Vintage.....das Schlagwort für Marketing und Vertrieb

Axel52
Axel52
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
21.08.24
Registriert
15.11.11
Beiträge
1.044
Kekse
5.213
Ort
bei Heilbronn
Hallo,

weiss nicht ob dieser post hierher gehört. Die Mods mögen ihn dann entsprechend verschieben. Danke.


als alter Musikerhase mit 60 Lenzen auf dem Buckel möchte ich hiermit mal den jungen Musikern den abgedroschenen Begriff "Vintage" etwas näher bringen. Die Musikinstrumenten-Industrie überschüttet uns mit dem Vintage Begriff, dass wirklich keiner mehr durchblickt. Ich habe diese "Ende-Vintage-Zeit" miterlebt. Bereits 1968 stand ich das erstemal mit weichen Knien mit einer Beatband auf der Bühne. Aber nun von Anfang an. Was bedeutet Vintage überhaupt ? Wikipedia hat das sehr gut beschrieben:


http://de.wikipedia.org/wiki/Vintage_(Musikinstrumentenbau)


Die Grundaussagen der ich voll zustimme (Zitat) :


Als Vintage gelten beispielsweise so gut wie alle E-Gitarren des Modells Gibson Les Paul aus den 1950er-Jahren. Zu dieser Zeit wurde beim Instrumentenbauunternehmen Gibson auf handwerklich höchstem Niveau gearbeitet..........

Als Vintage gelten auch so gut wie alle Fender-E-Gitarren und E-Bässe aus der Zeit bevor der US-Konzern CBS Corporation die Firma Fender übernahm, der die Produktion rationalisieren ließ – woraufhin die Qualität der von Fender hergestellten Instrumente angeblich nachließ.......

Ein Vorteil von sehr gut erhaltenen Vintage-Gitarren ist, dass in vergangenen Jahrzehnten noch exklusive Tropenhölzer von besonderen klanglichen Eigenschaften verbaut werden konnten, deren Verwendung heute unbezahlbar oder illegal wäre. Auch war der industrielle Instrumentenbau in früheren Jahrzehnten weniger auf möglichst hohe Produktionszahlen ausgerichtet, so dass die von den Herstellern angekauften Tonhölzer länger lagern und trocknen konnten, bevor sie verbaut wurden......


Jetzt eben mal zwischendurch: "Was hat eine neugebaute Gitte aus 2012 mit der alten Farbgebung und den "Möchtegern-old-pickups" mit Vintage zu tun... ? Aber nun weiter...


Wie war es damals... ? Fender, Gibson und c.o. konnten wir uns in old-germany einfach nicht leisten. Dafür gab es aber die Firmen: Höfner, Framus und Hopf. Die meisten Musiker in jenem unserem Lande spielten Anfang der 60iger auf diesen Instrumenten. Die angesgaten AMPs waren ebenfalls deutsche Marken wie Hohner, Framus, Echolette und Dynacord. Gerade Echolette war sehr verbreitet. Die Münchner Firma hatte ursprünglich unter dem Namen "Radio Klemt" firmiert. 1969 wurde Echolette von der Firma Dynacord aufgekauft, an welcher Bauer wiederum Anteile erwarb. Seither ist der Namenszug Klemt aus dem Echolette-Logo verschwunden. In den 1970er Jahren produzierte Geräte kamen zunächst auch baugleich unter dem Namen Dynacord auf den Markt, bis ab etwa 1981 alle neu hergestellten Geräte nur noch unter dem Markennamen Dynacord produziert wurden (aus : http://de.wikipedia.org/wiki/Echolette )


Das bekannteste Gerät war das Endlos-Echogerät von Klemt/Echolette. Jede Band hatte so ein Teil in seinem Equipment. Der berühmte Echolette M40 "Gold Cage" 4-Kanal Gesangsverstärker war die "P.A." schlechthin. By the way, damals kannte man den Begriff P.A. noch nicht.... !


Als Gesangsmikrofone hatten wir AKG ( http://de.wikipedia.org/wiki/AKG_Acoustics ) und Sennheiser ( http://de.wikipedia.org/wiki/Sennheiser ). Bei diesen Sennheiser-Mikros war Rückkopplung und Pfeiffen -bei etwas mehr power- auf der Bühne inbegriffen.


Nun zurück zu den Gitarren-Amps. Auch schon damals kostete ein VOX AC 30 um die 900 DEM. Für die damalige Zeit einfach sauteuer und unerschwinglich. Zur Info, als Lehrling hatte ich damals ein Gehalt von rund 200 DEM (was schon sehr gut war) . Die angesagten Hobby-Bands hatten den Echolette Showstar mit einer ET 100 Gitarrenbox als Equipment. Die Basser den Echolette BS40 oder den Dynacord Bassking. Den letzteren hatte ich -wieso Gitarrist und Bassking ??? Dat Dingens hatte einen Gitarreneingang und war auch für eine Gitarre super geeignet. Auch ich hatte eine Echolette ET 100 Box dranhängen. Ebenfalls war der Hohner-Combo MH60 wie auch der Dynacord Combo (weiss nicht mehr die Bezeichnung) sehr verbreitet.

Internationale Künstler spielten auf dem AC30 (später auch auf dem AC50), Twin Reverb und Selmer, -Amps. Später -durch die Beach-Boys bekannt- hielt auch Binson mit seinen AMPs Einzug in die Musikszene. Binson war eigentlich durch sein Echo-Effektgerät bekannt geworden. Hank B. Marvin (Shadows) sowie Syd Barrett setzte dieses Effektgerät 1967 auf der Pink Floyd LP The Piper at the Gates of Dawn u.a. beim Stück Astronomy Domine ein. Wenig später kam mit dem "Echorec 2" (als "T5E" und "T7E") der bekannteste und beliebteste Vertreter der Familie, welcher beispielsweise von David Gilmour zwischen 1968 und 1977 verwendet wurde.


Zu erwähnen sei noch, dass die VOX gebaute Gitarre in Tränenform nicht den Durchbruch erlitten hat. 1962 stellte Vox die von der italienischen Firma EKO gebaute pentagonale Phantom Gitarre vor. Ein Jahr später folgte die tränenförmige Phantom Mark III; deren Prototyp später von Brian Jones von den Rolling Stones gespielt wurde. Der Clou war damals schon, dass der Kammerton "A" per "Knopfdruck" erzeugt werden konnte. Damit war ein Stimmen schnell möglich. Stimmgeräte wie heute gab es ja noch nicht.


Das erste mal wurde Jimi Hendrix 1966 bei seinen Auftritten mit Johnny Hallyday bekannt. Zusätzlich spielte er in den folgenden Jahren als Begleitmusiker unter anderem für Little Richard, The Supremes, The Isley Brothers und Jackie Wilson. Mit seiner "Experience" wurde nun auch weltweit Marshall Equipment bekannt. John Fogerty (Creedence Clearwater Revival) spielte ebenfalls schon auf Marshall Verstärker.


Somit habe ich jetzt mal versucht das Gitarren- und Gesangsequipment näher zu beschreiben. Schlagzeugmässig kann ich aus dieser Zeit nicht viel sagen, nur, dass Ludwig und Sonor die angesagten "Schießbuden" waren. Im Bassbereich war natürlich der Höfner "Beatlebass" das non plus ultra. Rickenbacker sei auch nicht zu vergessen.


Anfang der 60iger -geprägt durch die Beatles (vorher Toni Sheridan and the Beat-Brothers) und den Stones- wurde der berühmte "beat" ins Leben gerufen. Es wurde auf der Gitte geschrubbt bis die Saiten rissen. Der Beatrhytmus- gespielt mit 3 Akkorden (meisst E, A, H)- war damals einfach geil und riss jeden A..... zum Wackeln mit. Die Balladen wurden meist mit C, Am, F, G gespielt. Daraus entstanden die schönsten songs, die teilweise heute -durch Neuarrangement- zum Hit wurden.


