Nee, um Himmels Willen, ich brauche keinen Schaltplan dazu, danke.
Wenn ich solche Gedanken nicht bis zum Ende durchspinne, dann fließt mir das die nächsten Wochen im Kopf rum. Daher
:
Option 3 ist das, was ich jetzt eingebaut habe.
Option 2 wäre die ordentliche Lösung, da die Signale als Spannungen verkoppelt sind und die Zeitkonstanten unabhängig voneinander gewählt werden können.
Option 1 ist die "low cost" - Pfuschlösung, da hier R26 und R27 dazu führen, dass sich die Signale gegenseitig beeinflussen.
Man kann auf jeden Fall sowas bauen und es ist auch nicht besonders viel Aufwand, aber ich denke, dass Option 3 am sinnvollsten ist. Das Ganze muss dann eben über den Wert von R12 so abgeglichen werden, dass das Band gerade zugeht, wenn die Endstufe clippt.
Dann weiß man auch, wann der Verstärker auf "eleven" bzw eher "twelve" steht.
Weiter im Text:
Netzteil
Wie oben beschrieben brauche ich eine Anodenspannung, eine neg. Gittervorspannung von ca. -30 V für die Endstufe, eine Hilfsspannung für die Kanalumschaltung (>= 5 V) sowie Heizspannung für die ganzen Röhren.
Der
Netztransformator sieht so aus:
Die Strombelastbarkeiten ergeben sich aus den im originalen Verstärker vorhandenen Röhren.
Jede der 6.3 V Heizwicklungen hatte 3x EL84 angeschlossen; diese führen zusammen zu einem Heizstrom von 3x0.75A = 2.25 A. Ich nehme also eine Strombelastbarkeit in dieser Größenordnung an - daher die 2.3 A. Analog bei der 0.3 A Wicklung - hier war original eine ECC81 angeschlossen.
Über die Hilfswicklung zur Erzeugung der -Ug kann ich außer der Leerlaufspannung nichts sagen, da diese ja nur ein paar mA liefern muss, würde ich die nicht zu stark belasten. Ich könnte jetzt den Draht am Trafo ablöten, seinen Durchmesser messen, dann den Querschnitt berechnen und dann schauen, was die Wicklung aushalten müsste oder ich könnte den DC - Innenwiderstand messen und dann über die für den Kern vorhandenen Unterlagen (M102/52b) und die Leerlaufspannung abschätzen/ausrechnen welchen Querschnitt der Draht haben müsste, aber da ich die Wicklung ohnehin wieder für die neg. Gittervorspannung benutzen werde, kann ich mir die Arbeit schenken.
Heizspannung:
Der Verstärker hatte wohl deswegen zwei identische (?) Heizwicklungen, weil es sich vom Layout her anbot (3x EL84 vorne, 3x EL84 hinten, siehe ersten Beitrag) und Wicklungen mit weniger Strombelastbarkeit sind einfacher zu wickeln, da die Drähte dünner und damit leichter biegbar sind. Ich nehme also an, dass die Wicklungen identisch sind.
Die Wicklungen müssen irgendwie zusammengeschaltet werden, da ich sonst die Vorstufen zum Teil von der einen und zum Teil von der anderen Wicklung versorgen muss - das Kabelchaos möchte ich mir gerne sparen. Es gibt zwei Optionen:
- Beide 2.3 A Wicklungen parallelschalten und alle Heizungen parallel an 6.3 V anschließen:
Das ist nur möglich, wenn die Spannung zwischen den beiden Heizwicklungen sehr klein ist (die Wicklungen wirklich identisch sind). Also messen:
Wenn hier eine hohe Spannung gemessen wird, dann sind die Wicklungen nicht parallel sondern in Reihe geschaltet, also müsste eine Wicklung umgepolt werden. In meinem Fall (man sieht am Trafo die Wicklungsanfänge und - enden) waren es irgendwas um die 30mV AC, also vernachlässigbar. Diese Option wäre also möglich.
