smartin
HCA-Gitarrenbau
Aus aktuellem Anlass möchte ich mit diesem Thread ein paar kurze, aber wichtige Hinweise einwerfen...
Dies ist keine vollständige Anleitung!
Der Anlass: Ein enger Freund und Stammkunde war vor 2 Wochen in einem äußerst preisintensiven Studioaufenthalt. Dort schaute ein bekannter "Internetstar" vorbei und bot ihm an, am nächsten Tag doch mal für ein kostenloses Setup bei ihm im Musikgeschäft vorbeizukommen. Das Ergebnis dieses schnellen "Eingriffs" war ein verlorener halber Tag im Studio, denn die Gitarre war nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. - Der "Techniker" machte soziemlich alles falsch, was man bei einem Setup falsch (oder besser gesagt: nicht vernünftig) machen kann...
Daher hier ein Einblick in die Trickkiste. Für manch erfahrenen Musiker mag das alles selbstverständlich sein - aber wie man sieht verhauns selbst die Musikladentechniker mit Berühmtheitsstatus.
Problem 1 - Saitenaufziehen:
Ich habe für die Bilder jetzt mal einen Akustikbass genommen, weil ich dort mit der Kamera besser Detailaufnahmen machen kann und die Problemstellen bei Bässen deutlicher erkennbar sind. Das Prinzip ist aber auch auf Gitarren übertragbar und dort genauso gültig. Für normale Standardmechaniken werde ich nochmal Bilder nachliefern - hier seien erstmal die etwas selteneren vollgeschlitzten Mechaniken vorgestellt.
Zum Einstieg ein paar bekannte Grundlagen...
Zunächst einmal wickelt man nicht massig Umdrehungen auf eine Mechanik. Das wissen die Meisten Leute schon, aber wie lang knipst man die Saite nun ab um noch genug Länge zum Wickeln zu haben?! Ganz einfach.... drei Finger breit: (für normale Mechaniken gibts einen anderen Trick... der kommt dann beim nächsten Mal).
In geschlitzte Mechaniken wird die Saite dann von oben in das Loch gesteckt, dann abgeknickt und aufgewickelt:
Jetzt kommt der erste entscheidende Trick für Stimmstabilität: Wir drücken die Saite richtung Außenkante um einen großen, federnden Radius zwischen Sattel und Mechanik zu verhindern...
Anschließend folgt das übliche Stimmen. DANACH schauen wir uns den Sattelbereich an.... wer genauer hinsieht, erkennt auch hier, dass die Saite vor dem Sattel einen Radius wirft. Dieser federt bei Bendings auf und die Gitarre verstimmt sich:
Die Lösung des Problems ist simpel... rausdrücken... bei Gitarren muss der Finger dafür etwas näher an den Sattel heran - eben dorthin, wo man gewöhnlicherweise nicht greift. Vorsichtig sein - wenn man zuviel drückt, erzeugt man einen Radius in die entgegengesetzte Richtung.
Die Saite verläuft nun deutlich gerader - bei Bässen lässt sich ein leichter Radius allerdings wegen der Saitendicke nicht vermeiden.
Das gleiche Prinzip wendet man bei der Brücke bzw. vor den Reitern an:
Abschließend erfolgt das obligatorische Saitenziehen. Dabei verdichtet man die Wicklungen der Saite im Ballend-Bereich und auf den Mechaniken. Wie stark man dabei an den Saiten zieht ist Gefühlssache... zieht man zu schwach, kommt es nicht zur Verdichtung. Zieht man zu stark, zerreißt man die Saite - wie man auf dem Bild erkennen kann, kann man allerdings schon ordentlich zulangen. Wer genug Gefühl entwickelt hat merkt regelrecht, wie die Saite kurz und dezent nachgibt.
Macht man alles vernünftig, bleibt die Gitarre deutlich besser in Tune. Zusätzlich helfen natürlich noch vernünftige Hardwarekomponenten und eventuell verwendete Schmiermittel an Sattel und Brücke, sowie eine gute Saitenqualität.
Problem 2 - Halskrümmung:
Die meisten Musiker wissen was passiert, wenn man an dem Halsstab dreht. Was leider auch viele Techniker nicht wissen ist, dass die tatsächliche Endposition im schlimmsten Fall erst nach 1-2 Tagen eintritt, wenn sich der Hals bisher all zu sehr an die bequeme Position gewöhnt hatte. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein Halsstab über mehrere Jahre nicht verändert wurde - aber auch bei "frischen" Instrumenten kann das Erreichen der Endposition zumindest mehrere Stunden dauern. Wer also eine Halskrümmung ändert sollte zumindest davon ausgehen, dass der Hals eine Weile brauchen wird um sich auf die veränderte Sachlage einzustellen. Idealerweise schaut man nach 2 Tagen nochmal drauf.... ich kenne jedoch auch Fälle, wo die Änderung durch einen zusätzlichen Saitenstärkenwechsel eine ganze Woche dauerte.
Sehr erfahrene Halsstabversteller kennen das Phänomen schon und machen das eben nicht unmittelbar während eines Studiotermins oder kurz vor einem Livekonzert - andere kennen aus Erfahrungswerten das Instrument und kalkulieren die Veränderung zumindest mit ein.