Wir hatten unseren Spass und das Brummen der Amps oder das Pfeiffen der Mikros störte keinen groß. Ich assoziiere ebenfalls Vintage Ende der 50iger bis Ende der 60iger Jahre. Kein Hahn krähte nach irgendwelchen PUs, Gitten oder Amps. Es wurde auf dem gespielt, was da war ..... was eben die Hobbykasse hergab. In meine Augen gehört zum Vintage-feeling, all das, wie es damals war. Was nutzt ein Gitarrist der Alles "vintagemässig" aufgebaut hat, wenn dann der Basser und der Drummer auf dem neuesten Equipment spielt. Von der Gesangsanlage ganz zu schweigen. Wer nutzt heute noch ein Endlosbandgerät wie o.g. ?!?


Die Industrie will das Vintage-feeling den jungen Käufern schmackhaft machen, aber die alten Hasen, haben mittlerweise diese Herstellerfimren verlassen, weil sie jetzt im wohlverdienten Ruhestand sind und dazu sicher noch was sagen könnten. Aufgrund der modernen Produktion -selbst wenn ein relic gefahren wird- wird niemals mehr der echte alte sound wiedergegeben können. In der modernen Produktion wird darauf geachtet dass kaum noch Brummen oder Pfeiffen hochkommt. Also kein 100%iges relic. Genau da liegt die Krux. Vintage heisst brummen, pfeiffen und rauschen.
Den authentischen sound bekommt man eben nur mit den orig. Instrumenten aus der damaligen Zeit hin. Dann noch die entsprechenden AMPs. Wir reden dann schnell einmal über 5.000 Euronen ! In einer Band müsste dann jeder Musiker auf die "alten Schätzchen" zurückgreifen. Dann eben noch das Thema Gesangsanlage.


Ok, das war jetzt mal ein Versuch den grossen Marketinggag etwas Näher zu betrachten. Johannes und sein Buder Martin (wir müssten etwa das gleiche Baujahr sein) haben auch diese Zeit miterlebt und könnten vielleicht dazu auch noch etwas schreiben. In diesem Zusammenhang grüsst ein ehemaliger Sulzbacher (MIL) Aschebersch......
 
Eigenschaft
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 12 Benutzer
Sehr schöner Post :great:

Kann fast alles unterstreichen. Mit dem Begriff Vintage allein ist das Ende der Fahnenstange ja auch noch nicht erreicht. Jetzt gibt´s "relic", "geaged", etc. Man mag dazu stehn wie man will. Es gibt gute Instrumente aus der damailgen Zeit und es gibt genauso gute Instrumente aus der heutigen Zeit. Die Leute, die für mittelmäßige oder schlechte Instrumente von damals oder schlechte Relicinstrumente von heute viel (meist zuviel) Geld bezahlen, sind selber schuld. Sie werden von niemanden gezwungen.

Das Beispiel mit dem AC30 ist wirklich gut und verdeutlicht auch, dass die guten Sachen damals auch schon teuer waren. Aber es gab eine Zeit, da standen diese Teile in den Regalen und niemand wollte sie haben. In dieser Zeit bin ich groß geworden und hab mir für ein kleines Geld einige AC30, Teles, Rickys besorgen können. Das war die Zeit, wo diese Sachen einfach alt, gebraucht und uncool waren. Die Tele habe ich für ein Echogerät bekommen, einen AC30 für einen Yamaha Transistorverstärker, die Ricky für eine (wirklich schlechte) SG. Aber AC/DC wurden grad hip :) Einen anderen AC30 plus Effektgeräte (z.B. Ibanez 808) für 300,-DM. Die Leute waren teilweise froh, wenn sie das Zeug loswurden. Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen.
 
ein anderes und selbst mitbekommenes beispiel sind die Marshall 2203er. ich hab mir meinen '93 gebraucht gekauft. aus allen ecken hab ich damals zu hören bekommen, was ich denn mit so einem alten schei* will. wenn schon Marshall dann wenigsten ein 900er. die seinen wenigstens modern und hätten zwei kanäle. 2001 hab ich dann ne weile mit dem spielen aufgehört. 2007 wieder angefangen und war nicht schlecht überrascht, welcher hype um die dinger inzwischen gemacht wird... :rolleyes:

ich selbst halte nichts von dem ganzen vintage gerede. entweder gefällt mir etwas oder eben nicht - völlig unabhängig vom alter. eine tendenz, daß mir nur altes zeugs gefällt ist bei mir nicht da.

gruß
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
ich selbst halte nichts von dem ganzen vintage gerede. entweder gefällt mir etwas oder eben nicht - völlig unabhängig vom alter.

Genauso sollte es sein. Wenn natürlich jemand -so wie ich- den 60igern verschrieben ist, sollte auch der sound in diese Ecke gehen. Eine fett klingende Les Paul oder PRS zum Beispiel wäre irgendwie fehl am Platz wenn man die songs "einigermassen" authentisch herüberbringen will. Will man aber seine eigene Arrangements dem Publikum näher bringen ist im Grunde alles erlaubt was groovt und Spass macht. Deshalb wäre dann hier das ganze Vintage-Gerede nur ein Marketingeffekt.

Wie gesagt assoziiere ich als echtes Vintage die 60iger Jahre. Damit einmal die jungen Musiker unter uns den sound -wie ich ihn meine- einmal hören können, habe ich mal 2 links nachfolgend eingestellt. Einmal die berühmten Shadows mit Hank B. Marvin als Gitarrist. Die Shadows waren die Begleitband von Cliff Richard. Hank ist der Tremolospezialist (Jammerhaken) schlechthhin. Der 2. link sind die Beachboys mir ihrem berühmten "surf-sound".

1. Shadows: http://www.youtube.com/watch?v=SLocafpLMi0

2. Beachboys: http://www.youtube.com/watch?v=le51jB37Fro Das ist hier eine gegen Überstellung vom Original (Chuck Berry sweet little 16, fällt unter Genre RR) zu dem 60iger surf sound.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mich wundert es nur immer, dass anscheinend Vielen nicht bekannt ist, wie unzufrieden die Musiker damals mit den Möglichkeiten waren, die sich ihnen boten. Hendrix war dauernd am Basteln und als die Technik besser wurde, wollte niemand mehr das alte Zeug haben. Nur heute meinen Einige, es gäbe nichts Besseres! :gruebel:
 
Ja, das stimmt. Gerade oben mein Beispiel mit Hank B. Marvin. Hank war immer rastlos was AMPs und vor Allem Echogeräte anging. Jedes Echogerät was auf den Markt kam wurde von ihm eingehend getestet. Viele Firmen bauten sogar für ihn Unikate. Diese Geräte gingen nie in Serie. Hank ist der Echogräte-Kenner schlechthin. Aber seiner Gitte ist er immer treu geblieben. Als der Höhepunkt seiner Musik schon überschritten war (die Beatles und die Stones beherrschten dann ab Mitte der 60iger die Charts mit ihrer Beat-Musik) hat er sich höchstwahrscheinlich von dem bekannten Hersteller eine Custom Strat bauen lassen. Der sound war fantastisch und wenn man mal beide Aufnahmen vergleicht etwas fetter.

http://www.youtube.com/watch?v=bNAyPK2O4fk

Jimi Hendrix -wie gesagt- war auch ein Tüftler. Er schloss (bei dem berühmten "hey Joe" sound) zwei Marshall-Topteile zusammen. Den Einen drehte er voll auf, bis die Röhren heiss wurden. Mit dem zweiten Topteil regelte er dann nur seinen eigentlichen Klang. Wie schon geschrieben heisst das eigentliche Vintage, brummen, rauschen und basteln.... ;)

Noch einmal zu den Beatles. Ihre Gitten kannte man bis dato noch garnicht. Aber auch diese hatten einen super sound. Andere Mütter haben eben auch schöne Töchter. Es muss nicht immer ein F.... S..... oder G..... auf der Kopfplatte stehen.

http://www.youtube.com/watch?v=RDKC7IsTg8E

Auch das Äussere spielte zu der damaligen Zeit eine grosse Rolle. Dass zählt auch zu Vintage. Übrigens ist das Original von Roll over Beethoven auch von Chuck Berry.
 
Wah... also nein. Nein. Das entzieht sich meinem Verständnis genauso wie die komische Angewohnheit mancher Teenager und Anfangszwanzigerinnen, zu Januaren Hotpants zu tragen als wär Blasenentzündung das neue Schwarz...