- Beide 2.3 A Wicklungen in Reihe schalten und die Heizungen sowohl an 6.3 V als auch an 12.6 V anschließen (die ECC83 heißt auf amerikanisch nicht umsonst
12AX7... die kann ja 6.3 V und 12.6 V):
Hier muss man logischerweise die Heizwicklungen richtig in Reihe schalten, sonst ist die Heizspannung bei den ECC83 Null (siehe oben, wie "rausmessen".
Die 6P3S werden mit 6.3 V beheizt, ebenso die EM84. Ich könnte auch zwei 6P3S in Reihe an 12.6 V anschließen, aber das ist in meinen Augen Pfusch, denn wenn sich die Heizungen aus irgendwelchen Gründen unterscheiden, dann wird eine Röhre überheizt und die andere unterheizt. Außerdem führt ein Ausfall einer Heizung zum Ausfall von zwei Röhren.
Der Vorteil bei dieser Anordnung ist, dass sich eine gegenüber dem Heizungsmittelpunkt (also der Mitte der beiden Wicklungen) symmetrische Heizspannung ergibt. Marshall usw benutzen mittelangezapfte Transformatoren (2x 3.15 V) aus diesem Grund und in kommerziellen Geräten wurde früher die Heizwicklung mit zwei Widerständen symmetriert. Damit erhält man bei verdrillten Heizleitungen im Gerät sehr geringe kapazitive Störeinstreuungen, da sich die elektrischen Felder gegenseitig aufheben.
Ein weiterer Vorteil ist die höhere Spannung von 12.6 V und der damit gegenüber 6.3 V halbierte Heizstrom. Dadurch entstehen im Bereich der ECC83 geringere magnetische Felder, die zu geringeren magnetischen Störeinstreuungen führen.
Und nicht zuletzt spart man sich die nervigen Brücken zwischen Pin 4 und 5 der ECC83 und den "Haken" um die komplette Fassung, der die ganze wunderbare "Es sind zwei gegenphasige Brummsignale nebeneinander und das hebt sich auf" - Idee kaputtmacht.
Negative Gittervorspannung / Hilfsspannung für Relais
Wie oben beschrieben (siehe Kennlinienschar) benötigt die 6P3S ca. -30 V damit man in sinnvolle Ruhestrom-Größenordnungen kommt (hier ist die Untergrenze so 30 mA). Dafür reicht die 16 V - Wicklung nicht aus. Also entweder einen Spannungsverdoppler einbauen (google: Greinacherschaltung, Villardschaltung) oder eine weitere Wicklung mitbenutzen.
Die 6.3 V / 300 mA Wicklung bietet sich an, da diese nur die Relais versorgen muss (< 100mA) und da dort deswegen eine Einweggleichrichtung denkbar ist.
6.3 V + 16 V ergeben gleichgerichtet (16+6.3)*sqrt(2) - 0.7 = 30.8 V, das passt zu den geforderten -30 V.
6.3 V ergeben gleichgerichtet 6.3 * sqrt(2) - 0.7 = 7.5 V - das passt zu 5V Relais (mit Vorwiderstand).
Anodenspannung
Der Netztransformator liefert ca. 230-240 V AC. Gleichgerichtet ergibt das ca. 300 - 320 V. Für das Sieben der Spannungen für Ug2 und die Vorstufen ist da nicht mehr viel Platz.
Die Siebkette sollte also mit relativ wenig Spannungsabfall auskommen. Für die Endstufen-Schirmgitter bietet sich eine Drossel an (lag rum
), für die Vorstufen bedeutet das: "Wenig R, viel C".
Geht man von ca. 310 V an den Schirmgittern aus und erlaubt man 20 V Spannungsabfall über dem Siebwiderstand (so um die 300 V wollen die ECC83 schon haben, damit das Ganze noch Dynamik hat, insbesondere die Phasenumkehrstufe, die die Endröhren treibt!).
Bei 4x ECC83 = 8 Triodensystemen und pro System 1mA (Pi * Daumen
) ergibt das 8 mA gesamt Dazu die EM84, also sagen wir ca. 10 mA. 20 V / 10 mA = 2 kOhm. Also um die 2.2 kOhm für den ersten Siebwiderstand.