Wiederum andere machens einfach trotzdem und wundern sich dann über verstimmte Instrumente
Grüße,
Martin
Dies ist keine vollständige Anleitung!
Der Anlass: Ein enger Freund und Stammkunde war vor 2 Wochen in einem äußerst preisintensiven Studioaufenthalt. Dort schaute ein bekannter "Internetstar" vorbei und bot ihm an, am nächsten Tag doch mal für ein kostenloses Setup bei ihm im Musikgeschäft vorbeizukommen. Das Ergebnis dieses schnellen "Eingriffs" war ein verlorener halber Tag im Studio, denn die Gitarre war nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. - Der "Techniker" machte soziemlich alles falsch, was man bei einem Setup falsch (oder besser gesagt: nicht vernünftig) machen kann...
Daher hier ein Einblick in die Trickkiste. Für manch erfahrenen Musiker mag das alles selbstverständlich sein - aber wie man sieht verhauns selbst die Musikladentechniker mit Berühmtheitsstatus.
Problem 1 - Saitenaufziehen:
Ich habe für die Bilder jetzt mal einen Akustikbass genommen, weil ich dort mit der Kamera besser Detailaufnahmen machen kann und die Problemstellen bei Bässen deutlicher erkennbar sind. Das Prinzip ist aber auch auf Gitarren übertragbar und dort genauso gültig. Für normale Standardmechaniken werde ich nochmal Bilder nachliefern - hier seien erstmal die etwas selteneren vollgeschlitzten Mechaniken vorgestellt.
Zum Einstieg ein paar bekannte Grundlagen...
Zunächst einmal wickelt man nicht massig Umdrehungen auf eine Mechanik. Das wissen die Meisten Leute schon, aber wie lang knipst man die Saite nun ab um noch genug Länge zum Wickeln zu haben?! Ganz einfach.... drei Finger breit: (für normale Mechaniken gibts einen anderen Trick... der kommt dann beim nächsten Mal).
In geschlitzte Mechaniken wird die Saite dann von oben in das Loch gesteckt, dann abgeknickt und aufgewickelt:
Jetzt kommt der erste entscheidende Trick für Stimmstabilität: Wir drücken die Saite richtung Außenkante um einen großen, federnden Radius zwischen Sattel und Mechanik zu verhindern...
Anschließend folgt das übliche Stimmen. DANACH schauen wir uns den Sattelbereich an.... wer genauer hinsieht, erkennt auch hier, dass die Saite vor dem Sattel einen Radius wirft. Dieser federt bei Bendings auf und die Gitarre verstimmt sich:
Die Lösung des Problems ist simpel... rausdrücken... bei Gitarren muss der Finger dafür etwas näher an den Sattel heran - eben dorthin, wo man gewöhnlicherweise nicht greift. Vorsichtig sein - wenn man zuviel drückt, erzeugt man einen Radius in die entgegengesetzte Richtung.
Die Saite verläuft nun deutlich gerader - bei Bässen lässt sich ein leichter Radius allerdings wegen der Saitendicke nicht vermeiden.
Das gleiche Prinzip wendet man bei der Brücke bzw. vor den Reitern an:
Abschließend erfolgt das obligatorische Saitenziehen. Dabei verdichtet man die Wicklungen der Saite im Ballend-Bereich und auf den Mechaniken. Wie stark man dabei an den Saiten zieht ist Gefühlssache... zieht man zu schwach, kommt es nicht zur Verdichtung. Zieht man zu stark, zerreißt man die Saite - wie man auf dem Bild erkennen kann, kann man allerdings schon ordentlich zulangen. Wer genug Gefühl entwickelt hat merkt regelrecht, wie die Saite kurz und dezent nachgibt.
Macht man alles vernünftig, bleibt die Gitarre deutlich besser in Tune. Zusätzlich helfen natürlich noch vernünftige Hardwarekomponenten und eventuell verwendete Schmiermittel an Sattel und Brücke, sowie eine gute Saitenqualität.
Problem 2 - Halskrümmung:
Die meisten Musiker wissen was passiert, wenn man an dem Halsstab dreht. Was leider auch viele Techniker nicht wissen ist, dass die tatsächliche Endposition im schlimmsten Fall erst nach 1-2 Tagen eintritt, wenn sich der Hals bisher all zu sehr an die bequeme Position gewöhnt hatte. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein Halsstab über mehrere Jahre nicht verändert wurde - aber auch bei "frischen" Instrumenten kann das Erreichen der Endposition zumindest mehrere Stunden dauern. Wer also eine Halskrümmung ändert sollte zumindest davon ausgehen, dass der Hals eine Weile brauchen wird um sich auf die veränderte Sachlage einzustellen. Idealerweise schaut man nach 2 Tagen nochmal drauf.... ich kenne jedoch auch Fälle, wo die Änderung durch einen zusätzlichen Saitenstärkenwechsel eine ganze Woche dauerte.
Sehr erfahrene Halsstabversteller kennen das Phänomen schon und machen das eben nicht unmittelbar während eines Studiotermins oder kurz vor einem Livekonzert - andere kennen aus Erfahrungswerten das Instrument und kalkulieren die Veränderung zumindest mit ein.
Wiederum andere machens einfach trotzdem und wundern sich dann über verstimmte Instrumente
Grüße,
Martin
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