Genau. Geigen haben mit Gitarren nichts zu tun. Sind beide als Saiteninstrumente mit Resonanzkörpern aus Holz konstruiert, aber damit hört die Ähnlichkeit schon auf. Geigen sind auch viel kleiner als Gitarren. Und sehen anders aus. Und haben i.d.R. keine Mechaniken, sondern einfache Stimmwirbel. Natürlich kann man jetzt noch 6*10²³ weitere irrelevante Unterschiede zwischen verschiedenen Instrumenten herbeikonstruieren - genau so weit, dass zwischen einer Konzertgitarre (Nylonsaiten!) und einer Westerngitarre (Stahlsaiten!) ausser dem Namen "Gitarre" keine gemeinsamkeiten bestehen, aber das ist in der Diskussion nicht zielführend.
Zielführend ist zu Beweisen, daß "Einspielen" entweder eine (psychoakustisches) Phänomen als Interaktion zwischen dem Spieler und dem Instrument oder als (physikalisches) Phänomen allein auf der stofflichen Ebene des Instrumentes vorhanden ist.
Offensichtlich kann man die "Esoteriker", die dann von irgendwelchen magischen "Übertragungen" von positiven Energien durch den Spieler auf das Instrument faseln (auch das gibt es) getrost ignorieren. "Feinstoffliche" Welten gibt es genauso sicher wie es den Weihnachtsmann, den Osterhasen und die Zahnfee gibt ... obwohl, hier muß ich schon mal eine Warnung aussprechen. Ich habe in einem streng wissenschaftlichen empirischen Versuchsaufbau bezüglich des "Einspielens" eine "Feinstoffliche" Beziehung entdeckt, die mein bisheriges Weltbild geradezu erschüttert hat, aber bis ich hier meine empirische Untersuchung zu Ende geführt habe, möchte ich nichts darüber erzählen....
Diejenigen, die dann von einem "stofflichen" Einspielen ausgehen, reden oft genug von "Verspannungen", die durch das Einspielen gelöst werden. Wenn eine Gitare ohne Spannung gebnaut wird, dann kollabiert sie. Leimverbindungen zwischen den Bauteilen sind ziemlich fest und wenn man hier hinreichend große "Spannungen" in durch die Leimverbindung gehaltene Gitarre "auflösen" will, dann muss man die Leimverbindung aufbrechen, denn sonst bewegt sich (statisch) genau gar nichts. Allerdings haben aufgebrochene Leimverbindungen den kleinen Nachteil, dass man - sollte man eine "entspannte" Gitare erzielen wollen, genau diese Verbindung aufbrechen muss und somit keine Gitarre mehr vorfindet, sondern ein Puzzle aus nicht miteinander verbundenen Bauteilen. Außerdem ist die dynamische Energie, die über die Vibration der Saiten in das System eingebracht werden kann (im vergleich zur statischen Last durch den Saitenzug) so gering, dass "Verspannungen" dadurch nicht gelöst werden können. Außerdem beschreibt das "Verspanungsmodell" nicht, warum eine nicht "in allen Lagen eingespielte" Gitarre dann in unterschiedlichen Lagen (als Folöge des Einspielens) unterschiedlich "entspannt" sein soll.
Die einfachste Erklärung (Occam's Rasiermesser!), die mit dem geringsten Teil an (unbestätigten und/oder nicht bestätigbaren) Prämissen auskommt ist die, dass nicht das Instrument kurzfristig "eingespielt wird", sondern dass der formbare Teil des Systems Instrument/Spieler - der Spieler - sich dynamisch auf das Instrument einstellt. Das ist schon von der allgemeinen Grundannahme her logischer, als daß sich das Instrument kurzfristig verändert.
Womit ich hiermit natürlich nicht die langfristige Veränderung des Instrumentes durch Altern des Holzes im Abrede stellen will. Das dies existiert ist nicht nur logisch sondern tatsächlich auch hinreichend bewiesen.
Aber, wie schon gesagt, als Skeptiker habe ich natürlich auch hier in meinem großen Gitarrenzoo eine aktiv laufende Testreihe und die Ergebnisse lassen mich doch ein wenig zweifeln.... Aber bis ich das zu Ende geführt habe, bleibe ich erstmal bei meiner Überzeugung: Nicht das Instrument wird eingespielt, sondern der Spieler spielt sich ein.