Will sagen: Ich bin soeben 23 geworden und hab daher wohl keine wirkliche Kompetenz zu der Thematik, aber ist es nicht irgendwie merkwürdig, dass man glaubt, man könnte sich die Musik, die man macht, mal eben mit drei Vierteln seines Gesamtersparten zusammenkaufen, dass man glaubt, der Sound käme nicht aus dem eigenen Kopf, den eigenen Fingern und der eigenen Bereitschaft, mit dem Equipment, das man sich leisten kann, einfach mal ein kleines bisschen rumzuexperimentieren, bis man seiner Soundvorstellung nahekommt, oder könne überhaupt erstmal nur eine bestimmte Option aus einer endlichen Menge bereits dagewesener Sounds sein. Ich halte das für ziemlich sinnlos.

Axel schreibt es ja selbst, Hendrix war ein Tüftler. Und dann kommen die Hendrix-Revivalisten dieser Welt, steigen auf die Bühne und haben dann erstmal genau dasselbe Equipment wie der selige Jimi selbst, spielen sein Material auf Achtelton und Phrasierungsmilisekunde genau nach und wundern sich dann, wenn's irgendwie flach klingt. Mag sein, es ist etwas esoterisch-schwurbelig, vom "Geist" einer Musik zu sprechen, aber ist denn nicht das genau das, worum es geht? Authentizität und so, und die ist eben nicht dann gegeben, wenn man versucht, etwas möglichst "originalgetreu" und "echt" zu imitieren; man ist ja kein Computer, der mit entsprechend viel Prozessorleistung, RAM und Spielweisendatenbanken das Original ganz genau kopieren kann, sondern man ist selbst ein Mensch entsprechend zur Menschlichkeit des Originals, man hat eigene Stärken und Schwächen, Traumata, Vorlieben etc... die alle weitaus mehr Einfluss auf das eigene Spiel und die eigene Stilmischung haben als ein paar Jahre Unterschied im Alter des Holzes oder das eine oder andere Milliohm mehr oder weniger Gesamtwiderstand der Tonabnehmer.
Man kann vielleicht einem Tonideal nahe kommen, wenn man möglichst ähnliche Technologie im Instrument, den Effekten und der Verstärkung verwendet wie diejenigen, die man imitieren möchte. Aber was eben auch wichtig ist, ist ein Gefühl für das, was man macht. Und das heißt eben auch den Geist der Experimentierfreude, der Rock im weitesten Sinn schon immer geprägt hat, ohne den auch keine der heute durchgecodexten standardisierten (lies: langweilig gewordenen) Genres jemals hätte entstehen können. Ohne ganz viel Bock auf was Neues ist die Musik, die man spielt, tot; da kann man auch nicht sich groß aufbauen und von der Bühne brüllen: Hendrix lives! wenn man selbst nicht in der Art, wie Hendrix selbst immer offen für alles Neue und immer Dinge tat, von deren Möglichkeit niemand geahnt hätte, die Musik, die man zu leben glaubt, eben nicht lebt.

Also, find ich halt. Kann auch sein, dass es ziemlicher Blödsinn ist. Ich meine halt, Vintage hin, Modeling her, man kann die Musik, die man selbst erst spielen muss, nicht kaufen, bevor man sie gespielt hat, und wenn ihr mich Küken ohne Erfahrung fragt, ich mein: Kauft was sich gut anfühlt, Gitarre direkt in den (in dem Fall: Röhren-)Amp, 1m² Pedale, ein POD oder das AxeFX, spielen müsst ihr ja eh selber, das tut euer Equipment nicht für euch. Und nochmal: Irgendwie scheint es derzeit insgesamt sehr populär zu sein, seine Persönlichkeit einzukaufen, nicht das zu sein, was man tut, weil einem danach ist uind man darin aufeht, sondern das, was man am Körper trägt, Bands die man nicht hört sind auf einmal Kleidermarken, oder man ist eben Teil der Firma bei der man arbeitet und das was man leistet; und so scheint es auch irgendwie populär zu sein, dass die Musik, die man macht, etwas ist, das man von anderen Bands und irgendwelchen Instrumentenherstellern gekauft hat, etwas, das man aus einem Pool von vielen Möglichkeiten auswählen, aber nicht selbst erfinden kann. Aber auf der andern Seite: Wann war das jemals in großem Stil anders?

Zum Abschluss möcht ich noch anmerken: Der einzige plausible Grund, reliced Instrumente zu kaufen, ist doch eh nur weils geil aussieht, irgendwelche Begründungen mit Sound sind ja eh nur Mojo, irgendwie...
 
'relictes' Zeuch würde ich nie kaufen, aber ansonsten lass ich kaum alten Plunder aus, der mir irgendwo begegnet...
Das meiste Moderne finde ich in seinem Versuch von 'hochwertig zum günstigen Kurs' zum Gähnen langweilig.
Immer die gleichen Chips auf die Schaltung gedruckt, (anscheinend) nach exorbitanten Messwert-Kriterien ausgewählt.
Da klingt einfach nichts... meistens jedenfalls, aber manchmal erlebt man sogar bei ICs überraschende Ausnahmen.
Viel alte Mikrofone für ein paar Euro, 16-18 bit Wandler, alte Synths und Effektgeräte mit (akustischen) Ecken und Kanten.
Da gibt's reichlich zu entdecken - macht Spass und kostet nicht die Welt. Man muss nur schneller als Jack White sein... :p

cheers, Tom
 
Hallo,

bin sehr überrascht das mein post scheinbar gut angekommen ist. Unser junger Musiker Whyla bringt es auf den Punkt:

Authentizität und so, und die ist eben nicht dann gegeben, wenn man versucht, etwas möglichst "originalgetreu" und "echt" zu imitieren; man ist ja kein Computer, der mit entsprechend viel Prozessorleistung, RAM und Spielweisendatenbanken das Original ganz genau kopieren kann, sondern man ist selbst ein Mensch entsprechend zur Menschlichkeit des Originals, man hat eigene Stärken und Schwächen, Traumata, Vorlieben etc... die alle weitaus mehr Einfluss auf das eigene Spiel und die eigene Stilmischung haben als ein paar Jahre Unterschied im Alter des Holzes oder das eine oder andere Milliohm mehr oder weniger Gesamtwiderstand der Tonabnehmer.

Musik muss vom Herzen über den Kopf und dann auf die Finger kommen. Unsere Vorbilder spielen niemals mehr live das Solo so, wie es einmal aufgenommen wurde. Die Aufnahme war einmalig, unser Vorbild hatte gerade das richtige feeling für sein Gitarrenspiel und er war eben voll mit seinem Herzen dabei. Bei live-Auftritten kann es sein, dass das Solo plötzlich fad klingt oder andersherum plötzlich total geil ist und einen groove erzeugt der so auf der CD nicht aufgenommen wurde. Auch unsere Vorbilder sind nur Menschen mit einem "auf" und "ab".

Klar sollte schon unser sound in die Ecke des Originals kommen (wenn wir covern) aber den letzten pups bekommen wir sowieso nicht hin. Ich meine jetzt eine gesamte Band. Über den Gitarristen geht es weiter zum 2. Gitarristen dann Basser, Drummer und ggf.zum Sänger. Wie auch Whyla sehr schön indirekt schreibt spielt ein F...oder G... auf der Gitte nicht einfach den song ab. Man sollte auch bedenken, dass solche namhaften Künstler von den Herstellerfirmen gesponsert werden. Sie bekommen "schöne" Dollars, wenn sie mit einer XYZ-Gitte auf der Bühne stehen. Dann sind das noch extra hergestellte Custom Teile die den Marketing-Effekt unterstreichen sollen. Ich streite nicht ab, dass ein 10 Jahre abgelagertes Holz (analog den Streichinstrumenten) irgendwo ein Fünkchen mehr sustain und Klangfülle haben. Aber wir sollten realistisch bleiben. Nach über 40 Jahren Bühnenerfahrung weiss ich, dass kein Zuhörer/Besucher das heraushört, ausser der selbsternannten Musikpolizei die, die Kenner schlechthin sein wollen. Die Zuhörer wollen Party, Tanzen und einen schönen Abend verbringen. Die songs sollen gleich erkennbar sein und ob dann ein Solo vom Original abweicht,weil man als Gitarrist selbst kreativ ist, stört keinen Menschen.

