Mal meine - ultrakonservative - Meinung zum Thema Billige Gitarre - Teure Gitarre, die wohl den meisten jüngeren Mitgliedern überhaupt nicht gefallen wird:
ich denke, dass diese ganzen unrealisierbaren Forderungen (Amp für 200 Euro der klingt wie ein Dumble, etc.) mit etwas zusammenhängen, was heute leider in allen Lebensbereichen immer mehr zu finden ist: ich nenne dies nur die Tischlein-Deck-Dich-Mentalität. Heute haben sich die Leute dank Internet und Wohlfahrtsstaat daran gewöhnt, alles zu bekommen, was sie sich nur wünschen, und das ohne viel Arbeit und möglichst sofort: schnell Gitarre spielen lernen, schnell so klingen wie Zakk Wylde, schnell diesen und jenen Song lernen, schnell eine Gitarre bekommen. Hierzu kommt noch die Wegwerf-Mentalität: wenn Dir die Gitarre nicht gefällt, dann gibt's doch Ebay oder was auch immer im Internet...
Ich selbst bin in Osteuropa groß geworden, und in meiner Familie waren keine Parteibonzen, mithilfe der ich alles sofort bekommen konnte. Die ersten Jahre verbrachte ich damit, zu versuchen, auf einer A-Gitarre zu lernen, die noch in der Tschechoslowakei hergestellt wurde. Kein Internet, kein Lehrer, nur der eine oder andere Lokalhero, dem ich auf die Finger schauen konnte und der mir nach den Konzerten einige Tipps gab. Das Ergebnis: eine bis heute währende enge Freundschaft mit vielen dieser Mentoren (ihr wisst: Man to Man, Soul to Soul, wie es sich gehört), und kein Message-Austausch mit Youtube-Leuten, die ich noch nie persönlich getroffen habe.
Als ich 16 wurde, hat meine Familie erkannt, dass ich es mit der Musik ernst meine und dass ich dem Blues verfallen bin. Und es gab nicht den Scheiss, den es heute bei den meisten Familien geben würde, also schnell in den Laden und eine Gurke kaufen. Nein, meine Mutter hat Entbehrungen auf sich genommen, um es mir zu ermöglichen. Und dann kam es: eine American Standard Strat und - glaubt es oder nicht - ein alter Marshall Bluesbreaker. Meine Mutter sagte nur: das ist DEINE Gitarre. Und das ist sie bis heute geblieben: MEINE Gitarre. Keine Gurke aus Fernost, keine Epiphone, keine Squier, sondern MEINE Gitarre und MEIN Amp. Ich glaube, dass ich eher ein Auge hergeben würde, als sie bei Ebay einzustellen. Wenn ich sie mir heute anschaue, denke ich mit Freude an all die Jahre zurück, und ich werde nie vergessen, mit wie viel Liebe man sie mir geschenkt hatte. Sicher, sie ist kein herausragendes Instrument, sie ist mittlerweile fast zur Heavy Relic geworden, aber sie gehört mir. Glaubt ihr im Ernst, dass einer der Youngster von heute in 15 oder 20 Jahren so viel Liebe für irgendsoeine Gitarre verspüren wird, die er sich für 400 Euro bei Ebay geschossen hat, nachdem er sich hier im Forum Rat eingeholt hatte? Ich glaube nicht. Hier gilt auch: kaufe billig, kaufe zweimal - und wirf am besten beide bald weg!
Auch werde ich mich immer daran erinnern, wie ich mein erstes Spitzeninstrument erwarb: ich war schon 30, und es war eine echte Heavy Relic aus dem Fender Custom Shop. Als ich sie in die Hand genommen hatte, war mir sofort klar, was der Slogan von Custom Shop "When you're ready" bedeutet. Ja: ich war bereit. Ich wusste: jetzt bin ich ein erwachsener Mann! Was ich von ihr habe? Freude! Jeden Tag und immer mehr, mit jedem Ton, den ich auf ihr spiele. Werde ich sie jemals hergeben? Wohl kaum freiwillig!
Wie ihr sehr, denke ich etwas anders über "teuer" und "billig": ein Instrument ist für mich ein höchstpersönlicher Gegenstand und eine Entscheidung für das ganze Leben. Und wenn jemand über 200 oder 400 Euro entscheiden muss und dabei noch den Gedanken im Hinterkopf hat, das Ding jederzeit "vertickern" zu können, wird er sich seine Entscheidung nicht so sorgfältig überlegen müssen, wie jemand, der gezwungen ist - wie wir damals - zu sparen und damit sorgfältig abzuwägen. Eine Patek Philippe kauft man halt immer auch für die nächste Generation...