Dazu kommt für mich noch persönlich betrachtet die "Messlatte". Soll heißen es werden laute Mixe gewünscht die ich aber so mit meinen Fähigkeiten garnicht richtig bewerkstelligen kann. Wenn ichs trotzdem versuche klingt der Mix schlecht und verzerrt. Da könnte man jetzt sagen, Ha, dann lern doch Mastern.
Also erstmal empfehle ich generell die Lektüre von "Mastering Audio - The Art and the Science". Dann sollte auch schnell klar werden, dass das sog. "Mastering" prinzipiell erstmal recht wenig mit "lautmachen" zu tun hat (bzw. haben sollte).
Dieses mangelnde Grundverständnis ist aber leider auch bei solchen Bands und Künschtlern verbreitet, die sich selbst gerne als qualitätsbewusst und "independent" bezeichnen.
Die Ansage seitens des Künschtlers "so, dann noch eben mastern, damit's schön laut wird" kurz vor Feierabend wäre nicht zum ersten Mal der Grund für eine massive Zeitverschiebung desselben unter Zuhilfenahme größerer Mengen Gerstenkaltschale, "Mastering Audio" und passender Hörbeispiele.
Und genau da(s) hakt es bereits im Getriebe und ist der Grund dafür, dass ich meine Studioarbeit mehr oder weniger an den Nagel gehängt habe. Ich schlage mir nicht Tage oder teils Wochen damit um die Ohren Mixes so gut zu bekommen wie es das Quellmaterial zulässt, nur damit nachher irgendein hirnloser Idiot namens Kunde mit der Schrottpresse drüberbügelt.
"Für die Mülltonne produzieren" hatte ich bereits genug beim Fernsehen - von dort habe ich mich bereits 2004 verabschiedet und seit 2006 auch kein entsprechendes Empfangsgerät mehr, weil mir beim Anblick der allermeisten Formate nurmehr der Mageninhalt in großen Schüben hochkommt.
Jetzt erklär mir bitte mal jemand, wie man es in den 70ern mit all dem rauschenden, rumpelnden und gleichlaufschwankenden "Analogschrott" hinbekommen hat, akustische Meisterwerke zu produzieren, deren Qualitäten gegenüber den meisten aktuellen Produktionen positiv auffallen können.
Aus meiner Sicht (und ich bin alles andere als Retro- oder Vintage-Freak) liegt das primär daran, dass man sich _vor_ dem Druck auf "Record" Gedanken gemacht hat wie das Ganze mal klingen soll und wie man mit dem vorhandenen Material das bestmögliche Ergebnis erzielen kann.
Auch damals wurde schon komprimiert - aber hauptsächlich, um den vorhandenen Rauschabstand sinnvoll ausnutzen zu können ohne all zu massiv in die Sättigung der Aufnahmekette zu fahren.
Digitale Aufnahmemedien, die in der Anfangszeit mit 16 Bit auskommen mussten, hatten und haben effektiv keinen viel größeren Rauschabstand als eine gute Studiobandmaschine mit Dolby S. Von den 96dB theoretisch möglicher Dynamik bleiben nämlich nach Abzug der 12 bzw. 18dB Sicherheitsmarge noch irgendwas zwischen 78 und 84dB übrig.
Und selbst wenn ein ADC 24 Bit kann, heißt das noch lange nicht, dass die Preamps eines billigen Interface da mithalten könnten.
Dennoch: Brauchbare Interfaces, Preamps und 24 Bit ADC existieren und werden benutzt. Mixing erfolgt ohne weitere analoge Dubs "in the box" mit 32 Bit und ausgespielt wird direkt digital auf CD in 44.1/16.
Die Anfänge zum Ende des Loudness War sind gemacht - jetzt sollten diejenigen die Wert auf Qualität legen endlich den Mut haben, entsprechende Produktionen abzuliefern. Wenn sie es denn noch können. Die Technik dafür ist vorhanden und verglichen mit einer Studioausstattung aus den 70er oder 80er Jahren mehr als billig.
Und wenn der Kunde mal wieder anfängt von "lautmachen" zu faseln: Zeigt ihm den Pegelsteller!