Aber genau da greift wieder das Vintage-Marketing-Getue ein. Die Hersteller wollen eben Dollars verdienen und suchen jetzt über die jungen Musiker neue Absatzmärkte. Was habe ich einmal gelernt: "Ideen schaffen Märkte" und das trifft genau z.Zt. in diesem Bereich zu. Man sollte sich sein Instrument genau aussuchen. Egal welches Logo ersteinmal auf der Kopfplatte steht. Vielleicht liegt einem selbst eine schwedische oder japanische Gitte besser in der Hand.

Hatte erst vor paar Wochen bei einem Musikkollegen eine David Gilmour Paula-Gitte in der Hand. In die BRD sollen angeblich nur 35 Stück geliefert worden sein. Der Kaufpreis soll an die 10.000 Eur betragen haben. Ob das so stimmt weiss ich nicht. Das Teil war sauschwer und sah optisch einfach geil aus. Aber.....ich konnte auf diesem Prügel (sorry für den Ausdruck, sollte nichts Negatives sein) einfach nicht spielen. Andere mögen so etwas. In meinen Ohren würde es auch eine Paula für 1000 Eur tun. Aber, so ist eben Marketing.... ;)

Jetzt schlägt aber indirekt der Vintage-Marketing-Bummerang zurück. Ich habe Gitarristen kennengelernt die Alles was unter einer selbsternannten american standard Gitte war, nur belächelt haben. Meist waren diese Gitarristen nicht gerade umwerfend gut waren aber von sich sehr überzeugt. Eh Du, hör mal, spiele Sultans of swing wie auf der CD....... dann habe ich gelächelt, ihm auf die Schulter geklopft und gesagt, dass er so weiter fleissig sein songs herunternudeln solle. Das Wort "feeling" war bei diesen Gitarristen nicht bekannt. Ausserdem sind das solche Musiker, die auch NIE länger bei einer Band bleiben.

Was eine sog. "echte" Gitte im ST-Style effektiv kosten könnte, werde ich mal eroiren und einen entsprechenden post dazu schreiben. Es wird sicher Vielen ein Auge öffnen. Denn für das sog. Vintage-feeling zahlen wir schon unsere Euronen......
 
Ich möchte einmal weiter bei meinem Schlagwort Vintage und deren Marketing-Mythos bleiben. Zur besseren Übersicht meines posts werde ich jetzt mal einen 2. Teil "anlegen".


Tonabnehmer (neudeutsch PU´s) sind eigentlich nichts besonderes. Hierzu einmal ein schöner Bericht: http://fabianhentschel.de/fabian/pickup.html

Fabian Hentschel schreibt hier zutreffend:

Zitat:


Es gibt kaum ein simpleres Gerät als einen Tonabnehmer. Und Märchen vom Vintagesound, Alnicosound usw.. sollte man wirklich nicht zu viel Beachtung schenken.
Auch Ohm-Angaben bringen uns beim Kauf nichts, da wir oft nicht wissen, welcher Drahtdurchmesser verwendet wird.


Was hat sich im Laufe der Jahrzente bei einer Tonabnehmer-Produktion Grundlegendes geändert ? Klar die Magnete. Ferner die maschinengesteuerte Wicklung der Magnete und anderer Kupferdrähte. Ok, dass sind aber Feinheiten die das Prinzip einer PU-Herstellung nicht verändert haben. Eine gut programmierte PU-Fertigungsmaschine stellt je nach Spezifikation der Originalhersteller mit den gleichen Materialien weltweit die gleiche Qualität her. Ob das Ding in USA, Europa, Asien oder sonstwo steht.


Was kostet ein pickup im Bausatz: http://www.der-trashcontainer.de/catalog/product_info.php?cPath=100_101_102&products_id=5472


Jetzt muss man natürlich bei den 18 Eur berücksichtigen, dass hier Zölle und Steuern und Personalkosten darauf liegen. Ein Verkäufer möchte auch Marge machen also natürlich Geld verdienen. Das eben angezeigte Teil kostet vielleicht in der reinen Herstellung noch keine 3 Eur. Die grossen Gitten-Hersteller kaufen diese Teile in grossen Chargen ein und haben dadurch super special prices. Wenn man dann noch die Abschreibung der Fertigungsmaschinen hinzurechnet und die anteiligen Personalkosten (sind in China oder USA natürlich merklich niedriger als in old germany) könnte so ein standard-pickup max. 10 Eur kosten.


Kupfer ist teuer. Rund 34.000 Meter auf einer Spule (von einem Anbieter) mit einer Stärke von 0,063 mm reicht je nach Wicklung für mind. 24 single-coils und kostet rund 60 Eur. Natürlich auch inkl. Steuer, Personalkosten und Marge. Aber wie gesagt, bekommen die Grossabnehmer die dieses Kupferdrähte tonnenweise abnehmen, besondere Preise.

Auf dieser Seite steht Wissenwertes über die PU´s : http://www.gitarrenelektronik.de/pickup-geheimnisse/ausgeplaudert


Zu dem Thema "handwounded" schreibt der Verfasser Folgendes:


Zitat:


Auch heute noch preisen einige Pickup-Hersteller ihre Produkte als "handgewickelt" an. Sie sagen, ein chaotisches Wickeln ergäbe prinzipiell einen besseren Sound als sauber nebeneinander gelegte Drähte, wie Maschinen mit automatischer Drahtführung es machen. Diese Behauptung ist nichts als ein cleverer Werbetrick. Die Ausführung der Wicklung hat Einfluss auf die Induktvität, das ist klar. Bei gleicher Windungszahl hat eine unregelmäßig ausgeführte Wicklung mit vielen Überkreuzungen der Drähte mehr Luft drin als eine regelmäßig Draht neben Draht gewickelte. Dadurch fällt die Induktivität kleiner aus, die Wicklungskapazität ebenfalls. Die Resonanzfrequenz mit der gleichen externen Lastkapazität ist dann höher, der Ton etwas spitzer. Was hier aber nun "besser" oder "schlechter" ist, dafür gibt es keinen absoluten Maßstab, sondern das hängt ganz von der jeweiligen Gitarre ab. Handgewickelte Pickups haben zwangsläufig größere Exemplarstreuungen als maschinell gewickelte.


Wie geschrieben setzt auch hier die Werbung massiv ein und will uns etwas "Besseres" suggerieren, nämlich, dass so die PU´s vor 50 jahren hergestellt wurden. Das Pfeiffen oder Brummen wird aber durch die "reverse-Wicklung der middle PU" weitgehenst unterbunden. Ist das jetzt noch alles Vintage oder was ?


Ich bringe mal hier ein Beispiel: https://www.thomann.de/de/fender_tex_mex_pu_set.htm


Die Kundenbewertungen sind alle gut. Hier zeigt sich eben, dass durch "Billiglohnländer" und moderne Fertigungsstrassen gute pickups gebaut werden können die aber nicht "billig klingen". Bleiben wir nocheinmal bei den Wicklungssets wie o.g. Für rund 60 Euronen kann hier ein Gitarrist wenn er entsprechende handliche Fähigkeiten besitzt sich seine Traum-PU´s selbst zusammenwickeln. Stolz kann er dann behaupten "made in germany und handwounded"..... ;) Je nach sound und Stil macht er ein paar Wicklungen mehr oder weniger und kreiert sich so seinen speziellen sound.

Der o.g. Verfasser schreibt als Fazit:


Zitat:


Generell ist die Qualität der Pickups gegenüber früheren Jahrzehnten deutlich gestiegen. Ein Austausch ist gar nicht so dringend, wie euch dauernd weisgemacht wird.

Aber wie gesagt, wollen uns die Hersteller durch das Vintage-Marketing etwas Besseres suggerieren und uns zum Kauf animieren. Jetzt habe ich versucht einmal die pickup-Produktion Euch näher zu bringen. Ihr wisst jetzt vielleicht Einiges mehr. Jetzt frage ich mich warum dieses Set soviel Geld kostet:

https://www.thomann.de/de/kinman_hank_marvin_strat_set.htm


Sowas nennt man eben Marketing.........
 
