Nach Ihrer Komplementär Theorie müsste demnach c´ - cis´ auch eine verminderte Prime sein....??
Hallo cordobesa,
Du kannst mich ruhig duzen, das machen wir hier alle so.
Die Diskussion und die Fragestellung überhaupt hat schon etwas vom Diskurs, wie viele Engel auf eine Nadelspitze passen...
"Meine" Komplementärtheorie geht davon aus, daß sich zwei komplementäre Intervalle zu einer (reinen) Oktave ergänzen.
Ich zeigte nur ein (zugegebenermaßen etwas pathologisches) Extrembeispiel.
Leider konnte ich keine brauchbare (exakte) Definition von "Komplementärintervall" finden.
Ebensogut könnte man diskutieren, ob eine reine Prime überhaupt ein Intervall ist, denn schließlich gibt es keinen Abstand zwischen den beiden Tönen.
Autowerkstatt: "Nein, Ihr Intervallscheibenwischer ist nicht kaputt, das Intervall ist eben 0."
Nach meiner Meinung nach liegen Sie falsch.
Das ist eben eine Sache der Definition bzw. des Zusammenhangs.
Wenn wir einfach nur völlig isoliert Intervalle als solche begrachten und uns auf folgende Definition einigen:
Mit Intervall bezeichnet man den Abstand zweier Töne
"Abstand" bedeutet im mathematischen Sinne sozusagen den Betrag eines Vektors. "Betrag" beinhaltet: dieser Abstand wird
immer positiv angegeben.
Genau wie die Entfernung (Luftlinie) zwischen Bern und Berlin ebenso groß ist wie die Entfernung zwischen Berlin und Bern.
Niemand würde auf die Idee kommen, zu sagen: "Von Bern nach Berlin sind es 750 km, aber von Berlin nach Bern sind es -750 km (minus).
Mit diesem Verständnis kann ein Intervall auch nicht kleiner als Null werden, weniger als nichts geht eben nun mal nicht. Die reine Prime bezeichnet zwei Töne mit Abstand 0. Sobald man einen der beiden Töne vom anderen wegbewegt, vergrößert sich dieser Abstand.
Folglich kann es in dieser Sichtweise keine verminderte Prime geben. Ebenso wie man aus einem leeren Eimer kein Wasser schütten kann.
Harmonische Betrachtungen
Im Gegensatz dazu ist es meiner unmaßgeblichen Meinung nach jedoch durchaus sinnvoll (und auch üblich, selbst unter Hochschulprofessoren), in der Harmonielehre bei einem Akkord, dessen Stufen ja auch mit Hilfe von Intervallen bezeichnet werden können, von einen verminderten Prime zu sprechen, wenn der Grundton um einen Halbton erniedrigt wird.
Hier kommt "meine" Zahlenstrahl-Betrachtung mit der Reihe nach angeordneten Tönen zum Zuge: Wenn man sich auf diesem Zahlenstrahl bewegt, ist es durchaus nicht unsinnig (oder gar esoterisch), durch ein Vorzeichen die Richtung zu beschreiben.
Das hat doch nichts mit "gibt es nicht" zu tun. Letztendlich zählt nur die Physik/Akustik, und da gibt es Frequenzdifferenzen. Ob man nun sagt "10 Hz tiefer" oder "um -10 Hz umstimmen" ist doch nur eine sprachliche Variante. Da sagt ja auch niemand "ha - so ein Blödsinn, es gibt doch keine negativen Frequenzen!".
Wenn man bei einem Dur-Dreiklang die Terz erniedrigt, erhält man eine kleine Terz und somit einen Moll-Dreiklang.
Wenn man eine solche Betrachtungsweise ganz allgemein auf den Grundton, also die Prime, überträgt, hätte man eine
verminderte Prime, wenn man den
Grundton um einen Halbton erniedrigt.
Darf man so sehen. Tun auch manche.
Nach Ihrer Komplementär Theorie müsste demnach c´ - cis´ auch eine verminderte Prime sein....??
Wenn man vom erstgenannten Ton ausgeht, ist der zweitgenannte Ton höher. Also wäre für mich c' - cis' eine übermäßige Prime. Das Komplemetärintervall dazu wäre eine verminderte Oktave. Zusammen ergibt sich wieder eine reine Oktave.
Was stört Dich an meinem ursprünglichen Beispiel mit der übermäßigen Oktave und der verminderten Prime? Du sagst ja nur "so ein Quatsch, frag einen Hochschulprofessor".
Was also ficht Dich an?
Existieren Komplementärintervalle nicht für Intervalle, die größer als eine reine Oktave sind? Also gibt es auch kein Komplemetärintervall zu einer Undezime?
Diese Sichtweise ist nachvollziehbar, wenn man von den absoluten betragsmäßigen Abständen ausgeht. Ebenso wie in einen 10 m langen Flur kein 11 m langes Brett paßt, selbst, wenn man ein -1 m langes Brett dranlegt.
Kurzum: Fragen Sie doch bitte einmal ein Hochschul Musikprofessor/in.
Die Frage lautet: Gibt es eine verminderte Prime?
Der wird mit Sicherheit, wenn es nur um Intervalle an sich geht, sagen: "Nein, es gibt weder eine verminderte noch eine doppelt verminderte Prime."
Wenn man die Intervalle im harmonischen Zusammenhang mit Akkordkonstruktionen behandelt, könnte die Aussage eine andere sein. Das hängt davon ab.
Viele Grüße
Torsten
PS: Übrigens - die alten Ägypter kannten auch nur Bruchzahlen mit 1 im Zähler. Einfach deshalb, weil in ihrer Sichtweise z. B. 1/3 bedeutete "jeder Dritte". Völlig richtig und nachvollziehbar.
Wenn man Dinge der Reihe nach aufstellt, gibt es nur
einen Dritten - zwei Dritte kann es demnach nicht geben!
Mit unsere heutigen Definition von Bruchzahlen gibt es aber 2/3 durchaus, wer würde das bezweifeln.