salz oder das Schüßchen Maggi zu meinen Ideen. Natürlich klappt das auch wie im Video beschrieben ohne Band in Form von kurz- oder längerfristigen Kooperationen mit anderen Musikern, nur wäre mir das auf Dauer irgendwie ein Stück weit zu "unverbindlich"!? Ich mache jetzt über vier Jahre mit den gleichen Leuten Musik, und ich wage einfach mal zu behaupten, dass sich in dieser Zeit so etwas wie ein "musikalisch-zwischenmenschliches-Band" entwickelt hat - man weiß wie die anderen ticken, musikalisch ebenso wie menschlich (was für mich nicht gerade unerheblich ist!). Für den Profi-Musiker wird das vermutlich eher unwichtig sein, da zählen andere Attribute.
Musik in all seinen Facetten ist eine so wundersame Blume, deren Blüten mannigfaltige Früchte hervorbringen können - besonders wenn man sie mit anderen teilt bzw. andere daran teilhaben läßt. Mir reicht ein Blick in die Gesichter meiner Bandkollegen am Ende eines gelungenen Stückes um die Eingangsfrage zu verneinen: "Das Konzept Band" ist (zumindest für mich) noch längst nicht tot!
 
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Gerade im sehr elektronisch geprägten Deutschland tendiere ich da auch zu einem "Ja".
"Elektronisch geprägt" ist eine Sache. Aber in Deutschland bedeutet elektronische Musik immer entweder Berliner Schule oder Dance Music oder komplett Experimentelles. All das wird überwiegend von Einzelkünstlern gemacht, die auch herzlich wenig selbst machen, weil beide Stilrichtungen praktisch komplett aus Sequencern kommen.

Kraftwerk hatten nie Nachahmer. Jedenfalls nicht hier, wo melodische elektronische Musik verpönt ist.

Hier in UK oder davor in USA sieht es aber ganz anders aus, da gehen die Rock-Wurzeln offenbar sehr viel tiefer... oder man ist einfach noch ein paar Jahre hinten dran, das kann auch sein.
Da ist auch die Bandbreite an Gitarrenmusik eine ganz andere, auch hat Gitarrenmusik einen anderen Stellenwert.

Hierzulande sind Livemusiker
  • entweder Profis
  • oder Amateure, dann aber im "Kinder sind aus dem Haus"-Alter, was meistens jenseits der 50 ist
  • oder maximal Anfang 20 und immer noch hormonell so durch den Wind, daß sie unbedingt Metal spielen müssen. Warum Metal? Weil es möglichst laut, möglichst schnell, möglichst hart, möglichst brutal sein muß.
Deutschland hat auch einfach keine Rockmusik-Vergangenheit. Ende der 60er, Anfang der 70er gab's ein bißchen Krautrock. Aber schon Mitte der 70er wurde exportfähige deutsche Musik definiert als komplett oder überwiegend elektronisch und/oder experimentell.

Die Briten haben dagegen den Beat der 60er, die zeitgleiche Wiederbelebung und "Britifizierung" amerikanischer Bluesmusik und das daraus entstehende Aufkommen der frühen Rockmusik, dann den Prog Rock (und den Glam Rock, auf den man sich jenseits von Bolan & Bowie aber nur hinter vorgehaltener Hand beruft), dann den sehr politisch gefärbten Punk, außerdem Queen und einige kultige Metal-Dauerbrenner, die niemandem mehr irgendwas beweisen müssen. Selbst der Britpop glüht noch nach, auch wenn er im Zickenkrieg endete.

Die Amis haben den Rock & Roll der 50er, den aus Irland übernommenen Folk, die Singer-Songwriter-Sachen von Mitte der 60er, die britischen Einflüsse, all das kochte zusammen zum Hard Rock, der die 70er prägte, und dann den amerikanischen Punk Rock – und der war nicht politisch, sondern einfach Rock & Roll 2.0: schnörkelloser Vollgas-Bretter-Rock voll auf die 12, die Antithese zum Prog Rock. Nicht zuletzt waren es die Amis, die ab Ende der 80er Jahre die Rockmusik und den Metal vorm Synthesizer "retteten", und zwar gleich mehrfach – Thrash Metal, Alternative Rock, College Rock, Grunge und die Wiedergeburt des Punk, der in England ohne Maggie Thatcher als Feindbild keine Existenzberechtigung mehr hatte über eine reine Modeströmung hinaus und in Amiland wieder zu dem wurde, was er immer war.