Zuletzt bearbeitet:
die Sache mit dem Marketing geht für mich in Ordnung, das ist Marktwirtschaft mit Angebot und Nachfrage...
der Alltag ist voll von Produkten, deren Preis in erster Linie überwiegend von eben jenem Marketing bestimmt wird.
Damit ist nicht der Preis gemeint, den sich die Abteilung ausgedacht hat, sondern das Umlegen der Werbungskosten. ;)

das mit den Pickups ist doch ein wenig sehr grob gerastert - und imho auch falsch, was 'chaotische' Wicklungen angeht.
Man kann heute problemlos sauber gewickelte, induktiv nahezu optimale Spulen herstellen.
Diese liefern dann auch einen sehr sauberen Ton auf technisch hohem Niveau - aber wer will sowas ?
Es ist die knapp am Optimum vorbeigeschrammte, immer noch leicht fehlerbehafte Version, die gefällt.
Und das nicht nur bei Pickups... ;)

ich wechsele bei meinen Bässen oft Komponenten, dh da wandert ein PU schon mal über 3 Bretter.
Habe Fender US vintage, aktuelle 62er Replacement, SD qp(leider kA welche Version), Dimarzio, Squier MiM und ein noname Set.
Die klingen alle deutlich unterschiedlich, am weitesten sind der Dimarzio und der US auseinander.
Ist aber 'nur' normale Stangenware... also so simple ist das mit der Herstellung dann wohl doch nicht.

cheers, Tom
 
Hi Tom,

danke für Dein feedback.

...also so simple ist das mit der Herstellung dann wohl doch nicht.

Es kommt wie geschrieben auf die Magnete und den Kupferdraht darauf an und welche Stärke dieser hat. Natürlich auch die Wicklungen und wie gewickelt wurde. Kaum ein Hersteller macht hier genaue Angaben. Deshalb weicht ja auch von PU- zu PU-Hersteller der sound ab. Finde ich auch persönlich sehr gut. Jeder Hersteller hat also seine eigene Spezifikation wie bei vielen techn. Dinge im Leben. Diese Unterschiede gab es schon immer bei der PU-Produktion. Ob damals oder heute.
 
Nachdem das Thema hier bisher nur aus der Gitarrensicht behandelt wurde (was Wunder, das Musiker-Board ist zu geschätzten über 90% ein E-Gitarristen-Forum), kann ich mal was zum Thema aus der Tastensicht beitragen.

Im Bereich der elektrischen und elektronischen Tasteninstrumente ist es nicht ganz unähnlich, auch da gibt es einen Drang zurück zu vergangenen Epochen. Allerdings geht der vornehmlich von den Keyboardern aus, und die Industrie hat es mehr als einmal verpennt. Außerdem werden Tasteninstrumente mit Stromversorgung im Gegensatz zu etwa Gitarren nicht 50-60 Jahre durchgehend nur mit minimalen Veränderungen gebaut. Speziell den gewaltigen Fortschritt der Digitaltechnik in den 80ern hat kein Synth überlebt, der zuvor gebaut wurde. Der technologische Fortschritt forderte seitdem seine Opfer schon im zarten Alter von drei bis fünf Jahren, das aus heutiger Sicht gar nicht mehr so zart ist.

Vintage, kann man sagen, kam im Tastenbereich erst so Ende der 80er, Anfang der 90er auf. Allen voran lief die Hammond B3, die legendäre Tonradorgel aus den frühen 50er, meist klischeehaft gekoppelt mit einem Leslie 122, beides Technologie der zweiten Hälfte der 30er Jahre (im Grunde ist die B3 sogar ein verkleinertes Telharmonium aus den 20ern). Uralttechnik, Klangerzeugung mit beweglichen Teilen, die sogar geschmiert werden müssen, unsauberer Sound - aber nach den 80ern mit ihrem digitalen, programmierten Glitzersounds war das wieder gefragt. Interessanterweise spielte die Hammond-Koryphäe überhaupt, Jon Lord, eine C3 (mit gleicher Klangerzeugung) und oft genug gar keinen Quirl.

Dazu kam dann das Rhodes, das in den frühen 90ern den Yamaha DX7 als das Digitalpiano überhaupt wieder ablöste, und dem wiederum bald zusätzlich das Wurly 200A zur Seite gestellt wurde. Komplettiert wurden diese elektromagnetischen Kultteile durch das Clavinet (und zwar immer das D6 weil wegen Stevie Wonder) und das Mellotron (als wenn's keine anderen "Bandsampler" gegeben hätte, aber das Mellotron war eben am berühmtesten - Moody Blues, Beatles, Bowie, Led Zep, das ganze Prog-Programm...).

Nach anderen stromgespeisten Tasteninstrumenten dieser Zeit wie Hohner Pianet, Hohner Electra Piano (trotz Stairway) oder ähnlichen Instrumenten von Baldwin krähte kein Hahn. Auch Transistororgeln der 60er wurden erst um die Jahrtausendwende interessant - und da auch nur Farfisa Compact und Vox Continental. Philicorda? Clavioline? Gibson G-101? Lowrey, irgendeine Lowrey? Uninteressant, zumal Lowrey damals wie heute die riesigen, veralteten, vollfurnierten amerikanischen Rentner-Heimorgeln mit viel zuviel Spieltischbeleuchtung waren. (Auf ähnliche Art wurde 1981 dem Elka Synthex der Erfolg versaut: Elka galt als Alleinunterhalter-Ausstatter, Punkt. Der Synthex war gut, das merkte man aber erst 1986, als Jarre ihn als Laser-Harp-Klangerzeuger nahm und Elka ihn längst nicht mehr baute.)

Gut, mit elektromechanischen Instrumenten und Transistororgeln, das ging ja noch. Aber im Synthesizerbereich, da wurde es richtig wild.

Im Laufe der 70er gab's schon so einiges an technischer Innovation. Erst mußte man die Synths nicht mehr zusammenstöpseln. Dann wurden sie mehrstimmig, man konnte Sounds per Knopf- oder Tastendruck aufrufen, statt sie händisch eindrehen zu müssen, dann konnte man seine eigenen Sounds speichern. Aber fast alle waren sie vollanalog und spannungsgesteuert. Von den ersten Digitalversuchen von Rocky Mount Instruments nahe der US-Ostküste (Additive Synthese, Spezialwellenformen), Wolfgang Palms Schmiede PPG hier in Hamburg (Wavetable) und dem schweineteuren Synclavier von New England Digital (FM) wollen wir mal nicht reden. Zumal es selbst Ende der 70er noch speicherlose Monosynths gab, das waren dann die bezahlbaren.

Die 80er fingen erst noch harmlos an als die Ära der Polysynth-Schlachtschiffe von Firmen wie Roland und Oberheim (die endlich Polysynths auch bauen konnten, ohne zwei bis acht komplette Monosynths über eine Tastatur zu ballern). Bevor allerdings ein Wettrüsten der Stimmzahlen in himmelhohen Preisbereichen einsetzte, schlug der Digitalblitz ein.

1983 kamen nämlich sowohl MIDI als auch der Yamaha DX7 raus.

Sequential Circuits und Roland reagierten schnell, aber mit immer noch knopfbestückten und spannungsgesteuerten Polysynths gehobenerer (allerdings nicht abgehobener) Preiklassen, Prophet-600 und Jupiter-6, die beide mit MIDI bestückt wurden. MIDIs Feldzug durch die Produktpaletten war nun nicht so heftig, weil es a) noch nicht so die Anwendungsgebiete und b) noch hauptsächlich arg unterausgestattete Geräte gab.

Der DX7 dagegen versetzte dem Analogsynthesizer den Todesstoß. Volldigital mit der damals bahnbrechend neu wirkenden FM-Synthese (eigentlich Phasenmodulation, aber an FM hielt Yamaha die Exklusivrechte), somit rauscharm, verstimmte sich nie (spannungsgesteuerte Polysynths verstimmten sich mehr oder minder ständig - man stelle sich eine Gitarre mit 16 Saiten vor, wo die Wirbel im Korpus versteckt sind, der zum Stimmen erst aufgeschraubt werden muß). Mehr noch: Der DX7 hatte sagenhafte 16 Stimmen, doppelt so viele wie die ganz großen amerikanischen und japanischen Polysynths, hatte 32 überschreibbare Klangspeicherplätze, konnte obendrein Speicherkarten für noch mehr Sounds aufnehmen, hatte Anschlagdynamik und MIDI, statt Drehknöpfen, Fadern oder Yamahas berühmten Kippreglern eine glatte Oberfläche mit fast ausschließlich den damals stylischen Folientastern, und er war billiger und leichter als die großen Polysynths. Mit seinem neuartigen, glitzernden, dynamischen Sound brachte er so manchen Musiker und Studiobesitzer zum Entsorgen seines Rhodes und killte den Gebrauchtmarkt für E-Pianos gleich mit. Für fast ein Jahrzehnt war E-Piano gleich DX7, jedenfalls, bis die Vintage-Welle das echte Rhodes wiederbrachte.

