Saitenaufziehen und Setup - entscheidende Tricks

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Aus aktuellem Anlass möchte ich mit diesem Thread ein paar kurze, aber wichtige Hinweise einwerfen...

Dies ist keine vollständige Anleitung!

Der Anlass: Ein enger Freund und Stammkunde war vor 2 Wochen in einem äußerst preisintensiven Studioaufenthalt. Dort schaute ein bekannter "Internetstar" vorbei und bot ihm an, am nächsten Tag doch mal für ein kostenloses Setup bei ihm im Musikgeschäft vorbeizukommen. Das Ergebnis dieses schnellen "Eingriffs" war ein verlorener halber Tag im Studio, denn die Gitarre war nicht mehr unter Kontrolle zu bringen. ;) - Der "Techniker" machte soziemlich alles falsch, was man bei einem Setup falsch (oder besser gesagt: nicht vernünftig) machen kann...

Daher hier ein Einblick in die Trickkiste. Für manch erfahrenen Musiker mag das alles selbstverständlich sein - aber wie man sieht verhauns selbst die Musikladentechniker mit Berühmtheitsstatus.

Problem 1 - Saitenaufziehen:

Ich habe für die Bilder jetzt mal einen Akustikbass genommen, weil ich dort mit der Kamera besser Detailaufnahmen machen kann und die Problemstellen bei Bässen deutlicher erkennbar sind. Das Prinzip ist aber auch auf Gitarren übertragbar und dort genauso gültig. Für normale Standardmechaniken werde ich nochmal Bilder nachliefern - hier seien erstmal die etwas selteneren vollgeschlitzten Mechaniken vorgestellt.
001.JPG

Zum Einstieg ein paar bekannte Grundlagen...

Zunächst einmal wickelt man nicht massig Umdrehungen auf eine Mechanik. Das wissen die Meisten Leute schon, aber wie lang knipst man die Saite nun ab um noch genug Länge zum Wickeln zu haben?! Ganz einfach.... drei Finger breit: (für normale Mechaniken gibts einen anderen Trick... der kommt dann beim nächsten Mal).
002.JPG


In geschlitzte Mechaniken wird die Saite dann von oben in das Loch gesteckt, dann abgeknickt und aufgewickelt:
003.JPG004.JPG005.JPG


Jetzt kommt der erste entscheidende Trick für Stimmstabilität: Wir drücken die Saite richtung Außenkante um einen großen, federnden Radius zwischen Sattel und Mechanik zu verhindern...
007.JPG


Anschließend folgt das übliche Stimmen. DANACH schauen wir uns den Sattelbereich an.... wer genauer hinsieht, erkennt auch hier, dass die Saite vor dem Sattel einen Radius wirft. Dieser federt bei Bendings auf und die Gitarre verstimmt sich:
010_1.jpg


Die Lösung des Problems ist simpel... rausdrücken... bei Gitarren muss der Finger dafür etwas näher an den Sattel heran - eben dorthin, wo man gewöhnlicherweise nicht greift. Vorsichtig sein - wenn man zuviel drückt, erzeugt man einen Radius in die entgegengesetzte Richtung.
011.JPG


Die Saite verläuft nun deutlich gerader - bei Bässen lässt sich ein leichter Radius allerdings wegen der Saitendicke nicht vermeiden.
012_1.jpg


Das gleiche Prinzip wendet man bei der Brücke bzw. vor den Reitern an:
013_1.jpg014.JPG015_1.jpg


Abschließend erfolgt das obligatorische Saitenziehen. Dabei verdichtet man die Wicklungen der Saite im Ballend-Bereich und auf den Mechaniken. Wie stark man dabei an den Saiten zieht ist Gefühlssache... zieht man zu schwach, kommt es nicht zur Verdichtung. Zieht man zu stark, zerreißt man die Saite ;) - wie man auf dem Bild erkennen kann, kann man allerdings schon ordentlich zulangen. Wer genug Gefühl entwickelt hat merkt regelrecht, wie die Saite kurz und dezent nachgibt.
016.JPG


Macht man alles vernünftig, bleibt die Gitarre deutlich besser in Tune. Zusätzlich helfen natürlich noch vernünftige Hardwarekomponenten und eventuell verwendete Schmiermittel an Sattel und Brücke, sowie eine gute Saitenqualität.



Problem 2 - Halskrümmung:

018.JPG

Die meisten Musiker wissen was passiert, wenn man an dem Halsstab dreht. Was leider auch viele Techniker nicht wissen ist, dass die tatsächliche Endposition im schlimmsten Fall erst nach 1-2 Tagen eintritt, wenn sich der Hals bisher all zu sehr an die bequeme Position gewöhnt hatte. Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein Halsstab über mehrere Jahre nicht verändert wurde - aber auch bei "frischen" Instrumenten kann das Erreichen der Endposition zumindest mehrere Stunden dauern. Wer also eine Halskrümmung ändert sollte zumindest davon ausgehen, dass der Hals eine Weile brauchen wird um sich auf die veränderte Sachlage einzustellen. Idealerweise schaut man nach 2 Tagen nochmal drauf.... ich kenne jedoch auch Fälle, wo die Änderung durch einen zusätzlichen Saitenstärkenwechsel eine ganze Woche dauerte.
Sehr erfahrene Halsstabversteller kennen das Phänomen schon und machen das eben nicht unmittelbar während eines Studiotermins oder kurz vor einem Livekonzert - andere kennen aus Erfahrungswerten das Instrument und kalkulieren die Veränderung zumindest mit ein.