Worauf können wir uns berufen? Kraftwerk sind elektronisch, Rammstein sind Kabarett, die Scorpions sind für viele eine Balladenband geworden, aber für niemanden ein Vorbild, und alles andere ist schon seit den 70ern weg vom Fenster oder wird mehr oder weniger als Schlager wahrgenommen.

Das sieht man dann auch daran, was so in den verbliebenen Liveclubs auftritt. Die meisten Bands sind doch Importe. Hier in Hamburg sieht man auch noch ein paar Namen aus der Hamburger Szene, aber das sind auch immer dieselben.


Martman
 
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Also ich weiß ja nicht, aber es gibt zumindest in meinem Umfeld und allgemein in der Metalszene viele Leute zwischen 20 und 40 die sehr aktiv Musik in Bands machen. Klar macht man damit in den seltensten Fällen wirklich Geld damit aber viele Bands tragen sich abgesehen von Proberaummiete und etwas Fahrerei selbst.
 
Deutschland hat auch einfach keine Rockmusik-Vergangenheit.
Dabei hat sich der Peter solche Mühe gegeben ...

peterkrausrock.jpg
 
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Das Konzept Band ist genauso tot oder lebendig wie das Konzept "Ehe" oder "Familie". Das geht immer wieder millionenfach in die Brüche, aber trotzdem geht wohl kein Weg dran vorbei....
Sehe ich genauso. Ich spiele seit meinem 15. Lebensjahr in Bands, das sind bald 40 Jahre! Und ich kann nur sagen, dass ich in jeder Band geprägt worden bin, mich aufgrund der Anforderungen, der Kritik und Bestätigung meiner Mitmusiker mich dahin entwickelt habe, wo ich heute bin.
Natürlich kann ich heute durch die technischen Entwicklungen meine Musik komplett alleine und zu Hause schaffen, und mir das im Gegensatz zu früher, wo man bereits an der Anschaffung einer 8 Spur Bandmaschine gescheitert wäre, auch leisten. Ich kann sogar eine fast studiotaugliche Qualität abliefern, die über die Downloadportale vermarkten, ohne wie früher tausende an Märkern oder Euros für das Pressen von Schallplatten oder CDs auszugeben, ohne die ich gar nichts erreicht hätte. Und wenn ich mir dann durch entsprechende Anzahl von Käufen und Downloads sogar einen Namen gemacht habe, und entdeckt werde!!!... spätestens dann wenn es auf die Bühne geht, brauche ich eine Band. Es sei denn ich mache Schlager und gehe mit Halbplayback auf die Bühne :redface:

Mal ohne Scheiß,... ohne Band würde mir das Musikmachen keinen Spaß bringen. Ich brauche wöchentlichen Bandproben, die Interaktion auf der Bühne. Und selbst, wenn man mit den Argumenten kommt, dass es immer weniger Gelegenheiten für Gigs gibt, ist mir das gemeinsame Spielen im Proberaum noch lieber, als das Vegetieren im eigenen Homestudio.

Klar, ist die erste Herausforderung natürlich, eine Band zu finden, Musiker, mit denen man sich versteht, die die selben Vorstellungen und Ziele haben.
 
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Das Kernproblem ist meiner Wahrnehmung nach Folgendes:

Wenn man Songschreiber / Produzent oder sonst jemand ist, der mit seiner Band etwas "erschaffen" will - "irgendwas, das bleibt" - dann kann man es meiner Erfahrung nach langfristig nur bedingt mit Leuten in ein und derselben Band aushalten, die das Ganze eher zur Entspannung machen, als bloßes Hobby oder um nach dem Auftritt einen saufen zu können. Bei diesen "Entspannungsmusikern" bist du nämlich sonst direkt der Buhmann, wenn du Druck machst, weil du willst, dass etwas ordentlich gemacht wird.