Analogsynths hatten nur noch ihre Berechtigung in der Budgetklasse mit entsprechend kastrierten Modellen und wegen ihres fetten Sounds im 80er-Metal (Roland JX-8P bei Europe, Oberheim OB-Xa bei Van Halen) sowie bei einigen wenigen Elektronikern. Und selbst diese verbliebenen Analogsynths waren nun taster- und menügesteuert; massenhaft Potis oder Fader waren passé. Die Soundgestaltung am Gerät geriet zu einem solchen Akt, daß z. B. Roland für seine JX-Modelle Programmer mit Reglern als Zubehör anbot. 1987 zogen dann aber Samples in den Synthesizer ein mit dem Roland D-50, der zunächst nur kurze Attack-Samples vor eine ansonsten rein subtraktive, aber digitale Klangerzeugung spannte. Der Umbruch stand unmittelbar bevor. Schon ein Jahr später kam Korg mit der M1. Komplett samplebasierte Klangerzeugung, 2 MB an ROM-Samples (erster Synth mit einem realistischen akustischen Piano!), die sofort nach dem Anknipsen zur Verfügung standen, statt ewig lange von etlichen Floppies geladen werden zu müssen, und sie war die erste Workstation, sie hatte einen achtspurigen Sequencer an Bord. Das alles in derselben Preisklasse wie der DX7. Korg setzte in sechs Jahren eine Viertelmillion M1 ab und killte jede Art von Synthesizer, die keine Samples einsetzte. So schien es zumindest, als als letzte amerikanische Synthesizerschmiede Oberheim die Segel strich - Moog war schon Jahre zuvor gestorben am Mißerfolg des folientasterbestückten Source (Monosynths waren out) und des bugverseuchten Memorymoog, der seine immensen Entwicklungskosten nie einbrachte und nur mit Dritthersteller-Erweiterungen (Lintronics) nutzbar wurde.

1988 passierte aber noch etwas anderes. Blättern wir nochmal sechs Jahre zurück. Anfang der 80er war Roland fleißig dabei, kleine programmierbare Drumcomputer zu produzieren, etwa für Alleinunterhalter am Piano oder als Übungshilfe für Gitarristen. Für letzteren Einsatzzweck reichten sie die TB-303 nach, die dasselbe machte, aber mit Baß. Blöd nur, daß Roland ratzfatz von der Technologie überholt wurde. Während in deutschen und japanischen Orgeln die Rhythmusgeräte zunehmend Sample-Vollausstattung hatten, war die 1983 erschienene TR-909 noch halbanalog, während ihre Vorgängerin TR-808 genau wie die TR-303 vollanalog waren. MIDI bekamen sie auch nie und konnten schwerlich mit etwas anderem als untereinander synchronisiert werden. Nach nur anderthalb Jahren nahm Roland die Silberkiste aus dem Sortiment, verscherbelte das einst $400 kostende Gerät für einen Hunderter. Auf dem Gebrauchtmarkt erzielte sie nur niedrige zweistellige Preise, wenn überhaupt, so daß viele einfach weggeworfen wurden, weil sie keiner haben wollte.

Bis 1988. In dem Jahr entdeckten DJs in Chicago die Silberkiste und bürsteten sie gegen den Strich. Eigentlich stellte man sich ja erst einen Sound ein, baute dann eine Sequenz und spielte, während die 303 den Baß abdudelte. Diese Jungs aber bauten Sequenzen, und während die liefen, schraubten sie händisch am Filter rum und ließen die Silberkiste blubbern und schmatzen. In Nullkommanix war sie Kult - und die überlebenden Exemplare den dreifachen Neupreis wert. Ein monophoner Baßsynthesizer ohne Tastatur, ohne MIDI, ohne Klangspeicher und mit nur einem Oszillator kostete schon um 1990 herum einen kleinen vierstelligen Dollarpreis. Eine Preisregion, die nicht nur dank House und Techno, sondern auch dank Hip Hop ihr Drumschwesterchen TR-808 ebenso erreichte - ebenso die 909, als man sich an der 808 sattgehört hatte. Das mag einem jetzt nicht vintage vorkommen, aber diese Geräte waren trotz einstelligem Alters von der Klangerzeugung (analog) und Bedienung (Drehpotis, keine Klangspeicher) her eigentlich völlig veraltet und wurden längst nicht mehr gebaut.

Genau das aber machte sie interessant. Besonders die Knöpfe. Wenn man das Filter verstellen wollte, mußte man bei zeitgenössischen digitalen Synthesizern sich in Menüs rumwühlen - und manchmal sogar anschließend den Sound speichern, um die Änderung überhaupt hören zu können. Bei den Analogsynthesizern packte man an den Cutoff- oder den Resonance-Knopf und drehte und hörte die Änderung sofort. Mal abgesehen davon, daß die gerade aussterbenden Analogsynths, wie man damals feststellte, fetter klangen als das ganze Digitalzeugs. Und welcher war der fetteste: Moog Minimoog Model D von 1970, die Strat unter den Synths, 1981 durch die (ebenfalls monophone und analoge, aber speicherbare) knopflose Folientaster-Abomination namens The Source ersetzt. Für Bässe und Leads brauchte man eh nicht mehr als eine Stimme, und Bässe konnte er noch besser als die 303. Der Minimoog war nie wirklich tot, aber Ende der 80er, Anfang der 90er zog sein Gebrauchtpreis stark an. Er wurde der erste gefragte Vintage-Synthesizer - im Alter von für Gitarrenverhältnisse jungen knapp 20 Jahren.

Während nun die - mittlerweile fast ausschließlich japanische - Synthesizerindustrie nach vorne marschierte (oder dahin, wo sie glaubten, daß da vorne sei) und nach E-mus Kampfansage an Korg mit der 4-MB-Samplelibrary mit Rackohren namens Proteus/1 ein fröhliches Sample-ROM-Wettrüsten veranstaltete, sehr zu Freuden von Pop-Produzenten und Bandmuckern, fing die Synthesizer-Szene an, den Gebrauchtpreis von einem Analogsynth nach dem anderen in die Höhe zu treiben, solange er nur fett genug war. Erst war alles uninteressant, was kein Minimoog war, dann aber stellte man fest, daß andere Mütter auch fette Töchter hatten. Mit geilen Knöpfen zum Drehen.

Daß die Technik, besonders Knöpfe zum Drehen™, als veraltet galt, war den Freaks egal. Im Gegenteil, die Industrie belieferte sie ja nicht mit dem, was sie wollten, also kaufte man gebraucht. Die Versuche waren ja teilweise schon nur ein Schmunzeln wert. Roland beschloß 1991, daß die Leute zuviel Presets nutzten (die Synthfreaks nicht, alle anderen ja), und stellte der Kundschaft den JD-800 hin, einen Edelrompler mit dutzendweise Fadern zum Klangbasteln in Echtzeit und mit einem Sound, wie Roland ihn allerhöchstens mit den Fantoms wieder erreichen konnte. Aber einen Rompler. Der JD-800 fiel durch und wurde erst erfolgreich nach ein paar Überarbeitungen und zum halben Preis, während die Freaks den zehn Jahre älteren analogen Jupiter-8 verteuerten.