Für den zweiten Siebwiderstand baue ich 10 kOhm ein, da besonders für die ersten Stufen eine saubere Anodenspannung essentiell wichtig ist. Dann hätte die Vorstufe ca. 240 V Betriebsspannung. Das ist nicht so viel wie in anderen Verstärkern, aber da es sich hier um ein Schrottophon handelt, dem eine gewisse bluesige Dreckigkeit zugeschrieben werden soll, stört mich das momentan noch nicht
.
Damit ergibt sich dann diese Netzteilschaltung
Der Spannungsteiler im Heizungsbereich dient dem "Hochlegen" der Heizung gegenüber dem Massepotential. Einerseits schont das die Isolation zwischen Heizung und Kathode und anderseits reduziert es Brummprobleme. Die Kathode liegt bei Kathodenfolgern gern auf +150..160 V in Ruhe und bei Austeuerung bis zur Verzerrung deutlich darüber. Die Isolation ist bei der ECC83 aber nur für 180 V zugelassen und schlägt dann gerne durch, was zu den "Britzel"-problemen bei alten Marshalls usw führt.
Die EM84 ist für Ufk <= 100 V zugelassen. Damit ergibt sich die Spannung zum Hochlegen der Heizung zu +90 V, da diese auch bei 10% Netzüberspannung noch unter den Grenzwerten bleiben muss (hier: 90 V * 1.1 = 99 V
)
Noch ein paar Worte zur Gittervorspannung für g1 und g2:
Es gibt "Profis", die stabilisieren die -Ug1 mit Zenerdioden. Das ist saudumm. Steigt die Netzspannung, steigt auch Ug2 und damit der Ruhestrom. Sinkt die Netzspannung, passiert das Gegenteil.
Wenn Ug1 stabilisiert wird, muss zwingend (!!!!) auch Ug2 stabilisiert werden. Hier bleiben wir "oldschool" und machen weder das Eine noch das andere - dann heben sich die beiden Effekte (Ug2 steigt => Mehr Ruhestrom, Ug1 steigt (betragsmäßig ) => Weniger Ruhestrom).
Noch ein paar Worte zu Einweggleichrichtung:
Einfach gesagt
: EINWEGGLEICHRICHUNG (an Netztransformatoren o.ä.) IST SCHEISSE. Sowas benutzt man nur, wenn nicht viel Strom fließt, da sonst der Trafo durch den Gleichstromanteil gesättigt wird. Hier komme ich damit durch, da sowohl auf der Hilfsspannung für +7.5 V als auch bei der -Ug nur sehr kleine Ströme fließen. Dazu ist der Trafo für die Leistung riesig (M102/52b!) und es sind reichlich andere Wicklungen vorhanden, die den Trafo in beiden Netzhalbwellen belasten (Heizungen, Anodenspannung). Benutzt nie Einweggleichrichtung für irgendwas, wo Leistung unterwegs ist - das ist einfach dumm.
(Und ja, bei Schaltnetzteilen geht das, aber darüber reden wir hier nicht).
Hinweis am Rande:
Wenn ich mir die Anzahl an "Likes" anschaue und die Beteiligung des Forums an irgendwelchen Threads ala "ich habe mir einen Gitarrenbausatz gekauft und schraube den jetzt zusammen" dann frage ich mich, wieso ich bei der unglaublich regen Beteiligung in diesem Thread hier teils stundenlang an einen Beitrag schreibe.
ICH brauche keine Schaltbilder für einen so simplen Verstärker und ich muss mir auch nicht selbst erklären, wie das funktioniert - ICH weiß das schon.
Vielleicht beschränke ich mich in Zukunft wieder auf "hier ist ein Bild vom Verstärker" und ein Soundsample... ich hab nämlich irgendwie das Gefühl, dass die Texte keinen wirklich interessieren
.
Nur ein Eindruck, kann auch sein, dass es viele stille Mitleser gibt - was weiß ich.