Ich glaube die Geschichte, welche ich im folgenden Text erzähle, passt gerade hierher.
Die Handlung und die handelnden Personen sind nicht frei erfunden und es sind auch keine Tiere oder Menschen dabei zu Schaden gekommen oder gequält worden. Ein wenig schon, gequält, ich.
Es hat sich aus sehr persönlichen Gründen, die ich hier bewusst nicht anführen möchte, ergeben, den Weg des Gitarrespielenlernens zu beschreiten. Das war vor ca. 2 Jahren. Ich bin nun fast 58. Da mir das Lernen über Videokurse oder nur aus Büchern ohne direkten Kontakt, nicht zusagt oder suspekt ist, (der Musikunterricht vor einem halben Jahrhundert hat nicht so tiefe Spuren hinterlassen, oder eigentlich doch, aber negative) habe ich mir einen Gitarrenlehrer gesucht. Und gefunden. Ein äußerst netter und kompetenter Bursche um die 30 herum, mit dem ich, oder er mit mir, durchaus, trotz des Altersunterschiedes, musikalisch von den Musikinteressen her und auf menschlicher Ebene eine Linie finden konnte. Ich bin weiter in Ausbildung bei ihm.
Dieses Treiben blieb eigentlich eine Zeit lang komplett verborgen und auch nachher dann, waren diese Ambitionen nur meinem engsten Freundeskreis bekannt.
Da nun mein geschätzter Lehrer in einer relativ neu gegründeten Band spielt bin ich natürlich eifriger Besucher dieser Events. Man kann sich ja was abgucken. Soweit so gut. Beim letzten Konzert hat es sich aber ergeben, dass sowohl die nicht allzu zahlreichen Besucher, als auch die Bandmitglieder, hernach zum gemütlichen Teil im integrierten Lokal zusammentrafen. Irgendwie hat einer meiner besten Freunde, vermutlich leicht illuminiert, irgendwem in der Runde erzählt ich nähme beim Gitarristen der Band Unterricht auf meine alten Tage und so weiter und so fort.
Das wars dann. Nacheinander kamen sie angeschlichen. Andere Mitschüler (bislang unbekannter Weise), anwesendes Volk, Bandmitglieder. Alle fanden mein Tun "Cool", "Super", "Mutig", "Toll", "Echt du nimmst auch Unterricht beim G.?", "Sowas habe ich noch nie gehört, in dem Alter!" ... die Situation war, na sagen wir, ein wenig skurril. Für mich. Auf die Altersfrage sage ich ja immer ich sei 63, denn dann kommen wenigsten Komplimente wie "Also mehr als 60 hätte ich dir nicht gegeben"... Meine Antworten beschränkten sich dann auf Stehsätze wo ebenfalls die Worte "Fetzig", "Cool" und "Groupies" vorkamen. Das halte ich aber Alles locker aus.
Das wirklich Absurde der Begebenheit ist ja, ich bin Techniker voll im Berufsleben stehend, dass uns die Obrigkeit, oder sonstige dunkle Mächte, nun seit geraumer Zeit erzählen wir sollten doch bis zum Greisenhaftigen, weil wir ja recht dynamische graue Panther sind, bis weit ins Alter wo uns die Firma "Ruhe Sanft Ges.m.b.h." Flyer zuschickt, unseren Teil beitragen. Die Kassen würde es sonst nicht aushalten. Kann sein.
Dazu sei angemerkt, dass ich im Beruf mich fast tagtäglich größeren intellektuellen Herausforderungen stellen muß, als sie das Erlernen eines Instrumentes darstellen. Na gut, die Feinmotorik zu trainieren ist dann schon eher ein etwas zäherer Vorgang, aber was solls.
Andererseits, man beachte die Threads hier zu diesem Thema, fragen sich blühende 30er ob sie nicht schon für Dieses oder Jenes zu alt seien und vorsichtshalber nur mehr das Weiche vom Brot kauen sollten. Es ist völlig abstrus. Die gesellschaftliche Situation.
Auf den, sicher berechtigten, Einwurf, man solle es sich abschminken jemals so zu spielen wie Jimmy H. oder Obershredder WildString kann ich nur antworten, man solle einmal überlegen wieviele 14jährige überhaupt dabeibleiben und von denen dann wieviele spielen werden wie Jimmy H. oder Obershredder WildString. Streitfrage, sicher.
P.S.:
Ganz froh war ich aber bei obig geschilderter Begebenheit im Lokal, dass nicht der Sänger und Bandleader bei mir vorstellig wurde und mich ob meines Treibens zu einem Privatgespräch eingeladen hat. Der ist im Zivilberuf Facharzt für Psychiatrie.
So, und jetzt geh' ich Barre üben ...