Die ersten, die es richtig machten, waren 1995 die Schweden: Clavia, ehedem nur als E-Drum-Hersteller bekannt. Die erfanden den Sachverhalt "virtuell-analog" und den Ausdruck "virtuell-analog". Der Nord Lead war an sich durch und durch ein digital-subtraktiver Synthesizer. Roland D-50 und Kurzweil K2000 konnten das auch. Aber der Nord Lead bemühte sich erfolgreich, eben nicht digital zu klingen, sondern analog, und er hatte für jeden Klangparameter wieder einen eigenen Drehknopf. Gegenüber Echtanalogen hatte er auch wieder Vorteile: Er war neu (also kein potentieller Sanierungsfall), es gab neue Ersatzteile, und er war zuverlässig und verstimmte sich nicht, wenn man ihm nicht sagte, er soll. Ach ja, die MIDI-Implementation war auch auf einem aktuellen Stand, denn ohne MIDI ging auch bei den Freaks nur wenig.

Japan verpennte den Trend völlig. Korgs Prophecy aus demselben Jahr konnte auch ein bißchen Analog Modeling, wurde damit aber nicht assoziiert. Erst zwei Jahre später hatten die einstigen Oberabkupferer es begriffen: Yamaha lancierte den strukturell beim Prophet-5 (oder zwei davon, also quasi dem Prophet-10) abgeguckten AN1x mit nur acht Knöpfen, Roland präsentierte den JP-8000 mit Namensanleihen an den Jupiter-8 (glaubwürdiger als heute beim Riesenrompler Jupiter-80), der SuperSaw einführte und damit zur Trance-Hupe Nummer 1 werden sollte, und Korg belieh namentlich die halbmodulare schwarze Lärmkiste MS-20 für den kompakten MS2000, dessen fünf Jahre jüngerer Enkel (!) MicroKorg als erster Vintage richtig macht, inklusive Seitenteilen aus Massivholz und den gleichen aus der Luftfahrt stammenden Potikappen wie der Minimoog. Ich glaube nach fast elf Jahren Bauzeit des MicroKorg, wenn der mal aus dem Sortiment genommen wird, wird er selbst sofort vintage sein, selbst wenn die Händler dann noch stapelweise neue Körgchen haben.

Keiner dieser Synths nahm sich aber als Ziel, einen oder mehrere konkrete Analogsynths klanglich authentisch zu emulieren. Das sollte erst noch kommen.

Wie verrückt die Szene damals nach regelrecht anachronistischer Technik war, zeigte Dieter Doepfer. Der ging nämlich synthesizerarchitektonisch zurück in die 60er - und konstruierte einen neuen Modularsynthesizer. Modular im klassischen Sinne von "das Ding ist wirklich aus einzelnen Modulen zusammengesetzt, bei denen nur die Stromversorgung vorverdrahtet ist, und gibt keinen Pieps von sich, solange man die Module nicht mit Patchcords verkabelt". Also wie damals bei Carlos und Emerson. Nur daß im Vergleich zu den Moog-Modulars die Module 40% niedriger und optisch nicht auf alt getrimmt sind. Seit bald 18 Jahren kommt diese vermeintliche Uralttechnik so gut an, daß sich um den Doepfer-Modular ein ganzer Standard namens Eurorack gebildet hat, den eine gefühlte Zillion Hersteller anwendet, so daß man in dem Formfaktor erstmals Modularsynthesizer aus Modulen mehrerer Marken zusammenbauen kann. Und immer noch ist er (prinzipgemäß) nicht speicherbar, und nur schwerlich kann ihm mehr als eine Stimme entlockt werden.

Wohl angespornt vom Erfolg dieses Prinzips übrigens erfand Clavia mit dem Nord Modular als nächstes den virtuell-modularen Synthesizer (patchbar nur per Software, aber trotzdem modular), und Native Instruments startete seine Historie als Softsynth-Gigant mit der Modularsoftware Generator.

Überhaupt Softsynths. Kaum, daß PCs in der Lage waren, in Echtzeit Klangsynthese zu betreiben ohne dedizierte Hardware, also nur auf dem Prozessor, schossen die 303- und Minimoog-Klone wie Pilze aus dem virtuellen Boden, berühmtesterweise das Gesellenstück der Propellerheads, ReBirth-338, das zwei TB-303, eine TR-808 und ab der zweiten Version zusätzlich eine TR-909 als feines, bombenfest synchronisiertes Acid-Gespann enthielt. Mittlerweile dürfte fast jeder halbwegs bekannte Analogsynth schon mindestens einmal als Software geklont worden sein. Herrje, Korg hat in seiner Legacy Collection inzwischen sogar Wavestation und M1, beide digital, für vintage erklärt. Und schon vorher hat Roland den nur geringfügig an die neue Umgebung angepaßten Originalquellcode des D-50 in eine Steckkarte gegossen, die aus VariOS oder dem V-Synth XT einen leibhaftigen D-50 macht - zusätzlich mit einer zuschaltbaren Emulation des Chorusrauschens und der murksigen alten D/A-Wandler. Wäre fast so eine schöne Brücke zu "Relic" wie die Kaffeetassenränder und Zigarettenbrandflecken auf dem Bitmap-Gehäusedeckel einer gewissen Mellotron-Software, wenn der D-50 nicht schon neu so geklungen hätte. Arturias wohl eindrucksvollster Beitrag zu Vintage ist Origin, ein Soundmodul in Pultform mit sehr guten Emulationen diverser Analogsynths drin, dessen Rackohren auf Seitenteilen aus Holz aufliegt.

Software hat aber den Nachteil, nicht so "lebendig" zu sein wie ein Hardwaresynth, und sie hat haptische Defizite, weil man die Knöpfe nicht anfassen kann oder nur mit dem Mauszeiger. Klanglich hat man inzwischen viel erreicht, seit einige Softwareschmieden so weit gehen, daß sie Softsynths per Physical Modeling bauen, indem sie die analogen Schaltkreise und deren physikalisches Verhalten nachahmen. Nichtsdestotrotz gab es schon einige Versuche, analoge Synthesizer zu bauen, die - wenngleich auch weniger optisch - besonders den Minimoog nachempfinden sollten, schon aus praktischen Gründen, denn der Minimoog ist noch diskret aus einzelnen elektronischen Bauteilen zusammengelötet, die im Gegensatz zu entsprechenden Praktiken bei Yamaha nicht in Epoxidharz eingegossen sind.

Aber wer könnte das besser als Moog? Bob Moog erkannte auf seine alten Tage die Zeichen der Zeit, kaufte die Rechte an seinem eigenen Namen zurück (vorher verkaufte er Produkte unter dem Markennamen Big Briar), und nicht viel später - 2002 - lief der Moog Minimoog Voyager vom Stapel. Der kann zwar etwas mehr als der originale Minimoog, er ist z. B. MIDIfiziert und speicherbar und hat dieses zweidimensionale Touchpad, er ist aber immer noch ein spannungsgesteuerter analoger Monosynth und locker so fett wie der alte Minimoog. Weil einigen das noch nicht original und vintage und so genug und schon wieder zu digital war, stellte Moog ihnen im Frühjahr 2008 den Minimoog Voyager Old School hin, aus dem alle Digitaltechnik rausgeschmissen worden war. Der hielt sich allerdings nur ein Dreivierteljahr, denn deutlich über 2000 € für einen speicherlosen analogen Monosynth waren dann doch zuviel, wenn der normale Voyager kaum teurer war, zumal auch der Old School nicht 100% wie ein Original-Minimoog klang, den man zu dem Preis in recht gutem Zustand gebraucht hätte kriegen können.

Moog war nicht der einzige. Hammond(-Suzuki) baut seit Jahren digitale Hammond-Clones mit Zugriegeln, die teilweise sogar zweimanualig aufzurüsten gehen, und hat sogar mal eine (ebenso digitale) "New B3" präsentiert, amtlich auf gedrechselten Holzbeinen. Auch Tom Oberheim hat sich die einst an den italienischen Orgelhersteller Viscount gefallenen Rechte an seinem Nachnamen zurückgeholt und ein nur vorsichtig modernisiertes neues SEM aufgelegt, bei dem etwa MIDI-Anschlüsse durch ein externes Modul zugefügt werden, und das bis heute für sich keinen Speicher hat - er hat sogar neue Two- und Four-Voice angekündigt. Interessanterweise verzichtet Oberheim auf Mondpreise und einen Markenzuschlag, wie es auch der Prophet-5-Vater Dave Smith tut, der heute reihenweise ganz neue Analogsynths baut. Das Mellotron wurde von zwei Firmen als Mk VI und M4000 neu aufgelegt, wieder mit echten analogen Tonbändern. Last but not least hat sogar Rhodes seine Rückkehr gefeiert mit einem Mk VII, das immer noch (bzw. wieder) voll elektromechanisch arbeitet, aber auch in einer Version mit MIDI und polyphonem Aftertouch (!!!) erhältlich ist.