Wiederum andere machens einfach trotzdem und wundern sich dann über verstimmte Instrumente ;)


Grüße,
Martin
 
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Eine kleine Ergänzung von mir bei den geschlitzten Mechaniken.
Bei der Erstmontage mit einer Schlüsselfeile die Schlitze nach aussen hin entgraten (hatte ich leider auch schon öfter auf den richtig teuren Mechaniken erlebt).
Das Saitenziehen mache ich selber immer im Abstand der 4 Finger zueinander, über die gesammte Saite, dafür generell etwas sanfter als bei der Version mit einem "Ruck".

Die 3 Finger Regel, ist diese auch bei Wurstfingern/Spinnenfingern zu beachten? ;)
 
Die 3 Finger Regel, ist diese auch bei Wurstfingern/Spinnenfingern zu beachten? ;)

Klar, das passt trotzdem.... meine Finger haben das perfekte Maß für exakt 2 Umdrehungen :D - das ist natürlich das anzustrebene Ideal.
 
Und wenn die Finger zu dick sind einfach Diät halten, wenn sie zu dünn sind nur noch Schnitzel mit Pommes essen. Hm, meine sind aber schon ganz schön dünn... :whistle:
 
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Bei Standard-3L/3R-Mechaniken kann man sich auch ganz gut am Abstand der Mechaniken orientieren.
 
Ich knipse den Rest der Saite ganz zum Schluss ab. Ist das falsch?
Ich hab auch nur 2-3 Umdrehungen...
 
Bei normalen Tunern kein Problem, bei geschlitzten eher schwierig ;)

gesendet per tapatalk
 
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Das sind richtig gute Tips, nämlich auf die Feinheiten und Details kommt es drauf an, und dann braucht man auch keine "Locking Mechaniken" oä. wenns mit der Stimmstabilität nicht passt

hätte ich so eine Anleitung schon vor vielen Jahren mal gehabt hätte ich mir damals viel Zeit, Nerven und Ärger erspart ;) nichts ist nerviger als ein schlecht eingstelltestInstrument, oder eines das sich ständig verstimmt.
Danke für diese einfachen aber richtig guten Tips, auch wenn sie für mich nicht neu waren, finde ich es klasse das du sie so schön beschrieben, bebildert und zusammengefasst hast, davon können sehr viele einen grossen Nutzen davon ziehen.

Vielleicht wäre es nicht schlecht wenn man später einen Index über alle deine Tips erstellt und diesen Sticky macht, nicht das diese tollen Tips in Vergessenheit geraten oder übersehen werden.

lg
exo
 
:D ... ein Inhaltsverzeichnis hat mein Backliner-Ausbildungsskript schon, worin diese Tip alle stehen ;)
 
Und wenn die Finger zu dick sind einfach Diät halten, wenn sie zu dünn sind nur noch Schnitzel mit Pommes essen. Hm, meine sind aber schon ganz schön dünn... :whistle:
sehr gut erkannt!:weird: Man ist was man isst!
images.jpg
 
Ganz schön seltsam, daß man sogar teils recht erfahrenen Gitarristen im Backstage zeigen muß, wie man Saiten richtig, schnell und verstimmungsfrei aufzieht.
Was ich da schon haarsträubendes gesehen hab...:redface:
 
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habe das Aufziehen von Saiten auf sehr eigentümliche Art gelernt: anfangs sind mir etliche Saiten gerissen... Da neue Sätze Geld kosteten, und ich keine Ahnung hatte, warum die immer wieder nach Erwerb z.B. eines Brandneuen Satz Boomers, direkt schon beim Aufziehen durchgingen, musste ich irgend einen Weg finden, dass zu verhindern. Ich achte darauf, dass die Wicklungen sauber übereinander liegen. Verwende bei den tieferen Saiten weniger Windungen als bei den hohen. Dazu kommt bei jeder Saite als Haltsicherung eine Schlaufe, die in das Loch des Wirbels gefädelt wird. That's it. (Ist doch nicht so schwer). :redface: ja, ich weiss - wenn man's mal raushat, dann ist es erst einfach.
 
Super Tips und leicht verständlcih. Finde ich klasse :great:
 
Gilt das mit dem Saitenziehen sowohl für Saiten für Akustik als auch E-Giatrren/Bässen?
 
Jawoll, beide brauchen Saiten! ;)
 
Vielleicht die Tatsache, dass die Saiten einer E-Giatrre nicht identisch mit denen einer Akustik Gitarre sind. Und die Tipps die zu Anfang hier gegeben wurden an einem akustik Bass demonstriert worden sind. Hätte ja sein können, dass sich die Saiten für eine akustik Gitarre anders verhalten als die für eine E-Gitarre.
 
Im Text steht doch, dass es auf alle Saiteninstrumente übertragbar ist und nur wegen der deutlicheren Erscheinung mit einem Bass gemacht wurde.
 
Hätte ja sein können, dass sich die Saiten für eine akustik Gitarre anders verhalten als die für eine E-Gitarre.

Wieso sollten sie?
Stahlsaiten sind Stahlsaiten!

Okay, die Nylon-Saiten einer Klassikgitarre musst Du schon anders aufziehen - alleine schon deswegen, weil die Mechaniken völlig andere sind...
;)
 
Im Text steht doch, dass es auf alle Saiteninstrumente übertragbar ist und nur wegen der deutlicheren Erscheinung mit einem Bass gemacht wurde.

Ja aber es geht mir nicht um Gitarre und Bass sondern akustisch und elektrisch. Das ist ein Unterschied. Aber nun gut. ich weiß jetzt bescheid.
 

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