Meistens jedoch bestehen Bands aus Zugpferden und Mitläufern; wenn es nur Zugpferde sind, kommen sich die Egos in die Quere, weil die Pferde deshalb noch lange nicht alle in dieselbe Richtung ziehen. Das ist aber eher die Ausnahme; Mitläufer, die sich hängen lassen, ihre Parts nicht üben, zu Proben nicht oder verspätet erscheinen und dann auch noch ihr Equipment oder ihre Noten vergessen... jaaaaa, die gibt es deutlich häufiger, wie mir scheint :) !

Wenn du selbst den Part eines anderen Instrumentalisten lernen musst, um ihn ihm beizubringen, dann läuft was verkehrt. Die "Zugpferde" kümmern sich meistens schon um Dinge wie Songwriting, Koordination von Probe- und Auftrittsterminen, Aufnehmen / Produktion etc., wenn man dann oben drauf noch zum kostenlosen Ersatz-Lehrer auf dem Instrument werden soll, dann kann man dieses Instrument auch gleich selbst spielen. Einen anderen Musiker anzulernen für etwas, das man selbst kann, ist wirklich nur dann sinnvoll, wenn man hauptsächlich live auftreten will und dafür nun einmal bestimmte Aufgaben delegieren muss.

Ein Haufen Leute, die alle einfach nur zum Entspannen nach der Arbeit zusammen Musik machen wollen, die haben damit einen blendenden Zeitvertreib. Dafür muss man ja auch nicht einmal eigene Songs haben, man covert einfach ein bisschen im Keller vor sich hin, und irgendwann sitzen ein paar dieser Nummern gut genug, dass man sie auch mal auf Familienfesten als Ständchen bringen kann. Alles schön und gut, solange alle damit zufrieden sind. Sobald aber auch nur einer anfängt, etwas eigenes zu schreiben und damit mehr von sich selbst in das ganze Projekt zu investieren, treten die unterschiedlichen Prioritäten zutage.

Und meistens heißt das: "Jimmy quit, Jody got married; should have known we'd never get far." :)
 
Wenn man Songschreiber / Produzent oder sonst jemand ist, der mit seiner Band etwas "erschaffen" will - "irgendwas, das bleibt" - dann kann man es meiner Erfahrung nach langfristig nur bedingt mit Leuten in ein und derselben Band aushalten, die das Ganze eher zur Entspannung machen, als bloßes Hobby oder um nach dem Auftritt einen saufen zu können. Bei diesen "Entspannungsmusikern" bist du nämlich sonst direkt der Buhmann, wenn du Druck machst, weil du willst, dass etwas ordentlich gemacht wird.
Und das kann man nicht schon im Vorfeld abklären wo man hin will?
Leider habe ich (als reiner Hobbymusiker) es auch schon erlebt, dass nach geraumer Zeit einer aus der Freizeitband plötzlich nach "Höherem" strebt. Der Gnatsch ist da natürlich vorprogrammiert und das Ganze ist schnell zerfallen!
 
Das Band-Konzept ist definitiv nicht tot. Ich mache seit vielen Jahren Musik und betreue mehrere Bands in verschiedenen Altersklassen. Es war schon immer schwierig und so wird es auch bleiben. Es ist ungefähr so, als ob du vier Frauen suchst, die alle auf dich stehen, alle die gleichen Ziele, Wertvorstellungen etc. haben und sich auch noch untereinander toll finden müssen. Erschwerend kommt noch hinzu, daß sie alle ungefähr auf gleichem Level was können müssen. Das kann nicht einfach sein und Fluktuation, Frustration etc. sind logischerweise damit verbunden. Wer eine Band haben will braucht i.d.R. eine hohe Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen, aber dann kann es auch klappen. Ich kenne einige Bands die sehr happy miteinander sind.
 
