Hallo zusammen,
zunächst mal Dank an Uwe und Inge für die Hinweise zum "kunstgerechten" Stradella-Notieren.
Es gibt so viele verschiedene Schreibweisen und Grenzfälle... und vor allem tonnenweise "mittelgute" Beispiele.
Ich werde als Akkordeon-Unerfahrener zu gegebener Zeit (und nicht in diesem Thread) sicher noch einige Detailfragen haben.
Mittlerweile bin ich wieder aus dem Urlaub zurück und habe mein Akkordeon wieder zusammengebaut, damit ich mich mal an der hier diskutierten Autumn-Leaves-Akkordfolge versuchen kann.
Abgesehen von den Alternativvorschlägen (zeitweise links nur Baß, Harmonien in der rechten Hand usw.) wollte ich doch mal ausprobieren, ob ich die genannte Stelle "mit Links"
hinbekäme. Musikalisch stelle ich mir das auch reizvoll vor - und zwar für einen eher herbstlich-melancholischen Teil mit Klangteppich oder akzentuierten Akkorden in der linken Hand und einstimmiger (!) Melodieimprovisation.
Einzellösungen sind ja schon diskutiert und erwähnt worden. Ich wollte hier noch einmal den Gesamtzusammenhang der Passage betrachten und zur Diskussion stellen.
Ich habe versucht, einen "Lösungsweg" Schritt für Schritt von den Realbook-Akkorden bis zu einer möglichen Umsetzung auf dem Akkordeon (harmonisch, nicht rhythmisch!) darzustellen.
Für mich, der den Luxus gewöhnt ist, auf Klavier oder Orgel einfach das zu spielen, was mir in den Sinn kommt, ist es eine ebenso neue wie interessante Erfahrung, sich mit den Beschränkungen (und Erleichterungen) des Stradella-Basses auseinanderzusetzen.
Vielleicht hilft es auch dem einen oder anderen erfahrenen Akkordeonisten, sich selbständig auf vielleicht ungewohntes jazziges Terrain zu begeben.
(1) Terzschichtungen in Grundstellung
Statt H7 (d. h. B7) steht in meinem Realbook B7(b9).
Ich werde mich hier an B7(b9) halten - alleine schon weil es überraschenderweise besser zu spielen ist als der "einfache" Septakkord, denn es liegt in diesem Fall günstiger.
Außer Eb7 und Db7 kommen keine fix und fertigen Stradella-Akkorde im Sinne des Erfinders vor, und selbst die werden am Ende wegen besserer Spielbarkeit durch Alternativgriffe ersetzt.
Um das benötigte Tonmaterial zu sichten, habe ich in einem ersten Schritt die Akkordfolge als simple Terzschichtungen notiert:
(2) Akkorde auf "Stradella-Format" bringen
Da sich sowohl im Baß als auch in den Akkorden alles innerhalb einer Oktave abspielt, wird der Tonraum im zweiten Schritt auf den üblichen Stradella-Umfang "komprimiert".
Gleichzeitig sind alle Akkorde auf drei Töne reduziert, weil es bei den benötigten Spannweiten von Baß- zu Akkordknopf und der erforderlichen Geschwindigkeit (zumindest mir) nur schwer möglich ist, mehr als zwei Knöpfe gleichzeitig zu drücken.
Vor allem aber klingt es nicht nicht so "zugematscht".
Bei viertönigen Akkorden wird der Grunton eingespart, weil er schon im Baß vorkommt. Bei fünftönigen Akkorden kann man zusätzlich noch auf die Quinte verzichten, weil sie recht wenig Informationen trägt und ohnehin als Oberton des Grundtons vorhanden ist.
Wichtig für den charakteristischen Klang eines Akkords sind vor allem die Leittöne (Terz, Septime) und Optionstöne: in unserem Fall die tiefalterierte 9 im B7(b9).
Auf die im folgenden Beispiel rot markierten Töne kann man also getrost verzichten, ohne daß der Gesamtklang verfälscht würde.
(3) Gibt es entsprechende Slash-Chords Dreiklang/Baß?
Da sich die Stradella-Knöpfe auf die Dreiklänge Dur-, Moll-, (quintenlose) Sept- und (ebenfalls quintenlose) verminderte Septakkorde beschränken, kann man versuchen, die nun gefundenen Harmonien durch passende Kombinationen von Baß- und Akkordknöpfen darzustellen.
F#-7(b5)
kann durch Kombination von Fis im Baß und A-Moll-Akkord dargestellt werden.
B7(b9)
kann durch Kombination von H im Baß und A-vermindert dargestellt werden.
Die Töne a-c-dis entsprechen enharmonisch verwechselt a-c-es, also Adim.
Wenn wir einen Adim spielen möchten, müssen wir auf dem Akkordeon aber einen Cdim7 drücken (wegen der fehlenden Quinte, aber dafür Septime).
E-7 und
D-7
Moll-Septim-Akkorde lassen sich wunderbar durch Grundton und dem Durakkord eine
große kleine Terz darüber spielen.
Eb7 und
Db7
Die rot eingefärbten Akkorde sind zwar standardmäßig problemlos spielbar, aber sie liegen ungünstig.
(4) Welche Knöpfe denn nun???
Den A-vermindert ersetzen wir wie gesagt durch einen Cdim7.
Bei Eb7 und Db7 muß die Hand ihre Position weniger verändern/knicken, wenn stattdessen die Kombination Dis + Bbdim7 bzw. Cis + Abdim7 gespielt wird.
Insgesamt braucht man eine recht große Spannweite, aber mit etwas Übung geht das erstaunlich gut, jedenfalls besser als Weitsrpünge und Hin- und Her-Knickbewegungen.
(5) Ergebnis
Zum Schluß habe ich noch ein kleines Animated-GIF-Filmchen zusammengebaut, in dem man schön die Bewegung der Baß-/Akkord-Paare beobachten kann.
Ich habe mich auf einen 72er-Baß beschränkt (reicht hier aus und braucht weniger Platz) und die Darstellung so gewählt, als würde man sich im Spiegel sehen.
Viele Grüße
Torsten
Edit: Fehler verbessert