Eine E-Gitarre lebt doch gerade davon, ein Massenprodukt zu sein - genau als solches ist sie in die Popkultur eingegangen.
Bei der Stratocaster ging es Leo Fender nicht darum, irgendein Stradivari-ähnliches Meisterstück zu fertigen,
sondern es sollte eine qualitativ gute, aber trotzdem kostengünstig und in hohen Massen herzustellende Bauform sein,
die eben selbst der von der Straße angeheuerte Arbeiter ohne große Fachkenntnisse zusammenschrauben kann.
Vergleichbar mit Ford und seinem Model-T oder mit Coca Cola und Fast-Food. ...
Aber genau das ist ja der Gedanke von Custom Shop. Ich denke nicht, dass es Antonio Stradivari damals darum ging eine unbeschreiblich TEURE Geige zu fertigen. Auch er hat sein Bestes gegeben mit seinen handwerklichen Fähigkeiten, seinem Wissen und den Mitteln der Zeit eine sehr gute Geige zu fertigen. Diese lieferte einen Ton, der auch heute noch als besonders gilt. Die Schwierigkeit beginnt genau in dem Moment, wo man beschließt, statt auf ein unendlich teures Original zu sparen, eine absolut genaue Kopie einer Stardivari neu zu bauen, um genau diesen Ton mit einer heute hergestellten Geige hinzubekommen. Dann müssen die richtigen Hölzer aus den richtigen Herkunftsgebieten mit den richtigen Wachstumsstrukturen herbeigeschafft, historisch korrekte Leime und Lacke angerührt werden und ein hochqualifizierter Geigenbauer muss das Ganze dann so zusammenbasteln, dass sich der hohe Aufwand bei der Beschaffung des richtigen Materials am Ende auch durch das Gesamtergebnis rechtfertigt.
Wenn man einem tapferen Handwerks-Gitarrenbauer von nebenan schon zubilligt 1500 EURO für eine handwerklich hergestellte Strat, ohne Verwendung von Fertig-Bodies und Hälsen aus Asien, als Preis aufrufen zu dürfen, sollte es keine Schwierigkeiten machen zu akzeptieren, dass es nicht absurd ist, dass die Spitzenleute im Gitarrenbau im Custom Shop von Fender, oder Gibson einen entsprechend höheren Preis für ein Produkt fordern, weil sie neben historisch korrekten Materialien und Konsistenz durch den Einsatz historisch korrekter Fertigungsmaschinen und Schablonen auch noch ein wenig vom Zauber des Originalen hinzufügen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Herstellung dieser Gitarren weit außerhalb der Profanität einer an nüchter Profitmaximierung orientierten, modernen Großserienproduktion liegt.
Wen es interessiert, wird sich die Mühe machen sich die Videos anzuschauen. Sehr interessant
Ich finde es ist auch wichtig zu beachten, dass nur eine größere Firma die Möglichkeit hat Hölzer umfangreich zu selektieren. Wenige Gitarrenbauer von nebenan werden die Möglichkeit haben, sich aus einem gut sortierten Lager mit Tonhölzern bedienen zu können, um die für ihr Vorhaben, eine GANZ BESTIMMTE Gitarre zu bauen, passende Planke für den Hals herauszusuchen. Mal ganz davon abgesehen, dass es in dieser Phase der Selektion schon eine in Jahrzehnten gewachsene Erfahrung beim Stratbau erfordert, um eine gezielte Auswahl treffen zu können. Welcher Gitarrenbauer von nebenan kann schon von sich behaupten, über Jahre hinweg nichts anderes gemacht zu haben, als Strats zu bauen? Dazu das folgende Video
Also, wenn ich genügend Geld im Portemonnaie hätte und mir daran gelegen wäre, statt einer historischen, blödsinnig teuren Strat von 62, eine genau nach diesem Vorbild neu gebaute zu kaufen, wäre für mich, aus oben genannten Gründen, eine aus dem Custom Shop erste Wahl, und nicht eine vom Gitarrenbauer nebenan.
Leider habe ich persönlich nicht genügend Spielgeld zur Verfügung und deshalb den Mittelweg gewählt, mir eine SUHR-Strat zu kaufen. Die Sorgfalt bei der Selektion ist ähnlich groß und ich traue John Suhr, als ehemaligem Senior Master Builder im Fender Ciustom Shop, auch die nötige Kompetenz zu, gut klingende Strats zu bauen.
Keine Angst, die interessanten Informationen sind in Englisch