Ja, höre Dir so zu, als seist Du ein anderer, der Dir zuhört.
Dieser ganze Technikkram, all die tollen Licks, die man so lernen kann, die ganze Harmonielehre sind nur Technik. Nur Mittel zum Zweck.
Seit einiger Zeit spiele ich in meiner Band noch in einer zweiten, mit einem wirklichen Ausnahmemusiker als Leader. Er ist mit wirklich, wirklich großen Namen auf Welttournee gewesen, so groß, dass nicht nur jeder Mitleser hier, sondern auch 99% der Omis, Opis, Tanten und Onkel der Mitleser die Namen und die Musik kennen. Ich bin wirklich froh, dass er mich in eine seiner Bands geholt hat, ist hammer und macht einen Riesenspaß. Als wir uns Anfang des Jahres auf einer Blues Session kennenlernten, sagte er mir: "Es kommt auf drei Dinge an: Timing, Technik und Gefühl". Das eine ist ohne das andere nix. Alle Aspekte sind wichtig. Außerdem sagte er noch, man müsse in Musik denken, wenn man spielt. Das bedeutet, dass man sich selbst zuhören sollte. Und dass man irgendwann den Absprung schaffen muss, von der Musik als intellektuell-auralem Konstrukt hin zu einer wie selbstverständlich benutzten Sprache schaffen muss, wenn man nicht in der Theorie- oder Technikbox feststecken bleiben möchte.
Diese anonymen Pentatoniker und schlecht gepitchten Stringbender kennen wir wohl alle. Oft haben diese Jungs auch noch ein hanebüchenes Timing. Das kann man sicherlich auch einigen, vielleicht sogar vielen Menschen als Dasmusso und Blues Feeling verkaufen. Nun gut. Spätestens in einer Studiosituation ist da eh Schluss mit lustig und non-reflektiver Ton-Emission (selbstverständlich aus Boutique-Equipment
), denn in so einer Situation wird plötzlich hochreflektiv jede Note dreimal umgedreht, bevor sie in die Weiterverarbeitung darf, so dass man sich mit dem Hinweis auf Feeling und die 80jährige Geschichte des Blues seit Robert Johnson nicht aus Dutzend Cents überzogenen Bendings und ein Zehntelsekunden daneben liegenden Anschlägen heraus quatschen kann
Also, neben all den Geheimtipps bleibt es dabei: Hausaufgaben machen hilft, die Grundlagen zu bekommen. Fokus auf Timing, auf Technik (inkl. Theorie) und dann ist da noch das Gefühl, dem man auch zu trauen lernen sollte, wenn es nicht schon ohnehin tut.
Ob eine Linie aus einem einzelnen Ton oder aus einer ganzen Kaskade von komplexen Figuren quer über das ganze Griffbrett besteht ist ein kleinerer Unterschied, als man glaubt
Grüße Thomas