Dann reihe ich mich mit meinen Erfahrungen mal mit ein.
Als ich ~11-12 Jahre alt war, habe ich von meiner Mutter eine Gitarre geschenkt bekommen, weil sie meinte, ich könnte doch mal ein Instrument lernen. Gekauft hat sie diese beim Versandhandel Weltbild, dort gab es ein Set für
49€, bestehend aus:
- einer 3/4-Konzertgitarre
- einer Gitarrentasche
- einem Buch von Peter Bursch mit CD zum Lernen der Gitarrengrundlagen
- ein bisschen Kleinzeug (Ersatz-Teile, Plektrum etc.)
Bemerkenswert ist dabei, dass alleine das Buch schon für eine UVP von 24,99€ verkauft wurde (und immer noch wird), die Tasche dürfte für etwa 10€ angeboten sein worden…
effektiv war es also eine 15€-Gitarre.
Genauso klang sie auch. Sehr dünner Klang, Saiten scharrten, miese Bespielbarkeit und die simpelsten Akkorde klangen selbst bei richtiger Stimmung der leeren Saiten stets verstimmt. Nach einiger Zeit verzog sich der Hals soweit, dass er gänzlich vom Korpus abbrach. Mit etwas Sekundenkleber habe ich ihn wieder angeklebt, aber das hat mehr schlecht als recht gehalten.
Im Korpus steht auf einem Aufkleber:
"Wir garantieren, dass dieses Instrument nach den Grundsätzen des traditionellen Gitarrenbaus gefertigt wurde.". Guter Witz.
So überrascht es dann nicht, dass ich kurz nach dem Erlernen des G-Dur-Akkords die Motivation verlor und die Gitarre erst einmal ein paar Jahre irgendwo in den Tiefen meines Zimmers verstaubte.
Das war im Jahr 2005.
Hätte ich Ende 2009/Anfang 2010 nicht über Guitar Hero 3 wieder Lust aufs Gitarrespielen bekommen, wäre meine Zeit als Musiker damit wohl endgültig vorbei gewesen.
Aber das Geld war knapp, ich habe aus meinen Fehlern nicht gelernt und so kam dann die nächste Billig-Gitarre ins Haus. Eine Gibson Baldwin Epoch für ~130€. Allerdings ist das "Gibson" ein bisschen irreführend. Es war wohl tatsächlich eine Tochterfirma von Gibson, aber mit deren Gitarren hatte diese Billig-LP-Kopie recht wenig zu tun. In den USA wurde sie in Wal-Marts verkauft, ich habe sie beim Elektronikhändler Conrad gekauft (fragt mich nicht, warum ich ausgerechnet dort eine Gitarre gesucht habe…), zusammen mit einem Marshall MG15FX-Transistorenamp für etwas über 100€.
Der Hals war leicht schief, an Bundreinheit brauchte man gar nicht erst denken, die Stimm-Mechaniken waren entsetzlich instabil, die Potis und der Pickup-Schalter reagierten kaum und die Pickups rauschten. Aber dennoch war die Verarbeitung um Welten besser als meine erste Gitarre, weswegen ich von der Gitarre irgendwie recht begeistert war.
Ende 2010 habe ich dann die LP-Kopie samt Verstärker verkauft, etwas mehr Geld in die Hand genommen und mir eine Cort G260 NA gegönnt, damals im Ausverkauf für 271€. Die Gitarre habe ich seitdem wirklich häufig benutzt und sie hat mich nie hängen gelassen. Zwar auch noch gerade so im Niedrigpreis-Segment, aber wesentlich besser verarbeitet und deutlich zuverlässiger als alles, was ich bis dato hatte. Inzwischen sollten zwar mal ein paar Teile ausgetauscht werden, aber angesichts der häufigen Nutzung und teilweise nicht optimalen Aufbewahrung ist der Veschleiß noch im Rahmen des Erträglichen. An der Gitarre werde ich sicherlich noch einige Jahre meine Freude haben.
Im November 2010 habe ich mir auch als Ersatz für meine kaputte Weltbild-Gitarre eine Fender Squier SA-105 gekauft, eine Westerngitarre für damals 59€. Auch nicht das Gelbe vom Ei, aber doch ein deutlicher Unterschied. Die Bundreinheit und Bespielbarkeit war gut genug, dass die Akkorde einigermaßen sauber erklingen und auch das Solo-Spiel in höheren Lagen einigermaßen Spaß macht.
Ein paar neue Saiten drauf und sie klang sogar ganz annehmbar. Für Aufnahmen würde ich sie nicht unbedingt verwenden, aber zum Erlernen des Instruments oder auch als Notfall-Backup-Gitarre für den Live-Einsatz halte ich sie dennoch für geeignet.
Der Unterschied zu einer 349€-Westerngitarre von Art & Lutherie, die etwa zwei Jahre später gekauft habe, ist dennoch deutlich und ich würde nicht wieder zurückwechseln wollen.
Fazit des Ganzen: Finger weg von Billig-Gitarren aus Versandhäusern oder Läden, die sich auf andere Dinge als Musikintrumente spezialisiert haben. Dort geht ein geringer Preis in den meisten Fällen auch mit geringer Qualität einher. Das kann einem Anfänger ziemlich die Motivation rauben und im schlimmsten Fall den Spaß an der Musik verderben. Aber auch wenn man durchhält, hat man deswegen unter Umständen noch lange Zeit Probleme, weil man sein Gehör und seine Spieltechnik mit einem unmusikalischem, schwer zu spielendem Instrument trainiert hat und sich dann erst wieder umgewöhnen muss.
Dazu kommt die alte Regel: Wer billig kauft, kauft doppelt.
Sollte der Geldbeutel wirklich nicht mehr hergeben, sind Billigmarken wie Squier und Epiphone immer noch den No-Name-Kaufhausgitarren vorzuziehen. Dort hat man zumindest etwas mehr Qualität fürs Geld und - abhängig von der großen Qualitätsstreuung - mit Glück auch ein Instrument, das zumindest für den Anfang ausreicht. Wobei ich dann immer noch eher zu einem Gebrauchtkauf von einem höherpreisigen Modell raten würde.
Das gilt übrigens nicht nur für Gitarren. Auch bei Keyboards, dem anderen bei Anfängern beliebtem Instrument, sollte man unbedingt die Finger weglassen von Billig-Modellen vom Discounter und stattdessen ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen. Aber dazu steht mehr in gefühlt jeder zweiten Kaufberatung im entsprechenden Unterforum dieses Boards.
Die eingangs erwähnte Weltbild-Gitarre habe ich übrigens vor ein paar Monaten in einem Wutanfall nach allen Regeln der Kunst zerschmettert. Ich muss sagen: das hat mehr Spaß gemacht als alles, was ich je mit dieser Gitarre gemacht habe, zusammen.