Natürlich wird es immer Leute geben, die sich mehr engagieren als andere, die sich mehr einbringen, teils aus Zeitgründen, teils aus eigenem Interesse, teils aufgrund ihrer Möglichkeiten und Können. Man muss sich halt ergänzen, und am Ende sollen alle davon profitieren.
In der einen Band bin ich derjenige, der am meisten macht. Wir covern ausschließlich, und ich bereite die Songs vor, indem ich geeignete Songs suche, stelle MP3s zur Verfügung, erstelle die Sheets usw. Ich mach's halt, weil ich Lust dazu habe, und weil ich's kann, auch wenn ich mich manchmal schon ärgere, dass sich die anderen zu blöd anstellen oder halt nicht die Nerds sind, was sie mir gerne aus Spaß vorwerfen. Aber wenn's uns am Ende weiterbringt und ich mich nicht ausgenutzt fühle, mach ich's halt auch gerne, auch wenn ich viel Zeit, deutlich mehr als die anderen investiere, und auch häufig Songs vorbereite, die wir dann doch nicht machen.
In der anderen Band sind auch andere, die sich hier und dort mehr einbringen. Hier fordern wir uns gegenseitig, spornen uns an, und das bringt jeden Einzelnen von uns weiter. Ist natürlich besser, aber man kann nicht alles haben. Das Leben besteht nun mal aus Kompromissen, in einer Beziehung, im Job, und natürlich auch in einer Band.
 
Video und die Diskussion geben eigentlich gesellschaftliche Trends wieder, die wir als Musiker alle kennen, die aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen leicht zu beobachten sind:

1. Individualisierung

Das Thema "Selbstverwirklichung" wird für viele Menschen gleichgesetzt mit Maximierung der persönlichen Freiheit. Feste Probentermine, Abhängigkeiten von Anderen, Verbindlichkeit der eigenen Leistung - das sind alles Voraussetzungen für Projekte im "Team-Modus". Und gleichzeitig schränken sie die gefühlte Freiheit ein. Aus meiner Sicht ist das oft nachvollziehbar, häufig wird aber der persönliche Benefit von Teamleistungen unterschätzt. Der Lonesomewolf ist zwar frei, aber einsam...

2. Digitalisierung

Homerecording, günstige Musikinstrumente, virtuelle Gemeinschaften - nie zuvor konnte man als Einzelner so einfach und günstig so tolles Zeugs machen wie heute. Im Zweifelsfall reicht ein einfaches Smartphone schon aus (-> Acapella-Maker).
Gleichzeitig ist das Angebot vielfältigen und individuellen Musikkonsums unfassbar groß geworden. Demensprechend ist die Nachfrage gesättigt, die Preise fallen ins Bodenlose, genauso die Verdienstmöglichkeiten.

In der Summe ergeben allein diese Faktoren einen spürbaren gesellschaftlichen Wertewandel, der Wert des gemeinsamen Musizierens sinkt, sowohl für Musiker, als auch für das Publikum. Das Konzept "Band" wird damit allerdings keinesfalls "abgetötet". Die gesellschaftliche Bedeutung wird halt kleiner. Und das ist vollkommen normal, so geht es auch dem Amateurfußball, TV-Serien und der Idee von der Ehe. Man kann diese Entwicklung beklagen und als Niedergang wahrnehmen und bezogen auf die Werte der zeiten Hälfte des letzten Jahrhunderts ist das auch richtig. Aber Gesellschaft und Kultur sind IMMER im Wandel, mal langsamer, mal schneller. Und jetzt gerade mit extremer Geschwindigkeit.

Ich finde es wichtig, sich dem Wandel zu öffnen und dabei nach Möglichkeiten zu suchen, diesen Wandel mit dem eigenen Leben positiv zu verknüpfen. Dabei aber die "alten Werte" im Auge zu behalten und sich nicht im Klickibunti der Digitalisierung zu verirren, das ist die Aufgabe.
 
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