Und die 303? Es gibt immer noch etliche Soft-Clones, ReBirth ist mittlerweile Freeware, einige virtuell-analoge Synthesizer imitieren das 303-Filter, und eine findige Tüftlerin hat unter dem Markennamen Mode Machines einen analogen Clone mit erweiterter Funktionalität namens x0xb0x auf den Markt gebracht, den man auch als (dann einfacher zu customizenden) Bausatz kriegen kann. Aber die echte Silberkiste, unterausgestattetes Kind der frühen 80er, ist unverändert teuer.

Aber was soll man auch erwarten in Musikerkreisen, in denen bei jedem zweiten Gerät kurz nach Produktionseinstellung der Wertverlust stoppt.


Martman
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 8 Benutzer
Hi Martmann,

toller Bericht aus dem Blickwinkel eines keyboarders. Ja, habe das auch durch die Bands wo ich spielte miterlebt. Die bekannteste Orgel (der Begriff keyboard war noch nicht "in") war die VOX in Verbindung mit einem Leslie (hier mal zum Nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Leslie-Lautsprecher ) . Den Typ von der VOX-Orgel kenne ich nicht mehr. Dann eben noch die Farfisa.

Der Moog Synthesizer wurde durch diesen song plötzlich weltweit bekannt: http://www.youtube.com/watch?v=NjxNnqTcHhg

Jetzt könnte sich noch ein Drummer und Basser zu dem Thema melden. Dann hätten wir aus allen Seiten mal den sog. Begriff Vintage behandelt. Welcher Drummer hat auf Gretsch, Ludwig, Sonor etc. gespielt. Wäre jetzt auch einmal interessant.
 
Übrigens haben die Japaner das mit Vintage und Tradition noch nicht ganz gepeilt.

Yamaha hat das "CS" vom berühmten CS80 und Konsorten wiederbelebt im CS1x, einem Billigrompler in einem ähnlichen Gehäuse wie der AN1x und mit nur sechs Reglern. "SY" harrt immer noch der Rückkehr.

Korg hat "MS" (MS-20...) artgerecht im virtuell-analogen MS2000 weiterverwendet, "PS" (PS-3100...) dagegen im "Rompler für Doofe" PS-60.

Roland hat's auch erst richtig gemacht mit dem JP-8000, der auf den Jupiter-8 anspielt. Vorher schon gab's die erste Groovebox, die silberne MC-303, die namentlich die Brücke von den MC-Sequencern zur legendären TB-303 schlug und zwar ein Rompler mit der Klangerzeugung des JV-1080, aber immerhin schraubbar war. Den Namen "Juno" der analogen Budgetsynths der 80er legte man neu auf im schmucklosen Budgetrompler Juno-D, wo das D für digital stand. Die Budgetworkstation Juno-G brachte sogar die blauen und roten Streifen zurück. Das "SH" der 70er fand Verwendung nur bei virtuell-analogen Synths: dem obskuren Pultgerät SH-32, dem bunten Lernsynth SH-201 und aktuell dem Kompaktsynth GAIA SH-01, der mit seiner romplerartigen "Ein Filter pro Oszi"-Struktur und den schmalen Fadern an den legendären SH-101 zu erinnern versucht.

Den größten Griff ins Klo haben sie sich geleistet bei der aktuellen vollen Wiederbelebung des Namen "Jupiter". Sie kündigten den Jupiter-80 an als Wiederbelebung einer Legende, zeigten ein paar wenig sagende Bilder, verrieten uns aber nicht, was das wird. Die Spekulationen reichten von einem VA-Schlachtschiff bis hin zu "Roland baut einen großen echtanalogen Polysynth!!1!" Statt dessen kam ein Riesenrompler für Livemucker mit runtergedummter Bedienung zum Preis der Workstations, die er ersetzen sollte. Aber in den Farben des Jupiter-8. Irgendwo in dem Teil ist auch ein VA verborgen, ähnlich wie der GAIA, aber es hat dennoch weniger Echtzeitregler als die 15 Jahre ältere Workstation XP-80, von der ich glaube, daß sie die Zahl 80 zum Namen beigetragen hat (beide haben 76 Tasten).

Zumindest haben sie sich beim kleinen Bruder Jupiter-50 nicht erdreistet, das Erbe des Jupiter-6 zu plündern.

Bleibt abzuwarten, was sie mit "System", "JX" (Groß-VA als Konkurrenz für einen etwaigen King Korg?), "MKS" (hätten sie mit dem Integra-7 aufwärmen können), "Alpha Juno" (Yamaha-MX-Konkurrenten?) und "JD" anstellen werden.


Martman
 
Ich hatte weiter oben geschrieben: Vintage heisst brummen, pfeiffen, rauschen. In diesem Bericht kann man das auch ganz schön (indirekt) nachlesen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Fender_Stratocaster#Zweite_Phase_1958.E2.80.931965

Den gesamten Beitrag durchzulesen lohnt sich auf alle Fälle. Bleiben wir bei meiner Aussage das ich Vintage mit Ende der 50iger bis Ende der 60iger interpretiere. Wir haben jetzt Alle mal den Produktionswerdegang lesen können. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wieso eine Strat aus den 60igern mit über 3000 Eur gehandelt wird. Rein technisch gesehen, wäre der Preis mehr als überteuert. Aber Kult und Sammlerwert rechtfertigen den Preis dann wieder. Unterstützt durch das "Vintage-Martketing" verleitet immer mehr Gitarristen so ein Instrument haben zu wollen. Die erste Strat kostete damals rund 250 Dollar. Der Kurs wurde in der Währungsreform auf 4,20 DM pro Dollar festgelegt. Jetzt mal ohne Transportkosten etc. berechnet, wäre dann der Preis in old germany 1050 DM gewesen. Für uns also in der Aufbauphase nach dem Krieg unerschwinglich.

Die sog. relics haben dann aber mit den echten alten Schätzchen Nichts mehr zu tun. Rein techn. sind diese Gitten auf dem allerneuesten Produktionsstand. Man nimmt eben nur noch die Farbgebung von damals und vermischt das mit einem guten Marketing.

Nehmen wir mal ein Beispiel aus der Automobilbranche um das Ganze zu unterstreichen. Z.B. der bekannte Kleinstwagen F..T 500 wurde vor ein paar Jahren wieder durch ein "relic" ins Leben gerufen. Die Form erinnert noch an das beliebte Modell von damals. Technisch aber ganz was Anderes und auf dem allerneuesten Produktionsstand. Günstig ist er auch nicht, aber das Auto hat seinen Kundenkreis gefunden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte weiter oben geschrieben: Vintage heisst brummen, pfeiffen, rauschen ...

Vintage heisst vor allem: Geld verdienen! ;)
Dazu ein kurzer Film von SPIEGEL.TV, der beim No.1 Guitar Center in Hamburg gedreht wurde. Da erklären die "Experten" wie sich die Preise in den nächsten Jahren entwickeln werden!
Stichworte: "Flucht in Sachwerte", "Gitarren, die Rendite erwirtschaften", "wichtig ist ein guter Anlageberater", "Blase geplatzt".
So sprachen die "Experten" vor der letzten Krise auch von CDOs und RMBSs.
Leute, die vom Schweiss von vielen Leuten, der in einer alten Gitarre steckt, schwärmen, ansonsten aber anderen Leuten empfehlen: Geiz ist geil! - Ist das Rock'n Roll?
Für mich ist das Business, Spekulation und Reliquienverehrung! Wohl nicht umsonst heisst relic im Englischen auch Reliquie! ;)
 
Jo, gidarr, da haste recht.

habe jetzt mal in youtube noch eine seltene Filmaufnahme von unserem Pianisten (The Black-Stars) gefunden. An dieser Stelle Grüsse an Mike. Das spiegelt den sound, das Equipment und das Auftreten wieder. So war es damals bei den deutschen, bekannten Bands.

http://www.youtube.com/watch?v=c_UGrUa-k24
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben